Ferdinand Lassaüe
Man sagt nichts Neues, wenn man darauf hinweist, daß die Emanzipation der Juden ihren Ursprung in den Gesetzestafeln der französischen-Revolution hatte und deshalb auf halbem Wege stehen blieb. Aus formalem Prinzip und trockenem Rechtsgrundsatz als Idee hervorgegangen und durch eine Augenblicksstimmung in die Wirklichkeit gesetzt, brach die Judenemanzipation überraschend schnell herein, während der Abbruch des Ghettos nur allmählich und ziemlich langsam sich vollzog.
Vornehmlich in Deutschland zeitigte die Judenemanzipation einen Zustand, der ein Zwitterding zwischen Freiheit und Beschränkung darstellte. Länger als anderswo blieben hier Judenemanzipation und Ghetto nebeneinander bestehen, und die führenden jüdischen Geister, die im Zeichen dieser gedoppelten Gestimung geboren wurden, waren beiden, der Emanzipation und dem Ghetto, irgendwie verhaftet. Als emanzipierte Ghettomenschen erkannten sie am ehesten den Widersinn, der in der Zusammenkoppelung von Freiheit und Beschränkung bestand, fühlten sie am stärksten den imnatürlichen Zustand, als Befreite auch weiterhin in einengender Begrenzung leben zu müssen.
10 Meis eis, Judenköpfe
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