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(Vruktetor Haadalrnttug,) und Handelsblatt. taterSoJtato.D™Ä
Frankfurt, i. März.
Im vorgestrigm Mmdblatt besprachen wir das große Werk Blochs über dm Krieg und fonben, daß seine Darstellung bet modernen Kriegsmittel gut, seine Behandlung derAbrüstungs-undSchiedsgerichtsfrage aber viel zu optnnistisch ist. Wie liegen die Verhältnisse thatsächlich? In unserem Neujahrs-Artikel wiesen wir darauf hin, daß ein imperialistischer Zug, d. h. ein Zug nach Er- weüerung der Landesgrmzm, beziehungsweise nach Erwerbung neuer überseeischer Gebiete durch die Welt gcht. Wir betonten damals auch, daß es gar nicht darauf ankommt, ob man diese Entwicklung für erfreulich hält oder nicht. Genug, der imperialistische Zug ist da, und man muß ihn bei politischen Erwägungen in Rechnung stellen. Es geht auch nicht an, diese Sache lediglich unter dmtschem Gesichtspunkte zu betrachten. Nehmen wir an, die überwiegmde Mehrheit des deutschen Volkes wollte von der sogenannten „Weltpolitik" nichts wissen. Nehmen wir an, es würde sagen: Wir sind vollkommm zufrieden mit dem, was wir erreicht haben, wir bedangen nicht mehr, nicht eine einzige Quadratmeile mehr, wir wöllm nichts als Ruhe; also brauchen wir keine Armee und Flotte, schaffen wir sie ab! Glaubt man wirklich, daß Deutschland dies thun könnte, auch wmn es sich ganz saturirt fühlm würde? Wie ein Mann, der nicht in einem Walde lebt, in seinem Verhalten auf seine Umgebung Rücksicht nehmen muß, so kann auch Dmtschland und jedes andere Land nicht so handeln, als ob es auf der Welt allein wäre. Also angenommen, Deutschland sei bereit, mit dem Ende dieses Jahrhunderts feine politische Geschichte abzufchließen — würden Rußland, England, Frankreich u. s. w. ein Weiches thun? Sie denken nicht daran. Naive Gemüther mögen glauben, daß Rußland mit fernem Friedensmanifest die Aera des ewigen Friedens eingeleitet habe. Andere glauben es nicht, und Bismarck hat noch in seinem Memoirenwerk die künstigePolitik Rußlands dahin gekennzeichnet, daß Rußland, wenn es mit seinem Pulver rc. „fertig" ist, los- gefcen werde. Vor einiger Zeit ist das Wort gefallen, daß eine neue Theilung der Welt bevorstehe. Tas ist wohl über- trieben, aber daß die Landkarte der Erde, z. B. in Ost- ofien rc., beträchtliche Veränderungen erfahren wird, dürfte nicht bezweifelt werden. Und just in diesem Augenblicke, glaubt man, würden die Mächte ihre Rüstung ablegen sönnen ?
Aber schon die gegenwärtige Landkarte zeigt uns, daß einer Abrüstung gewichtigepolitische Hindernisseentgegenstehen. Fast |ebe 'Ration hat entweder eine Provinz verloren, die sie wieder zu gewinnen hofft, ober Provinzen gewonnen, die sie zu verlieren fürchtm muß. Da ist vor Allem Elsaß-Lothringen. Wohl haben in letzter Zeit die Franzosen einen freundlicheren Ton Deutschland gegenüber angeschlagen, aber wer gibt sich einer Täuschung darüber hin, daß diese plötzliche Freundschaft von der Feindschaft Frankreichs gegen England geboren wurde? Noch ist es nicht langeher, daß die französische Presse anläßlich einer Aeußerung Goblets in der Kammer erklärte, nicht einmal ein Plebiscit in Elsaß-Lothringen, das zu Gunsten Dmtschland- ausfallen würde, könnte die Frau- zosm veranlaffm, dauernd auf diese Provinzen zu verzichten. Rußland hat seine baltischm Pw nnzen und Fmland, die sich die liebevolle Russificinmg kaum gefallen liefern, wenn nicht die russische Macht dahinter stünde — von Polen ganz abgesehen. England hat fein Indien, an das Rufeland über Afghanistan bedrohlich heranrückt, ferner Egypten, den Sudan u. f. w. Von den kleinerm „Fragen" gar nicht zu reden, als da sind: Nizza, Savoyen, Trentino, Triest — die von den Irredentisten für Italien verlangt werden; Gibraltar — das von dm Spaniern scheel angesehen wird u. f. w. Zu alledem kommt, dafe die heutige Gruppir- ung der Mächte — Dreibund und Zweibund — nicht mehr so fest gefügt ist, wie früher. Es liegt jedenfalls im Bereich der Möglichkeit, daß die Konstellation sich ändert, und solche Momente sind wenig geeignet, „fein Sach' auf nichts zu setzen".
Aehnliche Bettachtungen findm wir in einem lesens- werthen englischen Buche: ,.Can we’disarm ?“ von Joseph Mc Cabe und Georges Danen.*) Ja, können wir abrüsten? „Wenn man sich" — so heißt es da — „den mmatürlichm und verdrehten Zustand der Santfarte, dm dauernden Gegeu-
*) London, William Heinemann.
satz ganzer Racen, die intensive Rivalität der Großmächte vergegenwärtigt, so ist es ganz unmöglich, den Vorstellungen Derjenigm, welche die Abrüstung befürworten, zu folgen." Was sollte denn die Basis fein, worauf ein Uebereintommen der Mächte über die Abrüstung zu gründen wäre? Das genannte Buch gibt darauf eine Antwort, die wir in freier Heberse^ung hier folgen lassen:
Werden die Staaten sich verpflichten, das heutige gegenseitige Verhältniß ihrer Macht ausrecht zu erhalten? Werden die kontinentalen Staaten bereit sein, England die Uebermacht zur See über Frankreich, Deutschland und Rußland zu garantiren? Wird Frankreich versprechen, niemals einen Versuch zu machen, zu der militärischen Position Deutschlands auszusteigen? Diese Idee ist zu absurd, um erwogen zu werden; aber ist die Alternative weniger absurd? Js cs leichter, sich einzubilden, daß die stärkeren Mächte gerne auf ihre Superiorität verzichten und auf das Niveau der Schwächeren herabsteigen werden? Aber'angenommen, sie wären durch eine geheimnißvolle Macht bewogen, ein gemeinsames, gleiches Niveau herzustellen ! Wir würden dann dem Krieg tausendmal näher sein. Frankreich würde einen Streit mit Deutschland vom Zaune brechen innerhalb dreier Monate nach der Reduktion u. s. w. u. s. w. Die Gleichheit der Kraft ist Alles, worauf Frankreich und manche andere Nation wartet. Tie Frage ist also die: Kann eine Reduktion der Streitkräfte so vorgenommen werden, daß sie alle gleich werden, oder so, daß ihr heutiges gegenseitiges Verhältniß, nur eben in geringerem Maßstabe, bestehen bliebe? Die stärkeren Nationen könnten niemals die erste Alternative annehmen, und wenn sie es thäten, würden sie einen großen „Kladderadatsch" heraufbeschwören; die schwächeren Nationen würden niemals bereit sein, sich auf eine ewige Inferiorität zu binden, und thäten sie es, könnte man ihnen nicht glauben. Die Reduktion der Waffen durch gegenseitiges Uebereinkommen ist ein Traum. Er ist hoffnungsloser, als die Abschaffung des Krieges überhaupt. Mau braucht einen Berge versetzenden Glauben, wenn man meint, die Nationen würden sich in ein gemeinsames Gehäuse setzen und auf alle Bestrebungen verzichten, sich gegenseitig auszustechen. Es handelt sich um dies: Abschaffung des Krieges oder Nichts.
Im Großen und Ganzen wird diese Auffassung wohl die zutteffende fein, das „Nichts" aber am Schluffe trifft, wie wir noch sehen werden, daneben. — Damit wären die wichtigsten politischen Hinderniffe hervorgehoben, die einer Abrüstung entgegenstehen. Cs gibt aber auch ökonomische. Jedermann weiß, daß Heer und Flotte Geld kosten. Dieses Geld wird aber nur zur kleineren Hälfte für die Gehälter der Offiziere und die Löhnung der Mannschaft benöthigt. Die größere Hälfte dient zur Bekleidung und Ernährung der Mannschaft, zur Herstellung der Waffen, Geschütze, Geschoffe, Schiffe u. s. w., dient also direkt zur Beschäftigung von Arbeit. Man mag diese Arbeit als produktiv oder unproduktiv ansehen — Thatsache ist, daß die moderne Kriegsrüstung eine ganze Reihe von Industrien in's Leben gerufen hot und Legionen von Arbeitern beschäftigt. Für Heer und Flotte gibt England jährlich 4# Mill. Pfund aus, Rußlands Militär - Budget beträgt 384 Mill. Rubel, Frankreich zahlt 35 Mill. Pfund, Deutschland etwas toeniger u. s. w. Wir citiren hier nach dem genannten j Buche, ohne für die Zahlen Garantie zu übernehmen; auf ein paar Millionen kommt es ja hier nicht an. Nun stelle man sich vor, welche Deroute im wirthschaftliche» Leben erfolgen müßte, wenn die von jenen Summen genährten Industrien plötzlich keine Aufträge mehr bekämen! Riesige Summen investirten Kapitals wären einfach verloren, und Taufende von Arbeitern toüröen brodlos. Freilich, wenn es möglich wäre, die Rüstungen allmählich herabzusetzen, könnte man vielleicht Kapital und Arbeit mit der Zeit in andere Bahnen lenken. Darauf ist aber leider nach den obigen Ausführungen nicht zu hoffen. Und noch Eines: Bei einer allgemeinen Abrüstung müßten die stehenden Heere natürlich entlassen werden; das hätte z. B. in Deutschland zur Folge, daß circa 500,000 der kräftigsten Leute zu den schon vorhandenen Arbeitslosen hinzukämen. Wer kann dergleichen überhaupt ernsthaft in Erwägung ziehen? Käme es wirklich zu einer allgemeinen Abrüstung, so wären die Arbeiter Diejenigen, die sich am energischsten dagegen auf- lehnen würden.
Man mag die Sache betrachten, wie man will — man kann nicht anders, als den Gedanken der Abrüstung für eine Utopie zu halten. Und die Idee eines ständigen internationalen Schiedsgerichtes theilt dies Schicksal. Woher sollte ein solches, das gewissermaßen über allen politischen Wassern schweben würde, die Macht nehmen, einen Schiedsspruch zu exekutiren, der freiwillig nicht befolgt wird? Wir sehen keine Möglichkeit. Die Verfasser jenes Buches kommen allerdings mit einem Vorschläge. Sie meinen, man sollte das ewige Schiedsamt dem Papste übertragen, der
durch die katholische Hierarchie eine große Macht habe. „Ein einzigerPriester würde50 Beamte und lOPolizisten ersetzen."
man sieht, wie vernünftig die Autoren m dem ersten Theile ihres Werkes urtheilen, so ist man bann angesichts dieses komischen Vorschlages einigermaßen verblüfft. Liegt feine Erklärung darin, daß der eine Autor ein katholischer Irländer und ber andere vielleicht ein Zögling französischer Jesuiten ist?
Etwas könnte heute schon erreicht werden. Wenn die Völker wirklich von Friedenssehnen erfüllt sind, so liegt es in ihrer Hand, ihre Regierungen zu zwingen, daß sie jedesmal, wenn internationale Differenzen auftauchen, nicht gleich zum Schwerte greifen, sondern zunächst einem nach den jeweiligen Verhältniffen zusammengchellten Schiedsgerichte die strittigen Fragen vorlegen. Das ist ja auch schon wiederholt geschehen, z. B. von südamerikanischen Staaten. Gar Manches, so insbesondere Grenzfragen, konnten durchaus von Schiedsgerichten gelöst werden. Aber es ist ein Irrthum zu glauben, daß schon die Existenz eines ständigen Schiedsgerichtes jeden Krieg verhüten könnte. Wenn es sich um Sein oder Nichtsein handelt, spricht doch der Krieg das letzte Wort, und meint man überfallen wird, fragt man nicht erst das Schiedsgericht. Aber, wie gesagt, bei weniger schweren Fällen wird ein Krieg wohl stets zu vermeiden sein, wenn die Völker ihn nicht wollen und die Regierungen rechtzeitig ein passendes ScMsgericht anrufen. Darum muß stets der militärisch- chauvinistische Geist bekämpft werden, und wenn die bevorstehende Friedenskonferenz es fertig bringt, die Regierungen im bargelegtcn Sinne zu verpflichten, so wttd sie das Möglichste geleistet haben.
Tages-Rundschau.
Die Erklärungen de- Staatssekretärs v. Bülow in der Budgetkommission des Reichstags über die Fragen der auswärtigen Politik bieten im Allgemeinen zu Bemerkungen wenig Anlaß, da sie zum wesentlichen Theil nur Erläuterungen schon bekannter Thatsachen geben, die wohl auf allgemeine Zustimmung rechnen können. Neues boten eigentlich nur die Mittheilungen über die deutsch - chinesischen Verhältnisse. Wir erfahren daraus, daß die Verhandlungen über die wüiischens- werthen Verkehrsverbindungen in Schantung, welche die Vorbedingung sind für die wirthschaftliche Entwickelung unseres Schutzgebiets, sich dem Abschluß nähern. Der Bau der Bahnen wird in den Händen eines Syndikats liegen, das eine Aktiengesellschaft nach deutschem Recht mit einem Kapital von über 50 Millionen Mark bilden wird. Der Bewegungsfreiheit dieses Syndikats sollen gewisse Grenzen gezogen werden ; hierbei wird natürlich darauf zu achten sein, daß ihr nicht zu starke Hemmnisse bereitet werden. Die weiter ausgestellte Forderung, das Reich am Gewinne pattizipirm zu lassen, ist gewiß nicht unberechttgt; ein sicheres Urthell ist aber erst möglich, wenn man die näheren Modalitäten dieser Parüzipirung kennen lernt. Auch der Staatssekretär theilt die Ansicht, daß der zukünfttge Werth von Schantung und damit auch unseres Schutzgebiets in der Hauptsache von der Qualität der bärtigen Kohle abhängt. Als vor- sichttger Mann hält er mit einem abschließenden Urtheil über diese Qualität noch zurück, wenn auch die bisherigen Versuche güMg ausgefallen sind; diese Vorsicht ist durchaus am Platz, zumal zuverlässige, sachverständige Untersuchungen der Kohlenlager selbst noch ansstchen. Besondere Beachtung verdienen die Ausführungen über die Zunahme des Fremdenhasses in China, der in neuerer Zeit wieder mehrfach durch Angriffe auf Deutsche zum Ausdruck gekommen ist. Die chinesische Regierung wird darüber sehr eriisteVorstellungen erhalten,und wenn sich die amerikanische Meldung bestätigen sollte, daß die bisher vor Manila befindlichen deutsch en Kriegsschiffe wieder nach China beordert werden sollen,so würbe bas offenbar inZusammeiihang mit diesen Vorstellungen stehen, die wohl den gewünschten Erfolg haben werden. Die sonstigen Mittheilungen über die Vertretung deutscher Interessen bestätigen im Wesentlichen schon bekannt gewordene Thatsachen; der Staatssekretär hat es sich angelegen fein lassen, zu betonen, daß das Auswärtige Amt es an einer thatkräftigen Wahrnehmung unserer Interessen nicht fehlen lasse. Ueber die neuen Vorgänge auf Samoa hat er sich mit der erforderlichen Reserve ausgesprochen. Es ist aber daraus die Bestätigung der Mittheilung zu entnehmen, daß die deutsche Regierung zu einer „reinlichen Scheidung" an Stell» der bisherigen gemeinsamen Oberherrschaft der drei Mächte bereit ist, sobald die beiden anderen Mächte damit einverstanden sind. Es würde sich in diesem Falle also um eine Theilung ber Inseln handeln, wobei Deutschlanb bie Herrschaft über die Hauptinsel Upolu mit der Stadt Apia beanspruchen würde, auf der die deutschen Interessen überwiegen. Bei dem Nichtziistandekommen einer Einig
ung will die deutsche Regierung an der Berliner Akte von 1881] festhalten.
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Die Berathungen der Reichsbankkommisfion, die bisher meri wenig Aenderungen der Vorlage ergaben, sind gestern bis z«! Art. 5 gediehen. Dieser Artikel behandelt bekanntlich die künftige Stellung der Privatnotenbanken und zwar schreibt der Regierimgseutwurf vor, daß diese Institute nicht unter den Diskontsatz der Reichsbank heruntergehen dürfen. Handeln sie hiergegen, so verlieren sie die Besugniß zur Noten» ausgabe; Vorstände, Angestellte oder Agenten werben außerbem noch mit Geldstrafen bi? zu 5000 Mark belegt. Dieser Artikel ist ber umstrittenste bet ganzen Bankvorlage, weil weite Kreise an der Fortexistenz der Privatnotenbanken interesfirt sind, berät Thätigkeit als wirthschaftlich wohlthätig empfinden und barm einen gewissen Ausgleich für die natürlichen Unterschiüw beB Zinssatzes in den einzelnen Reichscheflen erblicken, die von ber Reichsbank bei der Feststellung ihres einheitlichen Diskontsatzes nicht berücksichtigt werden sönnen. Die absolute Bindung dieser Institute an dm Diskontsatz der Reichsbank macht für die meisten von ihnen die Besugniß zur Notenausgabe illusorisch, da sie alsdann nicht mehr in der Lage wären, mit den Privatdiskow» teuren zu konkurtiren. Andererseits wird freilich allgemein anerkannt, daß das Recht der Notenausgabe auch eine Verpflichtung enthält, die Diskontpolitik be§ Reiches nicht zu durchkreuzen und dm durch sie bezweckte» Schutz unserer Goldwährung nicht zu bereitete. Beides läßt sich aber bis zu einem gewissen Grade miteinander bereinigen ; man kann die Beweglichkeit der Privatnotmbankm innerhalb einer bestimmten Grenze aufrecht erhalten, und sie zugleich für die Seiten, in denen die Gefahr eines Goldabfluffes eintritt, ae dm Satz der Reichsbank binden. Das bezweckte ein früher e» wähnter Antrag Müller-Fulda, von dem die „Nordd. Mhg. Zig." behauptete, „er genüge nicht dem Bedürfniß, eine einheitliche Diskontopolitik zu sichern". Gestern hat nun em grat» tionsgenosie des Abg. Müller-Fulda, der Frhr. von Herüing, in der Kommission einen modifizirtm Antrag gestellt, ben der Reichsbank-Präsident sofort als acceptabel bezeichnete. Danach sollen die Prwatnotmbankm befugt fein, um i/s Prozent unter dem Satz der Reichsbank zu diskonttten — sowohl unter dem offiziellen, wie unter dem privaten Satz — wenn dieser Sech nicht 4 Prozent erreicht oder überschreitet. Dieser Antrag soll in anderer Form dasselbe erreichen, wie der frühere Antrag Müller-Fulda, er steckt jedoch die Grmze weit enger uttb ist deshalb für die Privatnotenbanken viel weniger acceptabel, als für die Reichsbank. Unter dm heutigen Verhältnissen ist der Satz von 4 pCt. gewissermaßen der normale und so lange diese anbauern, bietet sich ben Privatinstituten demnach wenig Aussicht auf eine Abweichung von dem offiziellen Satz. Es ist wohl anzunehmen, daß der Satz im Laufe des Jahres auf diesem Punkt anlangt, cs ist aber viel weniger wahrscheinlich, daß er unter 4 pCt. heruntergleitet. Die Annahme des Antrages Hertlmg, so wie er vorliegt, würde also in einer minder strengen Form wiederum die Bindung der Privatnotmbankm an oen Reichsbanksatz aussprechen. Bei 4 pCt. ist auch die Gefahr eines Goldabfluffes noch nicht vorhanden, er tritt erst bei einer 4 pCt. übersteigenden Rate ein und es erscheint demgemäß un- gerechtfertigt, die Privatnotenbanken schon bei 4 pCt. zu binden. Dagegen tarnt man mit dem Antrag einverstanden fein. Wenn diese Umstände in Berücksichtigung gezogen werben. ES muß deshalb die Streichung der beiden Worte „erreicht ober" verlangt werden, so daß die Privatnotmbankm an dm Satz ber Reichsbank gebunden werden „sobald dieser Satz 4 pCt. überschreitet." Erfolgt diese Amderung, so entfette her Antrag eine Verbesserung der Vorlage, mit der sich bie Reichsbank ebenso wie bie Privatnotenbanken abfinden könnten.
/ * Deutsches Reich.
Bf Berlin, 28. Fcbr. Aus dem Gesch äs tsb ericht das Reichsverficherungsamt für das Jahr 1898 acht hervor, daß in diesem Jahre insgesammt 113 Berufsgenoffenschaftm mit 5,097,547 Betrieben und 17,231,689 versicherten Personen bestanden, darunter 65 gewerbliche mit 455,417 Betrieben und 6,042,618 Versicherten und 48 land- und forstwirthschaftliche mit 4,642,130 Betrieben und 11,189,071 Versicherte». Dazu kommen noch 146 Reichs- und Staats-Ausführungsbehörden für Reichsund Staatsbettiebe und 263 Provinzial- und Kommunal-Ausfüh- rungsbehörden nut zusammen 715,758 versicherten Personen. Es waren demnach beinahe 18 MUionm Personen gegen Unfall versichert ; doch dürften in der Gesammtzahl, welche auch alle versicherten landwirthschaftlichen Unternehmer sowie die im landwirth- schaftlichen Nebenberuf beschäftigten Personen umfaßt, etwa Irs Millionen solcher Personen doppelt, gleichzeitig in gewerblichen und landwirthschaftlichm Betrieben versichert, erscheinen. Nach einer vorläufigen Ermittelung betrug tut Jahre 1898 die Zahl aller bei den Berufsgenossenschaften und sonstigen Ausführnngs- behörden zur Anmeldung gelangten Unfälle 406,958 und die der erstmalig entschädigten Unfälle 97,432. Die in demselbm Jahr» verausgabten Entschädigungen, Renten re. betrugen JL 71,102,687
AmMelo«.
Italienische Chronik.
1 Rom, 26. Februar.
(Zacconi. — Eine zweite Düse. — Adelina Patti. — Don Perofi. — Die Ciociariuuen.)
Die F r e m d e n, die Heuer in Rom find, und es find ihrer nicht wenige, können sich über Mangel an Unterhaltung nicht beklagen. Das Theater blüht. Kaum ist der große Rovelli fortgezogen, so kommt der große Za eco ni und ladet bei volksthümlicheu Pretsm die Römer zu Ibsen und Hauptmann zu Gast. Was Zacconi ist, braucht nicht mehr gesagt zu werden, und wer ihn einmal sehen kann, preist es als ein Glück. Die Römer find denn auch glücklich, doch ist ihrem Glück manch bittre Empfindung beigemischt. Es gibt ja kein konservativeres Volk auf Erden, als das römische. Es wird eine Heerde von Straußen, die den Kopf in den Sand stecken, sobald sich etwas Neues zeigt. Wie die Cutriten Jahrzehnte lang gegen Wagner gemurrt, bis es „hoher Bildungston" geworden, die „gräßliche" Musik schön zu finden, so sträuben sie fich jetzt noch gegen Ibsen und Hauptmann, und verzeihen es Zacconi nur schwer, daß er mit so krausem, dummem nordischen Kram kommt. Nichtsdestoweniger zwingt er sie mit seiner wunderbaren Gestaltungskraft, ja er besiegt sogar die Kritik. Zwar sah sich, um die Popularität seines Blattes nicht zu gefährden, der Direktor der Tribuna veranlaßt, einen offenen Bries gegen seinen Theaterkritiker zu schreiben, als dieser es gewagt, bte „Einsamen Menschen" schön zu finden, aber der Gemaßregelte hielt stand. Zwar nannte er auch das Hauptmann'sche Werk eine krankhafte Verirrung, lobte aber seinen lyrischen Gehalt und erlaubte fich, zu bemerken, daß man im Norden das Verhältntß von Mann zu Weib nicht immer so „physiologisch" auffaßt, wie im Süden, wo man, im Theater die Kunst nur auf das Herz und nicht auf den Verstand basire. Gestern gab Zacconi den „Johannes" zum zweiten Male und riß namentlich im letzten Akte das widerstrebende Publikum mit sich fort.
Reben Rovelli, Zacconi, Eleonora D u s e und Tina diLoreuzo taucht ein neuer Stern am Theater-Himmel auf. Maria F r a n ch i u i, die jetzt, schon als Düse II gefeiert wird. Dem Theater-Astronomen Luigi R a s i in Florenz gebührt das Verdienst her Endeckung. In seiner Theaterschule ward der „neue Ruhm" herangebildet. Da er es für zu schade hielt, daß Maria Frauchini sich erst in kleineren Theatern verzettele, bildete Rafi zusammen mit dem Signor Rosafpina eine eigene Truppe, damit die Novize gleich als „prini.i donnn “ inZ Feuer gehen könne — und feit einigen Tagen schwelgen Publikum und Kritik 0M Florenz in Womiefchaucrn.
In Rom gab's diese Woche zwei große musikalische eignisse. AdelinaPatti, die ihre dritte Hochzeitsreise hierher gemacht, hat gestern in der Academia di S. Cecilia. dem igL Musikinstitut, zu wohlthätigem Zweck gesungen. Ihr Erfolg war so groß, wie die Eintrittspreise. Auch die Königin war anwesend. Die ewig junge Künstlerin sang die Arie aus Figaro's Hochzeit „Voi die sapete", das Duett aus Don Juan ,La ci darem la mano" und das .Ave Maria“ von Gounod. Und wie sie sang? Wie die junge Patti vor vier Jahrzehnten. Der Beifallssturm wollte kein Ende nehmen.
Heute Nachmittag sand im Ausstellungspalast die erste öffentliche Aufführung von Don Perosi's „Christuspassiou" statt, wiederum mit großem äußern Erfolg. Ueber den Mißerfolg in Frankfurt tröstet mau sich hier, indem man den deutschen Impresario tabeli. Nach dem Aufsehen, das die Reklame gemacht, hätte dieser, so sagt man, nicht mit dem schwachen Oratorium von Lazarus beginnen dürfen, sondern ein reiferes wählen müssen.
Jn den Sabinergebirgen herrscht panischer Schrecken. Der Polizeipräfekt von Rom hat plötzlich Energie entfaltet, und alle ,C i o c i a r i n n e n“ verhaften lassen, d. h. die zarten Lebewesen, die in sabinischer Landestracht nach Rom eilen, um unter dem Titel „Modelle" Blumen zu verkaufen. Run ja, die Mädels fielen ja oft durch ihre Zudringlichkeit lästig, aber wir wollen doch hoffen, daß die hohe Polizei sich erweichen läßt; denn was soll der deutsche Tourist machen, wenn das Straßenbild nicht mehr durch die bunte Tracht der kecken Dirnlein belebt ist? Der Richter hat sich übrigens milder gezeigt, als der Polizist, er sprach die Aufgegriffenen aHe frei. . '
Kleines Feuilleton.
Frankfurt, 1. März.
— | Friedrich Spielhageu s Tanf.f Wir werden um Veröffentlichung der folgenden Danksagung ersucht :
Die große Menge der mir zu meinem siebzig st en G e- burtstag zugegangenen Briefe und Telegramme macht es mir leider unmöglich, jedem einzelnen gütigen Absender meinen herzlichen Dank abzustatten. Ich bitte die Freunde, es auf diesem Wege thun zu bürfen.
Friedrich Spielhagen.
----- [Tic Briefe Ludwig s II. an Richard WaguerZ Bon Herrn v. G r o ß in Bayreuth, dem Generalbevollmächtigten der R i ch a r d.W a g ner'schen Hinterbliebenen, erhalten wir nachstehende Zuschrift:
Vor einiger Zeit erfolgte in einem W ien er Blatte die Veröffentlichung einet Anzahl von V rief e u des Königs L u d w i g II. anRichardWaguer. Diese indiskrete Veröffeutlichnng muß einer Veruntreuung entstammen. Da diesseits kein Ein-
Er- | schreiten möglich ist, indem die Familie W a g n e r ein Autorrecht an diesen Briesen nicht besitzt, -wandte ich mich an das König!. (Kuratorium in München, mit der Bitte, rechtlich einzuschreiten. Aus gewiß triftigen, mir aber unbekannten Gründen, nnterblicb das rechtliche Vorgehen.
Ich gebe deshalb im Namen der Familie Wagner folgende Erklärung ab:
Die Briefe des Königs sind so verwahrt und waren von je io verwahrt, daß jede Jndiscretioii a n s g e s ch l o s s e n ist. Dieselbe kann demnach einzig und allein seiner Zeit auf dem Wege vom KöniglichenKabinetsekretariat zur Post oder zum Boten geschehen sein.
Bayreuth, 27. Februar 1899.
A. v. Groß, Generalbevollmächtigter.
— (Der Begründer des Reuter'schcn Bureaus.j In einem Nachruf, den die Times dem am Samstag in Nizza verstorbenen Begründer des Reuter'schen Bureaus, Baron Paul Julins von Reuter, widmet, heißt es u. A.: „Als 1849 die erste Telegraphenlinie auf dem Festlande zwischen Aachen und Berlin eröffnet wurde, richtete Reuter ein Bureau in Aachen ein zum Sammeln und zur Verbreitung von telegraphischen Nachrichten. Das war der erste kleine Anfang einer Organisation, die jetzt Agenten in jedem Theile der Welt besitzt. Die Schwierigkeiten, die sich entgegenstellten, waren sehr groß, aber Reuter besiegte sie. Es mußte die Möglichkeit geschaffen werden, um eine regelmäßige Verbindung herzustellen mit Orten, Wohin noch kein Telegraph hestand. Eilboten und Brieftauben zählten zu den Mitteln, um die Nachrichten von einem Gentrum nach dem andern zu übermitteln. Die P r e ß ce n s u r und andere hemmende Gesetzgebung auf dem Festlande bereiteten Reuter viele Hindernisse. In der That war damals Gr o ß b r i t a n n i e n das einzige europäische Land, das eine freie Presse hatte. 1851 War das Kabel von Dover nach Calais gelegt worden. Diese Umstände bewogen Baron von Reuter, sein Bureau nach London zu verlegen. Am Anfang waren die Reuter'schen Nachrichten meistens kommerziell. 1858 begann er etwa ein halbes Dutzend Londoner Morgenzeitungen mit ausländischen telegraphischen Nachrichten zu versehen. Einen der größten Treffer machte Reuter, als er der Londoner Presse einen 'telegraphischen Bericht über die Neujahrs- Worte des Kaisers Napoleon III. an den österreichischen Botschafter geben konnte. Ein zweiter Treffer war, daß das Reuter'sche Bureau Europa zuerst die Ermordung des Präsidenten Lincoln melden konnte. Damals gab es noch kein atlantisches Kabel. Der Postdampfer war von Rew-Pork schon abgefahren, als der Reuter'sche Agent einen Schnelldampfer miethete, der das andere Schiff einholte. Ein Reuter'fches Telegramm theilte auch die Nachricht von der Niederlage der Briten bei Majuba Hill durch die Buren zuerst mit. Untergang der deutschen Kriegsschiffe tm Sturm bei Samo a war üii Reuter'schen Bureau gemeldet, ehe die deutsche und die britische Admircckität dadon Kunde hatten.
1863 erhielt Reuter von der hannoverischen Regierung die Konzession zur Legung des Kabels zwischen England und Deutschland. Die französische Regierung übertrug ihm das Recht, ein Kabel zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten zu legen. Dies geschah 1869. Seit 24 Jahren ist das Reuter'sche Bureau eine Aktiengesellschaft. Bis 1878 war der Verstorbene Leiter des Bureaus. Dann Übertrag er die Führung seinem ältesten Sohne Herbert, der jetzt noch an der Spitze des Unternehmens steht."
n ^Mannheimer Brief.) Aus Mannheim wird uns vom 27. ds. geschrieben: Wie viel Ursprünglichkeit ist dem „Eid" verloren gegangen auf dem Weiten Weg, den er zurücklegte, bis er durch Herder auf uns überkam. Und was ihm da noch verblieben War, einschließlich des langen Bartes „der ihm bis auf den Gürtel niederwallt", das hat ihm dann Peter Cornelius noch abgestreift, Der alte spanische Haudegen ist zum frömmelnden, gesitteten Liebhaber geworden. Da, wo die Oper ganz lyrisch ist, wo sie nur Liebe athmet, wo der Schall bet Kriegsdrommeten nur wie ein glückverheißender Hochzeitsmarsch hercinklingt und die Fähnlein and Standarten lustig über die Mauer winken: da,fließt dem Meister die melodische Erfindung breit und voll, da quillt sie ihm sicher in unerschöpflicher Schaffensfreude und ergießt sich in die Herzen der Hörer. Aber überall, wo Staatsraison, Schwertergerassel und Unterthanenpflicht den Gang der, Liebesgeschichte hemmen, da hemmen sie auch die melodische Erfindung und es klingt wie Gequältes mit hinein, das sich nicht völlig durch geistreiche Orchestersprache verdecken läßt. Die Aufführung war gut. Unsere besten Kräfte hatten ihr bestes Können auch da eingesetzt, Wo sich die Aufgabe undankbar im Episodischen verliert. Das Liebespaar wurde von Herr» Moh- !v i n k e l und Frl. H e i n d l vorzüglich dargestellt und gesungen. Kleine Unebenheiten müssen die Wiederholungen abschleifen. Herr v. Reznicek hat das Werk sorgfältig vorbereitet und geleitet. Mit der Aufnahme des „Cid" wurde bei uns der Kranz der drei Cornelius-Operu abgeschlossen. „Gunlöd" mußte leider infolge der Aufführnngsstreitigkeiten Wieder verschwinden, aber mit dem „Barbier von Bagdad" wird nun auch der „Cid" ein fester Repertoirebestand bleiben. — Gestern Wurde vor einem Kreis Eingeladener die n eu e O r g el in der Hauptsynagoge eingeweiht. Sie ist das 825. Werk aus der Orgelbananstalt E. F. Walcker in Ludwigsburg und enthält 31 klingende Stimmen, 3 Manuale, 7 Koppelungen, einen Jalousie-Schweller für das 3. Manual und einen Rollschweller für das ganze Werk. Die Orgel ist nach röhrenpneumatischem System gebaut, Was die klangliche und dynamische Mannigfaltigkeit sehr begünstigt. Zugleich ist, nach Erstellung des städtischen Elektrizitätswerkes, die Bedienung der Blasebälge mit Motor vorgesehen. Das prachtvolle Werk, auf Welchem.Herr Musikdirektor Hän l e in Kompositionen von Men- delssohn, Mozart und Guilmaut znm Lwrtrag brachte, entsprach den höchsten Anforderungen. Unter Herrn Häulein's Leitung bc- tjjeiligtc sich auch der Syuagogenchor mit einigen Chören, darunter Häichü'K „Hallelujas an ter Frier,