in Frankfurt
AhttMchiM AchkWj.
ATr. 144. Erstes Moegenblakk.
Pcirtei habe keine Ursache, ohne Notheine noch größere Aufrea-
Ileuilketon
Diese Frage, wie die Krone die betreffenden Vorschläge der Regierung anfnehmen wird, ist jetzt brennend geworden. Die Gegner der Regierung, alle Reaktionäre und Klerikalen, halten es für selbstverständlich, daß die Krone keinen Schritt thun werde, um das Oberhaus zu „vergewaltigen"; sw halten also den Moment für gekommen, wo der ganze liberale Civilehe-Feldzug kläglich scheitern und das Ministerium Wekerle verschwinden werde. Die Krone, so erläutern sie die Lage, sei bis jetzt lanzmüthig gewesen und habe der Entwickelung der Dinge nicht vorgreifen wollen. Den Einwand, daß die Krone ja schon Stellung genommen habe, als sie ihre Genehmigung zur Einbringung der Vorlage gab, lasten die Gegner nicht gelten ; sie sagen, das sei nur eine Formalität gewesen, die zu nichts verpflichte; die Krone sei vollkommen frei, die Regierungsvorlage jetzt noch prinzipiell zu verwerfen und darnach ihre Haltung einzurichten. Der Krone tvird damit ein eigenthümliches Verfahren zugeschrieben, über das der Justizminister im Abgcordnetenhause folgendermaßen geurtheilt hat: „Es geht ein Gerücht, das ich der Beachtung nicht für würdig erachten würde, wenn ich nicht gehört hätte, daß es von hochgestellten, einflußreichen Männern verbreitet wird, das Gerücht nämlich, daß die Ablehnung dieses Gesetzentwurfs den Gefühlen und Empfindungen Sr. Majestät unseres konstitutionellen Königs und I Herrn entspreche. Ich denke, es gibt kein einziges Mitglied jn diesem Hause, das nicht die Ansicht hegt, daß man sich auf solche subjektive Ansichten von konstitutionellem Standpunkte quS nicht berufen darf. Namentlich bei einem Gesetzentwürfe, den die Regierung in Folge der Ermächtigung der Krone dorgelegt und bezüglich besten sie gleichfalls auf Grund der Ermächtigung der Krone erklärt hat, daß seine Sanktio- nirnng gesichert ist, wenn er im Wesentlichen nicht geändert wird, einer solchen Thatsache gegenüber wäre es die größte Verfaffungswidrigkeit, sich auf Privatgefühle oder auf einen privaten Willen zu berufen. Das große verfassungsmäßige unzerstörbare Prinzip ist, daß, wem? irgend eine Vorlage mit Einwilligung der Krone gemacht und die Sanktion der- 'elben in Aussicht gestellt wurde, es verfaffungswidrig ist, sich fleichviel ob offen oder im Geheimen oder auch nur als sub- ektive Meinung darauf zu berufen, daß der wirkliche Wille oder das Gefühl der Krone andere wären." Die Majorität applaudirte diesen Worten stürmisch, und die Opposition konnte deren Richtigkeit nicht in Abrede stellen. Der Justizminister hätte noch beifügen können, daß es eigentlich eine für die Krone selbst höchst beleidigende Annahme sei, daß sie eine ihr widerstrebende Vorlage nicht aus eigener Kraft zu Falle bringen könne, sondern dazu das Magnatenhaus nöthig habe, und daß sie die Regierung zu einer legislatorischen Aktion verlockt habe, um ihr nachher ein Bein zu stellen und sie zu kürzen. Manche der Gegner fühlen das Beleidigende dieser I Annahme; sie finden daher einen andern Ausweg, indem sie I
mit auch Oesterreich schon lange nicht mehr erlebt hat. Hoffentlich weiß man das in der Wiener Hofburg so gut wie anderswo.
schwache Seite, nur als der Zunge geboren wurde, schrieb sie ihrem Manne und nachdem noch ein paarmal, zuletzt nach Singa- Pore. Diejen Brief trägt der Ziminerinanil stets bei sich, obgleich er längst auswendig weiß, was ihm darin so gefällt: „Der 2ung' iS nu zweiundhalf Jahr' alt und reißt allcns um, was nicht festgeivachsen is. Das Papasagen hab' ich ihm abgewöhnt, das is en Wort für die vornehmen Milchsnuten, uns' lütt Jan sagt „Badding". An Deinen großen Bart will er hinaufkletteru, und so ost er dm rothen Dorsch-Hinrich vorbeikommen sieht, ruft der luttsteutr Bengel „Is dat nich uns' Badding?"
-^er Zimmermann denkt nicht mehr an die Gefahr, sondern nur noch an die brave Trine und an sein Söhnchen, das seinen Baker noch nicht gesehen hat. .Höllisch iveh' thut das Raufen "ee Barthaare, aber Badding wird die Zähne aufeinanderbeißm und lutt Jan mag den rothbraunen Urivald etwas lichten, wkuttiiig kann unterdessen die blanken Thaler zählen, und--
Heulend füllt eine neue Schneeböe in die Segel, den Ber- zuckten jäh aus seinen Träumen reißend. Wieder bäumt das sich auf, und als es in das nächste Wellenthal niederfährt, — durch Mark und Bein geht der Stoß! — geräth es auf den Grund. Dann ein Krachen und Splittern von herabstürzenden Stangen und Raaen, ein Aufschrei der Besatzung, und donnernd bricht die erste Sturzsee über das Wrack, mit einem einzigen schlage die Wassersässer und Rettungsboote über Bord fegend.
Gegen drei Uhr Morgens wird dem Bormann der Rettungsstation Dorumertief „Schiff in Noth" genieldet und sofort alar- mirt er die Rettungsmannschaft. Diese Leute, die beim ersten Alarmsignal aus den warmen Betten springen und, ihre Familien in Sorge zurücklassend, dem eisigen Novembersturm die Stirn bieten, sind Freiwillige; nur für die einzelne Rettungs- sahrt bekommen sie einen Lohn, und wenn's hoch kommt, eine Goldprämie für besonders heldenniüthige Leistungen.
Im Bootsschuppen wird das wasserdichte Oelzeug angelegt der Südwester aufgesetzt und dir Korkweste unigrschnallt, darauf raffelt der Bootswagen aus dem Deiche entlang nach derjenigen Steäe des Strandes, wo man mit dein Boote in See zu kommen hosst. Draußen flackert soeben wieder ein Theerfeuer auf, schnell werden d,e Pferde abgcschirrt und die Männer schieben den Wagen, auf dem das Rettungsboot zum Ablaufen bereit steht, mit dem Hinteren Ende voran bis an dir Axen ins Bteer. Die Ruderer nehmen ihre Plätze ein, erfassen die schweren Eschen- reemen und auf das Kommando „Los!" schießt das Boot zu Wasser. ’
JBi§ zur ersten schweren Grundsee kämpft rs wacker gegen Wind und Wogen an, da wird'S plötzlich querstes geworfen und
sagen, die Krone sei verfass,iiigsmäßig nicht verpflichtet, dem Ministerium auch alle Mittel zu gewähren, die dasselbe zur Durchführung seiner Aufgabe für nöthig erachtet. Wenn also das Ministerium verlangt, daß drei neue Oberhausmitglieder ernannt werden — so viel sind gerade fällig, und cs heißt, daß die Regierung sich damit begnügen würde, weil sie zugleich eine moralische Wirkung dieser Ernennung auf andere Magnaten erwartet — so könne die Krone dieses Vcrlangcn abweiscn, ohne sich in irgend einer Weise verfaffnngsmäßig eine Blöße zu geben. Diese Erwägung könirte zutreffend sein, wenn es sich um eine untergeordnete Angelegenheit handeln würde. Hier aber, wo es sich um eine Sache von höchster Wichtigkeit handelt, hinter der die große Majorität der Nation steht, hätte die Weigerung der Krone doch einen minder harmlosen
Vesterreich-Nngarn.
K Wien, 23. Mai. Im österreichischen Parteiwestn vollzieht sich jetzt eine Scheidung zwischen der konservativklerikalen und der antisemitischen Partei. Es ist nicht gerade eine „reinliche Scheidung", denn beiderseits gibt'8 Schmutz, und es ist auch nicht eine „Scheidung der Geister", denn an solchen mangelt rs beiden Parteien. Aber eine Scheidung ist es. Das antisemitische Kind soll fort aus dem klerikal-konservativen Vaterhause, weil es sich mit seinen alten Eltern nicht mehr gut vertragen kann, weil es denEltern zu nase- • weis, weil ihm die Eltern zu schwerfällig geworden sind. Der Führer der Antisemiten, Prinz Alois Liechtenstein ist aus der konservativ-klerikalen Partei hervorgegangm. Seinem Ehrgeiz genügte es nicht, unter H ohenwart zu dienen, er wollte neben ihm kämpfen, und so ging er vor einigen Jahren zur anti» seniitischen Partei über, in die er sofort als Generalissimus ei«, trat. Doch scheint Prinz Liechtenstein, der um mehr als zwanziß Jahre jünger ist als der greise Graf Hohenwart, dabei den Ge- danken nicht aufgegeben zu haben, dereinst, wenn die Führersteil« bei den Konservativen einmal frei würde, an ihre Spitze zu treten und dann vielleicht die antisemitische mit der konservative» Partei in eine Realunion zu verschmelzen. Die Idee schien nicht ganz aussichtslos. Denn im Grunde genommen sind die Konservativen in der Praxis, wenn auch nicht in der Theorie, Juden» hasser, und die Antisemiten sind, wenn auch nicht in der Theorie, so doch in der Praxis reaktionär. Dir Einen sind klerikal, weil sie unter dem Landvolk arbeiten, das noch den Pfaffen gehorcht; die Andern sind Antisemiten, weil sie unter den Kleinbürgern der Großstädte wirken, bei welchen der Pfaff schon längst nichts mehr gilt. Beiden Parteien ist ein großer Mangel gemein: Sie haben nämlich, ganz so wie die rückständigen Gesellschaftsklassen, die sie vertreten, kein Verständniß für die modernen sozialen Strömungen, und deswegen nennen Beide fich: „christlichsozial". Wo so viele positive und negative, fachliche und persönliche Berührungspunkte existiren, lag das „Getrennt mar- schiren, vereint schlagen" nahe. Seit Prinz Liechtenstein der antisemitischen. Partei, angehört, haben es auch beide Theile so gehalten, und Prinz Liechtenstein hat oft genug, in seiner geistreichen Weise, diese Taktik verherrlicht. Draußen in der Wählerschaft agitirte man mit verschiedenen Mitteln, vornehmlich um die kleinbürgerliche Wählerschaft der Großstädte durch klerikale Tendenzen, nicht abzuschrecken. Aber drinnen im Parlament schlug nian gemeinsam die beiderseits gehaßten Liberalen. Bis eines Tqgcs Gras Hohenwart aus den Grasen Taaffe bös wurde, diesen stürzte, und die konservativ-klerikale Partei mit den Polen und — den Liberalen koalirte. Nun hieß es für die Antisemiten und die Konservativen nicht nur getrennt marschiren, sondern auch getrennt schlagen. Nur bei dem Gesetz über den Ratenhandel schlugen sie noch einmal gemeinsam die Liberalen. Sonst mußten sie nunmehr bei jeder Abstimmung im Parlament
von der Brandung überrollt. Sinken kann's nicht, seiner eiserne« Lustkasten wegen, aber die Mannschaft ist herausgeschleudert, und als die See Boot und Menschen wieder dem Deich zutreibt, hält sich Der den Kopf und Jener faßt mit der rechten Hand nach dem linken Ellenbogen; der Arm ist gebrochen. Für de« Verunglückten springt einer der am Strande stehenden alten Seeleute ein, und das Boot geht abermals in See — mit dem gleichen Mißerfolg, doch sind's diesmal drei Männer, die durch frische Kräfte ersetzt werden müssen. Jetzt wird an einer andere« Stelle ein Versuch gewagt, dir schon halberschöpste Mannschaft legt sich in die Reemen, daß das zähe Eschcnholz knackt, und wieder zwmgt sie's nicht. Dazu ist das Boot arg zerstoßen und dem das Steuerreemen handhabenden Vormann rinnt das Helle Blut von der zerschundenen Stirn.
, Trotz alledem bleibl's nicht dabei und bei Tagesanbruch Passirt das Boot nach verzweifeltem Ringen endlich die Brandung. Wer gute Augen Hai, kann vom Deiche aus die abgebrochenen Masten des Wracks erkennen, dem es zusteuert, sehr bald jedoch flaut der Wind ab und auf die tosende Wafferwüste sinkt ein dichter Novembernebel herab.
Seither hatte nur eüoa ein Dutzend älterer Fischer und Seeleute ant Strande ausgeharrt, im Laufe des Vormittags wird'S jedoch lebhafter draußen auf dem Deich, ja selbst von Bremerhaven kommen Zuschauer: Angestellte mehrerer Schiffs- und Transportversicherungsgesellschafttn, Zeitungsreporter, ein paar Momentphotographen und sonstige „Interessenten". Auch eine schlichtgekleidete junge Frau ist dabei, die sogar ihr Kind mitgebracht hat, ein etwa dreijähriges rothblondes Bübchen. Das arme Wurm weint vor Külte, doch die Mutter denkt gar nicht daran, e§ unter Dach und Fach zu bringen, erst muß sie wissen, wie die Brigg heißt, die aus dem Dorumertief gestrandet ist. Ihr Man« dient nämlich auf einer Brigg, deren Ankunft täglich erwartet wird.
Stieren Auges blickt sie in den Nebel hinaus. Jn ihrer Nähe steht eine Gruppe von Fischern und Seeleuten, die mit einem großen Aufwand von Fachausdrücken ihre Ansichten austauschen. Darin sind sie einig: sofern das Boot das Wrack überhaupt erreicht, komrnt'szuspät, da die injdie Takellage geflüchteten Schiffbrüchige!, über Nacht ohne Zweifel erfroren sind. Und damit es ihnen nk,t ähnlich ergehe, genehmigen die Sachverständigen unterschied' che „maisons du Nord", woraus sie daumendicke Priemchen zwischen die Backenzähne schieben.
„Erfroren also!" sagt sich das in dem nassen Gras der Deich- böschung knieende Weib und drückt das Kind fester an sich. Tausend andere Frauen würden diesen Gedanken allein schon nicht ertragen können, doch die rauhe starke Marschbauerntochwe
Frankfurt 25. Mai.
Die Lage der Dinge in U n a r n spitzt sich zu einer Ent- sthcidling zu. Der Ministerpräsident Dr. Wekerle wird heute in der Wiener Hofburg erwartet, wo er die Ermächtigung zu den Maßregeln holen 'will, durch die das ungarische Mini- .fterinm die Annahme der Ehegesetzvorlage "bei der abermaligen Berathung im Magnatcnhause durchzusetzen gedenkt. Ls heißt, der Premier habe das Demissionsgesuch des Kabi- Mts, unterzeichnet von sämmtlichen Ministern, in der Tasche; <r werde entweder mit der Unterschrift des Kaisers für seine Vorschläge, oder als demissionirtcr Minister die Hofburg Verlassen. Dieses Entweder-Oder scheint in der That vor- Kiliegen, und da der Rücktritt des Kabinets Wekerle Folgen Hätte, die weit über die Grenzen Ungarn sich fühlbar machen würden, so begreift es sich, daß die politische Welt in diesen Tagen ihre Blicke mit Spannung nach der Wiener ®urt[ richtet.
und Hilfr - Vollziehungsbeamter. Nicht über 35 Jahre alt, der deutschen und polnischen Sprache mächtig. Gehalt 360 Die Stelle ist pensionsberechtigt; bei einer Pensionirung wird die zurückgelegte Mititärdieiistzeit nicht angerechnet.
Das sind für einen Staat, der sich rühmt, an der Spitze der Sozialpolitik zu marschiren, allerdings recht merkwürdige Zustände, von denen man da erfährt.
r 3ettd. 24. Mai. Im freisinnigen Verein hielt Sestern Abend P r o f e s s o r « b b e sein dritte«, die Volks- bildu.ig behandelndes Referat über die Frage: Welche soziale Forderungen soll die freisinnige Volkspartei in ihr Programm auf- nehmen ? Der Redner fügte den Forderungen von Dr. Mar Hirsch: Wesentliche Hebung der Volks-Einheitsschule, obligatorische Fort- bildungs- und Fachschulen noch die weitere Forderung hinzu: Planmäßige Vorsorge der lluterrichtsverwaltung dafür, daß die höheren staatlichen Lehranstalten. Mittel- und Hochschulen aus a l l e n Schichten des Volkes diejenigen zu höhererAuSbildung heranziehen, die zu geistiger Arbeilsthätigkeit durch ihre natürlichen Anlagen besonders qualifizirt und berufen sind.
* Nürnberg, 24. Mai. Jn der „Franks. Ztg." wurde seiner Zeit eine auffallende Entscheidung der hiesigen Anwalts» kammer mitgetheilt. Dem Bürgermeister Bestelineyec in Suhzbach wurde die Zulassung zur Amoalischaft versagt, weil des Amt eines Bürgermeisters mit dein eines Rechtsanwalts u n v e r e i n b a r sei. Es wmde schon damals daraus hingewiesen, daß diese Entscheidung im Widerspruch zu der sonst üblichen Praxis stehe. Ter Ehrengerichtshof in Leipzig hat denn auch, tvie dem „Fränk. Kur." berichtet wird, auf erhobene Berufung diese Entscheidung aufgehoben und die Versagung der Zulaffung für nicht gerechtfertigt erklärt. Die Anschauung der hiesigen Kammer erscheine um so unbegreiflicher, als nicht nur außer Bayern, sondern auch innerhalb Bayern — in einem Falle sogar im Sprengel des gleichen Ehrengerichts — feit Jahre« Anwalts- und Bürgermeisteramt an verschiedenen Orten in Einer Hand vereinigt sich befinden, ohne daß dies je zu einer Beanstandung geführt habe.
zwischen dem zweiten Leuchtschiff und dem gefährlichen Dorumer- tief direkt dem-Strande zu!
Eine Berathung ist unnöthig, denn es gibt nur einen Weg zur Rettung: unter Preß von Segeln vom Lande freizukommen! Alle Mann an Deck also, und Segel gesetzt, was das Zeug hält.
Nach kaum drei Minuten kommt die schnell geweckte Freiwache aus dem Volkslogis, voran der hünenhafte Zimmermann, der fernen langen rotbraunen Vollbart in die Düffeljacke eit,knöpft, damit dieser, vom Winde gezaust, ihn nicht bei der Arbeit be- hindere. Hu! wie die Winterkälte mit eisigen Krallen durch die Kleider greift und den von der Bettwärme förmlich dampfenden Körper schüttelt!
„Reff aus den Marssegeln ! Fock los!*
Die Mannschaft weiß noch nicht, um ivas es sich handelt und horcht erstaunt auf. Bei diesem Wetter Segel setzen? Ein Btatrose meint: „Wir müssen mit Gewalt vorwärts, die Mädels daheim sterben sonst vor Ungeduld." Aber der Witz klingt erzwungen und Keiner lacht darüber.
Kaum fühlt die Brigg, die seither wie eine treibende Möwe ouf dem Wasser lag, den vermehrten Segeldruck, da bäumt sie sich auf wie ein bis aufs Blut gesporntes Roß und stampft mit bem Bug tief in die See. Wo der überspritzende Wogeugischt niederfallt, gefriert er sofort, Masten, Segel und Tauwerk verglasen förmlich. Em Schnaps ist bei solchem Wetter doppelt will- kommen und dennoch mundet er heute nicht, denn die Mann- fchast liest s dem Untersteuermann, der ihr das Labsal reicht, am Gesicht ab, was eigentlich „los" ist: es geht auf Leben und Tod! Gesprochen wird nicht davon und der Zimmermann knöpstwieder °" semer Jacke herum, die den langen Vollbart schützt. Seine steten Finger tasten nach der Brusttasche, und als er dort den letzten Brief feiner Frau fühlt, nickt er befriedigt; mag's nun gehen, wies geht.
Ein braves Weib, die Trine! Als damals, ein paar Monate 110(5 ber Hochzeit, die Geestemünder Werst keine Arbeit mehr für ign hatte und er auch in Bremerhaven keine Beschäftigung fand, hatte sie zu ihm gesagt: „Wenn nix los is mit die Schiffszimme- rei, dann mach' noch ’ne Reis'; du bist doch mehr Seemann als Zlmmerinann, und daß dich die schmucke Brigg drüben in die rat e k t6 1$ Iänsft gemerkt. Ich geh' so lang' zu meine I Eltern, und bis das Kind da is, bist du vielleicht schon wieder zurück und hast einen fixen Beutel voll Thalers mitgebracht." Nach langem Zögern hatte et eingewilligt, aber anstatt nach Westindien und wieder zurück, fuhr die Brigg nach China und von da weiter „wie die Ordres lauteten und die Frachten fielen* so daß aus den sieben Monaten, die er wegzubleiben gedachte, brei Jahre wurden. Die Vielfchreiberei war nicht Trinen's
Das Magnatenhaus war unstreitig in feinem Rechte, als <6 den liberalen Entwurf der Eherechtsvorlage vertvark. Aber ebenso war die Regierung in ihrem Rechte, als sie sich «l dieses Votum nicht kehrte. Sie hat weder ihre Demission gegeben, noch hat sie die Vorlage zurückgezogen, sondern hat deu Entwurf ruhig an das Abgeordnetenhaus zurückgelangen lassen, damit dieses seinen Beschluß wiederhole. DeS ist am Montag geschehen; mit einer Majorität von 166 Stimmen, hat das Abgeordnetenhaus verkündet, daß es an der Vor- liige festhalte. Der Unterschied gegen die erste Abstimmung, in der die Vorlage 175 Stimmen erzielte, ist unerheblich und stillt politisch nicht in's Gewicht. Abwesend waren einzelne Deputirten von der Linken wie von der Rechten, und bei -einer Gesaimntzahl von 370 Abgeordneten, von denen rund 270 für und 100 gegen die Vorlage stimmen, kommt es nicht darauf an, ob die Mehrheit ein paar Stimmen mehr »der weniger beträgt. Jn der Debatte ist nicht blos die Vorlage selbst, sondern auch die durch sie der Regierung und dem Lande geschaffene Lage gründlich erörtert worden. Die Vertreter der Regierung haben sich dabei wieder nicht blos Äs gewandte, schlagfertige Redner, sondern auch als weit- fichtige, zielbewußte und entschlossene Staatsmänner bewährt. Dies gilt nicht blos vom Ministerpräsidenten Dr. Wekerle, ftindern auch, und in fast noch höherem Grade, vom Justiz- minister Szilagyi. Die Minister rechtfertigten zunächst, warum sie dein Votum des Oberhauses kein so ent- stheidendes Gewicht beilegten, wie es die Opposition erwartete. Der durchschlaaende Grund ist der twifi
Teutsches Reich.
* Berlin, 24. Mai. Zu der von Dr. Max v. Oppenheim geplanten Expedition von Norden ans nach dem Tschadsee hat, wie berichtet wird, das Auswärtige Amt nach Anhörung der in Frage kommenden Konsulate die Zustimmung versagt. Herr v. Oppenheim wird nun zur Errichtung einer Plantage zusammen mit Herrn Jllich im Juli nach Tanga abreifen. — Wie dem „Hamb. Korr." geschrieben wird, soll die aus Anlaß der Gehaltsregelung nach Dien st alter s- ftnfen bei den Reichsbeamten erfolgte Festsetzung der Dienstzeit eine Reihe von Protesten der betreffenden Beamten gegen die Art dieser Festsetzung hervorgerufen haben. Außer vielen Beamten des Großen Geiieralstabes sollen auch zahlreiche Beamte der verschiedenen Reichsämter ivegen ungenügender Anrechnung ihrer Dienstzeit vorstellig geworden sein. Insbesondere sind die aus dem Staatsdienst seiner Zeit in den Reichsdienst über- geiketeuen Beamten mit. der FestseAing unzufrieden, weil ihnen von. der im Landesdienst verbrachten Zeit nichts angerechnet worden ist. — Unter der Ueberfchrift „Staat und Kommune als Arbeitgeber* schreibt die „Volk-ztg.":
Aus einem Verzeichniß der erledigten Stellen für Militär-Anwärter im Bezirk des 2. Armee - Korps entnehmen wir folgende Ausschreibungen: Zu sofort in Anklam beim Magistrat Stelle alt Stadtdiener und Nachtwächter. Gehalt 540 Jl. jährlich. — D" Stelle ist nicht pensionsberechtigt. — Zu sofort in Bergen a. R. beim Amtsgericht Stelle als Kanzleigehilfe. Bei seitenweiser Beschäftigung ä Seite 6 Pfg. circa 50 JL monatlich. Ständig volle Beschäftigung kann nicht garantirt werden. — Zu sofort in Bromberg beim Distriktsamt Stelle als Distriktsbote und Vollziehungs- beamter für die Ortschaften der Polizeidistrikts. Gehalt jährlich 350 ^, widerruflicher Gehaltszuschuß jährlich l40 Gebühren höchstens jährlich 100 X, Summa 600 Die Stelle ist nicht pensionsberechtigt. — Zum 1. September 1894 in Naugard beim kaiserlichen Postamt, Stelle als Landbriefträger. Kaution 200 jt, sann durch Gehaltsabzüge gebildet werden. 650 J( Gehalt und der gesetzliche Wohnungsgeldzuschuß. — Zu sofort in Swinemünde bei dem Amtsgericht, Stelle als Kanzleigehilfe. Entlassung kann ohne vorherige Kündigung erfolgen, in der Regel eine einmonatliche Kündigungszeit. Einkommen richtet sich nach "ber Zahl der ge- schnebenen Seiten; die Vergütung, welche von 5 Pfg. pro Seite steigt, aber auch bei minderwerthigen Leistungen auf weniger als 5 Pfg. pro Seite normirt werden kann, wird von dem Herrn Landgerichts ° Präsidenten zu Stettin festgesetzt (§ 5 des Kanzlei - Reglements vom 23. März 1881, 4. Februar 1889). — Zu sogleich in Amn_bein^Magistrat, Stelle als Polizeidiener, Gefangenenwärter
Der durchschlagende Grund ist der, daß Äen nicht das Magnatenhaus der Träger des Volks- Willens ist, sondern das Abgeordnetenhaus, dein deßhalb das letzte, das entscheidende Wort gebührt, und dem in einem Konflikte das Magnatenhaus nachgebcn muß, wenn es sich nicht in Widerspruch mit dein Willen der Nation setzen will. Man habe, führte der Justizininister aus, die Angelegenheft gründlich überlegt; die Regelung derselben sei unbedingt nöthig und sie könne, wenn sie Frieden und Ordnung sichen, solle, nur auf dem Wege der Regierungsvorlage erfolgen. Das Abgeordnetenhaus habe sich mit großer Majorität dafür ausgesprochen; hinter dem Abgeordnetenhause stehe die große Majorität der Nation. Im Magnatenhaus habe sich eine Majorität dagegen ausgesprochen; 138 gegen 117 Stimmen. Die gegnerischen Magnaten seien zu diesem Votum befugt gewesen, aber bei der politischen Beurtheilung des Volums dürfe man nicht vergessen, daß in der verwerfenden Majorität sich 38 Stimmen befinden, die nicht auf Grund von bürgerlichen und politischen Motiven, sondern auf Grund von theologischen Dogmen und Meinungen sich gegen die Vorlage aussprachen; solche Dogmen und Meinungen gehörten vor ein Konzil, für einen bürgerlichen gesetzgebenden Körper könnten sie als entscheidend nicht angesehen werden. Darm liege der Grund, warum das Magnatenhaus nachgebeu müsse, wie es übrigens in allen Ländern, wo es privilegirte Oberhäuser gebe, vorgesehen sei. Aus demselben Grunde sei es auch nicht nöthig, durch Auflösung des Abgeordnetenhauses und Anordnung von Neuwahlen an die Nation zu appelliren. Die Nation habe sich genügend klar zu Gunsten der Vorlage ausgesprochen, und die liberale
ung.als sie schon bestehe, hervorzurufen. Zudem, wollte man jetzt zur Auflösung schreiten, so würde man indirektdem Magnatenhaus das Recht zur Auflösung des Abgeordnetenhauses zugestehen. Beide Ministerrechtfertigten auch die etwaigen Maßregeln,die zu dem Zwecke vorgeschlagen werden könnten, eine andere Abstimmung des Magnatenhauses herbeizuführen. Hier sei Alles gerechtfertigt, was im Wortlaut und im Geiste der Verfassung liege und schon wiederholt Anwendung gefunden habe. Diese Maßregeln sind: ein kleinerer oder größerer Pairsschub, die Ernennung neuer zeitlicher oder lebenslänglicher Oberhausmitglieder, sowie die Abkomman- dirnng oppositioneller Hofbeamten, die das vorige Mal im Magnatenhause gegen die Vorlage gestimmt haben. Welche dieser Maßregeln die Regierung der Krone Vorschlägen wird, das haben die Minister nicht gesagt; sie haben nur erklärt, MD a
daß sie alle gerechtfertigt seien und der Verfassung nicht Anstrich. Die Krone würde den Schein ans sich laden, daß sie dem widersprächen; ein Oberhaus, das privilegirt sei, müßte sich Willen der Nation bewußt entgegen tritt, und sie hätte dann solche Dinge gefallen lassen. Es ist bezeichnend, daß die Op- auch die Folgen davon zu tragen.
Position im Abgcordnetenhause, die Grafen Apponyi und Das Ministerium Wekerle steht und füllt mit der Ehe- Julius Szapary, das Recht der Regierung, solche Maßregeln rcchtsborlage; mit ihr steht und fällt auch die liberale Partei, vorzuschlagcn, im Allgemeinen nicht bestritten; sie bestritten jene Partei, die bis jetzt die einzige starke Stütze des Aus- jcdoch das Recht der Regierung für den vorliegenden Fall, gleichs gewesen ist. Es unterliegt keinem Zweifel, daß ein sowie sie auch nicht undeutlich zu verstehen gaben, daß die I anderes Ministerium, es mag nun klerikal-reaktionär oder Regierung sich einen Korb holen werde, was natürlich d:r I diffidentisch-unabhängig sein, mit dem gegenwärtigen Abge- Opposition die größte Freude berriten würde. | ordnetenhanse keinen Tag zusammenleben kann; bei einer
Neuwahl aber werden die Radikalen und Republikaner, die Achtundvierziger und die Koffuthianer die Oberhand bekam- I men, nachdem ihnen der Wiener Hof selbst ein so zngkrüf- j tigcs Agitationsmittel wie die Ablehnung einer Achtundvier- ' ziger liberalen Forderung geliefert hat. Welches Schicksal) dann der Ausgleich haben und wie sich das neue Ungarn zum Dreibund stellen wird, das mögen die Götter wissen; jedenfalls wird es Stürme geben, wie sie das Land und da-
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(Fraukfurter Handeiszeitung;.) Uftt* HtMdelSblNH. (Hene Frankfurter Zeitung.) ȀS
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25. Park Place.
Jn und Moktz.
t3u der vom 2«. bis 30. Mai i» Frankfurt statt- sindeudeu 28. Jahresversammlung der
Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger.)
Von Christian Benkarv (Frankfurt.)
Echtes Noveniber-, echtes Nordseewetter! Mit wachsender Wuth treibt der Nordweststurm die Fluthen des deutschen Meeres in die Elbe- und Wesermündung, kein Stern leuchtet am nacht- fchwarzeu Himmel, und wahrend der häufigen Schneeböen kann der Mann am Steuer kaum bis zum Bug des Schiffes sehen. Und dennoch kommt Alles darauf an, das Feuer von Helgoland öder das äußerste Weser-Leuchtschiff zu erspähen, um den Schiffsort bestimmen zu können, denn hier reiht sich Untiefe an Untiefe und wehe dem Fahrzeug, das in einer solchen Nacht auf den Grund geräth!
Von Ostasien kommt die Brigg, wo sie drei Jahre lang zwischen chinesischen und indischen Häfen „geküstert" hat, wie der Seemann sagt; jetzt geht's mit einer Ladung Gambia und Pfeffer heimwärts, zu Muttern, znm Schatz! Ist erst die Nacht vorüber und das Schiff bekommt mit Tagwerden einen Lootsen, daun liegt's morgen um diese Stunde längst im Hafen.
Der Kapitän geht ruhelos auf dem Hinterdeck hin und wie- der, wirft abwechselnd einen Blick auf dm Kompaß und in die Takellage hinauf, dabei öfter und öfter den eisgrauen Kops schüttelnd. Ta zuckt er plötzlich zusammen und eilt nach der Wesnte, Ivo der Untersteuermann mit dm Matrosen der Wache
„Sechs Faden nur? Unmöglich!
Um keinen Zweifel z« lassen, wird das Loth noch einmal «= »?*" r nur sechs Faden Wasser. Der Kapitän löst nntlelst seines Taschenmessers die an das Unterende des cvlindr - schm Bleilothes angedrückte Talgscheibe ab und eilt mit dem Steuermann in die Kajüte hinunter. An dem Tala kleben Sandkörner und Muschelscherbm, - nun gilt's auf der Karte ru suchen, wo bei sechs Faden Wassertiefe der Meeresgrund der mit dem Loth heraufgeholten Probe entspricht. Langsam gleiten Vie frostrothm Zeigefinger der beiden Männer über baS Schrist- und Zahlengewirr der Karte, bis sich der Kehle des Kapitäns Mötzlich em heiserer Ausruf entringt; das Schiff treibt mitten
