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Im Frühjahre 1597 kam er wieder nach Prag zurück, wo er als Oberrabbiner angestellt wurde, welches Amt er bis zu seinem Lebensende würdevoll bekleidete. Das Leben Rabbi Lowe's wurde, wie das der meisten hervorragenden Persönlichkeiten früherer Jahrhunderte, durch mannigfache Sagen glorificirt. So war allgemein im Volke der Glaube verbreitet, Rabbi Löwe habe sich einen. Golem fabricirt, dem er durch eine Kamea (Amulet) Lebensgeist eingehaucht und den er dann zu verschiedenen Zwecken nach Willkür verwendet hätte. Am Sabbath jedoch sollte auch dieser Golem ruhen, daher ihm der Rabbi regelmäßig jeden Freitag Nachmittags die Kamea abnahm und der Golem war todt. Einmal jedoch ereignete es sich, daß der Rabbi an einem Freitag von mannigfachen Berufsgeschäften so sehr in Anspruch genommen wurde, daß er im Drange der Geschäfte vergessen hatte, dem Golem die. Kamea abzunehmen und das Malheur war fertig. Der Golem ward wüthend, entwickelte eine staunenerregeude, übernatürliche Körperkraft und richtete in wenigen Minuten heillosen Schaden an. Man eilte rasch zum Rabbi und theilte ihm das Vorgefallene mit; zum Glücke hatte man in der Alt-Neu-Synagoge noch nicht den Sabbath eingewecht, daher der Rabbi noch Zeit gewann, den Golem unschädlich zu machen. Er riß ihm rasch die Kamea aus dem Munde und der Koloß stürzte leblos zusammen.
Rabbi Löwe war der Neffe des berühmten Rabbi Jakob aus Worms, des Oberrabbiners von ganz Deutschland. Er hatte auch drei gelehrte Brüder: Chajim, College des Rabbi Moses Jsserls, Sinai und Simson. Rabbi Lowe's Gattin, Perl, die Tochter des Rabbi Samuel, verdiente ihrer äußerst trefflichen Tugenden wegen, eine Esches chajil, ein „biederes Weib", in des Wortes reinster und edelster Bedeutung genannt zu werden, lieber ihre Verehelichung theilt Maier Perls eine romantische Geschichte mit. Ihr Vater Rabbi Samuel soll um jene Zeit, als sie sich mit Rabbi Löwe verlobt hatte, einer der reichsten und angesehensten Männer Prags gewesen sein. Er wurde allgemein „Rabbi Schmelkes" genannt; allein durch mannigfache Unglücksfälle sei er plötzlich seines Vermögens verlustig geworden, so daß er die seinem künftigen Schwiegersöhne zugesagte Mitgift zu geben nicht mehr in der Lage war. Er schilderte daher in einem Briefe dem Rabbi Löwe seine traurige Lage und stellte ihm frei, die Verlobung aufzulösen.
Rabbi Löwe aber, der sich durch Charaktersestigkeit und Biedersinn auszeichnete, wies diese Zumuthung entschieden zurück und erklärte, seine Perl unter allen Umständen heiraten zu wollen.
Perl, hatte mittlerweile durch Verkauf von Brot und sonstigem Backwerk einen Nahrungszweig für sich und ihre Eltern gefunden. Eines Morgens kam ein Krieger hoch zu Roß einhergesprengt, spießte einen Laib Brod mit seiner Lanze auf und wollte
