1914

Deutsche Aolonialzeitung»

215

die Berichte der verschiedenen Herren dieser Kameruner Grenzver- messungsexpeditionen recht wertvolles landeskundliches Material.

Eine sehr bemerkenswerte Bereicherung erhielt die Berichtsamm- lung noch durch die Beigabe einer erschöpfenden Arbeit des bayerischen Forstmeisters Dr. Escherich über das deutsche Muni- gebiet, welches er nach der Grenzvermessung im Auf­trag des Gouvernements von Kamerun bereist hatte.

Für den Leser derDeut­schen Kolonialzeitung" kom­men aus den verschiedenen Berichten vor allem die Ur­teile über den wirtschaft­lichen Wert der neuerwor- benen Gebiete in Betracht.

Da sind nun in erster Linie die Angaben des Majors Zimmer mann und des Hauptmanns v. Ramsah als langjährige genaue Kenner Altkameruns und der Be­richt des Forstmeisters Escherich von Bedeutung.

Zimmermann hat die ganze Süd grenze von der Meeresküste bis zum Sanga bereist. Er urteilt über den Gebietszuwachs recht gün­stig. Wirtschaftlich wertvoll sei alles mit Ausnahme eines verhältnismäßig klei­nen Geländestreisens west­lich der Dscha-Landstufe.

Escherich bezeichnet das von ihm beschriebene deutsche Muni gebiet, ebenso wie schon Zimmermann, als ganz besonders wertvoll wegen der gewaltigen Bestände von exportfähigem Nutzholz. Zu beachten ist dabei aller­dings. daß dieses wertvollste Gebiet von Neukamerun nur rund 4000 qkm groß ist, also nur den siebzigsten Teil des seinerzeit durch das Marokkoab­kommen von Frankreich erhaltenen Landes ausmacht.

Dr. Escherich und Hauptmann Abel sprechen dankenswerterweise den Ge­danken aus, es möchte regierungsseitig lbaldigst im Südgrenzland der Oel- palmenkultur besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Alte Oelpalmen- r bestände sind, abgesehen von einem 3 gj bis 5 km breiten Küstenstreifen, nur wenige vorhanden. Aber überall dort im Südgrenzgebiet ist das Land für die Anpflanzung der Oelpalme sehr ge­eignet.

Die Erschließung des küstenferneren Teils des Munibezirkes wird, abgesehen von dem verkehrsstörenden Umstand, daß alle schiffbaren oder wenigstens zur Holztrift geeigneten Flüsse das unglücklich schmale deutsche Gebiet nordsüdlich durchströmen, nicht leicht sein, weil man es dort noch mit einer recht faulen, störrischen und bedürfnis­losen Bevölkerung zu tun hat. Esche­rich macht da einen sehr bemerkens­werten Vorschlag, indem er auf die Zweckmäßigkeit hinweist, baldigst Fak­toreien, am besten amtliche, also sicher reell arbeitende Betriebe, dort einzu- richten' und so zunächst einmal bei den bedürfnislosen Eingeborenen Kauflust auf europäische Waren ' zu erwecken

und die > Leute so zur Arbeit für. den Europäer zu veranlassen.

Der östlichste, recht fruchtbare Teil des im Süden erworbenen Ge­bietes ist leider nahezu unbewohnt.

Ueber den Sangazipfel, dem Gebiet von 2° nördlicher Breite bis Zum Kongo, berichten v. Ramsah, Dr. Mahwald, Hauptmann Geister und Leutnant Luders. Daß dort Sumpf- und Ueberschwemmungsland bei weitem vorherrschend ist, dürfte nun keinem Zweifel mehr unter­liegen. Aber es gibt dort doch noch reiche Bestände an Gummibüumen

und Lianen, teilweise auch viel Oelpalmen. Das bedeutet im Verein mit dem zahlreichen Vorkommen des Elefanten immerhin einen ge­wissen Wertzuwachs für Kamerun, ganz abgesehen von dem Gewinn des vorteilhaften Wasserweges Sanga und der beiden Likuala.

Bedauerlicherweise wau - gelt dem Sangazipfel aber jede irgendwie nennenswerte Bevölkerung. So wird die Ausnutzung des Zwischen­stromlandes auf große Schwierigkeiten stoßen, zu­mal die Schlafkrankheit dort herrscht und eine Zunahme der Bevölkerungsziffer ohne weiteres nie zu erzielen sein wird. Eine zwangsweise Besiedelung dieses Landes wie auch des weiter oben er­wähnten unbewohnten Ge­bietes westlich von Wesso in Form von Versetzungen unbotmäßiger Leute und sonstiger Sträflinge aus an­deren Urwald- und Küsten­gebieten Altkameruns wird vielleicht nicht zu umgehen Das Gouvernement von Togo hat bekanntlich mi t s olchen Zw a ngsst ed er­lang en recht günstige Er­folge erzielt.

Der andere der beiden nach dem Abschluß des Ma­rokko abkomm eus so sehr kn­asterten Landzipfel, das Ubangi-Anschlußgebiet, wird als wertvoll geschildert. Es erwies sich als ein gut bevölkertes, an Gummi und Oelpalmen reiches, nicht zu sumpfiges Land. Es ist aber auch nur

wieder sehr klein im Verhältnis zum übrigen an der Südostseite Kameruns erhaltenen Gebiet.

Ueber das Grenzland nördlich vom Ubangizipsel bis zum nördlichen Ende des großen, im Osten Altkameruns neu­erworbenen Gebietes berichten die Hauptleute Bartsch und Tillen Sie bestätigen das aus der älteren fran­zösischen Literatur schon bekannte gün­stige Urteil über den Wert von Boden und Volk. Das Land eignet sich vor allem für Viehzucht, Baumwolle, Erd­nüsse und, was in den Berichten nicht erwähnt wird, für Kapok. Da es eine ziemlich dichte und arbeitswillige, ge­sunde Bevölkerung hat, kann man die­sem Teil Neukameruns mit Sicherheit eine gute wirtschaftliche Zukunft Vor­aussagen, namentlich wenn ihm in nicht allzu ferner Zeit eine Eisenbahn geschenkt wird. E,

Birsgeborcnenfchutz,

Die Eingeborenen sind das wertvollste Aktivum unserer Kolo- nialwirtschast." Als Dernburg das aussprach, war neu daran lediglich die wirksame Formulie­rung. Kein deutscher Kolonial­politiker, mit Ausnahme des Dr. Scharlach, hat meines Wissens je aus einem anderen Standpunkte gestanden.

Natürlich war man sich auch stets darüber klar, daß das wert­vollste Aktivum geschont und ge­pflegt werden müsse. Ebensowenig wie 1907 das Dern- burgsche Prinzip ist -deshalb heute irgend etwas neu an den Tendenzen, die die eben gegründeteDeutsche Gesellschaft für Eingeborenenschutz" vertritt. Jeder Kolo­nialpolitiker kann den Aufruf der Gesellschaft unterschrei­ben. Und in der Tat hat eine ganze Anzahl hervorragender Männer das getan. Nicht nur philanthropische Dilettanten, sondern auch Praktiker, die die Berhültnisse in den Kolonien

Aus dem Reiche der tausend Inseln; Anr mittleren jßaugatti.

Photo-Centrale des Kol.-Kcieger-Dank.

_

Fcicherbananeir bei Tanga.

%Vj //

' *