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Feuilleton

Gutrilbergsplatz 10 nett, in Mainz.

Bureaux: «rotze Hschenheimergaffe 3»,

Unter denBetheiligten", deren Zustimmung zur Gründung eines Klosters einzuholen ist, steht nach dem kanonischen Rechte in erster Reihe die Ortsgeistlichkeit. Daß sie ein großes Interesse an der Frage hat, ob in ihrem Sprengel ein Kloster errichtet werden solle oder n cht, das unterliegt wohl keinem Zweifel. Je mehr Klöster, desto mehr hat das Volk Ursache, die Pfarr­kirche zu verlassen. Papst Cölestin III. verordnete, eine neue Kirche nur im Fall dringenden Bedürfnisses zu bauen, und das Konzil im Lateran will nicht, daß durch die Menge der Kirchen und Kapellen die Pfarrkirchen ge­schädigt werden; daher kommt es, daß früher den Orden

den schwebenden, sitzenden und stehenden Figuren der Engel sind eben das Allervollkommenste und Herrlichste, was die Kunst auf diesem Gebiete nur hervorzubringea vermag. ~le flandrische Kunst zeigt sich hier in den Traditionen der Eyck'schen Schule noch völlig unberührt von italieni­schem Einfluß in ihrer ursprünglichen Kraft und liebli­chen, rein germanischen Innigkeit. Alles Gute, was man nur irgendwie dem gothischen Stil in seiner reichsten Entwickelung nachrühmen kann, findet fich in diesem Werke in seltenster, wahrhaft überwältigender Vollkom­menheit. Man muß es an dem Werke selbst sehen, wie mese nach Dutzenden zählende Menge von Wappenschil­dern und Figuren eingeordnet ist in die Oriiamentation, wie ;edes Figürchen zu seinem vollständigen Recht kommt, individuelle Belebung, selbstständige Haltung und Beweg­ung zeigt, ohne doch auch nur im allermindcsten aus dem Rahmen des Gesammtbildes herauszutreten, man muß es studiren, wie dasselbe, an sich so unbedeutende Motiv des Schildhaltens immer wieder neu gestaltet wird, und wie sich auch nicht die kleinste Spur jener Aufbauschung zeigt, welche den schildhaltenden Figuren der entwickelten Rc- ncnstanceperiode so eigenthümlich trotzige und theatralische -Stellungen anzuweisen pflegt. Von ganz dem gleichen Werth sind auch die beiden kleinen Flächen des Sockels, welche mit großen Wappenschildern und größeren Engels­figuren ebenfalls in flachem Relief geschmückt sind. Es ist sehr bedauerlich, daß man glaubt, von einer Abform­ung dieser Tafeln wegen einer Gefährdung der daran angebrachten Schmelzflüsse Abstand nehmen zu müssen, und daß die Aufstellung der Sarkophage in einer engen Kapelle selbst die photographische Aufnahme unmöglich macht. Die vorhandenen Zeichnungen geben auch nicht entfernt ein Bild des wtrkich hier Geschaffenen.

Wenn es nöthig wäre, den hohen Kunstwerth dieser Arbeit durch Vergleichung mit Aehnlichem festzustellen, so läge hier das Material für eine solche Vergleichung uahe genug. Als Gegenstück zum Grabe der Maria ist mr Jahre 1558 auf Bestellung König Philipp's II. von Spanien das Denkmal Karl's des Kühnen von Burgund ausgeführt woroen. Dieses Grabmal, ein Werk des

ubertrefflich ist der Ausdruck von Würde und mutter» kicher Hoheit, unerreichbar diese gesunde Lebensfülle und zugleich strenge Haltung in dem herrlichen Werke, das völlig unberührt von frember Hand klar und rein uns erhalten ist.

Das zweite Kunstwerk, welches nicht minder wunder­bar ist, obgleich sich kein glänzender Künstlername an das­selbe knüpft, ist jenes Grabmal der Maria von Burgund, welches errichtet wurde nach dem frühzeitigen Tode der hohen Fürstin, die bestimmt war, an der Seite Maximn lians die mächtigste Königin und Kaiserin Europas zu werden, und deren jungem Leben hier in Brügge 1482 durch einen Sturz mit dem Pferde ein jähes Ende be­reitet wurde. Der Schmuck des Grabmals wurde in die gänbe eines in der Kunstgeschichte sonst wenig genannten Meisters, Peter de Beckere von Brüssel, gelegt, welcher es mit wenigen Gesellen in der Zeit von 14951502 ausführte. Das Grabmal besteht aus einem geradlinigen ledjtretntetigen bohrn Sockel auf welchem die Figur der Fürstin i» voller Lebensgröße liegend dargestellt ist. Der Sockel ist aus Stem bie Figur selbst und das ganze Schmuckverk des Sockels aus vergoldetem Messingguß hergestellt. Die Flgur der Fürstin ist eine sehr beachtens- werthe und tüchtige Arbeit, wird aber in ihrer Wirkung durch die starren Gewänder, welche die damalige Zeit er­heischte, einigermaßen beeinträchtigt, so daß fie keine ganz reine künstlerische Befriedigung gewährt. Kopf und Hände find von bemerkenSwerther individueller Durchführung; auf die Durchbildung des Gewandes mit seiner reichen Musterung, auf die Darstellung aller Zierratben ist aber ern so großer Werth gelegt, daß auch hierdurch die Wir­kung einigermaßen leidet. Ganz bewundernswerth aber und von wahrhaft unerreichter Schönheit ist das orna- mentale Beiwerk, welches den Steinsockel mit einem voll­ständigen Netz von durchbrochener Metallarbeit umgibt. Auf den beiden Längsflächen ist dargestellt der Stamm­baum der hohen Fürstin; die Wappenschilder, welche in großer Zahl angebracht und mit Schmetzfarben verziert find, werden jedes von einer oder zwei Engelsfiguren ge­halten, und diese Bäume mit ihren Veräftelunaen. mit

die übrigen 23 aber nicht autoristrt sind. Die erster« besitzen Liegenschaften im eingetragenen Werthe von 75 Millionen und sind außerdem im Nutznießungsbesitze von Liegenschaften im Werthe von 25 Millionen. Die nicht autorisirten Kongregationen besitzen eigene Liegenschaften im Werthe von 26 und nutznießen solche im Werthe von 9 Millionen. Das find zusammen Liegenschaften für 135 Millionen. Das Mobiliarvermögen dieser Kongregatio­nen, das im Verhältniß zu diesem koloffalen Liegenschafts- Vermögen nicht unbedeutend sein kann, ist so gut wie unbekannt. Alle diese Kongregationen sind meist steuer­frei; sie bezahlen weder Gewerbe-, noch Grund-, noch Einkommensteuer; die letztere betrugen z. B. im Jahre 1879 nur 5818 Frcs. für alle Kongregationen zusammen; die Abgaben für Eigenthums-Uebergänge, Grundbuchs-Ein­tragungen, Hypotheken und Stempel dagegen betrug!879 zusammen etwa 60,000 Frcs. Aus diesen Ziffern läßt sich ein ungefährer Schluß auf die ungeheuren Summen ziehen, die dem Staate jährlich in ganz Frankreich ent­zogen werden, und auf die Beeinträchtigung, die das öf­fentliche Interesse erfährt. Und da soll der Staat un­thätig die Hände in den Schooß legen!

Mönche und Nonnen legen bekanntlich das dreifache Gelübde Ser Keuschheit, des Gehorsams und der Armuth ab. Ueber das erstere wollen wir nichts sagen, obgleich die zahlreichen Gerichtsverhandlungen hinter verschlossenen Thüren Einem etliche stachlichte Gedanken nahe legen. Auch das zweite wollen wir nicht näher erörtern, obgleich die Frage nahe liegt, ob der Staat, der die Sklaverei verbietet, nicht auch ein Wörtlein mitzureden hat, wenn Einer seine persönliche Freiheit in den Willen eines An­dern abschwört. Dagegen enthält das dritte Gelübde eine Angelegenheit von unzweifelhaft staatlichem Charak­ter. Es ist freilich eine arge Fiktion, wenn der einzelne Ordensbruder fich fürarm" hält, während sein Orden Über Millionen gebietet, aber das geht uns hier nichts au. Uns kümmert blos die Frage, ob die geistlichen Ge- noffenschaften sowohl an sich, als mit Bezug auf das Verhältniß der einzelnen Mitglieder zu der Gesellschaft und zu ihren Rechtsnachfolgern sich denjenigen Gesetzen unterwerfen, die für die übrigen Bürger gelten, sofern es sich nicht mehr um die politische Vereinsfreiheit, son­dern um eine öffentlich-rechtliche Eigenthumsaugelegenheit handelt. Diese Frage ist zu verneinen. Wie die Ge­nossenschaften faktisch es treiben, sind für sie nicht blos die Associationsgesetzenichtexistircnd", sondern hat auch das gemeine bürgerliche Recht, der Code civil, für sie keine Geltung. Wir werden das Nachweisen.

Bildhauers Jonghelinck von Antwerpen, nach jZeich- nung von Marc Gheerard, schließt sich dem älteren Denkmal in Größe, Gestaltung und Verthellung des Schmuckwerkes bis in alle Einzelnheiten an. Wie dort die Maria, erscheint hier ihr ritterlicher Vater, Karl der Kühne, in voller Gestalt liegend auf dem Katafalk. Die Wände desselben sind hier wie dort bedeckt mit bett Wappenschildern des Stammbaums, welche von Genien getragen werden; aber statt des reichquellenden Astwer- kes jener gothischen Arbeit erscheinen hier unbedeutende' Ranken in den Formen der Hochrenaissance, statt jener stickst beschwingten, unmuthig bewegten Eugel allegorische Figuren von akademischer Haltung, nichtssagend und langweilig. Man muß allerdings zugestehen, daß gerade die Aufgabe, ein Seitenstück zu dem vorhandenen gothi­schen Werk zu schaffen, dem Künstler aus der Spätzeir des sechzehnten Jahrhunderts die Arbeit erheblich erschwert hat; hätte er freie Hand gehabt und dem Ge­schmack seiner Zeit entsprechend ein malerisches Denkmal mit einem Schmuck von lebensgroßen Figuren erbaue» dürfen, so wäre jedenfalls erwas viel Besseres zu Stande gekommen.

Man lernt in den niederländischen Kirchen, besonders in St. Jacques zu Antwerpen und St. Bavo in Gent die niederländische Plastik des sechszehnten und siebzehn­ten Jahrhunderts doch recht ernstlich schätzen. Wenn mir von den mehr nach Italien gehörigen Werke» des Gio­vanni da Bologna, der auch ein Niederländer von Ge­burt, Namens Jean de Bonllogne aus Douay war, ab- sehen, so geben uns schon die bekannten Kindergestalten des Franz Duqnesnoy, genannt Fiamingo, einen festen Anhalt für die eigenthümliche, volle, üppige und dabei lebenswahre Behandlung der Körper in jener Zeit. Zu einer Einzelleistung, welche sich durch Schärfe der Charak­teristik und eleganteste Durchführung der Formen bet Anschauung scharf einprägt, weiß sich die niederländische Plastik, wie sie hier vertreten ist, kaum anfzuschwingen. Dagegen erreicht sie die allerglücklichsten Wirkungen, wenn es sich nm malerische Effekte, um eine reiche und präch- tiae Dekoration im Sinne der vollblütiger flämische»!

Tas Vierteljahr in Frankfnrt mtb Mainz (bei bett peditione» 7X JL; im deutschen Reiche, in Oesterr Lnrenibnrg bei den Postämtern 9 JL1, in der Schl

Fr. 14.40 ß. ausschließlich des Lokalzuschlags. Verlag nnd Druck

der Frauksurter SacietätSdruckerei.

Die Klosterftage in Frankreick, i.

Der Kampf, den die französische Republik gegenwärtig gegen das Ordenswesen führt, wird der Natur der Sache nach in den verschiedenen Lagern verschieden beurtheilt. Das ist selbstverständlich. Nicht so selbstverständlich ist, daß auch Kreise, die sonst unbefangen zu urtheilen ver­stehen, auf falschen Standpunkt sich gestellt haben. Man braucht keine Begeisterung für den Feldzug der Republik zu haben und wird doch zugeben müssen, daß er ein Re­sultat unbedingter Nothwendigkeit ist und auf Grund Rechtens ausgesührt wird; wo die Freihett in Frage kommt, ist es nur ihr Mißbrauch auf Kosten der Allge­meinheit, der eingedämmt wird. Die nachfolgenden Be­merkungen erschöpfen den Gegenstand lange nicht, aber fie werden ohne Zweifel dazu beitragen, eine vorurtheils- freicre Würdigung zu veranlassen.

Zunäckst ist zu bemerken, daß der Kampf der fran­zösischen Republik sich nicht gegen die katholische Kirche als solche richtet. Die Kirche bleibt auf Grund des Kon­kordats in allen ihren Rechten; der Kampf richtet sich nur gegen die Auswüchse des Ordenswesens. Freilich wird das Schlachtfeld fich unfehlbar erweitern und die Kirche selbst in Mitleidenschaft gezogen werden, falls der Klerus seinen Widerstand verschärft. Die Kündigung des Konkordats und die Aufhebung des Kultusbudgets kann dann nur noch eine Frage der Zeit sein. Ferner ist zu bemerken, daß das Vorgehen der Republik sich nicht ge­gen das Ordenswesen überhaupt, sondern nur gegen die­jenigen Orden richtet, die sich in Mißachtung der bestehen­den Vorschriften gebildet haben und wirksam sind. Zahl­reiche Kongregationen sind um die Autorisation einge­kommen und genießen auf Grund derselben Korporations- rechte; sie lehren, beten, pflegen Kranke und Arme, wie es gerade ihre Statuten mit sich bringen. Der gesetzliche Gang der Autorisation war indeß den leitenden Kreisen des Klerikalismus viel zu langsam und zu lässig; es wurden daher zahlreiche Klöster gegründet, die sich nicht autorisircn ließen, sondern ihre Korporationsrechte und ihre Privilegien usurpirten und erschlichen, natürlich un­ter Mitschuld der weltlichen Behörden selbst. Ueber 50 Lahre hat die Periode dieser ungesetzlichen Gründungen gedauert; kann die Republik jetzt, da sie endlich Herr im Hause ist, diesen Zustand länger dulden?

Es gibt Leute, welche in übertriebenem Liberalismus verlangen, bet Staat solle sich um bie Errichtung von Klöstern gar nicht kümmern; das sei Privatsache, bie ben Staat nichts anginge. Für diese Leute dürste ein Blick in das kanonische Recht sehr belehrend sein. Nämlich nicht einmal die Kirche hat die Gründung von Klöstern frei- gegeben, sondern dieselbe an eine Reihe von Voraussetz­ungen geknüpft, gegenüber denen die staatlichen Vorbe­dingungen ein Muster von Einfachheit und Toleranz sind. Nach dem kanonischen Rechte stehen unter den Hauptbe- dingungen für Errichtung von Klöstern namentlich die folgenden zwei: die Genehmigung des Diözesanbijchofs und die Eenehmignng der Jnteressirten oder Betheiligten. Daß die Genehmigniig des Bischofs erforderlich ist, ver­steht sich wohl von selbst. Die Einführung des Ordens­klerus thut dem Einfluß und der Stellung der Weltgcist- lichkeit, deren Interessen der Bischof zu vertreten und zu beschützen hat, immer Abtrag; vielfach mindert sie sogar die Autorität des Bischofs selbst, da viele Orden nicht der bischöflichen, sondern der päpstlichen oder der Jurisdiktion ihrer eigenen Generäle unterstehen. Aus dieser Vorschrift schon, die Genehmigung des Bischofs einzuholeu, erwächst ober in Frankreich auch die Nothwendigkeit, den Staat zu berücksichtigen. Der französische Bischof ist eingesetzt, um alle kirchlichen Interessen zu wahren; er kann keinen Theil feiner Befugnisse abgeben oder sie beschränken, ohne daß der Staat in Mitleidenschaft gezogen wird. Man bedenke nur das Recht der Visitation der Klöster. Der Bischof übt dieses Recht nicht blos als Bischof, sondern auch im Namen des Staates, und er kann es nicht auf® genen, ohne seine Pflicht gegen den Staat zu verletzen. Uebrigeiis, was man auch sagen mag, die niedere Geist­lichkeit hat das Wachsthum des Ordensklerus nie gerne gesehen und ist jetzt durchaus nicht unangenehm davon berührt, daß der Staat hilft, nachdem die Bischöfe nicht mehr helfen wollten.

Deutsches Reich.

Berlin, 20. Oct. Ein hiesiger Korrespondent derPresse" gibt folgendeEnthüllungen" über bie Vor­geschichte fies Dombanfestes:

Der Verlauf des Festes hat alle Erwartungen weit, weit überflügelt und es gab nicht Wenige, welche mit Bangen die­sen Tagen enlgegensahen, nur Ein Mann hat Alles kommen sehen, wie es getommen ist, und hat den glänzenden Erfolg verbürgt; dieser Eine ist der Oberbürgermeister Dr. Hermann Becker; um die Beran altnng des Festes hat er das Haupt- verdienst. Die Anregung ging von ihm aus, er trug die Frage an die Staatsregiernng, man bebattirte, und siehe da, mit einziger Ausnahme des Kriegsministers v. Kamele waren alle Minister dagegen;denn warum?" Der Ministerpräsident Fürst Bismarck hatte ein ablehnendes Votum abgegeben, das Fest für inopportun und bedenklich bezeichnet. Allein der Kaiser wünschte dies Fest und wenn auch nur als Hul­digung für die Manen seines Bruders, an welchem Kaiser Wilhelm mit schwärmerischer Liebe hängt, wie ja denn überhaupt das Gefühlsleben des Monarchen ungemein warm pulsirt. Indessen der Kaiser beschied sich, darüber kam der Tag heran, an welchem die Thürme des Doms fertig- gestellt waren, und er war der Ansicht, daß der Zeitpunkt, die Weihe vorzunehmen, vorüber sei. Da kam eine neue An­

regung aus Köln in der ersten August-Woche, iw vermuthe, wieder von Becker ausgehend. Nun schrieb der Kaiser per­sönlich einen längeren Brief an Bismarck, welchem gegenüber der Kanzler seinen Widerspruch selbstredend fallen ließ. Noch einmal votirte das Staatsministerium und nun war Alles dafür, namentlich war Fürst Hohenlohe eifrig bemüht, die Sache zu fördern. Der Kaiser war nämlich positiv der Ansicht, seinem ausgesprochenen Willen würde sich weder der Kleru-, noch, sein unbedingter Anhang im Volke entgegen* stellen. Es ist ein offenes Geheimniß, daß die letzte verun- glückre Kirchenvorlage mit einem starken Hinblick auf das Tomb.iufest eingebracht war; wer weiß, was den Klerikalen geboten worden wäre, hätten sie es nicht verschmäht, dem Wunsche des Kaisers zu entsvrechen."

Bielefeld, 20. October. Die hiesige Handels- kammer hat an den 'Bundesrath folgende auf das Geschäftsgebahren der Straßburger Tabajk- manufattur bezügliche Eingabe gerichtet:

Bereits seit Jahren hatte die Deutsche Tabakindustrie in hohem Maße unter der Unsicherheit gelit.en, welcher dieselbe tu steuerpolitischer Hinsilt ausgesetzt war, als das Tabak- steuergesctz vom 16. Juli v. I. zur Geltung gelangte. Bei dem Eintreten der so bedeutend erhöhten Steuer, welche in vielen Fällen mehr als 100 pCt. vom Werthe beträgt, haben ^lm^bereits daraus hingewiesen, daß damit eine wesentliche

1 Nr. 899. llorg t n Matt.

Einschränkung deS Konsums und folglich auch der Fabrika'iou eintreten werde, daß in weiterer Folge ein großer Theil un­serer Arbeiterbevölkeruug dem Verluste seiner lohnenden Er­werbsquelle entgegen gehe. In einer im October v. I. au das hohe Neichskauzleramt gerichteten Eingabe haben wir ferner nachgewiesen, daß es im Jntereffe derKonservirung bet Tabakindustrie erforderlich fei, den Fabrikanle 1 einen er­weiterten Zollkredit zu gewähren, da die vorhandenen Kapitalien in Folge der erhöhte» Steuer bei Weitem nicht ausreicheu würden, um die Betriebe in deren bisherigen Umfange auf­recht zu erhalten. Unsere bezüglichen Anträge sind durch dm Bes lnß des hohen Bnndesrathes vom 16. December v. I. abgelehnt worden. Tie Gründe, welche den hohen Bundes­rath bei dieser weittragenden Entscheidung geleitet habe», verschließen sich unserer Kenntniß. Wir haben nun heute die bedauerliche Thatsache zu konstatiren, daß sich unsere an die Erhöhung, der Tabaksteuer geknüpften Befürchtungen ber-its als nur zu begründet erwiesen haben. Während im vorigen Jahre in hiesiger Gegend mehr als 7000 Arbeiter in den Rauchtabak- und Cigarrenfabriken »och vollauf Beschäftigung fanden, ist die Zahl inzwischen bereits auf ca. 5000 herabge­sunken. Es haben demnach seit dem Bestehen des neuen Tabaksteuergesetzes schon ca. 2000 Arbeiter hiesiger G gend ihre lohnende Erwerbsquelle verloren. Die noch in den Rauchtabak- und Cigarrenfabriken des diesseitigen Distrikts beschäftigen ca. 5000 Personen arbeiten bei erheblich be­schränkter Arbeitszeit und theilweise rednzirten Löhnen. Mit Bitterkeit klagen die betroffenen Interessentenkreise, daß die Bedrängnisse, welchen die deutsche Tabakindustrie ausgesetzt wird, in direktem Widerspruch sichen zu der andere Industrien bevortheilenden Absicht der Staatsregierung, die nationale Arbeit durch zollpolitische Maßnahmen zu schützen und z» fördern. Unter den dargelegten Umständen hat das ge­schäftliche Vorgehen der Kaiserlichen Tabakmauufaktur zu Straßburg, wie es sich in dem vielbesprochenen, an Beamte, Offiziere und Private gerichteten Cirkular der letzteren vom Mai d. 3. dokumentirt, das Vertrauen der betheiligteir Kreise um so mehr aufs Neue erschüttert, als dieses Vorgehen in Verbindung mit der Errichtung von Filialen bet Straßburger Tabakmauufaktur in Süddeutschland als eine Bewegung in der Richtung zum Tabakmonopol gedeutet wird. In dem fraglichen Circular bemerkt die kaiserl. Ta» bakiuanufaktur, daßin der gegenwärtigen Periode Preise und Qualität der Tabaksabrikate vielen Aenderungen ausge­setzt feien", während demgegenüberbie Reinheit nnd Preis­würdigkeit der Fabrikate der kaiserlichen Manufaktur" ganz besoirders betont wird. ES liegt zwischen diesen Worten, be­sonders wenn fie von einem fiskalischen Institute in diesem Zusammenhänge gebraucht werde», eine Verdächtigung der Pnvatiudustrie. Zum Großhandelspreise werden dann den Konsumenten die kleinsten Quantitäten von Cigarren unb Tabak durch bie kaiserliche Manufaktur offerirt. Es will uns scheinen, als ob es der Würde des deutschen Reiches wenig angemeffen fei, daß ein solches Vorgehen, welches im Partikularintcrefse eines Einzelstaates die Interessen einer großen Anzahl von deutschen Staatsbürgern schädigt, sich durch die Firma einerkaiserlichen" Manufaktur deckt. Wir können auch hier die allgemeine Bemerkung nicht unterdrücke», daß bie Betriebsart, welche nach vorstehendem Circular von bet kaiserli. e» Tabakmaiiufakiur - icht nur zum Nachtheile bet deutschen Rauchtabak- und Cigarren-Arbeiter und Fabrikant -1, sondern auch zum Nachtheile der zahlreichen..bter dieser Branche angestrebt wird, zugleich gegen allen Han- delsgebrauch sowie gegen jedes kaufmännische respektive wirthschaftliche Prinzip verstößt, das überall eine ratioinue " Theilung der Arbeit vorschreibt und daher das Bestehen eines wohlorganisirten Zwischenhandels im Jntereffe der Fabrikau- te» und Konsumenten voraussetzt. Muß Der Fabrikant, auf ben bireften Verkehr mit beii Konsumenten angewiesen, wie es in Deutschland leider in den meisten Industriezweigen der Fall ist, einem großen und verzweigten Kunde .kreise seine Auf­merksamkeit zuweuden, so entzieht er die Aufmerksamkeit in entsprechendem Maße seinem te.nuischen B.triebe und hierunter kann der letztere nur leiden. Dem Zwischenhandel muß die wichtige Ausgabe Vorbehalten bleiben, die Bedarfsansprüche der Kousumenteu und die geeigneten Bezugsquellen zu studiren und den Waarenaustausch zwischen den Fabrikanten und Kon- fumenteii zu vermitteln. Leider fehlt es in Deutschland viel­fach noch an dem geeignet organifirten Zwischenhandel, wie ihn beispielsweise England besitzt. Die wiithschastlichen Nach­theile, welche für unS daraus. entspringen, sind eineisefts er­schwerter Fortschritt in der Fabrikation, andererseits erschwerter Absatz unb ungeorbnete Handelskreditverhältnisse. Aus eine prinzipielle Besprechung der Staatsindustrie im Allgemeinen soll hier nicht eingegangen werden. Wenn man aber den staatlichen Jndustrieanualten bisher die Pflicht vorgezeichnet hat, sowohl hinsichtlich der Fabrikation als auch Der Geschäftsgebahrung Musterinstitnte zu fein, so gibt bie kaiserliche Tabakmauufaktur im Gegentheil durch ihr Vorgehen ein Beispiel, das darauf hinausläust, eine beklagte Unsitte im deutschen Geschäftsleben den direkten Verkehr zwischen Fabritauten und Konsumenten gewissermaßen offiziell als empsehleuswerth hinzustellen. Nachdem alle jene Gründe fortgefallen sind, welche seiner Zeit nach Beendigung des Krieges für eine einstweilige Wetterführ­ung der Straßburger Tavakmanufaktur noch mtt einigem Rechte geltend gemacht werden konnten, haben bie deutschen Inte­ressentenkreise die Aufhebung der kaiserlichen Tabakmanufaktur schon seit Jahren erwartet, besonders, da auf bezügliche dringende Vorstellungen Seitens des hohen Reichskanzleramts schon unterm 19. Januar 1872 erwidert worden, daß die Auf­hebung der Straßburger Tabakmanufaktur als Staatsanftalt in der Absicht der Regierung liege, die Verwaltung stch nur Vorbehalten müsse, den geeigneten Zeitpunkt für die Einstellung -4] der Fabrikation zu bestimmen. Offenbar steht diese Entscheid­ung in vollem Widerspruch mii dem zeitigen Vorgehen der Straßburger Tabakmanufaktur und dem Ankauf von Filiale,

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1880.

Montag, 25, Oktober.

««zeigen:

Die achtfpawge Petitzeile oder deren Raum wirb mit B6 Pf. berechnet; im Text die vierspaltige Petitzeile mit < 1.25; Anzeigen-Annahme bei der Expedition und bew bekannten Agenturen sowie bei der Filtal- Expedition

Au s Brügge.

Von Julius Lessing.

(Schluß.)

. der Liebfrauenkirche darf Niemand vorübergehen, der die Niederlande besucht. Beraubt und geplündert in den Stürmen der Jahrhunderte, enthalt sie doch jetzt noch Knnstwerke von unvergleichlichem Werth. Ich will nicht sprechen von den Bildern der Eyckschen Schule von so manchem vortrefflichen Werk des 16. und n' Jahrhunderts, nur von zwei Kunstwerken, so verschieden­artig in Zeit unb Auffassung nnd doch jedes so wunder­bar groß und gewaltig: von der Madonna des Michel Angelo und von dem Grabe der Mutter Maximi­lians und Tochter Karls des Kühnen, der Maria von Burgund.

Ein Kaufmann von Brügge, Peter Moscrou, hatte oas Marmorbild der Madonna, bei Michel Angelo in Florenz bestellt und unverrückt thront es noch jetzt auf ®e! Akar, wo es damals aufgestellt wurde. Diese Ar­beit ist ein Jngendwerk des Künstlers, noch nicht ergrif- len von jenem gewaltigen übermächttgen Schwünge, mit welchem die Arbeiten des reifen Mannesalters der mo­dernen Plastik ganz neue Wege wiesen, dafür aber auch fr« von lenem Schwulst, welcher den Anfang der Ba- rockpenode bezeichnet, und beseelt von einer zarten, fast knospenhaften Jnnerlichkest, welche wir sonst mit dem Amen Michel Angelos kaum zu verbinden pflegen. Die Madonita tm faltenreichen Gewände sitzt thronend da tu giuer Wurde, unb hat ben nackten Knaben zwischen ben r^,n«-Dor flehen. Die Kompofitton ist streng unb Z.e>chloffen; der Gegensatz des ziemlich groß dargestellten ChrtMsknaben gegen die Gewandmaffe ist malerischer, als die Plastik im Anfang des 16. Jahrhunderts zu ar« betten Pflegte. Hierin und in der üppigen, kräftigen, brei- «n Behandlung des Fattenwurfs erkennt man ben neuen ®«ft, der rott Michel Angelo in die Plastik eintrat. Un-

Die sozialpolitischen Gefahren, die im Gefolge der Klöster, sich befinden, find bekanitt. Eine der größten derselben ist, daß der Staat nicht weiß, wie viel Güter die todte Hand in stch vereinigt. Ist ein Kloster auto- rifirt, so kann man dies eher wissen, wenigstens bezüglich der Liegenschaften, die auf den Namen der Korporation eingetragen sind; das Mobiliar-Vermögen bleibt freilich dem Staate meist unbekannt. Das ist ein großer Nach­theil, denn da die Klöster meist keine Steuern bezahlen, 0 wächst das Vermögen der todten Hand in doppeltem Maße, nämlich einmal durch die Macht, die dein großen Besitz von Natur ans innewohut, rind dann durch die Befreiung von jenen Lasten, denen das bürgerliche Ver­mögen unterworfen ist. Demnach ist schon der Bestand eines autorisirten Klosters in den meisten Fällen eine Verletzung der sozialen Gerechtigkeit. Noch größer wird aber die Gefahr, wenn das Kloster nicht auiorisirt ist, wenn es also seine Interessen auf Schleichwegen wahrt. Da kennt der Staat weder das Mobilien- noch das Immobilien-Vermögen; letzteres ist meist auf einzelne Personen eingetragen, so daß es unmöglich ist, das Vermögen der Klöster von dem Vermögen der einzelnen Mitglieder zu unterscheiden. Dabei handelt es sich oft iwt IEÄÄSe' ».

Thuren^und^ohne^lnwendung^on^Glockengelaute zu * enthält 59 Kongregationen, von denen 36 autonfirt.

I halten. Die Ortspfarrer hatten indeß nicht blos ihre Autorität zu hüten, sondern auch das Jntereffe der Ar­men zu wahren, deren Vermögen sie verwalteten. Die Klöster zogen alle Almosen und Schenkungen an sich; wollte man etwas von ihnen, so antworteten fie:Wir haben nichts; wir haben das Gelübde der Armuth abge­legt!" Was wollen jetzt die Pfarrer unb bie Armen machen? Der zweite Betheiligte, bet gefragt werben muß, bas sinb bie Klöster, bie an beut Orte ober in besten Umgebung etwa schon bestehen. Auch diese Be­stimmung ist begreiflich, benn ein Kloster ist bei der Frage, ob noch ein ober mehrere anbere Klöster errich­tet werben sollen, gewiß sehr interesstrt. Drittens muß gefragt werden bie Einwohnerschaft. Die Kanonisten führen für diese Bestimmung folgende zwei Gründe an. Sind die Klöster reich und haben Privilegien, so wird die Steuerlast der übrigen Einwohnerschaft vergrößert; sind sie aber arm und leben von milden Gaben, so muß die Einwohnerschaft außer ihren Dürftigen auch noch die Mönche erhalten. In beiden Fällen ist es billig, daß die Einwohner zuvor um ihre Einwilligung gefragt wer­den. Papst Clemens Vin. hat darum in seiner Bulle Quoniam ad institutam ausdrücklich ungeordnet, daß un­ter den Interessenten auch die Bewohner um ihre Ge­nehmigung angegangen werden; das Nämliche schreibt die Konstitution Cum alias Gregor's XV. vor, unb zwar ist nach ben Kanonisten unter ber Einwohnerschaft nicht etwa ein vager Begriff, sondern deren legitime Vertret­ung verstände», also die Gemeinderäthe, Bürgerausschüsse oder Gemeindebevollmächtigten. Viertens müssen gefragt werden die Armeuvcrwaltungen, das heißt, diejenigen Behörden, welche mit der Armenpflege betraut sind, also die Wohlthätigkeitssektionen der Gemeinden oder des Staates. Das sind die Vorschriften des kanonischen Rechts; nnd sie sind der Art, daß Papst Urban VIII. in seiner Bulle vom Jahr 1624 verordnete,daß die Mederlastung null und nichtig und als solche widerrufen und aufgelöst sein soll, wenn alle Diejenigen, welche ein Jntereffe dabei haben ober zu haben behaupten, entweder nicht zusammenberufen und nicht gehört worden find, oder, wenn sie es find, der Niederlaffnng ihre Zustim­mung verweigert haben."

Diese Bestimmungen find deutlich und bedürfen keines Kommentars. Freilich haben die Klerikalen in diesem liberalen" Jahrhundert sich nicht mehr darum bekümmert und die Kirche hat beide Augen zugedrückt. Wo die Um­stände günstig waren, mußten sie rasch benutzt werden, und darum ist auch in Frankreich ein förmliches Kloster- Gründungsfieber ausgebrochen, so oft man der Schwach­heit der Regierung sicher war. Aber wenn die Kirche beide Augen zudrückte, soll cs der Staat auch thun? Wenn das kanonische Recht es für nöthig hält, die Grün­dung von Klöstern nicht dem Zufall zu überlasten, soll der Staat dagegen absolut gleichgültig sein? Und wenn dieJnteressirten" gefragt werden sollen, wer ist denn mehr intereffirt als der Staat, das ist die bürgerliche Gesammtheit? Daß der Staat selbst als solcher, näm­lich durch fein Oberhaupt, seine Genehmigung zur Grün­dung eines Klosters geben mußte, das ist im kanonischen Rechte von jeher als selbstverständlich vorausgesetzt ge­wesen; thatsächlich haben darum auch alle Fürste», auch die frömmsten und heiligsten, von Karl dem Großen bis, zu Ludwig XVIII. herab, niemals geduldet, daß in tijrCTP Staaten ohne ihre ausdrückliche Einwilligung ein Kloster gegründet wurde, nnd die Kirche hat sich diesem Rechte immer gefügt. Jetzt aber soll die bürgerliche Gemein- chast bei der Gründung von Klöstern kein Wort mitzu­reden haben! Das ist absurd!