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Apostel und christliche Moralprediger sind mit den griechischen Philosophen einer Meinung, dass es, um des Himmels willen, 0 tugendhaft und nützlich sei, sich des Weihes und der Ehe möglichst zu enthalten, nur dass die Griechen ihren Himmel auf der Erde suchten und die Christen im Jenseits. Weib und Ehe sind höchstens als nothwendigo Hobel zu betrachten. Derjenige, der O seine Tochter verhoirathet, begeht gerade keine Sünde, sagt Paulus, aber derjenige, der sie nicht verheirathot, thut ein gutes ^ Werk. Aber er verheirathe sie dennoch, wenn sie nicht Ent- O haltsamkeit üben kann, „denn besser ist’s, verbeirathet sein, als Brunst leiden.“ Hiermit ist der Kerngedanke des heiligen Mannes | enthüllt: die Ehe. ist nicht der vollkommenste Zustand des Men- sehenpaares, sondern ein Notlibehelf wegen der Bedürfnisse der rohen Natur. Man hungert, also esse man, man dürstet, also man trinke, man schmachtet, also heirathe man. Dennoch wünscht Paulus auf seinen und seiner Genossen Kreuz- und Querzügeu die Begleitung von Weibern, als Schwestern im heiligen Geist, als Bräute Christi. Der kluge Menschenkenner wusste wohl, dass das für eine Idee entflammte Gemütli des Weibes mit unwiderstehlicher Zauberkraft ausgestattet ist zur Bekehrung zweifelnder oder ungläubiger Geister, zur Anspornung lässiger Seelen. Er bildet einen gewisseu Corpsgoist aus unter den Frauen und gestattet ihnen manche Gunst und Freiheit. Besonders die Wittwe. 1 wenn sie sich nicht wieder vermählte, erfreute sich einiger Pri- ' vilegien. Das christliche Ge,setz befahl ihr nicht, wie die Lehre des Manou, zu sterben, wenn ihr Gemahl gestorben war, zwang sie nicht zur Schwagerehe, wie Mosis Gesetz es vorschrieb, sie konnte nicht mehr wie eine Sache testamentarisch Anderen vor-