StkmMMßtt Jahrgang

Dienstag, 24♦ Jamtav 1893.

Bsr. 84. Sibetrdblatt

InMsilnerIemmg

(Seue Frankfurter Zeitung.)

und Handelsblatt.

(Frankfurter Handelszeitung.)

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werthen ließe.

Dann würde aber aller Wahrscheinlichkeit

nach zuerst ein Stück Freundschaft mit Rußland in die

Brüche gehen.

Das ist in der That eine unangenehme

Sackgaffe, in die sich da die Franzosen verrannt haben.

Kleines Feuilleton

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Leute zufällig in einem Billardsaale treffen, so stecken sie sofort die Kopse zusammen und gehen nicht eher auseinander, als bis sie irgend etwas Tiefsinniges über Lieben oder Nicht-Lieben gefunden haben. Das ist, wenn Sie wolle», eine kuriose Kollektion von Vorlesungen zur Anatomie des Herzens. Aber sagen Sie mir nicht, daß das ein Theaterstück ist. Und das ist geistreich, originell, literarisch. Aber verhindern Sie mich nicht, es zum Sterben langweilig zu fin­den. Und was hätte man nicht Alles daraus machen können! Frei­lich, es ist eine Erundannahme, voll von großen Unwahrscheinlich­keiten da. Madame de Grecourt hat ihren Gatten, den sie leiden­schaftlich liebte, verlaffen, weil sie erfuhr, daß er ste mit einer Tän­zerin betrog. (Erste Unwahrscheinlichkeit: nicht die Tänzerin, aber das Verlaffen.) In beleidigtem Stolze hat sie jede Rückkehr unmöglich machen wollenund so hat sie fich anscheinend von einem Freunde ent- sühren lassen (Zweite Unwahrscheinlichkeit: Wenn man in einemsolchen Falle seinen Gatten überhaupt verläßt, so läßt man fich nicht an­scheinend, sondern wirklich entführen). So vergehen zwanzig Jahre. (Tritte Unwahrscheiulichleit: Zwanzig Jahre vergehen nichtso".) Madame de Grecourt hat in dieser Zeit alles Gefühl zu ihrem Gatten und ihren beiden Töchtern ertödtet und hat im Auslande ein einsames und ehrbares Leben geführt, ohne Mann und Kinder jemals wiederzusehen. (Dieser Satz enthält etwa ein Bierteldutzend weiterer Unwahrscheinlichkeiten.) Nach zwanzig Jahren läßt sie ihr Kalte Plötzlichentloben* daherL Invitee si.e möchte doch ihn und die Kinder wieder einmal besuchen. Und nach langem Schwanken entschließt sie sich, der Einladung nachzukommen. Eine Grundcmnahme, wie man sieht, aus der man nicht ein Glied unbestritten passiren lassen kann und mit der man sich doch ohne- weiteres zufrieden geben würde, wenn sie zu dem eigenartigen Drama führen würde, das man fich verspricht: Das gegenseitige Wieder­erobern von Herzen, die fich zwei Jahrzehnte lang verloren halten, da« Wiederfinden von Mutter und Kindern, die fich eigentlich nie be eisen haben. Gewiß, sie finden fich wieder. Gewiß, es gibt sogar eine allerliebste kleine sentimentale Scene, wo die beiden großen Fräulein, die liebelos und verwildert ausgewachsen find , vor der Eingeladenen*, deren Jncognito ihnen gelüftet worden, mit einem sehnsüchtigen .Maman! niederfinken. Und man suhlt instinktiv nach seinem Taschentuch in Erwartung der Emotionen, die da kom­men werden. Aber nein! Da fährt diese verteufelte Psychologie dazwischen. Und statt der erwarteten Gesühlsausbrüche bekommt man eine lange, ich möchte sagen, gelehrte Konversation zwischen Mann und Frau zu Horen, worin die lieferen Motive dafür entwickelt werden, daß sie sich nicht mehr vereinigen und verstehen können; und ebensolche Konversationen zwischen Mutter und Töchtern über die Motive dafür, daß die Mutter in der langen Zwischenzeit ver­lernt hat, J>ie Kinder zu lieben, und doch lieber wieder wegreisen mochte. Sie ist natürlich nicht weg, Madame de Grecourt. Oder vielmehr, sie reift weg. aber sie nimmt die Töchter mit. Die Wie­dereroberung der Herzen hat fich doch vollzogen, ober int Zwischen- oft. Was wir im dritten Akt zu hören bekommen, find nur die tie- fern Motive für die Wiedereroberung. Sie reift also ab, die Ein-

König, sei es unkatholisch, für die Wahl des antisemitischen Kandi­datenin agitatorischer Weise einzutreten.'

B Hersfeld, im Januar. In Hünfeld möchte man die Bahn Frankfurt-Gerstungen von Schlitz aus über Hünfeld nach Gerstungen geführt haben. Das dorttge Eisenbahn-Con- hat in dieser Sache auch eine Eingabe an die Frankfurter Handelskam­mer gerichtet, diese möge den Bau befürworten. Die Handelskammer hat aber, ehe sie in eine Berathung der Sache eingetreten ist, das hiesige Eisenbahn-Baucomitö ausgefordert, die Stellung der Inter­essenten unseres Bezirkes zu dem Projekt mitzutheile» und das Comite hat nun der Handelskammer eine Denkschrift übersandt, in der es sich entschieden für den Bahnbau Frankfurt-Gerstungen über Schlitz, Niederaula, Hersfeld ausspricht und zur Begründung Folgendes anführt: Zwischen Schlitz und Hersfeld besteht ein außer­ordentlich reger Personen- und Postverkehr, es befinden sich auf dieser Strecke eine Menge Flecken und Dörfer mit 6Postanstalten oder Hilfs­stellen. Auf derStreckeSchlitz-Hünfeld existirt weder einePersonenpost, noch eine Postageiitur, die Bevölkerungszahl und der Verkehr sind unerheblich, nur wenige kleine Dörfer liegen in dem bergigen, für einen Bahnbau sehr schwierigen Terrain. Wenn auch die Entfern­ung zwischen Schlitz und Hersfeld 11 Kilometer größer ist, als die zwischen Schlitz und Hünfeld, so erscheint der Bahnbau auf ersterer Linie doch als der einzig zweckmäßige. Da die Ausführung der Bahnstrecke Frankfurt-Stockheim in naher Aussicht steht, die Strecke Stockheim-Gedern schon längere Zeit in Betrieb, die von Gedcm- Lauterbach-Schlitz bewilligt ist und die Vorarbeiten nahezu vollendet find, würde nur das kleine Stück Schlitz-Hersfeld fehlen, um die kürzeste Linie Fraukfmt-Bebra oder Frankfurt- Gerstungen zu bilden. Die Bahn Hersseld-Gerstungen ist schon seit länger als 20 Jahren Gegenstand der Berathung. An der projek- tirten, 34 Km. langen Linie (Hünfeld-Gerstungen würde 44 Km. lang werden) liegen 47 Ortschaften mit etwa 20,000 Einwohnern. Der Verkehr ist hier schon jetzt ein lebhafter, et würde sich aber durch den Bahnbau bedeutend erhöhen, insbesondere würden sich verschiedene in den Anfängen liegende Industrien weiter entwickeln und neue Industrien entstehen. Zuletzt möge noch erwähnt sein, daß Hersfeld bei 78000 Einwohnern bedeutende Industrien hat, Hünfeld aber nur 1700 Einwohner zählt und außer der Zucker­fabrik, die nur 1% Monate jährlich im Betriebe ist, wenig Indu­strie hat. Die Kreisvertretung von Hersfeld hat die Fehlbeträge der Grundentschädigung bei Anlage von normalspurigen Bahnen mit sekundärem Betriebe durch ihren Kreis zur Auszahlung bewilligt und hält das Kapital für solchen Fall längst bereit Der Grund- erwerb für die in Rede stehenden Bahnen ist also gesichert.

st Fürth, 23. Jan. Am Donnerstag, den 26. ds. findet hier im Hotel National eine vom Volksverei:: einberufene, öffentliche Versammlung statt, in der Herr Leopold Sanneman »- Frankfurt a. M über die drei Reichs st euervorlagen sprechen wird.

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geladene, und der Gatte bleibt allein zurück Sie können sich den­ken, daß es auch eine Anzahl tiefere Motive gibt in Gesellschaft seiner Maitresse, einer Weltdame, die er, was ich zu erwähnen ver­gessen habe, seinen Töchtern zur Freundin gegeben hat. Und mit dem Fallen des Vorhanges schließen nothgedrungen, aber ungern die endlosen Dialoge des redseligen Stückes. Eine kleine Perle von den viele», welche diese Dialoge enthalten. Madame de Grecourt sagt einmal:11-y-a bien des croix, qui pleuvent du eiel et qui ne choisissent pas leurs epaules. Von der vorzüglichen Aufführung wurde bereits andeutungsweise gesprochen. Die feine Redekunst von Madame P a s c a in der Rolle der Frau de Grecourt, der Liebreiz von Madgme Marguerite C a r o n in der Rolle der ältesten Tochter und die melancholisch angehauchte Komik von M. B o i s s e l o t in der Rolle des Gatten mögen noch be­sonders hervorgehoben werden.

(Kunst i« Holland.) Man schreibt uns aus R o t t e r- d a m vom 21. ds.: Seitdem man hier ein Paar große hübsch ein­gerichtete Cafe-Concerts eröffnet hat, die auch von Damen besucht werden können, geht es mit dem Theater immer schlechter. Unsere Stadt ist eine Handelsstadt, unsere Einwohner sind Kans» lcute und nun scheint die gegenwärtig in den Geschäfte» vorherrschende Richtung: wohlfeil, wohlfeiler, am wohlsellsten, sich auch in der Kunst in den Vordergrund zu drängen. Anstatt die hohen Ein­trittspreise der Theater zu zahlen, geht man in's Cafe-Concert, nimmt dort ein Glas Bier zu 35 Pfg. und vergnügt sich mitPoffen- machern,Etoiles de Paris und Wiener Damenkapellen. Tie einst so vorzügliche deutsche Oper ist schon längst verschwunden und die Schau­spieler im Theater spielen meist vor leeren Stühlen und Danken. Viele Mitglieder des früher so ausgezeichneten Orchesters haben, »achdein sie mit dem Fall der deutschen Oper einen beträchtlichen Theil ihrer Einnahme verloren, die Stadt Derfassen. Andere find in Armuth verfallen. Als ein trauriges Beispiel nennen wir nur Herrn 8a Rondelle, einen tüchtigen Musiker, früher Solo-Clariuettist im Rotterdamer Orchester. AIs Vater einer zahlreichen Familie konnte er nicht, wie andere Musiker, aufs Gerathewohl die Stadt verlaffen. Jetzt spielt er, nachdem er seinen Namen in Elle dNoral umge­dreht hat alsMusical and excentric Clown imCaft-Cvncert Tivoli. In unserer Residenz Haag hat diese Woche die Köni- gin-Regeittin zum ersten Mal seit dem Tode ihres Gatten die Oper und das Hcstheater wieder besucht. Da die Anwesenheit der könig­lichen Familie den Theaterbesuch immer bedeutend fördert, hofft man zetzt im Haag in Kunstkreisen aufbessere Zeiten*.

I Kleine Mittheilungen.) Mit Bezug auf unsere Notiz im gestrigen Abendblatt über den als Schriftsteller unter dem Namen Valeria bekannten spanischen Diplomaten Don G a l i a n o werden wir von einem Freunde derFranks. Ztg.* darauf aufmerk­sam gemacht, daß sein RomanPepita Jimenez bei Reklam in Leipzig in deutscher Uebersetzuiig erschienen ist. Die Verhand­lungen über die im Juli d. I. in Coburg projeclirtc-- Muster- aufführungen von Opern sind, wie man uns berichtet. eit ge­diehen, daß an deren Zustandekommen nicht mehr gezwestett würd.

Frankfurt a. M., 24. Januar*

^Zweites Concert des Cüeilien-Vereins.s Neben den beiden letzten Opern V e r d i' s,Aida" und »Othello*, hat wohl das zum Todestage Allessandro Manzoni's komponirte Requiem am Meisten dazu beigetragen, die Geringschätzung des italienischen Meisters seitens vieler deutscher Musiker und Mlifikverständigen zu mildern, wenn nicht in das Gegentheil zu verkehren. Es ist ausschließlich der neuere Verdi, der aus diesem ohne Reflexion und mit warmem Herzen geschriebenen Werke spricht, aber auch noch immer der Verdi, der um melodische Inspirationen Niemals in Verlegenheit war. Freilich find für ihn die Gesetze des allen kirchlichen Stiles nicht vorhanden und gerade die wenigen, strenger durchgeführten Sätze, wie die Doppclsuge des Sanctus und die Schlußfnge bilden nicht die stärksten Seiten des Werkes. Verdi empfindet eben stets dramatisch und auf theatralische Hilfs­mittel zur Charakterisirung kann er daher auch nicht verzichten, aber fein Ausdruck geht nichts destoweniger zu Herzen, weil er wahr ist und überzeugt. Seine Melodien find meist von blühendem Reiz, die Behandlung der Stimmen und des Orchesters stets wirkungsvoll und seine Arbeit gediegen. Das Requiem erfreute fich unter Herrn Professor Carl M ÜI l e r' s Leitung einer klangschönen, abgerun­deten Aussührnng. Das Streben de« geschätzten Dirigenten nach möglichst decenter Begleitung des Orchesters und Milderung einiger stärkeren Effekte gereichte der Sache selbst nur zum Vortheil. Das Eoloquartett, dem eine sehr wichtige Aufgabe zugewiesen ist, wurde von den Mitgliedern des Franksurler Vokalquartetts, Frau Julia Uzielli, Frau Jenny Hahn, Herr Franz Nav al und Herr Anton Sistermans gesungen, ein geschultes Ensemble von Künstlern, von welchen jeder Einzelne den gestellten Anforderungen im vollen Umfange entsprach. Nur bei dem Sopran machte sich in den höheren Lagen ein kleiner Mangel au Kraft des Tones geltend, namentlich da, wo die Solostimme sich von dem vollen Chore Plastisch abheben soll. Als eine nicht der Nachahmung zu empfehlende Neuerung bleibt noch zu erwähnen, daß der Cäcilien- Verein gestern zum ersten Male die Texte für 40 Pfennige an die Besucher des Concertes verkaufte, ein wohl nicht zu geringer Betrag für einen alten lateinischen Kirchentext. F. <§.

sDi- Ausländer a« den deutsch«« Uuiverfitäten.s Unter den 27,518 Studenten, die gegenwärtig an den deutsche» Universitäten immatrikulirt find, befinden fich, wie man uns mit« theilt, nicht weniger als 1949 Ausländer, von denen 1448 Ange­hörige europäischer und 501 solche außereuropäischer Staaten sind. Unter den ersteren finden wir 403 Russen, 294 Oesterreicher, 247 Schweizer, 132 Engländer, 52 Griechen, 51 Bulgaren, 50 Holländer, 36 Türken, 34 Franzosen, 31 Italiener, 25 Luxemburger, 24 Rumänen, 21 Schwede» und Norweger, 18 Serben, 5 Dänen und 2 Spanier. Die klebrigen setzen fich zusammen aus 414 Amerikaner»,

Politische Uebersicht.

Eine auffallende imb keineswegs erfreuliche Nachricht, deren Bestätigung allerdings wohl noch abgewartet werden muß, kommt ans Breslau. Im dortigen Eisenbahndirektions- dezirk soll nämlich, wie der BerlinerVolkszeitung" gemeldet wird, seit dem 1. Jannar d. I. die S o n n t a g s r u h e bei dem Güterverkehr wieder aufgehoben worden sein. Wenn nicht in der neuesten Zeit wiederholt Anzeichen zu Tage getreten wären, welche die Befürchtung rechtfertigen, daß man an maßgebender Stelle den Anstürmen gewisser Interessentenkreise gegen dieruinöse" gesetzliche Sonntags­ruhe geneigteres Gehör schenkt, als den aufrichtigen Freunden eines wirksamen Arbeiterschutzes erwünscht sein kann, so Würden wir dieser Meldnng ganz entschiedene Zweifel ent- gegensetzem Denn es ist bisher nicht bekannt geworden, daß die Beschränkungen des Güterverkehrs an Sonntagen seitens der Handelswelt ans erheblichen Widerspruch gestoßen sei; man hat zwar hier und da Ausnahmen verschiedener Art und Abänderung der neuen Einrichtung verlangt, aber die laut gewordenen Klagen sind noch Umfang und Inhalt nicht entfernt zu vergleichen mit dem Lärm über die Sonn­tagsruhe im Handelsgewerbe, während die Ueberzeugung, daß eine Einschränkung des Eisenbahn-Güterverkehrs an den Sonntagen im Interesse des vielfach überbürdeten Bedienste­tenpersonals dringend Wünschenswerth sei, nahezu Gemein­gut der gesammten Nation geworden ist. Um so mehr müßte man sich wundern, wenn sich die Meldung von der Auf­hebung der s. Z. mit so großer Befriedigung aufgenommenen Maßregel bestätigen sollte; man würde es daun jedenfalls {mit einer generellen Zurücknahme auf allen preußischen Bahnen nicht bloß mit der Verfügung einer einzelnen Eisen­bahndirektion zu thun haben. Zuverläsiige Mittheilungen darüber, was ander Sache ist, werden hoffentlich nicht lange aus sich warten lassen; eventuell wäre es Sache des preußischen Landtages, fich dieser wichtigen Angelegenheit nachdrücklich anzunehmen, trotzdem oder auch vielleicht weil es sich hier nicht, oder doch nur sehr nebenbei um die Wahrnehmung der Jntereffen dernothleidenden Land Wirthe" handelt.

Ter Versuch der Franzosen, den Panama-Skandal auf das A u s l a n d abzuwälzen oder wenigstens die Welt glauben zu machen, daß hinter der Affaire die Intrigue einer oder mehrerer Frankreich feindlichen Mächte stecke, ist schmäh­lich gescheitert. Tie Mächte, die sich durch diese Insinuationen getroffen fühlen, haben nicht gezögert, gegen dieselben zu pro- teftiren und man geht wohl nicht fehl, wenn man die energi­sche Sprache, die heute dasFremdenblatt" redet, auf eine Verabredung der Dreibundsmächte denn um diese handelt es sich zurückführt. Auf ein solches Einverständniß weist auch der Umstand hin, daß in den letzten Tagen an verschie­denen Punkten zugleich der Vorschlag aufgetaucht ist, die Dreibnndsmüchte sollten ihre Pariser Botschafter auf einige Zeit beurlauben und deren Funktionen durch untergeord- htre Beamte so lange versehen zu laffeu, bis anzunehmen fei, daß die Botschafter nicht mehr beleidigt imd ver­leumdet würden. Nach Allem, was man jetzt weiß, kann sich die französische Regierung nicht mehr auf die in Frankreich bestehende Preßfreiheit berufen und im Hinblick darauf die Verantwortlichkeit für das Geschehene ablehnen, denn die Affaire geht Über die Preffe weit hinaus. Es liegt z. B. die Aeußerung eines französischen Beamten vor,an hoher Stelle (in Frankreich) glaube man, daß es um ein Komplott gegen Frankreich, ausgehend von einer auswärtigen Macht, sich handle." Die französische Regierung muß sich über diese Aeußerung erklären, sie muß dieselbe desavouiren und sich dafür entschuldigen. Tas Komische an der Sache ist, daß die Botschafter der Dreibundsmächte sich auf die Seite des vielverlemudeten Baron von Mohrenheim stellen; deswegen muß fich ihnen Rußland anschließen und den Franzosen ist es unmöglich gemacht, beide Theile getrennt zu behandeln. Es müßte denn sein, die französische Regiernng sei im Besitze von Material, das sich gegen einen einzelnen Botschafter ver-

Jtalien.

Mr Rom, 22. Jan. Wie schon wiederholt telegraphisch angedeutet, übt die italienische Regierung in diesen Tagen eine D e p e s ch e n - C eu s u r, zu deren Rechtfertigung feilte Be­stimmung der Telegraphen-Convention ausreicht. Es werden Nachrichten beanstandet, welche eine Stunde später von der offi­ziösen Agentur verbreitet werden, ebenso unbestrittene Thatsachen, deren Bekanntwerden weder der Sicherheit noch dem Credit Italiens gefährlich werden können. Es kaun weder in der einen noch in der anderen Richtung Schaden stiften, wenn man in Europa weiß, daß der Direktor der römifihen Sueenrsale des Banco di Napoli" diesem Millionen veruntreut hat, daß G r i m a l d i in einigen Blättern scharfen Angriffen ausgesetzt ist, und daß Colajanni in Palermo Gegenstand einer stürmi­schen Bolksovatiou war. Mir sind in den letzten Tagen nicht weniger als sechs Depeschen zurückgehalten worden, obwohl ich mich nach der eigenartigen Auffassung, welche dieses liberale Mi­nisterium von Telegrapheusreiheit bekundet, nur auf wohlbeglau­bigte Mittheilungen ernster, theils sogar offiziöser Blätter be- schräntte und von der Meldung aller meiner persönlichen Infor­mationen, deren Richtigkeit für mich außer Zweifel steht, Abstand nahm. Ob diese merkwürdige Praxis von der Regierung ge- wüujcht wird oder deren Anweisungen von subalternen Organen willkürlich ausgelegt werden, sei dahin gestellt. Jedenfalls muß dagegen prinzipiell Stellung genommen werden. Dieses Verfahren kann beliebt werden in Fällen, wo man in Deutschland ein sehr lebhaftes Interesse daran hat, schnell und erschöpfend unterrichtet zu werden, und wo die Unterdrückung von Nachrichten oder die ungebührliche Verzögerung in der Uebermittlnng zu einer Schä­digung deutscher Interessen führen könnte. Wie' die Dinge gegenwärtig liegen, läßt sich durch derartige Maßnahmen doch kein Erfolg mehr erzielen. Zn wenigen Tagen wird es sich ja ent­scheiden, ob das Kabinet den vereinten Angriffen der beiden Ex­treme widerstehen kann und ob die Volksvertretung die Herren Giolitti, Grimaldiund Lacava für genügend entschuldigt hält, um sie länger an der Spitze der Staatsgeschäfte zu lassen. Ein Zweifel daran ist noch immer kein Majestätsverbrechen, zu­mal es keinem Menschen bisher eingefallen ist, die persönliche Ehrenhaftigkeit des Conseilspräsidenten anzuzweiseln und ihm nicht nur die politische, sondern auch die moralische Verontwort-

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Deutsches Reich.

* Berlin, 23. Jan. DemHann. Äur/ war von hier be­richtet worden, die Konservativen und die N ational- liberalen hätten am Freitag und Samstag Sitzungen abge­halten, um über den Weg zu einer Verständigung uber die Militär- Vorlage zu berathen. Diese Meldung bezeichnet dieFreis. Ztg." als unrichtig und fügt hinzu:Es haben solche Frattions- Sitzungcu überhaupt nicht stattgesunden. Dagegen wird zwischen Konservativen, Nationalliberalen und der Regierung hin und her gehandelt auf der Grundlage einer Erhöhung der Friedens­präsenzstürke um 54,000 Mmm. Man soll hierbei ausgehcn von einer Erhöhung des Rekrutenkontingents um 38,000 Manu. Dies würde nach Anrechnung des zur Entlassung kommenden dritien Jahrgangs eine Heeresverstärkung an Unteroffizieren und Ge­meinen bedingen um 28,000 Mann. Dazu würde noch diejenige Erhöhung der Friedenspräsenzstärke von 26,000 Mann kommen, welche aus der Annahme der Durchschnittsberechnung an Stelle der jetzigen Maximalberechnung der Friedenspräsenzstärke folgt." Der Gesetzentwurf des Frankfurter Oberbürgermeisters A d i ck r s über die Erleichterung der Stadt- erweiterungen ist von der Herrenhaus-Kommission in erster Lesung mit einigen Abänderungen angenommen worden.

* Berlin, 23. Januar. Aus Anlaß einer beabsichtigten Theateraufführung, inderdiefranzösischeRevolution von 1789 zur Darstellung gelangen sollte, hat der Polizeipräsident von Richlhofen an den Vorstand derArbeiter-Bild­ung s s ch u l e B e r l i n s*. die die Vorstellung veranstalten wollte, folgende vomVorwärts* mitgetheilte Verfügung erlassen: Berlin, den 20. Januar 1893. Nach einer in der Zeitung Vor­wärts geschehenen Ankündigung hat der Vorstand derArbeiter- Btldungsschule Berlins* in Aussicht genommen, am 21. d. M. Abends in dem RestaurantFeen-Palast* «inFestspiel*, betitelt Die französische Revolution, episch-dramatische Dichtung in 12 lebenden Bildern von C. M. Scaevola*. zur Aufführung zu bringen. Damit dieser Auführung, wie aus der in gedachter Ankündigung enthaltenen näheren Bezeichnung der lebenden Bilder erhellt, die Verherrlichung verbrecherischer Thaten, insbesondere des Königs­mordes bezielt ist, so wird dieselbe hiermit von Ordnungs- undSittenpolizeiwegenverboten. Der Poli­zeipräsident, gez. von Richthofen.* Neueren Mittheilungen zu­folge wird A h l w a r d t die Redaktion derWestf. Reform* nicht übernehmen; fein Antisemitismus soll dem Verleger noch nichtrein" genug sein. Aus der S t e u e r k o m m i s s i o n des Abgeordnetenhauses ist der Abg. v. Ehnern ausgeschieden. Wahrscheinlich hat ihn die Annahme der Vermögenssteuer so tief gekränkt, daß er nicht mitthun will.

Rordhauscn, 23. Jan. Für Lehrerkreise be­merk e n s w e r t h ist ein Beschluß der hiesigen Stadtverordneten­versammlung vom heutigen Tage. Er geht zunächst dahin, die Versorgung der Wilttven und Waisen der Lehrer an der höheren Töchterschüle und der Mittelschule, die bis jetzt noch immer der gesetzlichen Regelung entbehrte, auf die Stadtkaffe zu übernehmen und zwar unter Annahme der hierfür durch Staatsgesetz für die Volksschullehrer festgelegten Grundsätze. Dagegen aber soll ander­seits diesen Lehrern die ihnen bisher hier zugestandene Befreiung ihres Diensteinkommens von dem Kommmialsteuerzuschlage genom­men werden, da ihnen ein verbrieftes Recht auf diese bisher gewährte Vergünstigung nicht zur Seite stehe, und es angesichts der steuer­lichen Anspannung aller Übrigen hiesigen Einwohnerklaffen nicht' wohl zu rechtfertigen sei, eine solche noch länger bestehen zu lassen. Der Beschluß tritt am 1. April d. I. in Kraft.

* Ans dem Ruhrkohlenrevier, 23. Jannar. Auch in G e l s enkirchen find nunmehr die ans Anlaß de« Ausstandes ergangenen polizeilicheu Anordnungen Über den früheren Schluß der Wirthschaften ic. a u f g e h o b e n worden.In einer gestern in Bochum abgehattenen, sehr schwach besuchten Bergarbeiter- versammlnng erklärte ein Redner unter großem Beifall, die Striken- den hätten mit den Dhiiamit-Attentaten nicht das Geringste zu thun ; da ihnen die Kraft des Dynamits bekannt sei, würden sie sich solche frevelhaften Versuche nicht zu schulden komme» lassen. Ein anderer Redner forderte auf, man möge sich die Stellungnahme des Abg. Müllensiefen, der ein Gefinnnngsgenosse des Frhrn. v. Stumm sei. bei der nächsten Wahl ins Gedächtniß rufen. Ein Dortmunder Redner führte aus, cs sei jetzt eine gewisseDumpfheit in der Kampffuhrung der Arbeiter* eingetreten, aber der Kampf werde plötzlich wieder hervortreten. Eindringlich wurde vor den evan­gelischen Arbeitervereinen gewarnt, welche die Arbeiter nur irre- suhren. Klage wurde geführt über die dreitägigen Lohnabzüge, die die Zechen jetzt vornähmen; man solle nöthigenfalls de» Weg der Klage betreten. Die Milde, welche die Regierung den Grubenbe­sitzern anempfohlen habe, werde nicht länger dauer», als man die Leute brauche, später würden letztere wiederPer Schub* entfernt werden. In Betreff des Hauptpunktes der Tagesordnung: Wie die Ausgesperrten zu unterstützen seien, kam es zu keinem Beschluß; ein solcher soll in der nächsten, auf den 2. Februar anberaumten Versammlung gefaßt werden.

H Liegnih, 23. Ion. Wie derBresl. Morgenztg.* berichtet wird, hat in der Sitzung des katholische» Bürger- Vereins der Vorsitzende auf Anfrage erklärt, daß bei dieser Ersatzwahl ein Centrumsmann als Zählkandidat nicht aus­gestellt werde. Es wird indeß den Katholiken Wahlenthaltmiz oder Betheiligung frei gestellt. Nach der Ansicht des Vorsitzenden, Lehrer

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69 Asiaten (znm weitaus größten Theil natürlich Japanesen), bei 14 ist Afrika und bei 4 Australien als Heimath angegeben. Dem Studium nach treffen von den Ausländer» 175 auf bie Theologie (16 auf die katholische und 159 auf die protestantische), 294 auf Jurisprudenz und Kameratten, 475 auf Medizin und Zahnheil- kunde, 501 auf Philosophie, Philologie und Geschichte, 353 auf Mathematik und Naturwissenschaften, 138 auf Landwirthschaft uno 13 auf die Pharmazie; Kameralien studire» 64, Zahnheilkunde 13. Fragen wir weiter noch, wo diese Ausländer hauptsächlich sich niedergelassen haben, so finden wir 639 in Berlin, 280 in Leipzig, 178 in München, 162 in Heidelberg, 117 in Halle, 79 in Freiburg, 77 in Straßburg, 66 in Würzburg, 59 in Jena, 54 in Bonn; die geringste Zahl von Ausländern, je 6, weisen München und Rostock auf, die auch überhaupt mit 414 und 413 die geringste Stilbenten« zahl haben.

g (Pariser Theater.) Man schreibt uns aus Paris: Das ist zum Beispiel ein Erfolg, den wir nicht niitmachen wolle», wenn es Ihnen recht ist. Umsomehr, als ich meine gelinden Zweifel habe, ob es überhaupt ein Erfolg ist. Es liegt zwar ein glänzender Lob- Consensus aller Zeitungen vor. Aber wenn die Zeiiungen auch miteinander übereinfttmmen, so stimmt doch das Publikum diesmal allem Anschein nach nicht mit den Zeitungen überein. Die Bezieh­ungen des Herrn d e C u r e l zum Publikum find offenbar weniger gute als diejenigen, die ihn mit den maßgebenden Kritikern verbin­den. Und so kommt es, daß die Gefichter, die man im Parterre des Vaudeville bei der Aufführung seines StückesLInvitöe beobachten kann, weniger enthusiastisch als sagen wir - ver­wundert aussehen. Freilich, es ist ein merkwürdiges Stück, diese Invitee. Ei» originelles Sujet und eine feinsinnige literarische Durcharbeitung find da; und Alles wäre gut, wenn die Sache nun auch dramatisch wäre. Aber das ist sie leider ganz und gar nicht. Und da sie es sehr gut hätte sein können, so folgt daraus, daß die Schuld am Autor liegt. Und da die Schuld am Antor liegtt jo folgt daraus, daß Herr de Cure! kein Dramatcker ist. Gegenüber denFossiles desselben Verfassers, welche das Theätre libre gegeben, konnte man einen Augenblick im Zweifel sein. Das toirfte nicht; aber es lag vielleicht an der schlechte» Aufführung. Das war nicht gewöhnliches Theater; aber das war vielleicht doch Theater anderer Art. Nach derInvitee ist kein Zweifel mehr möglich. Die Aufführung war vorzüglich. Und es wurde klar, daß das überhaupt nicht Theater war. Jdeenfülle, feine, geistreiche Wendungen, aparte Empfindungen Alles, was Sie wollen. Aber ich kann unmöglich zugeben, daß das ein bühnenmäßiges Werk ist. wo die auftretende» Personen, sowie nur irgend ein dramatischer Moment für sie einge- trtten ist, sich sofort in die nächstbeste Sophaecke niederlassen und da halbe Stunden lang philosophire» und pfychologifiren über die see­lischen Phänomene, die dieser Moment in ihnen zur Erscheinung bringt Zwei oder drei dramatische Momente sind in dem Stucke enthalten; die Kommentare zu denselben füllen den ganzen Rest bet drei Akte aus. Es gibt in diesem Drama keinen Mitwirkende», der nicht mindestens ein pshchisches Pröble» löst. Und wenn sich zwei

lichkeit für die endlich enthüllten Vorgänge zuzuschieben. Es frägt fich bei allen Diskussionen dieser Tage nur, ob das Vertrauen des Parlaments ferner ein Kabinet begleiten sann, dessen einzelne Mitglieder von den Vorgängen in derBanca Romana" unter­richtet waren oder dock) fein mußten und gleichwohl einen ver­derblichen Zustand auf weitere sechs Jahre verlängern wollten. Für die Beantwortung dieser Frage kommt es nicht in Betracht, ob andere Regierungen das gleiche Verschulden trifft, zumal einer von jenen, nämlich dem Cabinet Crispi, die drei obengenannten Herren angehört haben, Thatsache ist, daß sowohl Crispi, wie RII d i II i die Existenz der Regierung für ernstlich in Frage ge­stellt halten. Deshalb braucht ja die Kammer Herrn Giolitti noch nicht aufzugeben, aber wenn man bedenkt, was im Augen­blick sonst noch gegen ihn vorliegt, kann man nicht leugnen, daß das Kabinet unter recht ungünstigen Auspicieu in den zweiten Theil der Tagung eintritt. Von Nutzen könnte ihm sein, daß auf der Rechten Zwiespalt herrscht. R u d i n i soll über L u z z a 11 i und Chimirri entrüstet sein, weil sie ihn vor der Abschaffung des BiUetaustanschs unter den einzelnen Banken ans Befragen versichert haben, daß die im Jahre 1889 entdeckten Gesetzwidrig­keiten beseitigt seien.

FrimkreiH.

* Paris, 23 Jan. Die Stichwahl int zweiten Bezirk von Albi (Larmaur) gestern vollzogen worden. Ihr vollstän­diges Ergebniß ist noch nicht bekannt; aber »ach den bisherigen Berichte» ist die Wahl des Sozialisten I a n r e B, zu dessen Gunsten sein Parteigenosse Smilie zuriickgetreten war, als gesichert zu betrachten. Im Departement der Hantes-Pyrenee» wurde ein Senator zum Ersatz für de» verstorbenen General Diffis gewählt. Beim ersten Wahlgange zersplitterten sich die Stimmen auf 5 Republikaner, unter welchen sich derralliirte* Cazeaux befand; die and.ren vertreten sämmtliche eigeutlich republikanische Gruppen. Cazeaux, ein ehemaliger monarchistischer Abgeordneter, blieb mit 55 Stimmen im Hintertreffen. Bei der Stichwahl trug der Centrumsmann B a u d e n s de» Sieg davon: er erhielt 351, der Progressist Berges 330 Stimmen.

Großbritannien.

L London, 23. Jan. Es war wohl kaum zu erwarten, daß mit dem entschiedenen Auftreten des britischen Kabinets gegenüber dem Khedive die ganze Episode zum Abschluß gelangt sein sollte, aber die jetzt von Kairo einlausenden Nachrichten klingen doch bedenklicher, als man hier noch vor wenigen Tagen hätte annehmen mögen. Die Worte, mit denen der junge Abbas gegenüber Lord Crower sein Bedauern über die Benisnng Fakhri Paschas zum Premierminister ausdrückte, scheinen nicht ganz auf­richtig gemeint gewesen zu sein und haben jedenfalls bei dem von seiner eigenen Bedeutung in hohem Grade überzeugten jungen Herrscher eine Bitterkeit hinterlassen, bie man noch im Innern wie nach außen nach Möglichkeit zu verstärke» sucht. Vieles deutet darauf hin, daß Abbas Pascha die Absicht hat, bei erster Gelegenheit auss Neue den Engländern Troß zu bieten, ihre Stellung in Egypten so schwierig als möglich zu machen und selbst als Vorkämpfer der nationalen Unabhängigkeit des Landes aufzutreten. Er besucht fleißig die Moschee, geht in die Oper und zeigt sich auch sonst vielfach seinen Unterthanen. Dabei soll er den Beifall des Volkes und den Ausdruck des Mißfallens mit der Handlungsweise der Engländer in so ostentativer Weise her­ausfordern, daß die britischen Beamten in Egypten ihre Stellung wesentlich erschwert finden und manche in der wenn auch künstlich geschürieu Aufregung des. egyptischen Bolles bereits ehien Geist der Rebellion zu erkennen glauben, wie er seiner Zeit zu der Er­hebung unter Arabi führte, und daß vielfach daher auch schon bie Ansicht ausgesprochen wird, die britische Okkupations-Armee müsse verstärkt werden. In acht Tagen tritt das eng­lische Parlament zusammen und es ist daher nur natürlich, daß es in der politischen Welt sich überall zu regen beginnt, doch leiden die Vertreter der Regierung wie der Opposition etwas vom Mangel an Redestoff. Die Minister wollen ihre Kabinets- geheimnisse nicht ausplaudern und ihre Gegner wissen darum nicht recht, auf welche Punkte sie ihre Angriffe lenken sollen. So sah fich auch der Herzog vonDevonshire (früher Lord Harlingtou) angesichts dieser allgemeinen Unsicherheit über die kommenden Dinge gezwungen, in einer Siebe, die er gestern in Skipton hielt, auf solche znm Uebcrdruß gehörte Behauptungen zurückzufallen, daß Gladstone's Mehrheit im Parlament eigentlich gar keine Mehrheit sei, weil der Premier auf die Unterstützung der 80 irischen Abgeordneten angewiesen ist, und daß auch die liberale Partei selbst in zu viele Gruppen zerfalle, um auf die Taner ein Zusammengehen wahrscheinlich zu machen, Umstände, ans welchen der Herzog den Trost schöpfte, daß schon die Debatten über die Adresse die Stellung des Ministeriums aufs Tiefste er­schüttern würden. Vielleicht aber werden die liberalen Fraktionen dem Führer der Liberal-Uniouisten diesen Gefallen doch nicht so schnell erweisen, um so weniger als Gladstone den Forderungen auch seines extremeren Flügels in der kommenden Session in