Ein aufrichtiger Mensch, ein vielseitiger Geist, und dazu eine Kämpfematur. Er war nacheinander Dichter, Kritiker, Feuilletonist, Sprachforscher und Philosoph. Eben dieses Nacheinander zeugt für die Aufrichtigkeit des Mannes; er zog es vor, sich in weiser Beschränkung einer Sache ganz hinzugeben, anstatt im Durcheinander die zersplitterte Kraft gleichzeitig auf vieles zu wenden. Deshalb ist eine gewisse Festigkeit in seinem Schaffen; die Linie seiner Entwicklung ist ungebrochen.
Nirgend bei ihm zeigt sich ein Schwanken, ein Hin- und Herpendeln, wie es für gewöhnlich bei Vielseitigen vorkommt In zeitlicher Abfolge wirkte er bald auf diesem, bald auf jenem Gebiete, immer - mit gleicher Gründlichkeit, mit gleicher Sachlichkeit, und immer mit einem Emst, wie ihn nur die volle Hingabe zeitigt
Obwohl er als Feuilletonist die Reflexionen liebte, als Schriftsteller am Aufleuchten von Gedankenblitzen seine Freude hatte, war er doch einer der objektivsten Milieuschilderer und Menschenzeichner, ein sehend Schaffender, der den Boden der Wirklichkeit nie verließ. Er schilderte Natur und Menschen so, wie er sie sah, und hütete sich, in sie etwas hineinzutragen, was er aus ihnen nicht herausbekommen hatte. Als Kritiker führte er eine scharfe Klinge und war gewohnt, immer geradeaus, nie von der Seite dreinzuschlagen; und mochte er auch häufig genug über die Stränge hauen, der Wille zum gerechten Urteil war bei ihm immer vorhanden.
Fritz Mauthner war einer der fruchtbarsten Schriftsteller unserer Zeit. Er schrieb Gedichte (den Sonetten- zyklus „Die große Revolution“), kleinere Bühnenwerke (darunter ein Schauspiel „Anna“), kritische Feuilletons („Kleiner Krieg“, „Einsame Fahrten“, „Aturen-Briefe“),
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