Vorwort,
Je dunkler die Nacht, desto heller leuchten die Sterne . . . Und in den schweren Tagen der Gegenwart, wo die finstern Kräfte des Mensehenhasses, der düstern Erbitterung und des blinden Fanatismus schamlos die Ideen der Brüderlichkeit und Liebe verhöhnen und das Heiligste und Teuerste mit Füßen treten — in diesen Tagen tönt besonders stark und machtvoll die Stimme eines der größten Sucher der Wahrheit, eines der genialsten, aufrichtigsten und kühnsten Lehrer der Pflicht gegen sich selbst und der Liebe zum Nächsten. Und dieser große Lehrer des Lebens ist zugleich auch der unbestritten tiefste Kenner des Menschen und seiner geheimsten seelischen Kegungen.
Unter den Feinden Tolstois, unter all jenen, die seine Schlüsse bestreiten,'die mit der philosophischen Seite seiner Schöpfungen nicht einverstanden sind — unter all jenen wird kaum einer sich erkühnen, die Behauptung aufzustellen, daß Tolstoi als Sehil- derer und Beobachter der Lebenserscheinungen, der Wahrheit nicht ganz besonders nahekommt. Und wenn Tolstoi behauptet, daß in der Seele des russischen Volkes weder religiöser noch nationaler Haß gegen die Söhne Israels tobt; wenn er im Namen des russischen Volkes sagt, daß das arbeitsfrohe, durch seine Bauern starke Rußland, die durch Leiden großgewordenen