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Da aber dieses Ideal nur schwer oder fast unmöglich in allen Fällen 51t' erreichen ist, so muß das Hauptaugenmerk der Gesetzgebung dahin gerichtet werden, ans Vorsichtsmaßregeln zu sinnen, welche dem mehr oder weniger schuldlos Angeklagten Sicherheit bieten, welche Vorsichtsmaßregeln dann freilich auch dein gewandten Verbrecher zu Gute kommen, so daß mancher wirklich Schuldige ans Mangel hinlänglichen Beweises straflos ansgeht. Aber der alte Satz behält dennoch seine Wahrheit, daß es besser ist, wenn wegen mangelhaften Beweises hundert Schuldige straflos bleiben, als daß Ein Unschuldiger vernrtheilt werde.

Um nun die Schuld oder Schuldlosigkeit zu ermitteln, gibt es verschiedene Wege. Im germanischen Alterthnme waren es die Eideshelser, welche ihre Ueberzengung von der Schuld oder Unschuld des Angeklagten erhärteten. Diese Art des Beweises leidet an denr Gebrechen, daß die Eideshelfer eben nicht sichere Thatsachen angeben, ans deren Grund sie ihre Ueberzengnng sich gebildet. Es ist, wie in den sogenannten Gottesnrtheilen dem Zufall zu Viel überlassen, und die Sicherheit des Schuldlosen die allergeringste. Diese Art des Beweises ist ein Zeichen ganz primi­tiver Vildnngszustände.

Eine größere Beweiskraft liegt schon in den Judicien, den voransgehenden, begleitenden oder nachfolgenden Itmftäubeu der That. Allein wie oft sie auch Aufklärungen über That und Thäter geben können, oder Wahrscheinlichkeit bieten; sehr häufig können sie irre führen, indem sie oft verschiedene Erklärnngs- weisen zulassen, ans welchen der Richter nur eine, und nicht immer die richtige heransnimmt, so daß hier der Milthmaßnng ein weiter Spielraum bleibt, welcher nicht immer dem wirklich Schuldlosen den nöthigen Schutz verleiht, wie ans einem weiter pnten allgeführten Beispiele zu ersehen,