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Als im Jalire 1869 in den ungesunden Schichten des Volkes die giftige Blume des Antisemitismus erblühte und neue Be­drückungen einem ganzen Volke drohten da wurden inner­halb der Gesellschaft Stimmen laut, und unter den besten Leuten erstand der Gedanke eines öffentlichen Protestes.

Dillon schickte damals Tolstoi zur Unterschrift den Text eines flammenden Protestes ein, der in der russischen und aus­ländischen Preesse veröffentlicht werden sollte.

Glühend vor Erregung und Empörung gegen die Verfolger unterschrieb Tolstoi den Probtest und sprach lange und tempe­ramentvoll über den Wahnsinn und Schrecken des Antisemi­tismus.

Ich kann mir nur sehr schwer, sagte er den Seelen- zusand von Menschen vorstellen, die von einem derartigen Wahnsinn befallen sind. Nie in meinem Leben spürte ich derartige Empfindungen in mir und beobachtete sie auch niemals unter dem Volke. Aber je mehr ich über diese Sache nachdenke, desto deutlicher und deutlicher sehe ich, daß der Antisemitismus weder eine Gesinnung, noch politische Ueberzeugung, noch wieder ein Parteistandpunkt ist . . . sondern vielmehr ein krankhafter.Zustand, eine wilde Leidenschaft, und zwar eine Leidenschaft, die sich dem Gebiete der niedrigsten Geschlechts­instinkte nähert, Instinkten mit besonderer perverser Schat­tierung.