1859

Jto 135 it. 136. Sonntag den 13. November

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Schillerstatue in Franffurt am Main.

Als am Tage unseres großen Dichters der Fefizvg mit seinen vielgestaltigen herrlichen Lebensbildern an mir vorüberwallte, da ergriff mich plötzlich eine wunderbare Dision. Ich sah mich aus der Gegenwart in eine ferne Zukunft, aus dem 10. November 1859 irr den 10. No­vember 1959 versetzt; ein unabsehbarer Festzug, in feierlich gehobener Stimmung bewegte sich an meines Geistes Au­gen vorüber, nach dem Schillerplatze, um dort das vor 100 Jahren errichtete Standbild Schillers mit blühenden Kränzen zn schmücken. In Wort und Lied erschallte der tausendstimmige Preis des geistigen Wohlthäters unserer Nation; die Redner, die die Bedeutung des Tages aus- sprachen, gedachten mit dankbar herzlichem Nachrufe der edlen Väter, die vor 100 Jahren dem Lieblinge des deutschen Volkes das würdige Denkmal geweiht, das noch jetzt, in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, rührendes Zeugniß ablege für die deutsche, für die vater- städtische Begeisterung eines dahingegangenen Geschlechts. Da plötzlich zerrann mein schöner Traum und ich befand mich wieder in der schönen Gegenwart, inmitten meiner festlich frohen zeitgenössischen Mitbürger.

Das prophetische Gesicht aber schien mir klar anzu­deuten, was uns Frankfurtern obliege. Wir haben in die­sen Tagen unfern geliebten Dichter mit jubelvoller Herzens­begeisterung gefeiert; aber der Augenblick, gab er uns auch für's ganze Leben einen unvergleichlichen Erinnerungsgewinn, wird doch für spätere Geschlechter spurlos verschwinden, wenn wir ihn nicht durch ein dauerndes Zeichen festhalten. Die unmittel­bare Gegenwart des Dichters, versinnlicht durch ein kunstbelebtes Abbild seiner Gestalt und seiner theuern Züge, wird uns und unseren spätesten Enkeln täglich und stündlich die Erin­nerung lebendigmachen an das segersteiche Streben und Wirken, wodurch er seine Nation zu seiner eigenen idealen Größe en porgehoben hat. Schiller hatte freilich zu unserer Stadt keine persönlichen Beziehungen; aber ist er nicht innig, unzertrennlich mit unfern, besten Denken und Fühlen ver­bunden? sind wir nicht geistig die Seinen? schlägt unser Herz picht begeisterter bei jedem Worte, das er der Ewigkeit übergab? Gaethe gehört uns au durch seine Geburt und auch seinem Alles überstrahlenden Weltgeise gewährte Frankfurt eine warme, fruchtbare Jugendstaite; lech nüt ebenso unbestreitbarem ' Rechte wurzelt auL unser Schiller, gleichsam unser Ehren­bürger', in unsrem raterstädtischen Gefühle und wir dürfen

mit Stolz sagen: auch Er ist unser! Wenn das Bild des größten Sohnes unserer Stadt mit ergreifen­der Gegenwart einen unserer schönsten Plätze ziert, so ha­ben wir damit unserer Bewunderung und zugleich unserer berechtigten Eigenliebe Genüge gethan; wenn aber auch Schillers Standbild einem unserer öffentlichen Plätze die Weibe gibt, dann zengt cs doppelt von der tiefen Be­geisterung unserer Mitbürger für Alles, was Edles und Erhabenes je aus deutscher Tichtersecle quillend, unsere Nation erhoben und veredell hat. Frankfurt, das auf sei­nem freien Boden unseren beiden Dichterhelden ehrende Denkmale errichtet, darf irr der That sich, auch in des Wor­tes geistigem Sinne, mit dem Namen der Stadt der Dies kuren schmücken.

Lassen wir uns nun aus der idealen Höhe dieser Wün­sche auf den materiellen Boden der Wirklichkeit herab, so tritt uns allerdings sofort das Gespenst der Geldfrage ent­gegen. Aber wäre Frankfurt. Frankfurt, wenn es sich von einem Geldgespenste schreckin ließe? Frankfurt ist reich genug, um seinem Ruhm nicht etwa nur eine Abfindungs­summe, sondern einen glänzenden Jahresgchalt zu zahlen.

Vor der Geldfrage, wenn sie die Ketten bricht,

Vor der Kostenfrage erzittert Frankfurt nicht!

Tie Kosten einer würdigen Schillerstatue betragen, rach dem Urtheile sachkundiger Freunde, fl. 18,000 bis ff. 20,000. Es kommt alles darauf an, einen bedeutenden und ermunternden Anfang hiefür zu gewinnen.

Ehret die Frauen", so sang unser Dichter und seine Muse ist die erhabene Schutzgöttin deutscher Frauen­ehre, deutscher Franenwürde. Unfern Frauen und Jung­frauen gebührte vor allen andern das Priesteramt am Eh­rentage ihres reinen Sängers. Es war nicht so, es konnte vielleicht nicht so sein. Um so thatkräfttger können sie jetzt ihren Tank, ihre Verehrung kundgeben: unfern Frauen und Jungfrauen zuvörderst sei die lie­bevolle Sorge für eine in unserer Stadt zn er­richtende Bildsäule des Dichters ans Herz ge­legt! Wenn sie mit vereinten Kräften sich der Erreichung des schönen Zieles widmen, dann ist das Ziel schon halb erreicht. Mögen ihre kunstreichen Hände wetteifern, eine Fülle anmuthiger Werke zu schaffen, die, zu einer glänzen­den Vrrloosririgsarisstclliing vereinigt, den Beschauer mit dem doppelten Wunsche des Besitzes erfüllen Müssen. Eine solche Verwesung sicherte so leicht als schnell dem Beginn