Die deutsche Offizierfrau

Vr. 1 Beilage zumDeutschen Ofsizierblatt". 1921

Verantwortlich für die Schriftleituug: Frau 2L I. Richert, Berlin. Alle Anfragen und Beitrage fürDie deutsche Offizierfrau' sind -u richten an Frau A. I. Richert, Berlin-Friedenan, Rheingaustraße 18, i. Fernruf: Rheingau (1741).

Leitspruch für 1921.

Weichheit ist gut an ihrem Qrt. Aber sie ist kein LosnnaSwort, Urin Lchilt», keine Klinge und kein <Srifs, Kein Panrer. kein Steuer lür dein Schiss. Du ruderst mit ihr vergebens. Kraft ist die Parole des Lebend: Kraft im Zuge bei Streben». Krall i« Wagen. Kraft im Schlagen, Kraft im Behagen, Kraft im Entsagen. K^aft im Ertragen, Kraft bei de» Bruder» Not uud Lei» 9« stille« Werke »er Menschlichkeit.

Fried r. The od. Bischer.

Zum neuen Jahr

Don Ilse f) o m e L

Zu allen Zeiten hat Sage und Überlieferung den Frauen die Gaben des Hellsehens, des Schicksalkundens und Schickfalbestimmens, des Webens und Wirkens am Kleide der Zukunst zugeschrieben. Frauen waren es, Nornen und Parzen, die die Schicksalsfäden spannen, der runenoertrouten, Unergründliches erfühlenden Seele ihrer Frauen überließen unsere Altvordern di- Bestimmung über Krieg und Frieden. Spinnen und weben an den Schicksalsfäden unseres Volkes müssen wir Frauen heute mehr als je, und wir können es nicht anders, als daß wir sie immer wieder vergolden mit dem Glanz der Hoffnung, der in unseren Seelen auch in den trübsten Zeiten nie ganz erblindet. Eine Frau kann vergangene und zerfallene Größe noch so heiß beklagen, sie wird das erste junge Grün, das sich aus den Ruinen zerschmetterter Tempel wieder emporrankt, viel eher sehen als der Mann und dies erste Zeichen neuerwachien Lebens mit leidenschaftlichen Wünschen segnen.

Wir können nicht leben ohne Hoffnung, ohne Glauben an die Zukunft, in der unsere Kinder wieder glücklich und arbeitsfroh auf freier deutscher Erde leben können. Und nur wenn dieser unverlierbare Glauben in Millionen Herzen zur Kraft, wenn unser Leid uns zur mutig bezwungenen Aufgabe wird, kann unser Leben sich wieder glück­licher gestalten. Aus den Quellen von Vieltausend zukunstsglöubigen Herzen nur kann der Riesenstrom gespeist werden, der Kraft genug hat, die Felstrümmer fortzuwälzen, mit denen unser Zukunftslcmo noch übersät ist.

Was hat uns das verfiosiene Jahr nun gebracht, das unser Weiter­hoffen berechtigt erscheinen läßt? Sind gerade wir Frauen nicht viel­leicht zu leicht gesonnen, uns an einen billigen Optimismus an- zukiammern, nur weil uns die Kraft fehlt, schwerem, unabwendbarem Schicksal gefaßt ins Auge zu sehen? Wir müsien doch zugeben, daß das vergangene Jahr nicht allzuviel von dem gebracht hat, was wir für unser Volk und unser Vaterland so heiß erhofft hatten. Fangen wir bei dem an, was in unserem Familienleben am härtesten spürbar ist: Die Teuerung ist so ins ungeheuerliche gestiegen, daß schon Tausende wirtschaftlich Schwacher darunter zusammengebrochcn sind. Der Ernährungszustand von ungezählten Kindern ist fo über alle Maßen elend, daß kein Jammer der Menschheit jemals herzergreifender war als der dieser schuldlos leidenden Kinder! Miels, und Angestellten- steuer oedrohen neben allem anderen die Kultur des Mittelstandes, iem Familienleben, die geistige Spannkraft seiner Frauen auf das schwerste. Mit einem wahren Zynismus richten sich diese Steuern nur gegen die Mittelschichten, um sie zu proletarisieren; mit vollem Recht konnte eine Berliner Tageszeitung in diesem Sinne von Steuer- Sadismus sprechen Auf der anderen Seite finden wir einen Streik nach dem anderen, Arbeitsscheu, eine geradezu unverständliche Be- gönnerung der Erwerbslosen, dazu einen Vergnü-ungstaumel sonder­gleichen. Wucherei. Schieberei und Verhöhnung von Zucht und Sitte in allen Schichten.

Und doch! Ja, und doch! Wo hat sich denn, erschüttert durch die liefe Entsittlichung unseres Volkes, zuerst wieder sittliche Erkenntnis und Kraft in Tat umgeletzt? Bei uns Frauen, bei Hunderttausenden von deutschen Frauen und Müttern, in den verschiedenen großen Frauenbünden und Zusammenschlüssen! Zuerst erlebten wir das im vorigen Winter bei der schweren Bedrohung unseres religiösen Lebens, als unseren Kindern die Religion genommen werden sollte. Wie flammte da die Tatkraft der Frauen auf, und welch ein starker Erfolg war es. als die zahllosen Elternbeiräte sich blldeten, die für die Er. Haltung der Religion eintraten! Und in diesem Jahr! Man sehe doch die zahllosen Arbeiterfamilien, die ihr Bäumchen schmücken, die sich ihr stilles, deutsches Weihnachten aus allem Wust und Kamps zu retten suchen! Das ist im großen und ganzen ein Erfolg deutschen Frauen­wirkens. Und wenn durch die Rot der Zeit der Sinn für schlichte Lebensführung, für stille, verinnerlichte Freuden in unserem Volk wieder ouslebt, wie es in vielen Schichten schon der Fall ist, so ist das »in großer Gewinn. Die sittlichen Werte in unserem Volk, die eine Zeitlang verlöschenden Flämmchen glichen, nur von wenigen Händen gehütet, treten wieder mit stärkerem Leuchten hervor, und immer mehr Frauen besinnen sich auf ihre Misiion, dem deutschen Volk die Begriffe der Treue, der Pflichterfüllung und der echten Güte zurückzubringen.

Auf zahlreichen sozialen Gebieten wird durch unermüdliche Frauen­arbeit mit stetigem, oft ganz überraschendem Erfolg geholfen und ge- bessert, man denke an Kinder- und Altershilfswerke, an die zahlreichen praktischen Ausstellungen.

Aber auch in das große politische Leben ist ein Aufschwung, ein Idealismus gekommen, der ganz unverkennbar auf die begeisterte Mit- arbeft der Frau zurückzuführen ist. Freilich immer nur eines kleinen Teiles der Frauen, denn daß di« große Menge in ganz unverzeihlicher ftoatsbürgerficher Gleichgültigkeit verharrt, ist ja leider nicht zu ver- schweigen. Aber erwiesenermaßen waren es doch Frauen, die bei den Reichstagswohlen das Steuer des deutschen Schiffes nach rechts gedreht haben, und bei den Preußenwahlen im Februar wird das noch stärker der Fall fein. In fast allen Ministerien und Verwaltungen find in diesem Jahre Frauen als Regierungsräte oder als sonstige Beraterinnen eingezogen; im Reichswirtschaftsrat haben sie milzureden; in den Parlamenten freilich möchten wir die bürgerliche Frau stärker vertreten wißen. Im Ausbau unserer neuen Kirchenoerfassung wird der Fraueneinfluß hoffentlich stark und segensreich zur Geltung kommen. Auf den bürgerlichen Parteitagungen konnte man mit Freude und Hoffnung ein Bild von dem regen nationalen Leben in allen Teilen des Landes, dem Wiederausblühen nationalen Geistes gerade in Frauenkreisen und von der straffen Organisation der Frauenarbeit ^kommen.

Schwere Schotten hat dieses Bild freilich noch, am schlimmsten lagert da die Schwarze Schmach in unseren Rhein­land e n auf unserem Volk, gegen die auf den internationalen Frauentagungen gar keine oder nur höck)st lahme Worte gefunden wurden! Gebe Gott, daß im neuen Jahr diese fürchterlichste Brutali­tät, die je einem Volke angetan wurde, von uns genommen wird! Groß und gewaltig find die Aufgaben, die vor uns liegen. Rur wenn zahllose Frauen mit Hingebung ihrer ganzen Persönlichkeit sie zu be­wältigen suchen, kann das große Werk der Gesundung unseres Volkes gelingen. Nie war dem Eindringen von Seele in Seele, war den weichen, gütigen und doch starken Arzthänden der Frau eine heiligere Aufgabe gestellt als nun, da wir wissen, daß nur durch Stärkung der sittlichen Werte, besonders bei unserer Jugend, unser Volk von innen heraus wieder gesunden und daß nur reines, lauteres Frauentum eine solche Heilung vollbringen kann.

Aber weil wir dessen gewiß sind, daß diese Kräfte unverbraucht in unserem Volke leben, können wir mit großer, starker Zukunstsgläubigkeit in das neue Jahr hineingehen. Möge es unserem Daterlande endlich wieder ein Jahr des Heils sein!

iIlnIerdUebenenfürsorgs

Mehrmals hat die Frauengruppe darauf hingewiefen, daß bei allen Gesuchen u« Unterstützung genaue Angaben über die Personalien der Antragsteller, sowie des Verstorbenen (Ehegatte, Daier ufiv.s gemacht werden möchten. Dar Heeresabwicklungsamt hat aber wieder Ver­anlassung zu bitten, daß auch bei allen Rückfragen der Dienstgrad des in Frage kommenden ehemaligen Heeresangehörigen mit angegeben wird. Wir bitten dringend, diesen Wtinsch des Heeresabwicklungsamtes zur Beschleunigung der Unterstützungsfälle zu erfüllen.

Frauenarbeit in Stabt unb Land

Zur Aussprache über die Lrhokuugsfürsorge.

Auch die Abteilung für Erholungsfürsorge des ^ Landes­verbandes Sachsen ist außerordentlich dankbar für die wertvollen Anregungen, die der Aufsatz der Frau Gräfin Baudlssin und die sich anschließende Aussprache von den verschiedensten Seiten uns gebracht hat.

Im wesentlichen decken sich die Ansichten über Erholungsfürsorge der Frau Gräfin Baudlssin mit unseren Erfahrungen bis auf einen Punkt vollkommen. In Sachsen läßt sich eine strenge Zentralisierung und Bearbeitung der Erhoiungssürsorge nur durch den Landes­verband nicht durchführen. Es liegt dies einerseits an den örtlichen Ver­hältnissen, andererseits beeinträchtigt es aber erfahrungsgemäß bei einzelnen größeren Ortsgruppen die Arbeitsfreudigkeit stark, wenn man ihnen die Möglichkeit, selbständig für ihre erholungsbedürftigen Kinder zu sorgen, beschneiden wollte. Zweifellos ist doch die Erholungsfürsorge für unsere Kinder neben der Fürsorge für die Hinterbliebenen das köstlichste und dankbarste Gebiet für unsere Frauenarbeit. Der Landesverband Sachsen hat in seinen neuen Richtlinien daher den Ortsgruppen überlasten, ob sie dem L. D die Kinder überweisen oder selbst für deren Unterbringung sorgen wollen. Die Grundlinien sur