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^möglichen Dinge gestützt werden die Beibehaltung unseres Südseebesitzes aus Poli­tischen, wirtschaftlichen und militärischen Gründen, die in dieser Zeitschrift schon oft und eingehend erörtert worden sind:

Mancher forderte den Verzicht Deutschlands leichten,' mancher schweren Herzens. Die einen wollten die Südsee-Jnteressenten entschädigen, andere nicht. Alle aber waren der Meinung, Mittelafrika müsse das künftige deutsche Kolonialland werben. Da es nun voraussichtlich nicht leichter sein wird, Deutsch-Südwestafrika den Südafrikanern wieder abzujagen als den deutschen Südseebesitz ihren derzeitigen Besitzern, so ivurde eben quch auf Südwest verzichtet. Vor den Japanern, Australiern, Neuseeländern und Südafrikanern haben jene Herren eben eine größere Furcht als vor den Franzosen und Engländern und unseren übrigen Feinden. Meinen sie vielleicht, Kamerun, Togo und selbst Ostafrika seien leichter zurückzugewinnen? Das möchten wir doch füglich uns zu bezweifeln erlauben.

Da kam der Leipziger Tag, an dem der Staatssekretär des Reichskolonialamts Dr. Sols im Namen des Reichskanzlers vor Tausenden von Zuhörern kurz und bündig er­klärte:

Unser koloniales Programm ist klar und einfach: Wir wollen das w i e d e r h a b e n, was zur Zeit in die Hand des Feindes gefallen ist und wollen diesen Besitz nach Möglichkeit zu einem widerstandsfähigen und wirtschaftlich leistungsfähigen Gebilde ausgefialte n. Gleichzeitig wollen wir der künftigen Gefährdung des europäischen Friedens entgegenwirken, die in der von unseren Gegnern in großem Stil geplanten Militarisierung Afrikas droht." .

lind die Tausende klatschten dem Staatssekretär Beifall.

Also Wiedergewinnung unserer Kolonien und Ausgestaltung dieses Besitzes sollte das offizielle Kolonialprogramm sein.

Man hätte nach diesen Vorgängen wohl denken können: Roma locuta, causa finita. Und wenn der Staatssekretär seinen Ausführungen noch hinzufügteErfreulicher­weise ist das ganze deutsche Volk mit diesem Programm einverstanden", so hat wohl damals niemand an der Richtigkeit dieser Behauptung gezweifelt.

Aber noch war keine Woche ins Land gegangen, als ein großes Leipziger Blatt einen ArtikelDas mittelafrikanische Reich" brachte, in dem ausgeführt wurde, der Staatssekretär habe in großen Umrissen gezeigt,, wie er sich einen Ausbau unseres Kolonialbesitzes denke, wenn wir beim Friedensschluß in der Lage seien, auf Grund des militärischen Besitzstandes in Europa ganz bestimmte koloniale Forderungen zu'stellen. Und er habe diese Forderung erfreulicherweise in die Formel gefaßt, daß wir alles, was von unserem kolonialen Besitz gegenwärtig in Feindeshand ist, zurückfordern müßten.Wir haben mehr­fach bargelegt," heißt es in dem Artikel weiter,daß ein anderer Standpunkt von vorn­herein die Teile unseres Kolonialbesitzes bei den Friedensverhandlungen entwerten würbe, auf die wir heute schon freiwillig und unaufgefordert verzichten wollten. Ob wir später bas eine gegen das andere ei nt aus chen, und wie wir diesen Besitz schließlich zu dem oft besprochenen m i t t e l af ri k a n i s ch e n Kolonialreich abrunden können,

. hängt in letzter Linie davon ab, wie mächtig wir militärisch und politisch dastehen werden, wenn einmal die Friedensverhandlnngen Mit England und Frankreich beginnen werden.