Erstes Capitel.
Anzahl und Vertheilung der Juden in den verschiedenen Ländern.
Ihre Emancipation durch die ftanzösische Revolution. — Eine große Anzahl ist noch Ausnahmsgesetzen unterworfen. — Der Schwerpunkt Israels. — Wie die historischen Strömungen der Iudenwanderungen sich zurückgewendet haben. — Wiederausbruch des Judenhasses. — Der Antisemitismus. — Die drei Hauptgesichtspunkte der Judenfrage.
Es gibt in der Welt- sieben bis acht Millionen Juden, die unter fünf bis sechshundert Millionen Christen oder Muhammedaner zerstreut sind. Stellt man diese Ziffern einander gegenüber, so ergibt sich schon die ganze sogenannte semitische Frage. In diesen Zeiten der Demokratie, welche Alles auf die Zahl stellen will, thut der Jude dar, daß nicht immer Alles auf die Zahl ankommt. Er ertheilt da eine für ihn selbst gefährliche Lehre. Die „Semiten" sind so wenige und nehmen so viel Raum ein. Es ist als ertönte es aus der großen Menge: „Du nimmst mehr als deinen Antheil!"
Bereits ein Jahrhundert ist dahin, daß die französische Revolution die Emancipation der Juden feierlich verkündet hat. Das Befreiungsdecret trägt das. Datum des 27. September 1791, nämlich der vorletzten Sitzung der constituirenden Nationalversammlung. *) Die französische Revolution glaubte, wie gewöhnlich,
l ) Die Emancipation der Juden bildete den Zusatz zum ersten Artikel der Erklärung der Menschenrechte: „Die Menschen werden frei und gleichberechtigt geboren und bleiben es". Die Juden Frankreichs unter der Führung Cers Beer's und Beer-Jsaak Beer's hatten dies sehr rasch begriffen. In der Nationalversammlung erstanden ihnen verschiedene und machtvolle Anwälte: Mirabeau, der Abbe Gregoire, Talleyrand, Clermont-Tonnerre, Robespierre, Dupont. Die