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liebe Gesinnung zu verleugnen und den Gesetzen ihres im Ge­heimen bewahrten Judenthums in tiefster Verborgenheit nachzu- folgcn. Sie vermochten ihre Zwingsherren so gut zu täuschen, dass sie bei den angesehensten derselben, Pürsten, Prälaten und Königen, Vertrauens- und Ehrenstelleu als Leibärzte, Beamte und hohe Würdenträger bekleideten und zur grössten Zufrieden­heit derselben lange, oft bis an ihr Lebensende inne hatten.

Eine dritte Klasse dieser Uobergetretenen endlich von Ratur mattherzig, oder durch Leiden abgestumpft, war in eine Gleichgiltigkeit verfallen, die unbesehen über sich ergehen liess, was und wer da auch kommen wollte. Sie wären ebenso zum Islam, oder Buddhismus übergetreten, wenn man sie nur endlich in Ruhe liess! Von allen Abtrünnigen waren diese im Grunde die unglücklichsten; ohne Gott und ohne Glauben fanden sie für ihre Entwürdigung und Entmündigung kein Gegengewicht in der Weihe des Schmerzes.

Einer vierten Gruppe ist auch zu gedenken: jener Ueber- getrotenen die, sei es in Wahrheit, sei es in Selbsttäuschung, sei es und das -war die häufigste Erscheinung aus Gründen gemeinen Eigennutzes, sich christlicher als die Christen zeigen wollten, und wie jene, ihre Vorbilder, ihrerseits nun die früheren Glaubensgenossen denuncirten, verfolgten, schmähten und schändeten. Solche gibt es bis auf den heutigen Tag*), doch braucht dies Blatt sich nicht mit ihnen zu besudeln. Die Frauen wurden mit ihren Männern und Kindern zur Taufe geschleppt. Selten geschah es mehr, dass eine neue B an nah auftrat und ihren

Siehe u. A. M. J. S c li 1 e i cl e n: der Juden. S. 28.

,Dio Romantik des Mavtyriiun s