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Weise deformiert. Stirbt die Mutter bei der Geburt, so wird das Kind von einer anderen Frau adoptiert 1 .
Das Kind trinkt Muttermilch. Falls aber die Mutter keine Milch hat, nährt es eine ältere Frau. Um das Hervortreten der Milch bei den Müttern zu beschleunigen, pflegt man wohl warm gemachte Blätter auf die Brüste zu legen. Wenn das Kind der Brust entwöhnt ist, gibt ihm die Mutter zuerst reife Bananen, und zwar kaut die Mutter dem Kinde das Essen vor und gibt es ihm in den Mund. Während die Frauen der Küstenbevölkerung die Kinder auf den Hüften zu tragen pflegen, ist es bei den Bainingfrauen Sitte, die Kinder, solange sie noch nicht gehen können, auf den Armen zu tragen; später werden sie auf dem Rücken getragen.
Die Sitte der Beschneidung ist weder bei den Bainingern noch bei der Küstenbevölkerung üblich, auch fehlt es bei den Bainingern, die ja keine Geheimbünde kennen, an den Weihen, die bei anderen Völkern, insbesondere bei Gelegenheit der Aufnahme junger Männer in einen Geheimbund, vorgenommen werden und gleichsam wie ein Ritterschlag den Jüngling zum Manne machen.
Das Schwarzfärben der Zähne ist auch bei den Bainingern Sitte, hat aber meines Wissens keine besondere Bedeutung. Im Gegensatze zu den Küstenleuten, die hierzu ein Harz (a taval) verwenden, gebraucht der Baininger zu diesem Zwecke Pfefferblatt.
V. Kapitel. Vererbung des Besitzes.
Aus unseren früheren Ausführungen geht hervor, daß eine Vererbung von Grundeigentum nicht möglich ist. Dagegen können die Sachen, an denen Sondereigentum besteht, ebenso wie die Nutzungsrechte an Grund und Boden auf einen oder mehrere Rechtsnachfolger übergehen. Grundsätzlich erben die Kinder des Verstorbenen dessen Habe, und zwar die Knaben und die Mädchen zu gleichen Teilen. Sind keine Knaben vorhanden, so erben die Mädchen allein. Hat
1 Die Sitte der Adoption ist sehr verbreitet. Das adoptierte Kind tritt in die adoptierende Familie ein und hat die Stellung eines natürlichen Kindes. Im Durchschnitt hat eine Familie vier Kinder. Sehr kinderreiche Familien geben wohl ihre Kinder fort. Auch der Kinderaustausch von Familie zu Familie ist üblich.