(Vorwort
Abend meines Lebens angekommen, ist es mir ein zwingendes Bedürfnis, gegenüber den fortgesetzten, in der neuesten Zeit immer maßloser werdenden antisemitischen Verdächtigungen und Verla umdun gen noch einmal das Wort zu ergreifen, indem ich das Beste von dem, was ich während meiner öffentlichen Wirksamkeit zum Schutze und zur Ehrenrettung des so frivol angegriffenen Judentums gesprochen und geschrieben, zu einem einheitlichen Ganzen vereinigt, hier zusammenfaffe.
Es sind zum größten Teil Vorträge, die ich an den verschiedensten Orten, in Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe, Frankfurt, Nürnberg, Fürth u. a. O. gehalten, und die in den siebenziger und achtziger Jahren als vereinzelte Aufsätze in meinen Monatsblättern „Es werde Licht!" erschienen sind.
Sie alle gehen von der Überzeugung aus, daß die ganze antisemitische Wühlerei thatsächlich zwar zunächst und in erster Linie den sozialen Zuständen der Gegenwart und dem Verschulden Einzelner ihre Entstehung verdankt, daß sie nichtsdestoweniger aber ihre tiefste Wurzel und ihre letzte Voraussetzung in dem religiösen Vorurteil hat, mit welchem heute noch Tausende, und selbst unter den Gebildetsten und am höchsten Stehenden, einen jeden Juden schon als solchen betrachten, und daß eben deswegen diese beschämende Erscheinung unsrer Gegenwart ganz gründlich nur dadurch zu beseitigen ist, daß diese tiefste Wurzel derselben abgegraben wird.
Ich hatte das seltene Glück, von meiner frühesten Kindheit an von diesem Vorurteil bewahrt zu bleiben, und besonders dadurch, daß ich Juden aus allen Ständen und Berufsarten persönlich -näher kennen lernte.
Wie viele gute, liebe und ausgezeichnete Menschen unter ihnen sind mir in den dreiundsiebenzig Jahren auf meinem Lebensweg begegnet — von jenem silberhaarigen Alten und seiner Familie, dessen Haus und Kram-
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