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Nr. 38

Kriegs-Nummer von Kolonie und Heimat

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Rußland war die erste der Ententemächte, die als Folge des Krieges einen voll­ständigen Umsturz der Verfassung erlebte, und sie ist auch die erste, die mit den Kriegs­zielen, um derentwillen d,e Entente cordiale ge­schlossen und der Krieg vom Zaune gebrochen wurde, abbaut und dadurch für den Frieden die ersten Vorbedingungen schastt. Durch diesen Umschwung der Dinge in Rußland wird der erdrückende Beweis geliefert, daß in Ruß­land der Krieg niemals ein Volkskrieg, son­dern ein Krieg des Zaren- unv Großfürsten tums und einer kleinen Schicht Inter­essenten war. Den letzten Eckstein zu dem Beweis lieferte Miljukow, der, mit einem Fuß noch im. Zarentum stehend, die Kriegsziele ins neue Regime hinüber­reiten wollte, unter sophistischen Aus­legungen des Begriffs Annexionen für dieRückgabe" Elsaß-Lothringens an Frankreich eintrat, um derentwillen rus­sische Truppen in Frankreich kämpfen sollten, und dem Volkswillen, der es ab­lehnte, das russische Volk den Eroberungs­plänen der Entente zu opfern, weichen mußte. In Rußland, dem bisher stärksten P citcr der Entente cordiale, in dem der Wille des autokratischen Zarentums den 173 Millionen Bewohnern das höchste Gesetz war, hat sich ein solcher Umschwung vollziehen können, weil ein Volk, das man ein willenloses Welkzeug in der Hand der Herrschenden glaubte, zur besseren Einsiwt gekommen war. Wie anders zur Zect noch in Frankreich und imfreien" England, wo das Volk immer noch nicht zur Einsicht gelangt ist, daß das tua re5 agitur auf dem Spiele steht. Noch immer dürfen seineVerführer ihre Friedensziele und Einver­leibungen vordeklamieren, deren unniög iche Erfül- ung das Volk mit seinem Blut und seinem natio­nalen Wohlstand bezahlt.

Noch immer scheint der Orakelspruch der Satur- day Review vom 11. Sep­tember 18./7, daß an dem Tage, wo Deutschland ver­nichtet werde, jeder Eng­länder um soviel reicher werde, seine suggestive Wirkung auf die Massen aliszuüben und damit je­den Friedensgedanken zu perhorreszieren. Dürften sonst Lord Cecil und

Englische Flugzeugabwchrgcschühe an der Front bei RrraS.

VUder vom Kriege.

Der deutsche Kronprinz mit seinem Generalstabschef Oberst Gras v. d. Schulenburg.

irm Kampsaebiet bei ArraS in Deckung stehende Reserven warten auf den Befehl zum Vorgehen.

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Asquith, wenn jetzt auch mit erheblich ver­mindertem Nachdruck, immer noch von der Aufteilung des deutschen Kolonialbesitzes, der Berechtigung der italienischen Jrredenta,' der Losreißung Elsaß-Lothringens als strateglscher Notwendigkeit gegen eine nur in ihrer Phan­tasie bestehende Angriffsgefahr 'reden, Ziele, die nicht den von ihnen angeblich erstrebten dauer­haften und gerechten Frieden, sondern ledig­lich Zündstoff zu neuen kriegerischen Verwick­lungen, die nur mit der vollständigen Ver­tilgung der einen oder der anderen Partei enden können, bringen müffen! Noch sind die Brücken zwischen Rußland und seinen bisherigen westlichen Bundesgenossen Frankreich und England nicht abge­brochen. Denn Miljukow scheute sich, die geheimen Abkommen mit den bis­herigen Alliierten zu veröffentlichen, da dadurch Geheimnisse bekannt würden, die auf die weitere Kriegführung nach­teilig wirken müßten. Die Erklärung des Fürsten Lwow, daß Rußland einen Sieg der Deutschen über die Verbündeten nicht zulassen werde, ist nicht höher zu be­werten als die Fähigkeit, einen solchen Sieg mit einer Armee zu verhindern, die ihre Abneigung, fürder Kanonenfutter für die Entente zu sein, deutlich genug ausgesprochen hat und sich im Zustande einer nicht mehr auf- zuha'tenden Desorganisation und nachfolgender Auflösung befindet. Welche Wirkungen der Ab­fall Rußlands noch haben wird, wagt man bei den All.ierten vorläufig noch nicht zu erörtern und weicht den diesbezüglichen Anfragen im franzö,.scheu und eng­lischen Parlament aus. Aber bitter emvfinvet man den nunmehr end- tiqen Ausfall der Hilfe durch die kostbare Dampf­walze. Daß der Reichs­kanzler angesichts der Un- geklärtheit der Verhält­nisse in Rußland und der immer stärker in die Er­scheinung tretenden Wir­kung unserer U- Boot- Waffe sich auf Friedens­ziele, die dem Feinde Wasser auf die Mühlen liefern mußten, nicht fest­legen konnte, sondern den Augenblick erwarten muß, um unsererseits Erklä­rungen abzugeben, wenn das hungernde englische Volk einen vernünftigen

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