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Von Professor Dr. Toby Cohn.

Die nächstliegenden Bedürfnisse sind mitunter diejenigen, die uns am spätesten klar bewußt werden. Dann genügt oft ein kleiner Anlaß, der die Aufmerksamkeit auf das bisher Vernachlässigte lenkt, um uns seine Bedeutung zu enthüllen.

Eine unter den zahlreichen, an die Zentralwohlfahrtsstelle ge­richteten Anfragen, betreffend die Unterbringung eines jüdischen übrigens nicht eines unbemittelten Epileptikers in einer geeigneten Anstalt, in der er rituelle Verpflegung finden könnte, war der Ausgangspunkt für die Entdeckung, daß es unter den vielen Problemen, denen sich die jüdische Wohlfahrtsarbeit zugewendet hat, ein Stiefkind gibt, das ist die F ü r s o r g e für Geisteskranke und Nervenleidende. Und doch wissen wir, daß wir Juden ein großes, nach manchen Statistiken ein ganz besonders großes Kontingent zu den genannten Krank­heiten stellen, so daß die Beschäftigung mit dieser Angelegenheit eigentlich schon längst nahegelegen hätte.

Eine Rundfrage, die von mir im Anschluß an jene Anregung an die bekanntesten und beschäftigsten jüdischen Nervenärzte Deutschlands gerichtet wurde, ergab denn auch, daß allerorts das Bedürfnis nach Unterbringung jüdischer Nerven- und Geistes­kranker in so hohem Maße besteht, daß mehrere der Gefragten ausdrücklich dieVerlegenheit betonen, in die sie regelmäßig durch die häufig an sie ergehende Nachfrage versetzt werden. Aus meiner eigenen fast 30jährigen nervenärztlichen, gerade in jüdischen Kreisen besonders ausgedehnten Erfahrung konnte ich und kann ich auch jetzt mich diesen Aeußerungen nur vollinhaltlich an­schließen. Die Schwierigkeiten, einen jüdischen Geisteskranken oder gar einen jüdischen Nervenkranken, der auf rituelle Be­köstigung Anspruch macht, unterzubringen, sind außerordentlich