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Die Längenbestimmung.
Da man in einem dem Verkehr so wenig erschlossenen Gebiete, wie es z. Z. das deutsche Schutzgebiet der Südsee ist, auf telegraphische Längenbestimmung verzichten muss, so bleiben nur zwei verschiedene Arten von Längenbestimmungen übrig, von denen sich wieder nur die eine für kleinere Längendifferenzen empfiehlt.
Die letztere Art, Längenbestimmung durch Chronometerübertragung, ist im Princip sehr einfach. Nennen wir den Ort mit bekannter Länge A, den zu bestimmenden B, so setzt sich die Längenbestimmung aus folgenden Operationen zusammen:
Standbestimmung in A
Reise nach B Standbestimmung in B
Reise nach A Standbestimmung in A
Man interpolirt nun den Stand des Chronometers nach Ortszeit des bekannten Ortes für den Augenblick der Beobachtung am unbekannten Platze. Die Differenz des berechneten und des beobachteten Standes ist die Längendifferenz der beiden Puncte. In Wirklichkeit gestaltet sich nun die Sache nicht ganz so einfach, da man ja nur den mittleren Gang für die Zwischenzeit kennt, und kein Chronometer in aller Strenge einen constanten Gang besitzt. Die Schwierigkeit liegt nun in der Ermittelung des wahren Ganges. Das ist in kurzen Worten das Princip der Methode, die specielle Ausführung befindet sich in einem späteren Capitel.
Die andere Art der Längenbestimmung beruht auf Mondbeobachtungen, d. h. man beobachtet zu bekannter Zeit entweder Monddistanzen, Mondhöhen oder Mondazimuthe, oder auch Sternbedeckungen. Man berechnet daraus für die gegebene Zeit den Ort des Mondes mit einer angenäherten Länge, rechnet ebenso seinen. Ort nach einer Ephemeride und kann dann aus der Nichtübereinstimmung beider die Correction der angenommenen Länge ableiten.
Die Monddistanzen sind in Folge der zu verwendenden Instrumente — Sextant oder Prismenkreis — zu ungenau. Mondazimuthe, oder speciell Mondculminationen, sind für den vorliegenden Fall nicht brauchbar, da erstere für kleine Breiten illusorisch werden, andererseits die letzteren nur gestatten, den Mondort in einem gegebenen Augenblicke festzulegen, der leicht durch Wolken u. s. w. verloren gehen kann. Vor allem aber würden sie noch ein anderes Instrument, das Passageninstrument, bedingen, also die Ausrüstung complicirter machen. Aus demselben Grunde musste hier auch die beste Beobachtungsmethode, die der Sternbedeckungen, unberücksichtigt bleiben; denn wenn man brauchbare Resultate haben will, so muss das Fernrohr schon bedeutende Oeffnung haben. Bei so ungünstigem Beobachtungswetter, wie es während der in Frage kommenden Zeit im Schutzgebiete herrschte, würden Sternbedeckungen wahrscheinlich sehr wenig zur Lösung der Aufgabe beigetragen haben, denn es ist dem Verfasser nicht ein einziges Mal gelungen, die Bedeckung eines helleren Sternes zu beobachten; sämmtliche derartige Phaenomene sind durch Wolken verloren gegangen. Ausserdem verlangt die Längenbestimmung durch Sternbedeckungen, dass der Aufenthalt auf der Station von grösserer Dauer ist.
Folglich bleibt zur Längenbestimmung nur noch die Beobachtung von Mondhöhen übrig, d. h. in diesem Falle Beobachtung gleicher Höhe eines Sternes und des Mondrandes.
Am besten wird man hierzu einen Stern wählen, der in Declination und Höhe nicht zu verschieden vom Monde ist, weil erstens dann ein Fehler in AT den geringsten Einfluss hat, zweitens die Durchgänge von Stern und Mond rasch auf einander folgen und man mehrere Durchgänge des Mondes und desselben Sternes beobachten kann.
Bei der Berechnung bin ich im allgemeinen »Chauvenet, Manual of spherical and practical astronomy«, gefolgt, S. 386 u. ff.
Die Libellenangabe wurde, wie schon erwähnt, hier so berücksichtigt, dass nur die Durchgangszeit des Sternes corrigirt, also die Angabe für den Monddurchgang als »Normalablesung« angenommen wurde. Eine Reduction des Mittels wegen Krümmung der Bahn konnte hier stets vernachlässigt werden. Für die Rechnung ist gegeben:
die geographische Breite cf>,
die geocentrische Breite <f>',
der Radius vector des Beobachtungspunctes p
und die angenommene Länge Z;
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