, 833. AtbsrrisblE.

AWMkiMfter Iiftrmz.

-Freitag, 1. December 1893

junä^ft über den Wahn hielt, daß man dir Juden und das jüdische Kapital bekämpfen könne, ohne den Kapitalismus zu be­kämpfen. Er ging dann zu einer schon öfter gehörten Kritik des Militarismus und schließlich auf die ebenfalls nicht mehr neue Auseinandersetzung über das Verhältniß des Sozialismus zum Anarchismus über, dessen verbrecherische Ausbrüche er oberfläch­licher, als man es sonst an ihm gewohnt ist, auf dasSpitzelthum zurückzufiihreil suchte. Mit einem Protest gegen die neuen Steuern schloß er seine in dem Satz: Diesem System keinen Groschen! gipfelnde Rede. Nun erst erhob sich der Reichskanz­ler, um gegen den agitatorischen Ton beider Reden und besonders gegen Liebknechts Angriffe auf den Militarismus Verwahrung einzulegen. Er überließ aber, was vielfach bemerkt wurde, die Zurückweisung spezieller Licbknecht'scher Angriffe dem Kriegs­minister, der seit einigen Tagen krank und im Reichstage nicht anwesend ist. Ueber das Verhältniß des Sozialismus zum Anarchismus, oder richtiger gesagt über die Reihenfolge beider Erscheinungen ist er natürlich anderer Ansicht als der sozialdemo­kratische Führer. Man wird nicht behaupten können, daß Einer von Beiden diese schwierige Frage gründlich behandelt hätte. Mit der bekannten Lehre von der Vorfrucht ist nichts gethan, denn daraus entsteht eine Ahnenreihe, die schließlich von der Erfindung der Buchdnlckerkuust bis zu Ravachol führen würde. Vornehm und von oben herab setzte sich der Reichskanzler mit dem antisemi­tischen Schreier auseinander, und der antisemitische Agitator er­hielt die runde Absage, die früher schon und wiederholt dir mit ähnlichen Mitteln arbeitende agrarische erhalten hat. Weil der Reichskanzler ruhig, zuweilen mit gutein Spott und ohne. Ge­reiztheit sprach, machte seine Abwehr befielen Eindruck, als man- cher schneidige Protest, der sonst mit starker Stimme gegen An­griffe wie der voraufgegangene vom Bundesrachstische zu erfolgen pstegt. Die unerquickliche Sitzung sand einen erfreulichen Ab­schluß durch den neuen Mann der Anffsemiten, den Herrn Ober- lehrer Prof. Dr. Förster. Das ist eine ganz andere Nummer als Herr Zimmermann: Ein Herr in niittlrren Jahren, von guten Manieren und sehr gepflegtem Aeußeren, halb Oberlehrer, halb Reserveoffizier, mit geradezu feudalem Haarscheitel, mit drollig gezierter Sprache, mit schauspielerischem Vortrage und entspre­chenden Geste». Er trug einen wohlprüparirten Aufsatz vor, der sich bald gegen Bebel, bald gegen Rickert wendete und in schul­gerechten Perioden ost gehörte Allgemeinheiten enthielt, die Nie­manden aufregen. Dieser vielgenannte Antisemit ist ganz augen­scheinlich ein ehrlicher Schwärmer, der wir möchten ihn nicht kränken alles glaubt, was er saat. Freundliche Heiterkeit auf

Wvenden haben, ihre Formnlirnng erscheint uns aber nicht Wcklich; unseres Erachtens sollte man die Aufhebung der M t r a f h a ft stirAbgeordnete ebenso an einen vorgängigen Mchluß des Reichstags knüpfen, wie dies Art. 31 der Ver- Mmg bei der Aufhebung des Strafverfahrens «nd der Untersuchungshaft vorschreibt, denn es «gt kein Grund vor, hier eine Unterscheidung zu inachen mid es hat seine volle Berechtigung, dem Reichstag die Ent­scheidung darüber zu überlassen, ob er die Immunität für das einzelne Mitglied geltend machen will.,

/ Di« beiden M i n i st e r k r i s e n in Rom und in Paris meten ein Bild, das mit einer gewissen Regelmäßigkeit ab- »echselt. Vorgestern schien in Rom die Combination Zanar- delll gesichert, während in Paris die Lösung völlig stockte, »efirrn stockte in Rom die Krisis, während in Paris ein Ministerium Spuller allgemein fürgesichert angesehen wurde, heute hat die Combination Zanardelli wieder die besten Aus- ßchten, während Herr Spuller auf seine Ministerpräsident- schaft verzichtet hat. Es scheint, daß Herr Spuller bei den verschiedenen Schritten, die er unternahn«, sich überzeugt hat, kiß er doch nicht der richtige Mann sei, um an die Spitze der Regierung zu treten; die Anfeindungen, die er von Seite der Radikalen und der Chauvinisten, denen er nicht rnffen- fteundlich genug ist, zu erfahren hatte, sind vielleicht seinen« Entschlüsse auch nicht fremd gewesen. Auch ist cs möglich, daß er sich von dem Vorhandensein einet gemäßigten Re- Heruugspartei überzeugt hat, als deren naturgemäßen Whrer er Herrn Casimir Perier erkannte, und so erklärt eS Rdj auch, daß er diesen dem Präsidenteil der Republik vor- Wng und auch selbst zur Uebernahme des Mandats zu dewegen suchte. Diesmal scheint Herr Casimir Perier näch- iegeben zu haben, denn es wird berichtet, daß er den Auf­bag zur Cabinetsbildung übernommen habe. Man sagt, ^tverde mit dem Geschäfte im Laufe des heutigen Tages fertig werden. Die Miiiisterliste, die von Paris gemeldet

. . ------- , stines ganze«

Vortrages, angeiiehnie Erinnerungen an frühere lvunderliche Mitglieder mürben wieder wach, und nur als der Vortrag z« lange dauerte, riefen einige böse Menschen: Schluß! und lachten dazu. Da nahin der gestörte Redner eine Miene an, als wollt» er den Ungezogenen die Strafe diktiren, seine Rede dreimal ab- zuschreibcn. So schloß die viertägige Etatsdebatte.

hauptuiig, wir hättenb i e deutsche Presse' getadelt, unrichtig ist, da wir nut von einem Theil der Preffe, von einergewissen Presse'

aber dann hätte sie auch hübsch schweigen sollen. Es ist ein Gebot und ein Kennzeichen der guten Lebensart, über Dinge, von denen man keine genaue Kemttniß hat, nicht zu rede», «8 ist eine Elementarregel der Klugheit, in diesem Falle zu schweige» gegenüber solchen, die man bei einigem Nachdenken im Berdacht habe» muß, daß sie besser unterrichtet seien. Die .Straßb. Post' versucht schließlich, einen Widerspruch zwischen den Aeußerungen der Redaktion derFranks. Ztg.' und denjenigen ihres Berliner Korre­spondenten über die Haltung der deutschen Presse zu konstruiren. Demgegenüber ist zu bemerken, daß unser Berliner Berichterstatter, als er die ruhige uud besonnene Stellungnahme der Presse hervor­hob. selbstverständlich nur die Berliner Blätter, im Auge hatte, welche im Ganzen und Großen ein solches Lob auch verdienten. Der Blick der Redaktion kann und muß naturgemäß ein weiteres Gebiet überschauen und nach den dadurch gewonnenen reicheren Er­fahrungen wird sie sich selbständig ihr Urtheil bilden und ihr Handeln einrichten. Bei derStraßb. Post" mag das anders sein, bei uns ist es so und wir würden es für bedenklich halten, wenn eS jemals anders Iväre. .

streitiing der Kosten der Expedition erhofft werden könne, eine Er­wartung, die vorläufig kaum so bald in Erfüllung gehen dürfte.

s Ibsen itt Barcelorra f Man schreibt uns aus Barce» l o n a unterm 27. November:Im Theater Calvo Bico ging gefieru Abend das Jbsen'sche Stück N o r a . in katalanischer Ueber- setzung, mit ungeheurem Erfolg über die Bühne. Seit einiger Zeit ' werden hier besonders ausländisch e Bühnenstücke aufgeführt. Dies beruht auf dem Umstande, daß die Madrider Theaterdirektionen den spanischen Autoren die Bedingung auferlegt haben, die Aiis- sührung ihrer Bichneustücke ausschließlich auf Bühuen der Reichs- Hauptstadt zu gestatten."

= (Die Ehelichkeit itt Milwaukee, j Eine belustigende Probe amerikanischer Zeitungs-Ehrlichkeit finden wir in der soeben hier euigetroffenen Nummer des Milwaukee-Herold vom 12. November. Aus Seite 16 veröffentlicht dieses Blatt eine Newyorker Correjpondenz. die sich voller Entrüstung über den in Amerika gewerbsmäßig betriebenengeistigen Diebstahl" ausläßt, und auf Seite 12 druckt es ein aus derFranks. Ztg." gemaustes Feuilleton, (nicht der erste Fall dieser Artl ohne jede Quellenangabe ab.Halt auf, halt auf!" rufen bekanntlich die Langfinger, wenn sie ans der Straße erwischt und verfolgt werden.

= sAkadcmischc Nachrichten.; Der Indologe Prof. L. v. S ch r o d e r in Dorpat ist an die W i e n e r Universität berufen worden. Der Geograph Dr. S i m o n y, früher Professor an der Wiener Universität, feierte gestern seinen 80. Geburtstag. Aus Bern theilt mau uns mit, daß der Professor der Hygiene, Bogt, «eine Pensionirung beantragt hat. Aus Jena schreibt man nn«: Der Senter unserer Universität, der Orientalist Professor Stickel, übt auch in diesem Semester seine Lehrthätigkeit in vollem Umfange und voller Geistesfrische aus. Stickel ist 88 Jahre alt.

--- (Frankfurter Stadttheater.j Im Schauspiel- hau«e wird morgen Samstag statt der angeküudigtcn Novität Sudermann'sEhre" gegeben. Die erste Aufführung des Schau­spielsAus Triberg und Rodel" findet übermorgen Sonntag statt.

(Kleine Mittheilungen. j In Mannheim gab die dortige Liedertafel unter Leitung des Herrn Bieliug am Samstag mit gutem Erfolg ihr erstes diesjähriges Concert. Die Solisten , Gesaugslehrerin Frl. Emma Kahn, der Geiger Herr K r a s f e l t aus Baden - Baden uud bet Präsident des Benins Herr H. K ü 11 m e r fanden lebhaften Beifall. Aus Braun­schweig schreibt man uns: Hier wird die Errichtung eines neuen Theaters beabsichtigt. Die von Berliner Architekten im deut­schen Renaissancestil entworfenen Pläne liegen bereits zur Geneh­migung vor. In B a y r e u t h ist der Baumeister Wölfel, Erbauer de» Rich ar V-Wagner - Th eaters. der Billa Wahn- fried imb aller im Laufe der letzten 20 Jahre aufgeführleu Monu­mentalbauten , gestorben. Der 8. Internationale Congreß für Hygiene und Demographie wird vom 1. bis 9. Sept, k- I. 'N Budapest stattfinden. Die belgische Gesellschaft zur För- dernng der Kunst wird im Jahre 1894 in A n t w e r p e n inner- tzlilb der geplanten Weltausstellung auch eine internationale ff nn jfr ausstelluug veranstalten.

ausgenommen und verpflegt worden. Dafür stud'irte die Rousseil mit ihr die Rollen ein, die sie zu spielen hatte. Plötzlich stellte die Rousieil den Verkehr ein, w il sie die Küche der Tessaudier nicht vertragen könne. Sie sei, so schrieb sie, nicht au« dem Laude des Knoblauchs und der Zwiebeln und könne keine rohen Schaffüße mit eilig und rohen Zwiebeln genießen. Diesem Briefe folgte bald ein anderer, worin die Rousseil die Summe von 600 Fr. für 30 fünf­stündige Lektionen in Französisch, römischer Geschichte und Tra­gödie verlaiigle. Da der Brief unerwidert blieb, schrieb sie die Rechnung ans offene Postkarlen und schickte diese nn alle Bühnen an denen die Teffandier je engagirt war. Das war nun dieser zu arg Fräulein Teffandier hatte zwar in früheren Jahren einen leichten Accent ihrer Heimath, hat ihn aber schon lange verloren, sonst wäre sie nicht an der Comtdie Francaise in ersten Rollen be- schastugt worden. Es war also wahrhaft beleidigend, ihr Geld für Unterricht im Französischen abzufordern. Sie nahm daher nun ebenfalls eine Postkarte zur Hand und schrieb darauf die geflügelten Worte:Sie s in d eine Närrin und eine Elende. L ie waren sehr glücklich, meine allen Lumpen, meine Hemden und meinen Tisch zu finden, als Sie vor Hunger umkam en." Diese Korte ist nun das Corpus delicti, um deffentwillen Frl. Rousseil ihre Klage anstrengte und baare 100,000 Frs. Schadenersatz for­derte. Die Gerichtsverhandlung war natürlich sehr dramatisch. Fräulein Teffandier wies darauf hin, daß sie dem stets hilfsbereiten Herrn von Rothschild 200 Frs. für die abgebrannte Schwester in Melpomeiie abgebettelt habe, und Fräulein Rousseil brauchte den energischen Ausdruck punaisier Wanzennest), um das südländisch unreinliche Interieur ihrerWohlthäterin zu bezeichiien, in dem sie es nicht habe aushalten können. Das Gericht hat schließlich Fräulein Rousseil Recht gegeben, ihr aber von den 100,000 Frs. 99,975 ab- ®f^?®r2-ui'b ebenfalls 25 Frs. als Kosten tu Anspruch genommen.

b [euu Expedition nach dem Südpol.) Mau schreibt uns aus L o n d o n, 28. November: Dr. John Murray einer der Theilnehmer an der bekanntenChallenger-Expedition", brachte gestern vor der Geographischen Gesellschaft wiederum den Plan der Eriorichung des Südpolargebietes zur Sprache. Nachdem er darauf hingewiesen, welch bedeutende Vortheile für die Meteorologie, Geologie n. s. w. aus einer genaueren Erforschung vieles 250,000 Quadratmeilen umfassenden, völlig unbekanuteii Ge­bietes erwachsen mußten, und daß dieser Zweck besser durch syste- mattiche Beobachtungen von zugänglicheieu Stellen, als durch eine auf das Vordringen in möglichst hohe Breitengrade trachtende Ex- pedltion sich erreichen ließen, empfahl Dr. Murray die Ausrüstung Meier Lchiffe, welche 2M Jahre lang an den Küsten des Südpol- Eisgurtels Tiefsee-Forschungen anstelleu und außerdem, etwa in G r a h a m 's und V i k i o r i a-L a n d. südlich vom Kap Horn, zwei kleine Expeditionen zur Ueberwinterung landen sollten. Stach- dem alle Versuche, die Mittel für eine antarktische Expedition zu- sammenzubringen, gescheitert und selbst in solchen Ländern, die Wie Australien daran ein besonderes Interesse nehmen sollten, glaubt -Ar. Murray, daß allein von der britischen Admiralität die Be-

Politische Uebersicht.

D Die Antisemiten im Reichstage haben ihrenschleunigen" Wittag, de«« Herrn Reichskanzer zu ersuchen, daß er die Entlassung des Abg. Ahlwardt ans der Straf- für die Dauer der Session veranlasse, schleunig wieder 'Ackückgezogen; vermuthlich hat ihnen einer ihrer konserva-

Freunde klar zu machen gewußt, daß sie mit dieser Mjxrung eine Dummheit begangen hatten. Unbegreiflich Mbt nur, daß zu dem Anträge auch zwei sozialdemokratische Abgeordnete ihre Unterschrift hergegeben haben; namentlich Hm, eine«« davon, Herrn Frohme, muß man doch eine bessere Mnntniß der Verfassung und der parlamentarischen Ge- Wchte zutrauen, als sie das an den Reichskanzler gerichtete Milchen verräth. Auf den Strafvollzug erstreckt sich Mer die Immunität der Reichstagsabgeordneten nicht, De das jüngst erst wieder aus Anlaß des Falles Bueb au Wer Stelle ansgeführt wurde. Herr Bueb ist ans ein Gesuch, das er an die Staatsanwaltschaft gerichtet hatte, für D Dauer der Session beurlaubt worden, wie andere Straf- Mmgrne wegen dringend zu erledigender Geschäfte,* wegen Hcheutsamer Familienereignifie beurlaubt «verden. Der

Frankreich.

o Parts, 30. Nov.Gest Spuller, qui marche,* Höste man sich gestern sagen. Zuerst ging das auch ganz glatt und vortrefflich. Gestern gegen Abend begann der Marsch nach dem neuen Ministerium sich zu verlangsamen. Zur Stunde stockt er ganz. Es geht wieder einmal allerlei hinter den Coulissen vor, rmd ich höre darüber Folgende?: Nachdem Spuller gestern mit der Kabinetsbildung betraut worden wgr, .srgt_ex^Mrt.Ml den beiden PolitÄrn, welche die Angelpunkte feiner Kombination bilden sollten, mit B u r d rau und Raynal zu einer Be­rathung zusammen. Die Berathung fand in Burdeau's Woh- nung statt und erstreckte sich auf die Hauptfrage: die Vertheiluna der Portefeuilles. Spuller erklärte, er denke daran, selbst die Konseilpräsidentschaft und das Ministerium des Ausioärtigen zu übernehmen. Raynal erhob dagegen Einwand, natürlich mit oUen gebotenen Rücksichten in der Form. Er verwies im Wescnt- ttchcn darauf, daß Spuller lange Zeit als Freund Englands und als Gegner. Rußlands gegolten habe; er, Raynal, sei zwar Über­zeugt, daß insbesondere in letzterer Beziehung Hem« Spuller Un- recht geschehe; aber, ob mit Recht oder Unrecht, man müsse jeden­falls den im Publikum verbreiteten Meinungen Rechnung tragen; imb die Beziehungen mit Rußland seien zu wichtig, als daß man sie der Gefahr aussetzen könne, selbst durch ein bloßes Gerücht eine wenn auch noch so leichte Störung zu erfahren. Spuller erkannte diesen Einwand als berechtigt an, um so mehr als er wußte, daß es auch der Mehrzahl der Deputirten nicht erwünscht sein würbe, ihn die auswärtigen Angelegenheiten übernehmen zu sehen. Es warf sich also nun bie Frage auf, wem man das Portefeuille de? Auswärtigen übergeben könne. Burdeau hatte nur diesen Moment abgewartet, mn C o n st a n s zu nennen. Spuller schien dieser Wahl nicht abgeneigt zu sein. Wohl aber machte Raynal gellend, daß der Eintritt des Herrn Con- stans in das neue Kabiuet für dieses ebenso sehr eine

alles glaubt, was er sagt. Freundliche H aüen Seiten des Hauses begleitete ihn während sei

Wäscheuräbel" von Victor Tilgner, welches Bankier Mayer um 390 fl. erwarb. Tilguer's vielbegehrtesStubenmädchen", welches brillant gemacht und von dem Gegenstände entsprechendem Geiste beseelt ist, zeigt die dralle Schöne, wie sic sich in einer, mit gutem Bedacht an den bons endroits mangelhaften Toilette über beii herabgleitenden Schuh bückt. ES ist die Nachbildung des Sierra- cotta-OriginalS, welches Tilgner dem hofräthlicheii Dichter oder dichtenden Hofiathe Ludwig D o c z i einst zum HochzeitSgefcheuke gemacht hat. Man erzählt, unverbürgt, daß es ein Danaergeschenk gewesen, und daS erdgebrannte Stubenmädchen durch den ungeschickt geführten Besenstiel des lebendigen Stubenmädchens des Hv'ratheS in Trümmer ging. Die Auktion wird int Künstlerhaufe heute und d e solgenden Tage fortgesetzt. Wenn Sie die Nacht durchfahren, können Sie noch rechtzeitig eintreffen, um Ihre Weihnachtsgeschenke auszuwählen. Versäumen Sie die Gelegenheit nicht; es sind noch 400 Nummern auSzurufen, darunter einige pieces de resistance, zu deutschStücke, die dem Beschauer widerstehen.' Es haben ja nicht allein wohlthätige Künstler, sondern auch malende Wohlthäter die Ausstellung beschickt und beschenkt."

m sDer Skisport auf dem Schwär,walv.f Von der Badenerhöheschttibt man uns -Allen Schwarzwald-Freimden sei die am 26. Nov. erfolgte Gründung desSkiklnbBadenerhöhe" ge­meldet. Ter Ski (sprich Schiel»), zu deutsch Schneeschuh, hat wäh­rend der letzten Winter immer mehr Anhänger gefnnden. Wer sich im Schneeschuhfahren geübt, ist begeistert davon, und wer auf Schneeschuhen Wege befahren, die uni d efe Zeit des Menschen Fuß ohne dieses Hilfsinitlel nicht betreten könnte, preist angesichts der prachtvollen Schneelandschaften die Herrlichkeit der Natur Das Fahren mit Ski erfordert nur wenig Uebung : schon nach wenigen Stunden ist es dem Anfänger mögtich, in Gesellschaft geübterer Läufer eine «lerne Tour mitzumachen. Das Gebiet der Badenerhöhe bis zur HorinSgrinde eignet sich der hohen und lange liegenden Schneemaffen wegen besonders zur Ausübung dieses schönen und gesnndheiiSkrästigenden Sports um so mehr, als den ermüdeten Läufer die bekannten Hotels zur ersehnten Einkehr einladen. Jedes derselben nimmt Anmeldungen zu dem Skiklub entgegen und er­theilt bereitwilligst Auskunft. Die zahlreichen Anmeldungen verspre­chen dem neuen Verein gutes Gedeihen.

= IZwei Tragödinnen.) Man schreibt uns ans Paris 29. Nov.: Wie liebten sie sich einst, die beiden Tragödinnen Rousseil und Teffandier, die gestern eine Beschimpf­ungsklage der älteren der beiden durchaus nicht mehr jungen Damen vor dem Richter zusammensührte! Die Teffandier empfing etnst dte Rousseil in ihrer Loge mit den Worten:Sie find die erste Tragödin unserer Zeit.' Und die Rousseil, die nebenbei ein wenig Blaustrumpf ist, bebicirte eine Sammlung von Poesien der Teffandier,dieser Künstlerin von großem Herzen und großem Talent." Was hat sie nun auseinander gebracht? Gerade ihre allzugroße Freundschaft und bann der klimatische Unterschied, die Rousseil ist uämlich Pariserin, die Tessaudier von Bordeaux. Don allen Mitteln entblößt. War Frl. Rousseil im letzten Sommer von

Teutsches Keich.

E Berlin, 30. Nov. Es ist schwer verständlich, weshalb em Herr, der des unangenehmsten Eindruckes ohne jede Anstreng­ung sicher ist, noch so furchtbar schreit, wie der antisemitische A b a. Z i m m e r m a n n heute in seiner Etatsrede für nöthig gehalten hat. Eine solche physiologisch allerdings bemerkens- werthe Stimmentfalffmg kann höchstens in antisemitischen Volks­versammlungen Eindruck machen; im Reichstag wirft sie verletzend und geradezu brutal und fordert schließlich den Spott heraus, der sich in Zwischenrufen:Lauter!" kundgab. Was der antisemitifche Herr unter dein Vorwande einer Etatsrede gesagt hat, ist in der Hauptsache gleichgiltig. Das kennt man s«t Jahren aus all' den Reden, in denen sich die Antisemiten als die wahren Volksfteunde und Beschützer des Mittelstandes anffpielen. Soweit es namentlich in Bekämpfung der Steuer- projekte berechtigt war, haben es andere Redner ivirkjamer in den letzten drei Tagen gesagt, denn schließlich war der größte Theil dieser Zimmermännischen Kraftleistung nur eine oberflächliche, «n agitatorische Form gebrachte Wiederholung der von anderer Sette sachlich geübten Kritik. Der Ton aber war es, der die Musik machte; und da muß gesagt werden, daß noch nie ein Redner irgend einer Partei die Vertreter der Regierung, speziell den Reichskanzler, für alles Mögliche, für das er verantworlich und nicht verantwortlich ist, in so brüsker Form angefchrien hat Diese künstliche Heftigkeit hat einen besonderen Grund. Die Antisemiten haben für dieMiliärvorlage gestimmt, wie wir gleich damals sagten, weil sie die nochmalige Auflösung scheuten; sie haben die bekannten Erklärungen des Reichskanzlers über die zukünftigen Steuern als Brücke für ihr Votum benutzt, obivohl, wie wir auch damals sagten, diese sehr vorsichtig formulirten Er­klärungen durchaus keine Garantie gegen die Belastung großer Bolkskreife durch neue Steuern^nthielten. Jetzt, wo angesichts der neuen Steuerprojekte den Antisemiten ihr Votmn unbequem wird, suchen sie sich als die Getäuschten und den Reichskanzler alswortbrüchig", die Milttärvorlage alserschlichen" hinzu­stellen. Diese Borwürfe schleuderte Zimmermann dem Grafen Capriyt mit umso größerer Heftigkit iu's Gesicht, als diesek chven wegen der korrekten Haltung, die er der anffsemitifchen Demagogie gegenüber beobachtet, noch besonders verhaßt ist Man wird beim Lesen des Parlamentsberichtes nicht den richffgm Eindruck von der heutigen Sitzung erhalten, deren Charaftcr durch den radaulustigen Ton bestimmt wurde. Das war ein Vorgeschmack dessen, was im neuen Reichstage wohl noch öfter zu erwarten ist, unb es ist bezeichnend, daß außer durch den Ordnungsruf des Präsidenten gegen diese Tonart nicht direkt, sondern nur durch Schweigen protestirt wurde. Es wurde früher, als die Reichsregierung noch auf bie Unterstützung bestimmter Parteien, namentlich ber Rechten, zählen konnte, an energischen Zurück­weisungen nicht gefehlt haben. Die Bilbung einer Freien Ver­einigung für anständige politische Sitten scheint in ber Zeit der heftigsten Jnterefieukämpfe im Reichstage schwieriger zu sein, als die Bildung anderer Vereinigungen. Der alte Liebknecht ist kein sanfter Mann und von allen Sozialdemokraten macht er den verbittertsten Eindruck, der auch in der Form seiner Rede erkenn­bar ist. Trotzdem aber verleugnet er auch bei den radikalstenTheorien die er vorträgt, und bet den schärfsten Angriffen auf politischeGegner unb bie Regierung niemals beit Mann von guter Erziehung, weil man auch dort, wo man seinen Ansichten nicht beistimmen kann boch immer erkennt, daß er ehrlicher Ueberzeugung Ausdruck gibt' Acau kamt sehr radikal und aufs Äeußerste oppositionell sprechen, und braucht nicht brutal unb ungezogen zu werbet«. Es war eine gründliche Vorlesung, bie Herr Liebknecht den Antisemiten

gesprochen haben, unb obwohl wir eigentlich von berStraßburger Post' verlangen könnten, baß sie uns so viel Ehrlichkeit unb An­stand zutraut, um uns nicht zu unterstellen, baß wir ohne thatsäch­liche Unterlage Vorwürfe bet in Rede stehenden Art erheben könn­ten, wollen wir gleichwohl ihrer Aufforderung, Namen zu neunen, aus Gründen, die baS Straßburger Blatt nichts augeben, nach­kommen. DieVoss. Zt g." schrieb am 28. Nov.:Man nimmt an. baß ber Absender beS Kästchens unter ben französischen Chau­vinisten zu suchen fei' b. h. dieVoss. Ztg.' nahm das an, ohne für diese Annahme einen stichhalti gen Grund zu haben. DerRhei­nisch e K u r i e r' schrieb am 28. November auf Grund der ersten Nachricht:

Die Franzosen nehmen mehr und mehr russische Sitten an. Wie die guten Freunde von der Neva in Bulgarien den Fürsten und seinen ersten Minister-beharrlich mit Mordversucheit verfolgten, so findet jetzt auch bei ben Franzos en die Sprengbombe Anklang ...Mandarfbegierigsein, welchenEiser diefranzösischeRegier ii ngent Wicke In wird, den gutenPatrioteii", derbaSMorbwerkzeugabge- sandthat, ruermlttelu.mnbfürdenFall.daßes ihr nicht gelingt, ihn entwischen zu las sen, waS fit mit iljmanfangen wirb.

In späteren Pariser unb Berliner Korrespondenzen desRhein. Kur." .wurde.-allerdings abgrwiegelt, baS thut ber Gefährlichkeit und Verwerflichkeit solcher wahnwitzigen Hetzereien fehlen Abbruch. DerHann. Kur." schrieb noch am Tag« nach bau Attentat: Die Entrüstung, mit der in Deutschland bie Kunde von diesen neuen Bethätigungen fanatischen Hasses ausgenommen wirb, wird hoffentlich auch in den besseren Kreisen Frankreichs getheilt; aber bei ben eigenartigen Verhältnisse in unserem westlichen Nachbar- reiche ist eS nicht wahrscheinlich, daß man die Urheber dieser ver­brecherischen Pläne dingfest machen wird." Eine Begründnnz dieses schweren, gegen die französische Regierung und ihre Unterbe­hörden gerichteten VorwursS hat derHann. Kur." nicht versucht. DieMagdeb. Ztg.' sprach von demruchlosen Anschläge, den ein Franzose gegen den Grafen Caprivi gerichtet hat" und von dem wahnwitzigen Mordplane deS Ausländers", und wie für sie, so stand eS für eine ganze Reihe von Stillern gleich nach Eintreffen der ersten Nachricht fest, daß der Attentäter nur einFranzose", einNevanche-Fanatiker" sein könne. Wir betitelt, das Angeführte wird genügen, um derStraßb. Post' den Beweis zu liefern, daß für die besonnene Presse sehr ernster Anlaß gegeben war, vor allzu voreiligem Urtheil über die Attentate zu warnen und den Aus- brüchen deS deutschen Chauvinismus von vornherein entgegen* zutreten. DieStraßburger Post' Wirb ja wohl die that-

wird, zeigt, daß es im Wesentlichen das Ministerium ist, das Herr Spuller vorbereitet hat; Herr Spuller selbst figurirt darin als Unterrichts- uud Kultusministers- - Casimir Perier würde zum Präsidium das Aeußrre übernehmen, das Jrinere würde Raynal, die Finanzen Burdeau, die Justiz Dubost, den Handel Jonnart, die öffentlichen Arbeiten Loubet, den Ackerbau Kerjcgu, den Krieg General Mercier und die Ma­rine Admiral Laffon übernehmen; Delcafle würde Unter- staatssekretär der Colonien bleiben. Inzwischen wird von den Blättern, die eine Lösung ungeduldig erwarten, immer heftiger Herr Camot angegriffen, den man beschuldigt, die Krisis herbeigeführt zu haben und sie jetzt zu verzögern, Beides entweder aus Kurzsichtigkeit oder aus persönlichein Interesse. Einen besonders scharfen Artikel bringt heute derFigaro", was um so auffallender ist, da dieses Blatt den Präsidenten der Republik bisher ziemlich rücksichtsvoll behandelt hat. Sicher ist jedenfalls, daß Herr Carnot aus dieser Krisis keineswegs mit vermehrten Ansehen hcrvor- gehen wirb.

Frankfurt, I. December.

Di«Straßburger Post" hält sich darüber auf, daß Wir bie chauvinistischen Hetzereien, iu beuen sich aus Anlaß bet Anschläge auf ben Kaiser unb den Reichskanzler gewisse deutsche Blätter ergingen, nach Gebühr zurückgewiesen haben. So lange wir nicht diejenigen Blätter namhaft machen würden, welche bett traurigen Fall chauvinistisch ausgenütztj unb ihre deßfallsigeti Aeußerungen nicht mitgetheilt haben. Werbe man, meint baS

sächlichen Verhältnisse nicht so gekannt haben, wie wir.

Kleines Feuilleton.

Frankfurt a. M., 1. December.

> fConcert.j Der Schnler'scheMännerchor tieran-

pltete letzten Samstag sein dieswinterliches Concert im großen taale des Saalbauei unter lebhafter Betheiligung d-s Publikums, kie Leistungsfähigkeit bei Chores, die sich unter dem derzeitigen Dirigenten Herrn Georg K r u g gegen früher Wesentlich gesteigert Pt, offenbarte sich bei dieser Gelegenheit in dem Hegar 'scheu »odtenvolk", mehreren Volksliedern und in einem neuen, charakte- Mch erfaßten, von dem Komponisten persönlich geleiteten ,Thür- «rlieb von B. Scholz - besonders befriedigend. Nüancirung, »einheit der Intonation auch bei den schwierigeren Modnlaiionen, NxtauSsprache iindPräzision im Zusammenfingen verdienen warmes

Der Scholz'sche Chor mußte auf Verlangen wiederholt «verden. -ehr beifälliger Auszeichnung erfreuten sich auch die hier bereits »tttjeiUjaft bekannten Solisten, Frau Dr. Maria W i l h e l m y »s Wiesbaden (Sopran) und Herr Alfred H e ß (Violine). Die -schätzte Sängerin bot eine bisher unbekannt gebliebene Concert- f von Mozart,Eisern dove son* und Gesänge von Brahms, -chvlz. R. Strauß nnd Viardot-Garcia ; Herr Heß spendete Kompo- «lonen von Bruch, WieniawSky und Sarasate. Beide Künstler ihen sich zu Dacapo-Spenden veranlaßt.

-- sWicner Kunst und «eseUschaft.s Aus Wien, 29, ">V., wird uns geschrieben: Ma» hat gestern im Künstler- lu f t dii-W ohlkhätigkeitS-AuS stelln ng geschlossen mit der Versteigerung der Bilder lind Plastiken begonnen. Die Mtekioriniien und Comite-Amazonen hatte» sich vollzählig einge- , en, um zu sehen, bis zu welcher Höhe ihre zehn Tage hindurch reichlich aufgewandte Liebenswürdigkeit die Kaufpreise steigern mrde. Aber wie voraussichtlich war der doppelte und dreifache s-'Uidenträgerkreis, der die Damen sonst so vielversprechend nm- Mte, nach allen politischen Richtungen hin zerstoben. Die eifrigen °°HIihäterinnen bildeten nun selbst einen Ring um die kleine ^aar von Wenig- oder Meistbienden. Um sie herum stand das Mgierige kauf-platonische Publikum und im Hintergründe assistir- « titele der Künstler, die eben vorne in ihren Werken unter den mnnter kamen. Manchen von ihnen wurde derart schon bei Leb­ten Gelegenheit geboten, sich im Grabe hermnzubrehen bei ber Satzung ihrer Leistungen. Bekannte WienerKunstfreinide", die Wegute billige Gelegenheitskänfe machen; Solche, die, um »tur zu gelten, kein Opfer scheuen und Schlechter theuer erstehen : tiien_ »on gutem Metallllauge, die aber mit den Adels- und üatsstützen, auf welche die Veranstalterinnen gerechnet hatten, r in zeitwettiger Verbindung durch das Finanzministerium fsen, Waren nebst BerufShändleru bie einzigen Erwerbenden, w höchsten Preise am ersten Tage erzielten ein BeneS ibfer, Tritonen und Nereiden. Der Künstler scheint aus dieser «wen Gesellschaft nicht herauSzukommeu, für welche die Groß- nna K r u p p in Berndorf 920 fl. nicht zu viel sand; dann eine

WIrankftlrlerIettllnM

bei d. Exped, sowie | -------

San Siegle,SOLimeSt; , . , . ___ - - - Verlag u. Druck d. Frank-

(Frtokfarter ^delwertnng.) Uttb (Heue Frankfurter Zeitung.)

f Gr. Eschenheimerstr. 37.

Ahlwardt hätte ein gleiches Gesuch stellen können, Ge- -«chcung oder Versagung war Sache der Staatsanwaltschaft, M Reichstag ging die Sache nichts an, da er kein Recht Wjf Forderung der Aussetzung oderNnterbrechung einer über Bjtfat Mitglieder verhängten rechtskräftigen Freiheitsstrafe Dltmd mache«' kann. Der sozialistische Abgeordnete Metzger g^tte bei der Hamburger Behörde» von der er zum Antritt I Straßburger Organ, bie von berFranks. Ztg." gegenbie deutsche Wstr mehrmonatigen Haft aufgefordert lvar, ein solches Ge- ) Presse" erhobenen Vorwürfe zurückweisen müssen. Obwohl die Be­stich kiiigeretcht; daß er damit keinen Erfolg gehabt hat und - - -

Am Reichstag mit der Gefängnißzelle vertauschen mußte, wird Mm gewiß bedauern, bemängeln läßt sich die Sache aber MM Standpunkt des Gesetzes nicht. Helfen läßt sich hier Mr durch eine Aenderung der Verfassung und jetzt haben Wch die Antiseinittn das erkannt und der Axt den richtigen Miel gegeben, indem sie einen Zusatz zu Art. 31 der Ver- Hssung beantragen, wonach die Vollstreckung von Freiheits- rafen gegen Reichstagsabgeordnete durch den Beginn der Won ohne Aufschub unterbrochen werden soll. Gegen iese Forderung wird wohl kein liberaler Manir etwas ein-