mehr und mehr zurück und verblassen in dem ihren Projektionen auf die heutige Gestaltung nicht überall gleich günstigen Dunstkreis kolo¬ nialer Kindheitstage. Stärker und durch alte Beziehungen fühlbar macht sich eine Festigung der sozialen Verhältnisse unter den Europäern geltend. Rekrutiert sich doch das europäische Menschenmaterial heute aus wesentlich anders gearteten Volksklassen. An die Stelle der vielen derer, die nichts zu verlieren, alles aber zu gewinnen hatten an Lebensunterhalt, sozialem Vergessen und dergl. treten heute die Angehöri¬ gen der gebildeten und vor allem der wirtschaft¬ lich mehr gefestigten Schichten unseres Volkes. Der Historiker Kameruns konnte den Wende¬ punkt von der alten zur neuen Gestaltung der sozialen Verhältnisse in jene Zeit legen, in der die weissen Frauen begannen, in grösserer Zahl nach Kamerun zu kommen. Im Anfang des Zuzuges des weiblichen weissen Elementes hatten wohl manche Frauen erheblich unter dem Klima und den tropischen Krankheiten zu leiden. Da und dort mögen vielleicht auch die für Seele und Gemüt erwarteten Folgen, die sich an die Begründung einer Ehe in Kamerun knüpften, grössere oder geringere Enttäu¬ schungen gewesen sein. Das hatte alles seine tieferen, wenn auch oft angesichts der Betroffe¬ nen recht bedauerlichen Gründe. Aber auch hier war Fortschritt: in der Handhabung hygienischer Vorkehrungen —Erkenntnis der Ursachen, die in der Uebergangszeit zum Tropenklima organische Unregelmässigkeiten in der Konstitution der europäischen Frau und damit seelische Depression verursachten — ideelles und materielles Aufsteigen der Männer—Eingewöhnung der weissen Frau in die neuen Verhältnisse, unterstützt und begleitet von den veränderten heimischen Verhältnissen in Haus und Schule. — So vollzieht sich vor dem aufmerksamen Beob¬ achter eine tiefgreifende, aus sich heraus¬ wachsende Umgestaltung und Konsolidierung alter europäischer Verhältnisse — nicht allein, aber auch nicht ohne wesentlichen Ein- fluss seitens des weissen weiblichen Elements. In diesem Stadium der Entwicklung euro¬ päischen Lebens war Kamerun, als es in den Mittelpunkt des allgemeinen politischen Interesses gerückt und damit auch der Heimat in Erinnerung gebracht wurde. Dieser oder jener nahm neben der Informierung über die neuen staatsrechtlichen und wirtschaft¬ lichen Vorgänge wohl auch Veranlassung, nach dem Gang der früheren Entwicklung und dem heutigen Stande der Entwicklung der Kolonie zu fragen. Zu diesem Zeitpunkt erschienen in der „Zukunft" (19. Oktober 1912) aus der Feder eines Arztes, Dr. Georg Lo- mer, Alt-Strelitz, einige Ausführungen, die vereinigt waren unter dem sonderbaren Titel: „Die Frauenfrage in Kamerun." Zur Skiz¬ zierung der Zeitumstände muss beigefügt werden, dass wenige Monate zuvor alle ernsthaft denkenden Deutschen Kolonialpo¬ litiker sich in dringlichster Form gegen den Beschluss der Volksvertretung in der Mischehen¬ frage ausgesprochen hatten. Ferner, dass diejenigen Kreise, denen jene Gabe zugedacht war, die Deutschen in den Deutschen Kolo¬ nien, in ihren offiziösen Vertretungen, den Gouvernementsräten — sich gleichfalls gegen die Ausführung jenes Beschlusses verwahrten. Die Quintessenz der Ausführungen des Herrn Lomer gipfelt in seiner Ueberzeugung, dass ,,die weisse Frau in Kamerun dem Manne eher eine Last als eine wirkliche Gehilfin und Stütze" sei. Dass „der Euro¬ päer zu dem alten Modus zurückkehren werde: zu der bequemeren und nützlicheren schwarzen Frau." „Staat und Gesetzgebung werden bald genötigt sein, der gerne um¬ gangenen Frage in jeder tropischen Kolonie, der Bastardfrage, eine ausreichende Ant¬ wort zu suchen." (Fortsetzung folgt.) Ans dem Schutzgebiet In dem Artikel vom 8. ds. Mts. über das Schulwesen Togos sind einige Bemerkungen, die nicht unwidersprochen bleiben dürfen. Das Schulwesen Togos soll das der andere Kolonieen übertreffen! Ja, wenn man an die geringe Grösse Togos denkt, nach seiner Ausdehnung! Aber bezüglich der Ausbildung in den Schulen und der Erfolge des Unterrichts wohl kaum. Die Lehrtätigkeit fusst in Togo ganz und gar auf der Uebersetzungsmethode; zudem müssen die Schüler aus dem Innern erstdie Küstensprache erlernen, ehe sie überhaupt deutsch hören. Wohl doch etwas unständlich und auch kaum richtig. Denn Sprechen lernt man am besten durch Sprechen, wofür der handgreifliche Beweis die Schwarzen sind, die oft mehrere Sprachen in kurzer Zeit sprechen lernen, während es den meisten Europäern, auch den Missionarenschwerfällt, nur eine Eingebore¬ nensprache richtig beherrschen zu lernen; sie lernen aus Büchern! Die Anschauungsmethode ist für die Erlernung einer fremden Sprache die natürlichste und einfachste; ebenso sind ihre Ergebnisse bedeutend bessere als die der Uebersetzungsmethode, bei welcher als geistige Tätigkeitfast nur das Gedächtnis ohne besondere Hilfen in Frage kommt. Die Anschauung gibt mit dem Wort auch den Inhalt, den Begriff, nur dadurch lernt der Schüler in der fremden Sprache denken. Die Endresultate der Togo¬ schulen dürften wohl kaum die der Kameruner Schulen übertreffen.—• Dass weiter die Lehrer in Togo nicht geeignet sein sollten, an der Fortbildungsschule zu unterrichten, oder eine Aufsichtsstellung an den Schulen einzunehmen, ist sehr merkwürdig. Das ist doch in Deutschland der Fall. Oder lernt man in Togo jetzt Griechisch und Lateinisch? In Deutschland wird jeder erste Lehrer an 3 Schulen immer Hauptlehrer, der Leiter einer 6 klassigen Schule Rektor. Hier, wo fast jeder Lehrer 6 klassige Schulen leitet, also tatsächlich die Befugnisse eines Rektors ausübt, kann ihm die entsprechende Stellung nicht gewährt werden! Die Leitung verschiedener Reg.-Schulen wäre die Aufgabe eines Schulinspektors. Ein ähnl. Vorrücken findet doch in den Kolonieen bei allen andern Beamtenklassen statt. Es dürfte denLehrern inTogo zu wünschen sein, dass sie ihrer Tätigkeit entsprechend gewertet würden. Durch den erwähnten Artikel erscheint das Ansehen des Lehrerstandes herabgesetzt, wohl kaum zum Nutzen der Schule. Ans anderen Kolonien. Der Kriegssanitätsbericht über den südwestafrikanischen Feldzug. Wie wir hören, dürfte der zweite Band des südwest¬ afrikanischen Kriegsberichts, der im Reichs¬ kolonialamt bearbeitet wird, demnächst fertig¬ gestellt und der OeffentHchkeit übergeben werden. Er wird sehr interessante Mitteilungen enthalten, die eine bedeutungsvolle Bereiche¬ rung des statistischen Materials über Kriegs¬ krankheiten, Verwundungen usw. im Kampf gegen Eingeborene bieten werden. Ausser der Krankenbewegung bei der Schutztruppe, wäh¬ rend des Feldzuges werden auch, soweit die vorhandenen Unterlagen es gestatten, die Erkrankungs- und Sterblichkeitsverhältnisse der weissen Zivilbevölkerung und derkriegs- gefangenen Eingeborenen Berichsichtigung finden. Neben einer Anzahl Kriegskrankheiten, wie Malaria, Ruhr, Skorbut, Herzkrankheiten, Magen- und Darmkrankheiten, Geschlechts¬ krankheiten, Verletzungen wird sich eine be¬ sonders eingehende Darstellung des Unterleibs¬ typhus entsprechend seiner Bedeutung in dem Berichte finden. Weiter wird die Typhusmorbidi- tät im Felde und auf den Etappen, die Ver¬ breitungsweise der Krankheit, sowie die daraus sich ergebenden Lehren für eine Bekämpfung erörtert. Dabei wird zugleich die epidemiolog¬ ische Rolle der Typhusschutzimpfung gestreift, der auch noch eine gesonderte Besprechung vorbehalten bleibt. Weiter wird über den Kran kenabgang und seine verschiedenen Unter¬ arten berichtet, darunter über die Gründe der Etappendienstunfähigkeit, der Heimatsen¬ dungsbedürftigkeit und der Invalidität, sowie über Verluste durch Tod an Krankheit, Ver¬ wundungen, Unglücksfälle usw. Zahlreiche Tabellen, Kurven und Diagramme im Texte und als Beilagen werden zahlenmässige Unter¬ lagen des Berichtes bilden, deren Erläuterung weiter durch eine grosse Anzahl von Kurven und Diagramme in anschaulicher Weise er¬ folgt. Der Schilderung des Krankenzuganges werden sanitätsgeschichtliche Vorbemerkungen über die Zeit vor dem Aufstande vorangehen. In dem Kapitel über den Krankenzugang wird demnächst der Gesamtkrankenzugang während des ganzen Feldzuges und in seinem Verlaufe während der einzelnen Jahre und Monate erörtert, sodann in gleicherweise der Zugang zu den einzelnen Krankheitsgruppen und Krankheitsarten. Vermischtes. Diebstahl am Gepäck des Zaren. Aus dem kaiserlichen Gepäck sind bei der letzten Reise des Zaren von Spala nach Zarskoje Selo bei der Station Olenj fünfzig silberne mit dem Kaiseradler geschmückte massive Teller und hundert silberne Löffel gestohlen worden. Wie der rätselhafte Dieb¬ stahl verübt wurde, ist noch nicht festge¬ stellt, da das Verschwinden der Teller und Löffel erst in Petersburg bemerkt wurde. Auf die Festnahme des Diebes ist eine Be¬ lohnung von zweitausend Mark ausgesetzt worden. Einstellung des Postverkehrs nach der Türkei. Der Postpaket-, Wertkästchen- und Postanweisungsverkehr nach sämtlichen türkischen Postanstalten der europäischen Türkei mit Ausnahme von Konstantinopel (für den Postpaketverkehr) ist, wie jetzt amtlich bekanntgegeben wird, bis auf weiteres eingestellt worden. Pakete für diese Post- o anstalten können daher einstweilen zur Be¬ förderung nicht mehr angenommen werden. 35 Jahre in Deutsch=Südwest. Ein bemerkenswertes Jubiläum hat in Windhuk der deutsche Siedler John Ludwig, ein Pio¬ nier deutscher Art und Arbeit, auf afrika¬ nischem Boden im Kreise seiner Familie und zahlreicher Freunde begehen können. Seit 35 Jahren lebt Ludwig in Südafrika und seit 20 Jahren als Begründer Klein Windhuks dort als eifriger und erfolgreicher Siedler. Während der fröhlichen Feier traf unter vielen anderen auch vom Gouvernement ein Tele¬ gramm ein, in dem es zum Schlüsse heisst: „Ich freue mich mit Ihnen der erfolgreichen Kulturarbeit, auf die Sie stolz sein können, und wünsche Ihnen noch eine lange Reihe glücklicher Jahre inmitten Ihres schönen o Lebenswerkes." Eine Jagdgeschichte, die einen gefähr¬ lichen Ausgang hätte nehmen können, passierte kürzlich auf einer Farm in der Nähe Okahand¬ jas. Eine grosse Rotkatze war in das Schlaf¬ zimmer der Kinder des Besitzers gelangt. Die Hunde schlugen zwar an, wagten aber nicht, das Tier anzugreifen. Besitzer, angelockt durch den Lärm, suchte alles ab, fand aber erst nach längerem Ableuchten das seltene Raubtier unter den Betten der Kinder. Mit Hilfe des Farm¬ verwalters wurde die Bestie dann herauszu¬ treiben versucht, was aber nicht recht gelang, da das Tier Angriffsgelüste zeigte. So musstefl aufs Geratewohl Schüsse abgegeben werden, die das Tier dann den Hunden überlieferten- |