( 222 ) Die Tättowirung — der männlichen Individuen — ist allgemein und ganz selbst¬ verständlich , und es dürfte schwerlich einen nicht tättowirten erwachsenen Samoaner geben . Gänzlich verschwunden , wenigstens aus dem Gebrauch , sind die ursprüng¬ lichen Waffen , Keulen und Lanzen , und die Handwerksgeräthe , besonders also Stein¬ beile ; an ihre Stelle sind die modernsten Hinterlader und Geräthe von Stahl und Eisen getreten . Auf die Erwerbung ersterer war daher auch mein besonderes Be¬ mühen gerichtet ; einen Samoaner für ethnologische Zwecke zu begeistern , war jedoch vergeblich . Wie oft ist mir nicht die Beschaffung einer alten Keule oder eines Steinbeils zugesagt ! Dabeiist es aber geblieben , und das , was ich in dieser Beziehung vorzeigen kann , verdanke ich lediglich dem Zufall . Es ist zunächst ein Schleifstein ( Taf . V , Fig . 9 ) , auf beiden Seiten mit massigen Aushöhlunge ^ auf der einen Seite mehr , auf der anderen weniger geglättet . Der Stein hat zur Anfertigung oder Anschärfung von Steinbeilen gedient . Ich wurde zuerst auf einen derartigen Stein in der Bay von Saluafata , 9 lern östlich von Apia , aufmerksam ; hier befand sich ein aus aufgeschichteten Steinen hergestellter Damm , welcher , mit Zwischenräumen für den Wasserdurchlass versehen , den Uebergang über einen Bach bildete . In die Oberfläche dieses Steindammes eingelassei ^ und mit ihr ganz verglichen , fand sich ein Stein vor , der dem vorliegenden in jeder Hinsicht glich . Ein Samoaner bedeutete mir , auf meine Frage nach dem Zweck dieses Steines an dem Ort , dass er als „ Waschenbecken " diene . Es ist nun ja nicht unwahrscheinlich , dass der Stein in der That hin und wieder als Waschbecken benutzt ist ; die geringe , natur - gemäss nicht reine Menge von Wasser , welche die Aushöhlung des Steines nur aufzunehmen vermochte , sowie das Vorhandensein des klarsten Wassers in un¬ mittelbarer Nähe Hessen die Aussagen des Samoaners ' von vornherein als lediglich zum Zwecke einer Antwort gemacht erscheinen ; auch darf man wohl anzunehmen versucht sein , dass die Mehrzahl der heute lebenden Samoaner gar keine Kenntniss von dem einstigen Gebrauch solcher Steine hat . Nachfragen in Apia ergaben denn auch das Richtige und hatten ferner das erfreuliche Resultat , dass mir der hier vorliegende Stein von einem uneigennützigen deutschen Gastwirth zum Geschenk gemacht wurde . Der Stein lag schon seit einigen Jahren unbeachtet in einem Stall und stammte von der Südseite der Insel Upolu . Der zuerst in Saluafata gesehene Stein befand sich bei einem späteren Besuch dieses Hafens nicht mehr in jener „ Steinbrücke " , ich fand ihn einige hundert Schritte davon bei einem Dorfe liegen , als dessen Eigenthum er mir bezeichnet wurde . Der Dorfschulze ( Häuptling ) stellte , angeregt durch mein Interesse an dem Stein , jedoch eine so hohe Forderung , dass ich den Erwerb auf eine ge¬ legnere Zeit verschob , — ich habe den Stein aber später leider nicht mehr aus¬ findig machen können . Ein drittes Exemplar eines solchen Steines sah ich auf der oberhalb Apia ' s be¬ findlichen französischen Mission ( Sacre coeur ) , deren Vorsteher — Pere Gave — mir den einstigen Zweck und das äusserst seltene Vorkommen dieser Steine be¬ stätigte . Er hielt den seinigen auch so hoch , dass er , ohne Sammler zu sein und trotz seiner sonstigen Liebenswürdigkeit , meine Andeutungen über einen glänzen¬ deren Aufstellungsort des Steines überhörte . Die beiden anderen Steine glichen im Uebrigen dem vorgelegten fast genau , besonders in ihrer länglichen Form , während das im Museum für Völkerkunde be¬ findliche Exemplar gerundet ist . In George Pratt ' s Dictionnaire der samoanischen Sprache findet sich kein Ausdruck für Schleifstein ; dass wir es aber mit einem solchen zu thun haben , dürfte wohl keinem Zweifel , zumal nach Pere Gave ' s Erklärang , unterliegen . |