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wie bei einer Pflanze. Ist sie gut eingewurzelt, so wird sie je länger um so kräftiger sich entwickeln, wenn anders die äußeren Verhältnisse und Einflüsse dem Wachstum günstig sind. Eine Ge­meinde, deren Grundstock sich aus Leuten zusammensetzt, die nicht am Ort ansässig und sozial von der Mission völlig abhängig sind, gibt keine Gewähr für das Entstehen von bodenständigem Ehristentum. In Kirinda setzte sich der Grundstock einer kleinen, zunächst heid­nischen Hausgemeinde zusammen aus Knaben und Mädchen im Alter von 12 bis 16 Jahren, die, wie erwähnt, bei den heidnischen Eltern wohnten, zum Unterricht und zur Arbeit aber auf die Station kamen.

Die bleibende Verbindung der Kinder mit ihren Eltern war mir wichtig. Wir wollten nicht als Leute erscheinen, die den Heiden die Kinder nehmen und sie dem elterlichen Einfluß ganz entziehen. Uns erschien es daher als eine besonders glückliche Fügung, daß sich dies Bleiben der Kinder in den heimischen Verhältnissen in Ruanda als möglich erwies; in Usambara war es seiner Zeit nicht möglich gewesen. Zwei Jungen, der genannte Menyimana und Habumugischa,und zwei Mädchen, Nyirasessa und Nyiragatkwa, bildeten den Anfang der kleinen Hausgemeinde, die sich von Monat zu Monat vergrößerte. Denn bald kamen auch ihre Ge­schwister oder entferntere Verwandte, Freunde und Nachbars­kinder. Je länger sie unter dem Schall des Wortes Gottes standen, desto fester wurde die Verbindung mit uns, und in dem Maße, als sie Elementar-Unterricht erhielten, wünschten sie auch in anderer Arbeit, in Werkstatt und Haus, in Garten und Küche angewiesen zu werden. Allmählich stellten sich auch größere Burschen und Mädchen ein. Die Eltern hinderten sie nicht. Eine Mutter kam oft mit dem Sohn. Wohl spotteten die Heiden über diese kleine Schar; aber der Spott war ihr nur gut, die Entschiedenheit für die Zuwendung zum Christentum wuchs. Manchem wurde gedroht, die Tischgemeinschaft würde ihm versagt werden; aber die Eltern selber verstießen Leins der Kinder, denn es lieferte seinen Lohn ab und erkannte die elterliche Autorität an. Weihnachten, Ostern und Pfingsten hatten wir die Freude, mit einer Hausgemeinde von 20 bis 30 jungen Leuten die Feste feiern zu können. Der Wunsch nach der Taufe wurde aber nicht ausgesprochen, denn es wurde kaum auf die Taufe hingewiesen. In dieser Zeit lernten wir die Einzelnen näher kennen. Der Wandel änderte sich noch nicht so schnell. Lüge, Diebstahl und Gewalttat war noch nicht abgelegt, sondern wurde höchstens vor den Augen des Europäers versteckt.