Mose be n Maimon

Damals in Spanien, als unter den omajjadischen Kalifen die arabische Kultur in höchster Blüte stand, da war den Mohammedanern der Koran, den Juden die Schrift und beiden die Philosophie das-edelste Gut, das sie geistig bewirtschafteten. Araber und Juden wett­eiferten damals miteinander, die zwei Mächte Glauben und Wissen zu einer einzigen großen geistbeherrschenden Macht zu vereinen. Sie waren bestrebt, die Religion durch die Philosophie zu stützen, die Philosophie durch die Religion zu rechtfertigen, und brachten als den edelsten Schößling ihrer wissenschaftlichen Triebe die Religions­philosophie hervor.

Der Zweck der Religionsphilosophie war nicht, wie man es öfter bildlich darzustellen beliebt, Religion und Philosophie in ein Verhältnis von Herrin und Magd zu bringen; ihr Zweck war vielmehr, jeglichen Schriftwortes ersten Sinn an der Weisheit letzten Schluß zu ketten und solcherart Beweis auf Beweis zu türmen, daß Glauben und Wissen, Offenbarung und Vernunft wohl nicht gleicher­maßen, aber doch gleicherweise Quellen des Göttlichen erschließen.

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