Ist's nulf ^in Tr^aum?
haben längst auf den Traum unsrer Jugend ver- " sichten gelernt, als seien wir heute Lebenden schon die
Glücklichen, denen die volle Versöhnung aller durch den Glauben Getrennter, die volle Aussöhnung Aller, die sich Jahrhunderte lang blos ihrer Ansichten, ihrer religiösen Überzeugungen wegen verkannt, verleumdet, gehaßt und verfolgt haben, in unfern eigenen Lebenslagen noch zu schauen und zu feiern beschieven sei, aber etwas näher sind wir denn doch trotz alledem dieser messianischeu Zeit der Versöhnung gerückt."
So schrieben wir vor achtzehn Jahren am Schluß unsres Aufsatzes über „Das Humane im Judentum", in welchem wir den herrschenden Vorurteilen über dasselbe entgegentraten, zugleich aber auch das Judentum daran erinnerten, daß, wenn diese Vorurteile ganz schwinden sollen, daß dann sämtliche Inden, und in erster Linie die Besten und Würdigsten derselben auch ihrerseits etwas thun oder vielmehr lassen müßten, was, ohne daß sie daran denken, diesen Vorurteilen stets neue Nahrung gibt. Wir gaben unser» jüdischen Mitbürgern zu bedenken, „daß das Judentum von dem Vorwurf nicht freizusprechen ist, jener Abneigung selbst in gebildeten Kreisen dadurch immer neue Nahrung zuzuführen, daß bis zur Stunde der größere Teil seiner Bekenner mit fast fanatischer Zähigkeit und Hartnäckigkeit eine Menge vorsint- flutiger Zeremonialgesetze aufrecht erhält, die inderthat nicht ge-
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