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Werfen wir einen Bück auf die jüngste Entwicklungsperiode des staatlichen Lebens, beziehungsweise der bewaffneten Macht. Auch da lautete die Parole: Reorganisation gegen Reorganisation, und auch da war man überall von der zwingenden Nothwendigkeit der Gegen- Reorganisation überzeugt und durchdrungen. Was war und ist aber die Folge dieser Gegen-Reorganisation? Daß ein Staat den anderen an Schlagsertigkeit seiner bewaffneten Macht zu überbieten suchte, daß die Staaten jahraus jahrein in ihren Armeen kampfgerüstet einander gegenüberstehen und die Völker vergeblich nach allgemeiner Abrüstung ihre Stimme erheben.
Wollen wir darum nicht ebenfalls durch unsere Gegenorganisation den widerlichen Zustand religiös-socialer Streitigkeiten nur noch verallgemeinern und verlängern: so müssen wir eine solche Organisation anstreben, eine solche Institution in's Leben rufen, die als berufenstes Organ des gesammten Judenthums nur auf ruhigem, friedlichem Wege religiöse Aufklärungen und Erklärungen zu geben, Bestimmungen zu treffen, Verfügungen und Anordnungen zu erlassen hätte, Ein solches Gesammtorgan müßte mit der höchsten religiösen Autorität nach Innen wie nach Außen bekleidet sein, damit seinen Aussprüchen das höchste religiöse Gewicht innewohne. Ein solches, mit der höchsten religiösen Autorität ausgerüstetes Gesammtorgan wäre aber nur ein aus den hervorragendsten Rabbinen und Männern des Judenthums nach dem französischen Muster aus dem Jahre 1807 mit Hilfe der hohen f. k. Regierung einzu- berusendes großes Synhedrion.
Das französische Synhedrion hat nicht nur für seine Zeit den Israeliten Frankreichs und der anderen Länder Großes geleistet, sondern bis in unsere Gegenwart erstrecken sich die wohlthätigen Folgen seiner heilsamen Wirksamkeit. Denn das „Israelitische Central- Consistorium" in Paris — diese höchste religiöse Centralbehörde des französischen Judenthums — ist die herrliche Schöpfung des Synhedrion.
Eine solche Körperschaft, ein Synhedrion, wollen wir mit Einwilligung der hohen k. k. Regierung einberufen, ihm wollen wir unsere heiligen -religiösen Angelegenheiten zur endlichen Austragung anvertrauen. Wir sind nun dieser ewigen Plackereieil und Hetzereien endlich müde. Länger warten wäre ein Verbrechen an unserer