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Nr. 20
Berlage zrrm „Deutschen Offizierblatt".
Berantwortüch pir die SchrMleitrmg: Fm« L-Z. Richert, Berün. — Alle Anfragen und Beiträge für „Die deutsche Ofsizierfrau" sind rkcht» an Frmt A. I. Richert, Berlln-Friedenau, Rheingaustraße 18, I. Fernruf: Rheingau (1741).
Wenn man daS Lehen fragte tausend Jahr« lang: ^Warum lebst du?" Wen« eS überhaupt «nrtwortet«, würde e» nur saaen: lebe, um j» leben!" Da» rührt daher,
wetl daS Lebe« aus feinem eigenen Grunde lebt, auS feinem Eigenen quillt: darum lebt eS ohne ein Warum: eS lebt nur sich selber! Und fragte man einen wahrhaften Menscben, einen, der auS seinem eigenen Grunde wirkt: „Warmn wirkst du deine Werke?" Wenn er recht antwortete, würde er auch nur sagen: ^fch wirke, um »u wirken!"
Meister Eckehart.
Frauenberufsfragen
Don Lotte Steinthal.
Geschäftsführerin des Verbandes für handwerksmäßige und fach- gewerbliche Ausbildung der Frau.
Die Umwälzungen innerhalb unseres Wirtschaftslebens haben auch »ine vollkommene Verschiebung in bezug auf die Volksschichten mit sich gebracht, die heute ihren Lebensunterhalt aus einem Erwerb bestreiten müssen. Die Frauen der sogenannten mittleren und höheren Stände, insbesondere die verheirateten Frauen übten in früheren Jahren nur in geringem Maße eine eigentliche Berufstätigkeit aus, wenn sich auch manche Beamtentochter oder Offiziersfrau durch „Hand- arbeiten^ einen „Nebenverdienst" zu verschaffen suchte. Mit einem kleinen Nebenerwerb ist aber heutzutage niemandem gedient. Nur wer mit einer guten Berufsbildung ausgerüstet ist, wird in dem schwierigen Kampfe um das Dasein bestehen können. Es müssen also auch die älteren Frauen, die heute als neue Derdienerinnen m unfe- rem Wirtschaftsleben auftreten, nach Möglichkeit geschult werden, um sie überhaupt erwerbsfäyig zu machen und um zu verhindern, daß sie als halbe Arbeitskräfte lohndrückend wirken.
Die Frage der Schulung und Unterbringung älterer Frauen ist von jeher schwierig gewesen und ist heute bei der großen Arbeitslosig- fett noch besonders problematisch. Hinzu kommt noch, daß die meisten dieser Frauen auch noch Kinder und oft größere Haushaltungen zu versorgen haben und nun ihren Verdienst in Heimarbeit suchen. Man kann all diesen Frauen nur raten, sich den Organisationen anzuschließen, die vie Interessen der Heimarbeiterinnen wahrnebmen. Es ist Zwecklos, irgendeine Arbeit zu beginnen, wenn man nicht weih, ob für den bestimmten Artikel eine Absatzmöglichkeit vorhanden ist und ob bereits tarifliche Lohnvereinbarungen am Orte bestehen.
Die Frage der Einarbeitung auf eine bestimmte Heimarbeit ist durchaus noch nicht gelöst. Wohl werden von dem „Gewerkverein der Heimarbeiterinnen" Kurse eingerichtet, die aber hauptsächlich dazu dienen sollen, den Mitgliedern den Übergang zu einer anderen Heim- arbeit zu erleichtern. Die Landesarbeitsämter veranlassen die Einrichtung von Kursen für Erwerbslose, also für Frauen, die bereits berufstätig waren und nur für eine andere Arbeit befähigt werden sollen, die nach der Lage des Arbeitsmarktes die Möglichkeit einer oaldigen Beschäftigung bietet.
Dagegen besteht für die Frauen, die als neue Derdienerinnen bezeichnet wurden, so gut wie gar keine Gelegenheit zu einer fach-
S emäßen Ausbildung. Bei Einrichtungen solcher Art müßten dieselben Gesichtspunkte berücksichtigt werden wie bei den Kursen für Erwerbslose. Nur bei genauer Kenntnis von Angebot und Nachfrage ist es zweckmäßig, Frauen auf bestimmte Artikel einzuarbeiten, um zu vermeiden, daß einerseits das Heer der Erwerbslosen in einem Berufszweige vergrößert. '
Arbeiten
ist. Die „ . .
schulten Kräften liegen, damit eine wirklich gute Ausbildung gewahr- leistet wird. Don Anfang an aber müssen sich Veranstalter und Teilnehmer der Kurse klar darüber sein, daß es sich bet einer^verhältnie-
mäßig kurz " .
höchstens et einer Teilarbeit
Harckwerk. Ein handwerklich gefertigtes Stück muß von ein und der- lewen Arbeitskraft ausgedacht und hergestellt werden können, es handelt sich also um hochqualifizierte Arbeit, die einen gründlichen Ausbitdungs- gang unumgänglich notwendig macht.
Neben großer guten Geschmack, Zeichentc mönnische Kenntnisse besitzen, wenn sie als Direktrice oder Leiterin »kter eigenen Werkstatt sväter einmal in ihrem Fach etwas Gründliche» leisten will. So umfassenden Anforderungen kann im allgemeinen die Frau der gebildeten Stände viel eher entsprechen als ein junges Mädchen, das nur die Volksschule besucht hat und sich. eine höhere Bildung erst mühsam im Laufe der Jahre aneignen muß. 'Erfreulicherweise ist die Überschätzung der sogenannten höheren Berufe immer mehr
Handgeschicklichkeit muß die Handwerkerin einen jeichentalent, Erfindungsgabe und gründliche kauf-
im Schwinden begriffen, und häufig wird auch schon von Töchtern des Mittelstandes den praktischen Berufen der Vorzug gegeben. Es muß aber noch einmal betont werden, daß ein handwerklicher Beruf nur für diejenigen in Betracht kommt, die den ordnungsmäßigen Lehr-
S durchmachen können. Die Reichsgewerbeordnung schreibt eine estens dreijährige Lehrzeit vor, die mit der Gesellenprüfung ab- schließt. Nach einer mindestens dreijährigen Gesellenzeit, aber nicht vor dem vollendeten 21. Lebensjahre kann die Meisterprüfung ab- gelegt werden. Der Meistertitel darf aber erst mit vollendetem 24. Lebensjahre geführt und Lehrlinge können erst von diesem Zeitpunkt ab angelernt werden. Die Lehrzeit kann entweder in der praktischen Lehre oder in einer Fachschule zugebracht werden, die als ganzer oder teilweiser Ersatz der Meisterlehre anerkannt ist. Die künstlerischen und kausmännischen Kenntnisse kann man sich in Abendkursen aneignen, wie sie in Groß- und Mittelstädten durch Fortbildungs- oder Kunstgewerbeschulen geboten werden. Einige Knnstgewerbeschulen haben bereits Tageskurse eingerichtet, in denen gewerblich tätige Frauen, also Schneiderinnen, Putzmacherinnen, Stickerinnen usw. eine künstlerische Fortbildung finden. Diese Art des Unterrichts, die Mittel und Zeit erfordert, werden sich aber nur verhältnismäßig wenige Frauen leisten können. Ausdrücklich zu warnen ist vor Unternehmungen, di« durch Versprechungen aller Art, z. B. Ausstellen von Di- vlomen, Vorspiegelung von Berechtigungen, große Neklarne machen. Die örtlichen Berufsämter oder, falls solche noch nicht bestehen sollten, das zuständige Provinzial- oder Landesberufsamt wird jederzeit in der Lage sein, Auskunft über geeignete Ausbildungsanstalten zu erteilen.
Der handwerkliche Beruf, für den Frauen sich am meisten eignen, ist die Schneiderei. Nach der bereits besprochenen Aus- und Weiterbildung im Beruf kann die Handwerkerin sich selbständig machen oder als Direktrice die Leitung einer Werkstatt übernehmen. An wirk- lick tüchtigen Direktricen mit eigenen Ideen, die auch zugleich die Anordnung und Verteilung der Arbeit und die Anlernung der Lehrlinge übernehmen können, ist stets Nachfrage. Aber auch als selbständige Schneiderin wird die vielseitig ausgebildete Frau ihr gutes Fortkommen finden. Die Selbständtgmachung braucht ebenso wie bei der zschneiderei mit keinen zu großen Kosten verknüpft zu sein,
im Gegensatz zur Putzmacherwerkstatt, mit der in der Regel ein Laden-, geschäst verbunden ist.
Das Erlernen der Wäsch emaßschneiderei, dem .Zweige der Weißnäherei, der als handwerkliche Arbeit bezeichnet werden kann, ist als Beruf Wenfalls zu empfehlen. Der Lehrgang entspricht in den Ländern, in dem Weißnähen zum Handwerk gehört, etwa dem der Schneiderei. In einigen Ländern, z. B. in Preußen und Sachsen, ist Weißnähen kein Handwerk. Es bestehen also keine bestimmten Lehrgänge und Lehrzeiten, falls sie nicht tariflich festgelegt sind.
Auch die Putzmacherei wird bei dem steten Bedarf nach ihren Erzeugnissen einer Anzahl von Frauen ihr Fortkommen sichern. Es darf aber nicht vergessen werden, daß dieses Handwerk eine ganz besondere Geschicklichkeit und viel Geschmack erfordert. Neben diesen Berufen, die eine dauernde Absatzmöglichkeit bieten, kommen für Frauen noch einige Handwerke in Betracht, die allerdings nur mit einer gewissen Vorsicht empfohlen werden können. Es handelt sich z. B. um das künstlerische Einbinden von Büchern, um das Photographenhandwerk und das Goldschmiedegewerbe, also um die Herstellung solcher Waren, die sich bei unserer schwierigen wirtschaftlichen Lage nur noch wenige Leute leisten können.
Die Anstellungsmöglichkeiten für handwerksmäßig ausgebildete Buchbinderinnen waren auch früher schon gering, da das Einbinden für Verlagsanstalten, von Geschäftsbüchern und auch die übrigen Zweige der Buchbinderei, wie z. B. die Liniiererei, stets fabrikmäßig betrieben wurden. Ob eine Selbständigmachung zweckmäßig ist, kann nur unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse entschieden werden.' Bei ausreichenden kaufmännischen Kenntnissen könnte eine Buchbinderwerkstatt besonders in einer kleineren oder mittleren Stadt mit einem Papiergeschäft vereinigt werden.
Ln der Bildnisphotographie sind die Anstellungsmöglichkeiten für Frauen zurückgegangen. Männliche Lehrlinge und männliche Angestellte werden weiblichen vorgezogen. Eine eigene Werkstatt kann man sich nur einrichten, wenn man ein großes Betriebskapital besitzt.
Das Goldschmiedegewerbe wird ähnlich wie das Buchbinderhandwerk meistens fabrikmäßig betrieben. Dem Handwerk bleiben häufig nur Reparaturarbeiten. Junge Mädchen find nur schwer in der Meisterlehre unterzubringen. Es gibt aber einige Fachschulen in Deutschland, die vollen Ersatz der Meisterlehre bieten.
Mit dieser kurzen Besprechung soll durchaus keine erschöpfende Darstellung der handwerklichen Berufe gegeben werden. Sowohl das.