Deutsche Kolonialzeitung

Sonderbeilage zu Nr. 15 vom 11 . April 1908.

6ine Expedition in äie GfLskocklsnäer Mittel - Kameruns.

(Fortsetzung.)

Am 13. November betreten wir hinter dem 820 m hoch­gelegenen Dorfe Ngombo die ersten reinen Grasberge; der Urwald ist überwunden, die weite offene Parklandschaft be­ginnt. Am nächsten Tage taucht an einer scharfen Wege­krümmung plötzlich im Nordosten das langgestreckte ungefähr 2900 m hohe vulkanische Manenguba-Gebirge vor uns auf. Wolkenlos wölbt sich der blaue Himmel über die gewaltige hohe Felsenmasie, und ohne Glas ist jede Schlucht, jede Er­hebung des Gebirges deutlich erkennbar. In der Westhälfte der Gipfelpartie liegt der von Dr. Esch 1898 zuerst bestiegene, zirka 3 km Durchmesser zählende Ebogo-Krater, in dem Hauptmann Schlosser im Jahre 1905 noch Zwei kleine Seen mit 70 und 150 m Durchmesser entdeckte. Nach langem, beschwerlichem Marsch, auf jetzt terrassenförmig, durch in üppigstem Blumenschmuck prangende Bergwiesen steil auf­steigendem Wege, der manchen Schweißtropfen rinnen ließ, denn ich hatte. mein Pferd in Nguschi zurücklassen müssen, wird endlich bei dem 1554 m hochgelegenen Dorfe Mueba in der Landschaft Ninong der Westfuß des Manenguba-Gebirges und damit das aus Urgestein bestehende gebirgige Hochland, die dritte geologische Formation, die Mittel-Kameen aufweist, erreicht.

Dieses altkrhstalline Hochland, über dessen Aufbau und Zusammensetzung der Geologe Dr. Guillemain 12 ; j\ eingehende Untersuchungen angestellt hafl deren Resultate mir noch kurz vor meiner Abreise von Hamburg mitgeteilt werden konnten, besteht aus Gneis- und Glimmerschiefer, durch welche später Granitmassive verschiedener Ausbruchsperioden emporgequollen sind, die dann, etwa gleichaltrig mit den Ausbrüchen des Kamerun- und Manenguba-Gebirges von einer größeren Zahl kleinerer Basalt-Eruptionen durchbrochen wurden, durch die endlich wieder noch ganz jung-vulkanische, quartäre Ausbrüche hindurchsetzten.

In Mueba begrüßte mich der Bakossi-Oberhäuptling, ein alter, hochgewachsener, würdevoller Herr in einem tadellos sitzenden, grauen Gehrock und gleichfarbigem Schlapphut unter Vorzeigen des schwarz-weiß-rot geränderten Schutzbrrefes und bewies mir seine Freundschaft für die Regierung durch eine reichliche Fleischlieferung, die mir für meine von den steilen, mit harten Konglomerat-Brocken bedeckten Wegen arg mitgenommenen Träger sehr willkommen war.

Diese Konglomerat-Brocken mit ihren 'eingeschloffenen Brauneisenstein-Kügelchen sind typisch für ganz Kamerun, man trifft sie oft in derartig verwittertem Zustande an, daß die Brauneisenstein-Kügelchen lose über den ganzen Erdboden zerstreut liegen. Mit einigen Bündchen Tabak als Extra­belohnung wird die gute Gesinnung des Häuptlings anerkannt, mit dessen würdevoller Haltung es sehr schnell vorbei ist, als man an die Aufteilung des Tabaks und des Geldes an die Lebensmittellieferanten geht. Mit furchtbarem Geschrei und Gezanke versucht der Häuptling seine Gemeinde und diese ihn über das Ohr zu hauen, doch nahm man soviel Rücksicht auf mich, diese geschäftliche Erörterung auf einem Platz vor­zunehmen, der etwas abseits meines Zeltes lag. Gegen Abend ziehen feuchte Nebel durch . das Dorf, es wird empfindlich kühl. In der Nacht friere ich in meinem Bette ganz erbärmlich und wache am andern Morgen mit einem ganz gehörigen Schnupfen auf. Die Morgenwäsche geht diesmal recht schnell von statten.

Auf elendem Negerpfade/ der rechtwinklig zu den vom Manenguba-Gebirge herabkommenden Bächen geradlinig und steil bergauf und bergab führt und dessen Ausbau der Regierungsstation Johann - Albrechtshöhe noch ein äußerst dankbares Arbeitsfeld eröffnet, geht der Marsch über Nkoo und Mankwa wieder langsam zu Tal, der großen, ca. 800 m hoch gelegenen Mbo-Ebene entgegen. Dichte Nebel steigen auf und hindern für einen und einen halben Tag. jede Fernsicht, und nur hin und wieder werden in den wallenden Schwaden sekundenlang kleine Aschenkegel, in schönen Baumgruppen liegende Dörfer und violett blühende Erasfelder sichtbar. Die

Nebel verdichten sich immer mehr, und bald weiß unser Führer nicht mehr ein und aus. Mit großer Mühe gelingt es den ausgeschickten Patrouillen, ortskundige Führer herbeizubringen, denn alle an der Straße gelegenen Dörfer sind wie aus­gestorben, die Bevölkerung ist geflohen, weil sie fürchtete, zu Trägerdiensten herangezogen zu werden. Endlich beim Ein­biegen in eine tadellose Straße, die vom Posten Bare quer über die Mbo-Ebene führt, bricht die Sonne siegreich durch die Wolken und enthüllt uns einen großartigen Üeberblick über die weite Mbo-Ebene und die sie von allen Seiten umgebenden hohen Gebirge. Nach Ueberschreiten des 12 Meter brett^. luü mehrere Meter Liesen Nka-Flusies, das auf einer kleinen,^ erst vor wenigen Tagen durch den M üen Mbo hergestellten Hänge­brücke vor sich ging., (die hölzerne Jochbrücke rmc vorn Hochwasser zerstört worden-, machen wir in dem sauberen, am Nordrande der Mbo-Ebene aus eine:-",. Ausläufer der Ngungu- Berge gelegenen UnterkunstZd ^ 7 : ^andschu Quartier.

Ja der Regenzeit ist die Mbo-Ebene weitbm überschwemmt und wird bnnn zum großen Teil v ^ - pervar und zur Brut­stätte Millionen von _ Es ist nun neuerdings

b»z Vorschlag gemacht woroen, dre Mbo-Ebene, durch Regu­lierung des oberen Nkam-Flusses, der die aus allen Himmels­richtungen von den Bergen in das ebene Land herunter­fließ-nd--: Bergwüsfer sammelt und in einer schmalen Felsen- r.>ue östlich des Postens Bare in den Urwald hinab zum Wuri führt und durch die Erweiterung dieser Felsenspalte, welche in der Regenzeit die Rückstauungen der gewaltigen Waffermaffen des Mann die Ueberschwemmungen verursacht, trocken zu legen. Dieses Projekt, das im hohen Maße das Interesse des Gouverneurs gewonnen hat und durch dessen Verwirklichung ein großes überaus fruchtbares Gebiet dem Anbau wertvoller Kulturen erschlossen werden würde, dürfte jedoch bei den hohen Kosten, welche die beabsichtigten Arbeiten verursachen, vorerst kaum Zur Ausführung gelangen.

Das vor dem zum Militärbezirk Dschang gehörenden Posten Mbo erbaute Sandschu macht mit seinem sauberen Europäer­haus und den Hütten für die Träger und Soldaten einen überaus freundlichen Eindruck, und auch der Aufenthalt in dem­selben und auf den aussichtsreichen Veranden war ein un­gewöhnlich gemütlicher was man nicht gerade von vielen Unterkunstshäusern sagen kann. Für Sauberkeit und Ordnung sorgt ein alter schwarzer Schutztruppensoldat, der nebenher noch die Anlage. von Maispflanzungen zu überwachen Hai.

Derartige Unterkunstsdörfer sind von den Stationen für die Durchreisenden überall an den großen Straßen errichtet worden, 'wo am Ende eines Durchschnitts-Tagemarsches keine Dörfer vorhanden sind. Doch auch in allen den Dörfern, in denen die Karawanen gewöhnlich übernachten, haben die Häuptlinge besondere Hütten erbauen müssen, die ständig unbewohnt, immer als Herberge Zur Verfügung stehen. Aus diese Weise wird für die Bequemlichkeit der Reisenden gesorgt und die Eingeborenen zugleich vor Belästigungen geschützt.

Aus kunstvoll trassiertem, mustergültig angelegten Pro- menadenwege, einem Meisterstück der Straßenbaukunst Leutnant Lides und Oberarzt Hehlers steigt man über die steilen Hänge und tiefen, wasserreichen Schluchten der Ngungu-Berge im Schatten des kühlen Bergwaldes auf lang ausholenden, zum Teil in den Fels gehauenen Kehren mühelos in 3Vs Stunden zu der auf einsamer Höhe (1500 m) gelegenen Bergfeste Mbo empor. Fiebernd und mit verbundenen Händen empfängt mich hier Oberarzt Dr. Eckhardt, der mir trotz seiner Krankheit für die zwei Tage meines Aufenthalts aus dem Posten ein auf­merksamer Wirt ist. (Siehe Abbildung in Nr. 13.)

Mbo ist militärisch und landschaftlich hervorragend ge­legen, gesundheitlich dagegen weniger gut. Aus steiler, isolierter Bergkuppe, die freies Schußfeld nach allen Seiten gewährt. Liegen zwei aus Holz, Lehm, Matten und Gras erbaute Busch­häuser, deren eins das Bureau und die Fremdenzimmer, das andere die mit 2V a m hohen, stacheldrahtbewehrten Palisaden umgebene Wohnung des Chefs, die zugleich Reduit des Postens ist, beherbergt. Um diese beiden Häuser gruppieren sich Wache, Gefängnis, Jungen- und Pulverhaus und eine Etage tiefer die Soldatenhäuser, gleich an die Bergwand angeklebten