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Methoden der Beobachtung und Rechnung.

In diesem Capitel sollen der Gedankengang und die verschiedenen Operationen etwas ausführlicher und elementarer behandelt werden, um Nichtfachleute durch vollständig durchgeführte Beispiele in den Stand zu setzen, sich in die Methode einarbeiten und selbst diese einfache und doch so genaue Art der Beob­achtung mit Vortheil anwenden zu können.

Ehe ich zur Berechnung der Beobachtungen übergehe, möchte ich diese selbst erst etwas genauer be­schreiben, um zu zeigen, mit welchen Fehlern dieselben behaftet sind und wie man diese in Rechnung zieht.

Ich gehe dabei von dem vorliegenden Falle aus, dass die Beobachtungszeiten elektrisch registrirt worden sind, von welchem Specialfalle man leicht zu dem anderen einfacheren übergehen kann, bei dem die Zeiten mit dem Ohre nach dem Schlage eines Chronometers beobachtet werden. Die Aug- und Ohrmethode wird hier die einfachere genannt, weil sie weniger Apparate erfordert, deren Instandhaltung Mühe und Erfahrung in solchen Dingen verlangt; an sich erfordert sie mehr Beobachtungskunst.

Der Platz, dessen Länge und Breite bestimmt werden sollte, war in den meisten Fällen schon mit Hülfe der Karten angenähert bekannt. Man hatte also im voraus schon eine genäherte Länge und Breite zu einigen Vorausberechnungen. In welcher Weise diese ausgeführt wurden, wird in den speciellen Capiteln über Zeitbestimmungen u. s. w. dargelegt werden.

Hier sei also vorausgesetzt die Kenntniss der Zeit, zu welcher zwei passende Sterne Ost und West bez. Nord und Süd dieselbe Höhe haben. Die Höhe selbst braucht nicht bekannt zu sein, doch erleichtert es natürlich die Beobachtung, wenn man am Höhenkreise sie vorher einstellen kann.

Man wird dann den einen Stern, z. B. den Oststern, einige Minuten vorher durch die Fäden gehen lassen, um so Zeit zu gewinnen, in aller Ruhe das Instrument nach Westen drehen zu können und die Libelle zur Ruhe kommen zu lassen, bevor der Weststern dieselbe Höhe erreicht und an die Fäden tritt. Den Stand der Libelle wird man sowohl vor wie nach dem Durchgang eines jeden Sternes ablesen. In gleicher Weise verfährt man bei den Breitenbeobachtungen. Bei den Mondbeobachtungen, wo man Mond und einen benachbarten Stern beobachtet, ist irgend welche Vorausberechnung nicht nöthig, sondern man wählt den Stern nach der Karte aus.

Man hat somit für jeden Durchgang zwei Libellenablesungen und die zugehörigen Angaben des Chronographen.

Wie schon oben bei dem Capitel »Chronograph« erwähnt wurde, ist in Folge der Construction des elektrischen Zählers auf dem Papierstreifen jeder Minutenanfang gegeben. Man wird nun die Minuten zweck­mässig so bezeichnen, dass die Zeit des Chronographen nahe mit der Ortssternzeit übereinstimmt. Um nun den Stand der Beobachtungsuhren und dadurch den der Schiffschronometer kennen zu lernen, wurden erstere mit dem Chronographen verglichen, d. h. es wurden zu Anfang und zu Ende der Beobachtungen für jede Uhr Signale gegeben bei o s , 2 S , 4 S . Zur Controle des Zählers wurden aber auch in der Zwischenzeit nach der Uhr 51 öfters diese Signale wiederholt, und da zeigte sich nun, dass der Zähler zwar innerhalb der Beobachtungszeit regelmässig geht, aber an verschiedenen Tagen sehr verschiedene Gänge hat, die oft so beträchtlich sind, dass der stündliche Gang sehr häufig o!5, ja manchmal sogar i?o überschreitet. Dies ist immerhin störend bei der Berechnung, und es wurde deshalb der stündliche Gang aus den Vergleichungen jeder Uhr zu Anfang und zu Ende berechnet und mit dem Mittel aus allen Uhren dann die Angaben des Chronographenstreifens auf einen ungefähr in der Mitte liegenden Zeitmoment reducirt. In den Zeiten steckt dann noch der Gang, den man erhält, wenn man die Gänge sämmtlicher Uhren mittelt. Dieser ist natur- gemäss immer nur sehr klein.

Nun können aber die so erhaltenen Zeitmomente nicht ohne weiteres zur Rechnung verwendet werden, da die beiden fraglichen Sterne nicht in aller Strenge in derselben Höhe beobachtet worden sind. Dies rührt von der nicht vollkommenen Verticalstellung der Drehaxe des Teleskopes her. Für Anfänger in der Beobachtungskunst halte ich folgende Ueberlegungen für zweckmässig, sich über das Wesen der Libelle klar zu werden.

Es sei vorher noch darauf aufmerksam gemacht, dass das Zenithteleskop zwei »Lagen« hat, in denen man beobachten kann. Lage I werde die genannt, wo der Sucher rechts, Lage II, wo er links sich befindet. Bei Lage I sind die kleineren Zahlen der durchgetheilten Libelle eine solche schützt besser vor Irrthümern