wenn wir das System der Beamten-Auswahl der Engländer z. B. befolgten?
Der erste grosse Schritt von dem bisher befolgten Wege ab ist durch die Ernennung von Excellenz Dernburg selbst getan. Also können wir Hoffnung haben, dass dieser neue Kurs auch in den Kolonien gesteuert werden dürfte.
Und wenn diejenigen, die uns regieren sollen, mehr Verständnis für wirtschaftliche Fragen und Notwendigkeiten mitbringen und ihre Tätigkeit in der Kolonie nicht nur als angenehmes Intermezzo in der heimischen Laufbahn betrachten, sondern einen Lebensberuf daraus machen, vor allem möglichst lange in einem Bezirke, für den sie sich tüchtig erweisen, bleiben, dann wird sich als natürliche Folge auch die Erfüllung eines unserer Haupt wünsche ergeben:
Wir bringen unser Geld und unsere Arbeitskraft in die Kolonien und wollen deshalb auch einen gewissen Einfluss auf die Richtung der wirtschaftlichen Entwicklung der Kolonie gewinnen. Wir wollen nicht nur die „Regierten“ bleiben!
Wir sehen einen Vorteil für die Entwicklung der Kolonie darin, dass unsere praktischen Erfahrungen mehr als bisher von der Regierung beachtet werden.
Wir wollen nicht unter oder neben der Regierung, sondern mit ihr Hand in Hand an der Entwicklung unserer Kolonie arbeiten.
Die wirtschaftlichen Faktoren in der Kolonie sind heute keine quantite nfjgligeable mehr. Sie beanspruchen die Beachtung, die sie verdienen.
Excellenz Dernburg wird zwar nur kurze Zeit in unserer schönen Kolonie verweilen. Aber er wird sich davon zu überzeugen Gelegenheit haben, dass hier tüchtig gearbeitet ist und alle Vorbedingungen dazu vorhanden sind, dass bei einer grosszügigen Verkeil '-Politik und einer vernünftigen, den Verhältnissen angepassten Eingebornen-Politik, an der sowohl Regierung wie Private mitzuwirken haben, noch erheblich mehr geleistet werden kauu und wird, wenn ein gedeihlicheres Zusammenarbeiten zwischen Regierung und wirtschaftlichen Faktoren herbeigeführt wird.
Daran hat es bisher noch oft gehapert.
Die Ansichten, welche Excellenz Dernburg in der Öffentlichkeit in der Heimat entwickelt hat, berechtigen uns zu der begründeten Hoffnung, dass auch hierin ein Wandel zum Besseren eintreten w’ird.
Wir bringen Excellenz Dernburg unser Vertrauen entgegen und hoffen, dass beiderseits keine Enttäuschung eintritt.
In diesem Sinne begrüssen wir den Herrn Staatssekretär herzlicbst in Deutsch-Ostafrika!
_ Afrikanus.
Unter der Blutenlese von Wünschen und Beschwerden, welche dem Herrn Staatssekretär Excellenz Dernburg in der Kolonie vorgetragen werden sollen, befinden sich, wie wir hören, auch verschiedene, deren Beweggründe im Kampfe der Interessen, im Konkurrenzkämpfe zu suchen sind. Für die Betreffenden mögen ja derartige Sachen sogar grosses Interesse haben, aber wir möchten doch davor ■warnen, rein persönliche Wünsche und Beschwerden zu sehr hervortreten zu lassen. Darunter muss naturgemäss die Bewertung solcher Wünsche oder Beschwerden leiden, an denen die Allgemeinheit gleichmüssig Interesse hat. Auch hier muss der Grundsatz gelten, dass das Interesse der Gesamtheit der Europäer persönlichen Interessen Einzelner unbedingt vorzugehen hat. Ausserdem heisst es mit Recht: „Minima non curat praetor!“ Zu Deutsch: „Kleinigkeiten — auch Kleinlichkeiten — gehören nicht vor das Forum des Staatssekretärs“, oder auch: „Für zehn Mark Sachen ist nicht das Reichsgericht die erste Instanz!“ —
Einsendungen und Besprechungen Birtsdraftlichen Inhalts.
Mangel einer käuflichen Landesgesetzgebung von D.O.A. — Uns wird geschrieben: Die Unmöglichkeit,
sich irgendwo eine „Landesgesetzgebung von D.O.A.“ zu kaufen, wird vor allem von jedem neu angekommenen Kolonisten, der das edle Bestreben hat, die bestehenden Landesgesetze zu achten und sie zu befolgen, als «in grosser Mangel empfunden werden. Wie soll es da dem hier wirtschaftlich tätigen selbständigen Manne möglich sein, ungefährdet die zahlreichen Klippen zu umsteuern, die in den vielen Gesetzen und Verordnungen sich bieten, wenn ihm nicht gerade einmal zufällig Gelegenheit geboten wird, sich darüber zu orientieren, was hier in D.O.A. erlaubt und was verboten ist. Soll sich denn jeder die wohl kaum mehr erhältlichen amtlichen Verordnungsblätter der letzten 8 Jahre anschaffen oder zusammensuchen, wenn er wissen will, was er tun und lassen darf. Und woher soll er jene Verordnungen kennen, welche vor Bestehen einer Zeitung in Ostafrika erlassen wurden, welche hier also nicht zur Veröffentlichung gelangten?
Es wird durch die Verhinderung der Anscbaffungsmöglich- keit einer geschlossenen Landesgesetzgebung seitens Privater tatsächlich der Eindruck erweckt, als wenn es dem Gouvernement nicht angenehm ist, diese hervorragende Sammlung in Jedermanns Händen zu sehen, als wenn damit das Schwinden jener schönen Zeiten befürchtet würde, in denen die Verordnungen immer so angewandt werden könnten, dass das Gouvernement stets recht behält. Oder hegt man gar die Befürchtung, dass mit der Herausgabe der Sammlung nur grosse Verwirrung in den Köpfen der Untertanen angerichtet wird, die viele Verordnungen möglicherweise ebensowenig verstehen bzw. auslegen könnten, wie die aus- führenden Beamten. Dabei sei nur z. B. an die Holzschlaggebührenordnung gedacht, die wohl auf jedem Bezirksamt eine andere Auslegung findet.
Indische Butter. — Seit ein paar Jahren wird in unsere Kolonie dieses Nahrungsmittel eingeführt. Hierüber schreibt man uns aus dem Inneren: „Die Beschaffenheit der indischen „Butter“ ist, soweit ich die verschiedenen Marken kenne, eine ganz miserabele. Wäscht man die Butter, so bleibt eioe griesähnliche, übel schmeckende Masse übrig, so dass man zum Brot viel lieber die appetitliche deutsche Kochbutter, Margarine, isst, wenn einmal wirkliche Butter nicht zu haben ist. In Deutschland dürfte das indische Erzeugnis den Namen „Butter“ sicher nicht führen, in Indien aber scheint man solche Fälschung still zu dulden.
Wäre es nicht möglich, in viehreichen Gegenden deutschostafrikanische Butter zu erzeugen? Die Blechdosen sind nicht teuer, eine dazugehörige Verschlussmaschine kostet ungefähr 400 Mark und ist von jedem geschickten Schwarzen leicht zu handhaben.“
Für unsere Importeure. — Der „Hannoversche Courier“ bringt Folgendes:
„Die Fracbtermässigung für rohes minderwertiges Steinsalz zur Ausfuhr über See nach aussereuropäischen Ländern (namentlich S’ 1 ^- und Ost-Chiua) wurde rou der Handelskammer zu Hildesheim im Interesse der Kali-Industrie dos Haudelskammerbezirks bei der KOnigl. Eisenbahndirektion Haunover befürwortet. Um den Export, der voraussichtlich mit grossen Mengen zu rechnon hat und der Eisenbahnverwaltung erhebliche Einnahmen zufahren wird, zu ermC L "chen, würde die Fracht auf M 30 pro Doppelwaggon ab Werk bis zum Hafen (Bremen, Bremerhaven, Hamburg) zu normiereu sein.“
Wenn für das Salz auch ein billiger Frachtsatz auf dem Dampfer zu erzielen wäre, so scheint es uns wahrscheinlich, dass das deutsche Steinsalz im Gebrauch bei Ein- gebornen das miserable, von Maskat etc. eingeführte Salz aus dem Felde schlagen könnte. Der Salz-Verbrauch wird sich durch Ausbau der Eisenbahnen ausserordentlich steigern. Im Bezirk Morogoro z. B. tauschen sich die Gebirgsbewohner j Salz, das sie von der Küste hertragen, gegen Mtama oder i Reis ein. Aus diesem Grunde ist Salz auch ein gutes Arbei* i ter-An Werbemittel, aber zur Zeit ist wegen des Eisenbahn- ; baus die Beschaffung des so wichtigen Nahrungsmittels zu schwierig.