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Deutsches Reich.

befande» fich am 1. April 1897 25,458 Gefangene, am SI.Mär^ 1898 nur 24,301. Die Zahl hat also um 1157 ^genommen. Gegen die vorige Statistik, vom 1. April 1896 betrat die Ab­nahme 1754. Die unaufhörlichen Klag« über die Zunahme der Verbrech« findet also in der Belegung der Zuchthäuser keine Stütze. Schon seit dem Jahre 1881 ist der Bestand der Zucht­hausgefangenen in beständigem Rückgang begriff«, im Ganz« um 48,7 pCt. Diese erfreuliche Erscheinung ist aber nicht etwa auf eine erfolgreichere Thätigkeit der Strafanstalten selbst zurückzuführm. Gerade die entlassenen Insassen stell« nach wie vor das größte Verbrecherkonüngent, ja dieser Antheil hat sich sogar noch vermehrt. Von dm im Jahre 1897/98 neu ein« gelieferten männlich« Zuchthausgefangenen waren 86.92 pCt. vorbestraft (gegen 85.17 pCt. int Jahre 1892/93), mehr als dreimal vorbestraft 70.66 pCt. (gegm 67.15), mit Freiheits­strafen von mehr als einem Jahre vorbestraft 46.85 pCt. (gegen 42.59). Diese Rückfallstatistik ist, wenn auch die absolute Zahl Sa: Vorbestraften etwas zurückgegastgen ist, noch immer der voll­gültige Beweis dafür, daß die Verwaltung unserer Strafanstalt« hinter der anderer Länder zurückgeblieben ist, und daß ihre er- ziehlichen Erfolge nicht sehr ersprießlich sind. Unsere Straf­anstalten, weit davon entfernt, etwas für die Besserung der Gefangenen zu leisten, sind im Großen und Ganz« Hoch­schulen des Verbrechens. Hat ein Gefangener diese Hochschule bereits dreimal besucht, so glaubt die Verwaltung selbst nicht mehr daran, daß er die eingeschlagene Laufbahn noch verlassen werde. Von 18,049 Gefangenen, die schon drei Frei­heitsstrafen hinter sich hatten, erhielten 17,045 von dm Anstalts­beamten selbst die Prognose auf Rückfall, und nur bei 441 wurde der Rückfall für unwahrscheinlich, bei 563 für zweifelhaft erklärt. Aber obgleich die Verwaltung den Mißerfolg ihres eigenen Systems mit so pessimistischer Sicherhei, beurtheilt, thut sie doch säst nichts, um etwas modernere Gesichtspunkte einzuführen. Ueberaus dürftig sind die Mittheilungen über Einrichtung« erziehlicher Art. Die Gefangenen unter 30 Jahren erhalten in der Regel Unterricht in dm Gegenständen der Volksschule,so­weit sie dessen noch bedürfen". Besonders hervorgehoben wird, daß jeder Gefangene eine Bibel und ein kirchliches Gesangbuch in ständigen. Besitz' habe. Das System, das von dem Besitz frommer Bücher eine Besserung der Gefangenen erwartet, leidet zwar nach dem eigenen Eingeständniß der Verwaltung an gänz­licher Resultatlosigkeit; das hindert aber nicht, daß man gleich­wohl daran festhält. Der einzig moderne Lichtblick in dieser gänzlich altmodischen Verwaltung ist die Verwendung von Sträflingen zu Arbeiten im Frei«. Auf diese Art hab« Auf­forstung« auf der Kurischen Nehrung, Entwässerung« in West­preußen und Hannover, Deicharbeiten in der Provinz Sachsen u. a. m. stattgefunden. Alle Voraussagung« über Unhaltbar­keit der Disziplin, über Entweichung« rc. hab« sich als irrig erwiesen. Hier wie überall hat sich der Gedanke, dm Gefangenen außerhalb der Zuchthausmauern allmählig zur Freiheit zu er­ziehen, glänzend bewährt, und dies ist jedenfalls auch in mora- lischer Beziehung mehr werth, als die mechanische Befolgung frömmelnder Traditionen.

bestehenden Kommission überwiesen werden soll, so darf man wohl hoffen, daß auch alsbald der Aktionslust der diplomatischen und militärischen Vertreter der Mächte in Samoa eine Schrank gesetzt werden wird.

ocknetenhaus und Herrenhaus nicht für die bloße Aufheb­ung des Verbindungsverbots zu haben seien. Ja, dann i bleibt ihr doch der Weg der reichsgesetzlichen Regelung, der , zugleich der einzige wirklich verfassungsmäßige ist. Der : Reichstag hat ihr dies« Weg gewiesen und mit großer Mehr­heit die Aufhebung des Verbindungsverbots von Reichs­wegen beschlossen. Aber statt sich dem myuschließen, ver­wirft der Bundesrath unter Führung Preußens konstan die Beschlüsse des Reichstags, und so wird trotz des Ver­sprechens des Reichskanzlers in Preußen die längst veraltete Vereinsgesetzbestimmung fortbestehen, obgleich ihre Unhalt­barkeit eigentlich Niemandem mehr zweifelhaft ist.

Uni) wie hier, so ist es auch auf ander« Gebieten, daß nichts weniger Berücksichtigung findet, als Wünsche der Volksvertretung, sobald sie etwas mehr Freiheit, etwas mehr Rechte für das Volk verlangen. Unzweideutig hat der Reichs­tag zu erkennen gegeben, daß er von Gesetzesverschärfungen, wie sie das Umsturzgesetz brachte, nichts wissen will, und er hat das in Aussicht gestellte Zuchthausgesetz im Voraus zu­rückgewiesen. Dennoch soll er nach Ostern damit beglückt werden, und bereits jetzt droht ihm die Scharfmacherpresse, daß man an die Wähler appelliren werde, wenn der Reichs­tag diesmal nicht zu Willen sein werde. Wir glauben zwar nicht, daß die Regierung wirklich einen so thörichten Schritt thun wird; denn ob der Antwort des Volkes könnten ihr die Ohren gellen. Aber schon die ganze Art, wie hier eine Strafgesetzgebung, die sich ganz einseitig gegen eine be­stimmte Klaffe von Staatsbürgern richtet, von unverantwort­licher Stelle öffentlich angekündigt worden ist, bevor sich die verfassungsmäßigen Instanzen überhaupt noch damit befaßt haben, ist ein drastischer Beleg dafür, wie sehr der persönliche Wille die Verantwortlichkeiten zurückdrängt und selbst da ein Vorgehen zu Wege bringt, wo bei den verantwortlich« Instanzen und bei dm ander« Bundesregierungen *bie ernstesten Bedenken obwalten. Kann man sich wundem, wenn in solchen Zeitläuften die Scharfmacherei fiorirt und unter Verhältnissen, bei denen ohnehin schon fast jedes freie Wort den Staatsanwalt und den Strafrichter in Bewegung setzt, den Gerichtsbehörden geradezu angesonnen wird, sich in dm Dienst der Politik zu stellen und ihre Ueberzeugung den Instruktionen ihrer Vorgesetzten anzupaffen? Das find alles lehrreiche Symptome, aus den« man sehen kann, wohin wir treiben, und welche inneren Gefahr« im Hintergrund drohen. Man darf sie um so weniger geringschätzen, als man nie weiß, ob nicht diese Scharfmacher, die heute schon vielfach die treibende Kraft für die Richtung der Gesetzgebung bilden, nicht morgen selber zur Regierung gehören werden.

Dies politische Bild ist nicht erfreulich; aber es muß immer wieder gezeigt werd«, um alle Kräfte gegen die zu­nehmende Reaktion aufzurufen und sie an ihre politische Pflicht zu mahnen. Nicht muthlos und verdrossen soll man abseits stehen in der Resignation, daß es doch nicht besser wird. Es gilt vorerst, durch starken Widerstand noch Schlimmeres abzuwehren und auf die Volksvertreter einzuwirken, daß sie ihrer Pflicht gerecht werden, und wenn das gelungen ist, dann wird es auch weiterhin möglich fein, die Reaktion wieder zurückzudrängen und der Freiheit und hem Fortschritt zu neu« Erfolgen zu verhelfen. Es ist damit wie in der Natur. Auch hier müssen die frischen Frühlingskräfte hart ring« mit den rauh« Element« des Winters; aber schließ­lich tragen sie doch den Sieg davon, wenn auch manche neue Blüthe vorzeitig zu Grunde geht. Und so sei unser Ostrr- wunsch, daß auch durch die politischen Wetterwolken die Lenzes­sonne siegreich durchdring« und daß die politische Freiheit durch das mächtige Ring« beS Volkes auS dm Band« der Reaktion zu neuem, frischer« Leb« aufersteh« möge.

AgencaHkvM: , ort HSteiger * da.

25. Park Place

behaltlosm Zustimmung auszuüben. Ja, nicht nur dem Reichs­tage, sondern auch den anderen Bundesregierungen haben kon­servative Blätter das Recht der eigenen Meinung abgesprochen, wenn die Vormacht Preußen für bestimmte Forderungen eintrete "nd es zu ihrer Durchführung auf den Konflikt mit dem Reichstage ankommen lassen wolle. Das ist eine Eutwickel- sng, die erkennen läßt, wie weit sich die Reaktion schon vor­wagt, und wie sehr die Achtung vor den verfassungsmäßig« Zuständen in's Wanken gerathen ist. Dieselben Leute, welche sich sonst nicht genug mit ihrem Patriotismus brüsten können, rühren dreist an der Grundlage der Reichseinheit und proklamiren förmlich den preußischen Absolutismus gegenüber dm deutschen Bundesstaaten.

Man kann nicht beruhigend sagen, daß es sich hier nur um ein« vereinzelten Vorgang gehandelt hat. Nein, es ist em Symptom von viel« der gleichen Art, und die Klagen und Besorgnisse darüber find auch nicht von heute und gestern, sondern sie reichen auf eine Reihe von Jahren zurück. Früher Hat man sich der Hoffnung hingegeben, es werde mit dm Jahren darin besser werden; aber davon ist nichts zu spüren, eher kann man sogar sagen, daß sich die Verhältnisse ver­schärft haben, und zwar gleichmäßig durch die Schuld einer ZN schwächlichen Volksvertretung, wie einet Regierung, der es Michi gelungen ist, ihre Verantwortlichkeit gegenüber unver- antworlichen Einflüssen zur vollen Geltung zu bring«, die aber auf der anderen Seite alles gethan hat, um die Be­deutung des Reichstags nach Möglichkeit herabzusetzen. Und wenn daraus eine Schwächung des Reichsgedankens resultirt, so trifft die Regierung eine erhebliche Mitschuld; denn sie hat sich dazu verleiten lassen, eine für das Reich von der Volks­vertretung abgelehnte Gesetzgebung auf dem Wege der einzel- paatlichm Gesetzgebung in Angriff zu nehmen, und es ist nicht ihr Verdienst, wmn dieser Versuch einer neu« Zerreißung des Rechts, die in schroffem Widerspruch zu der Reichs- und Rechtseinheit stand, gchheitert ist. Der führende Bundesstaat, der in solcher Weise das vorbehaltlos gegebene Versprech« seines leitend« Staatsmannes über die Aufhebung der Verbindungsverbots für politische Vereine verwirklichen wollte, im Gegensatz zu der Auslegung, welche diesem Versprechen seiner Zeit im Reichstage ohne Widerspruch vom Regierungstische gegeben Word« war, hat seitdem keine Miene gemacht, dies Ver­sprechen einzulösen, und so haben wir die charakteristische Thatsache zu verzeichn«, daß die Zusage des Reichskanzlers und preußischen Ministerpräsidenten, die in ander« Bundes­staat« schon ausgeführt ist, in Preußen uneingelöst bleibt. Die preußische Regierung beruft sich darauf, daß Abge-

Frankfurt, L April.

alle Betrachtungen, welche im Rückblick auf dm Erst« Parlamentsabschnitt der neuen Session über die innere Lage angestevt Word« find, spiegeln den gleichen Eindruck «®er, dm Eindruck, daß wir nach wie vor recht wett mt- ferat find von befriedigend« Zustand«, und wenn man den Shi nach vorwärts richtet, so sind auch da wenig Zeichen vorhanden, die eine Besserung erhoffen lassen. Die Oster- detrachtungen werden demgemäß wohl zumeist auf dm gleichen Ton gestimmt fein. Der politische Himmel hängt h«kr Wollen, durch die kaum ein Sonnenstrahl zu bring« totmag, und um sie zu zerstreu«, wird es recht viel guten Wulms und noch mehr ernster Arbett aller derer bedürfen, welchen das Volkswohl am Herzen liegt.

Gerade in der legten Zeit ist das Unerfreuliche der Zu­stände, unter welchen das deutsche Volk zu leiden hat, mit blonderer Schärfe zu Tage getreten. Wir haben wieder ge= fei)«, wie der persönliche Einzelwille bei uns übermächtig hrrvortritt gegenüber den gesetzgebenden Gewalten, und wie es nur mit größter Mühe dem Verantwortlichen Staatsmann Klingt, folgenschwere Konflikte zu vermeiden, in den« es sich um den Gegensatz zwischen Absolutismus und Parlamentaris­mus handelt. Die Schwäche der Volksvertretung gegenüber früheren Anforderungen der Regierung hat schlimme Früchte getragen. Nachdem der Reichstag sich bei bet Marinevorlage fernes Bubgetrechts so leichthin begeben hat, glaubt man, ihm auch sonst seht Mitbestimmungsrecht beschränken zu bürfen, unb eS ist nur der Ausfluß dieser Stimmung, wenn allen Ernstes bei der letzten Militärvorlage der Satz aufge­stellt worden ist, in Militärfragen habe der Reichstag sich jten Anforderungen der militärischen Autoritäten einfach zu fügen und fein Mitbestimmungsrecht nur in der Form einer vor-

Kleiues Feuilleton.

r _ . , Frankfurt, 1. April.

(Hans Thoma») Wie wir erfahren, hat Herr Professor Ha«s Thoma «lf die amtliche Anfrage, die ihm nunmehr zuge- ganaen: ob er die Galleriedirektorstelle und em Meisteratelier in der Kunstschule znKarlsrnhe annehmm wolle, zusagend geantwortet. Das Kuustleben unserer Stadt, in der Thoma seit 27 Jahren lebt und schasst, erleidet durch das Scheid« des Frank­furter Meisters erntn schweren Verlust. ;

= sAttS den» Atelier ®tit<f»] Ein Leser schreibt uns »Gelegentlich erneS Besuche- bei Her« Professor Franz Stuckin München, denwh in bester Laune traf, konnte ich eine Wirkung der Angriffe des Herrn Dr. Lieber konstatiren, die der Centrums­führer wohl kaum erwartet und beabsichtigt haben dürste: Seit seiner Philippika rst das Atelier des Münchener Meisters geradezu gestürmt und «msgeMndert worden, sodaß Stuck nicht ein ver­käufliches Bild mehr hat. Außerdem Ad ihm in den lefcten Wochen mehrere große feste Aufträge zugegaugen besonders auch ans Berlrn so daß er für das laufende Jahr fei» Be­stellungen mehr annehm« kaun." (Wenn die Wirkung eines «sturiöjm Angriffs fich stets auf j» apMwhuw W«je ä«^rte,

Es ist kaum zweifelhaft, daß die Regierungen von Berlin, Washington und London die gleiche Absicht haben, i>« neuesten Zwischenfall inSamoa mit aller Ruhe zu behandeln. Auch die mit der Washingtoner Regierung in Fühlung stehende amerikanische Presse bewahrt kühles Blut und nur einige amerikanische Korrespondenten englischer Blätter zeig« einige Neigung, zwischen Deutschland und dm Ver.,Staaten zu hetzen, während ein paar deutsche Zeitung« sehr entrüstet über das Vorgehen der Engländer und Amerikaner thun. Man sollte doch nicht vergessen, daß alle Partei« in Samoa grobe Fehler begangen und sich arge Uebergriffe erlaubt hab«. Der eng­lische Konsul Maxse hat die Manöver der Londoner Missions­gesellschaft, dm in ihrem Institut erzogenen protestantischen Tanu an Stelle des von der Mehrheit der Häuptlinge gewählten katholisch« Mataafa auf den Thron zu sehen, unterstützt; der amerikanische Oberrichter Chambers hat, entgegen seinen rüheren Erklärung«, wider alles RechtTanu zum Könige prokla- mirt, und der deutsche Generalkonsul Rose hat das willkürliche Verfahren des deutschen Municipal-Präsidenten Dr. Raffel bei der Vakanz-Erklärung des Oberrichterpostens gutgeheißen. Das Einfachste und Natürlichste wäre, alle diese Herren, die sich ihrer lufgabe nicht gewachsen gezeigt hab«, abzuberufen und ein« lahingehendm Vorschlag soll ja auch die deutsche Regierung gemacht haben. Inwiefern sich nun auch die Befehlshaber der amerikanischen und englischen Kriegsschiffe Uebergriffe erlaubt haben, läßt fich noch nicht mit Sicherheit sagen. Auffällig ist nur der Eifer, mit dem die englischen Vertreter in Samoa dm Beschluß des amerikanisch« Admirals, auf gewaltsame Weise Ordnung zu schaffen, untefttützt hab«. Jedenfalls wäre es ntereffant, zu erfahren, ob dies auf Grund neuerer Instruktionen aus London geschehen ist. Da die ganze Angelegenheit, wie in unserem New-Porker Privattelegramm im Morgenblatte mitgetheilt wurde, einer aus drei Vertretern der Vertragsmächte

VevlinrV DheskeV.

(LeoHirschfelbLumpen'. Das »IntimeTheater'.)

Berlin, 31. März.

Wie ein Spätling nimmt sich die Wiener Komödie .Lumpen" ton LeoHirschfelb aus. Wir lernten sie gestern imSefftng« theater kennen. I« früheren Jahren hatte sie bei uns zahlreiche Vorgänger. Trotz dem ähnlich klingenden Titel ist sie mit Wol- zogen' s .Lumpengesindel' nicht recht wesens verwandt. In Wol- zogen's Komödie lebt mehr Liebe, bei Hirschfeld überwiegt die Lust an witziger Betrachtung. Die Wiener oder die Berlinische Färbung allein macht es gewiß nicht aus. Die Kerle aus der Boheme bei Wolzogen sind treuer; in ihr« Stürmen, in ihren phantastischen Vorstellung«, in ihren Narrheiten und in ihrem täppischen Unge­schick. In der Wiener Schilderung erscheinen die .Lumpen' eher wie Menschen, die mit ihrer zigeunernden Art fich und den Andern eine kleine .Hetz' bereitem Von vornherein denkt man, die freund­lich« Herrschaften geben bald bei. Dort kann ein Querkopf mit all feinem idealistisch« Feuer das Weib an seiner Seite niedertreten; wenn bei Hirschfeld hingegen das Weibchen dem jung« Literat« Ritter schmeichlerischauf die Bude rückt', so ist der Zigeuner umgewandelt. Asts ists mit Dichtens Sturm und Drang; Herr Ritter wird ein Bühnenspekulant, wie die Anderem Ein bischen Seufzen, ein bisch« Rebellion wider die ehrenfeste Moral läuft ja Wohl mit unter. Aber zu tragikomischer Auffassung gelangt man auf diesem Weg nicht; der verweist eher zum Witzspiel als zum humoristisch« Drama.

Mir kommt vor, als hätt« das die Schauspieler ganz «nmifkr. bar ebenso empfunden. Denn sie treten nicht auf wie junge Menschen, hinter berat ruppiger Kleidung man bittere Roth und bittere Eitelleit vermuthet. Sie sah« vielmehr aus, wie guter Leute Kinder, die zur Abwechslung einmal mitauSgefranztm Hosen' und ähnlichen Lottern« rokettirem So ist das Thema von der Wiener BohSme in Hirschfeld's Komödie nicht eigentlich erfaßt, sondern witzig nm^riebem Das ist gewandt geschehen, «uh mit Fleiß nnd Bühne>-geschick durchgeführt, nur wird man nicht warm dabei, mch dem zweit« Akt wurde Hirschseld mehrfach gerufen; das Publikum war sichtlich erfreut, daß der junge Ritter keine heroische Bornirtheit begeht, sondern hübsch in die Konvention einlenkt. Der Schlußakt gefiel weniger. Er hätte vielleicht erbittert, wenn die Weise des ganzen Stückes nicht so lind ttttb gelassen wäre. Ein wenig Laune, ein wenig Sentimentalität, aber,a nicht zu viel Satire! Das wäre gefährlich. Den nach­giebigen Dramatiker gab Herr Bonn. Das Gezierte, Selbst-

Irrthum. Er muß doch einmal verheirathet gewesen sein, wenn er selbst uns au jenem Abend ein kleines nettes Geschichtchen von seiner Fran mittheilte. Wir hatten von Tallchrand ge­sprochen. Bamberger erzählte, tote der französische Diplomat eines Tages Alexander v. Humboldt zu Tische erwartete, und feine Gemahlin, die Fürstin, eine recht ungebildete Dame, auf den Besuch in der Weise vorbereitete, daß er ihr Humboldt als einen großen Reisenden schilderte, der auch die mmfchenverlasseue Insel an der Orinoeo - Mündung gesehen, die in .Robinson' vor­komme. Als nun Humboldt erschien, wollte die Fürstin ihm zu erkennen geben, daß sie von sein« amerikanischen Abenteuern wisse. Sie fragte ihn all« Ernstes, ob er denn auf seinen Reisen nicht den arm« Robinson getroffen, der Schiffbruch gelitten, und ob es denn für ihn keine Rettung gebe.Ich muß," sagte Bamberger lächelnd, .zur Entschuldigung von Talleyrand's Frau anführen, daß es auch meiner Frau einmal ähnlich erging. Rudolf Gottschall sollte unser Gast sein. Ich sagte nun meiner Frau, damit sie, wenn er käme, wüßte, wen sie vor sich habe, daß er der Verfasser des DramasPitt und Fox' sei. Meine Frau begrüßte ihn dann, als er ins Zimmer trat, mit den Wort«; Wir haben schon so viel von Ihnen gehört, und ich freue mich, endlich einmgl auch persönlich den Autor von .Flick und Flock" kenn« zu lern«."

= (Geimpfte Gewehre.) Aus Deutschsüdwest« afrika wird der Täglischen Rundschau geschrieben: Durch Ver­ordnung des kaiserlichen Gouverneurs sollten in ganz Südwest­afrika die Gewehre gestempelt werden. In der Südhälfte, im Lande der Hottentotten, erhoben sich Schwierigkeit«, weil die Eingeborenen fürchteten, man wolle ihnen die Gewehre wegnehmen. Im Norden, im Damaraland, ließ Hauptmann v. Estorfs die Stempelung der Gewehre der Damaras durch den Leutnant Eggers, der vor zwei Jahren auch die Impfung der großen Rindviehheerden der Damaras gegen die Rinderpest mit großem Erfolg geleitet hatte, mit einer Abtheilung der Schutztruppen vor­nehmen. Hier verlief diese Stempelung wider Erwarten ohne irgendwelche Schwierigkeit«, ja, die Eingeborenen brachten ihre Gewehre bereitwillig von allen Seiten herber, um sie stem­peln zu lassen. Hauptmann d. Estorfs schreibt nun, daß der fried­liche Verlauf der Stempelung der Gewehre im Norden lediglich dem Humor des Leutnant Eggers zuzuschreiben ist. Dieser erklärte nämlrch den Damaras, »sie müßten ihre Gewehre ebenso impfen lassen wie seinerzeit die Ochsen, dann könnte» sie besser s ch ieß en'. Unb die Damaras, denen durch die Impfung seiner­zeit ihr reicher Viehbestand gerettet war, beeilt« fich, ihre Gewehre impfen zu lassen, um besser schießen zu können.

h /Hannoversche Chronik.) Aus Hanno der, 28. März, wird uns berichtet: Heute Vormittag wurde hier der hannoversche Major und ehemalige Stallmeister des Königs Georg V. von Hannover, Georg Schweppe beerdigt, und mit ihm wurde der bedeutendste Vertreter althannoverscher Reitkunst, sowie ein interessantes Stück hannoverscher Geschichte zu Grabe getragen. -

Tages-Ruudschlm.

3e dichter der Schleier ist, der alle Vorgänge in der Zucht» Ijjau^Verwaltung bedeckt, desto größere Aufmerksamkeit muB man jeder Veröffentlichung über diesen Verwaltungszweig zuwenden. In der Druckerei der Strafanstaltsverwaltung in Berlin ist kürzlich eine Statistik aller dem Ministerium des Innern unterstellt« Strafanstalten gedruckt Word«,aus Wucher der .Reichsanzeiger" umfangreiche Mittheilung« macht. Dem preußisch« Ministerium des Inne« sind in der Haupt­sache die Zuchthäuser und sonstige zur Verbüßung von Zucht- Hausstrafen bestimmten Anstalt« unterstellt, im ganz« 35, außerdem noch 17 größere Gefängnisse. In dies« 52 Anstalt«

h Bern«, 31.Mäq. Die Kriminalstatistik bei«. Militär stellt fest, daß ein sehr bedeutender Bruch theil der Be­strafungen auf diejenigen Avancirten und Mannschaften entfällt, welche in den unter Selbstverwaltung der Trupp« stehenden Kantinen beschäftigt sind. Für diese Leute ist die Versuchung, sich widerrechtlich Waaren und Geldbeträge auzu- eign«, ungemein groß. Infolge dieser Wahrnehmung« und auch aus Gründen der militärischen Disciplin fdbft ist mm höher«Orts dieVerfügung ergangen, daß die Selbst­verwaltung derMlitärkmttinen aufhören und diese an private Unternehmer verpachtet werd« soll«.

X Darmstadt, 1. April. Bisher find int Ganz« 255 Pro­teste gegm die Weinsteuer eingegangen, darunter 238 dorr Interessent«, unb 17 von Gemeinden und Körperschaften. Am 4. April wird das hiesige Arbeitersekret ar tat seine Thätigkeit eröffnen.

Frankreich.

* Paris 30. März. Der Kassationshof beendigte gestern in einer einzigen Sitzung die Prüfung der Geheim» asten des Ministeriums des Aeußere«, die ihm von Her« Paliologue vorgelegt und kommentirt wurde«, und vertagte sich hierauf bis zum 13. April. Wie es scheint, find die Nationalisten mit der bisherig« Haltung der vereinigten Kammern des Kaffationshofes nicht recht zufrieden. Die Nachricht, daß keine neue Enquete angestellt werd« soll, hat ganz besonders Herrn Quesnay de Beaurepaire verstimmt, der bekanntlich die Enquete der Strafkammer als durch und durch parteiisch bezeichnet hatte, da sie sich ausschließlich die Aussagen des Oberstleutnants Picquart und des Untersuch­ungsrichters Bertulus stützte. Besonders hart scheint Hm: Ouesnay de Beaurepaire die Aufklärungen des Herrn Pallologue zu empfinden, der angeblich die Legende von der Depesche beS Obersten Panizzardi verbreitet hat. Er ist außer sich darüber daß der Kassationshof die ganz« Geheimatten innerhalb weniger Stunden erledigt hat, woraus man schließ« muß, daß er ihn« nicht jene Bedeutung beigemessen, die sie nach der Versicherung der Freunde des Generalstabs verdienen. Herr de Beaurepaire droht schließlich dem Kriegsminister mit seinem tief« Grolle, falls er fich nicht dazu entschlösse, mit allem Nachdruck auf die Vernehmung der Zeugen des Generalstabs zu dringen. Auch die Revisionisten rüstet nicht ab, sondern dring« in dm Kassationshof, damit er eine neue Enquete über die in der letzt« Zeit gemachten Enthüllungen anstelle. In erster Sina lenken sie die Aufmerksamkeit des Kaffationshofes auf die AuS« lossungen des Hauptmanns Freyflaetter, der nicht nur an der Tafel des Herrn de Lanessan, sondern auch vor andern Zeugen off« erklärt hatte, daß er seine Anficht über die Schuld DreyfuS vollständig gewechselt habe. So versichert heute James. Herr Freyflaetter habe in Gegenwart dreier Zeugen, die er mit Ramm nennt, in Versailles ausdrücklich erklärt:Auf die Zeugen­aussage Henry's stützte sich meine Ueberzeugung. Ich bedurfte nicht erst der Aktenstücke, von dm« man un§ im Berathungs­zimmer sprach, denn ich hatte volles Vertrauen zu dem Worte Henrys. Seit acht Monaten (d. i. seit der Entdeckung der Fälsch­ung Henrys) ist meine Geistesverfassung gruudverschäden." Diese Auslassungen beweisen, wie James betont, nickt nur die Mit­theilung geheimer Aktenstücke an hie Mitglieder des Kriegs­gerichts, sondern auch, daß die Entdeckung der Fälschung des Hauptbelastungszeugen in dem Dreyfus-Prozeffe alle Charakte­ristika des von dem Gesetze für die Revision vorgeschrieben« fait nouveau" besitzt. Der Kassationshof müsse deshalb den Hauptmann Freyflaetter und diejenigen Person« vernehmen, die seine Geständnisse gehört hab«. Die revisionistischen Blätter eröffnen heute eine Subskription, um die Enquete der Strafkammer veröffentlich« zu lassen.

Philippinen.

* Vom Kriegs sch anplatz wird englisch« Blättern ausManila, 28. März, gemeldet:

»DaS Gros der Filipinos unter dem persönliche« Befehle Aguinaldo's wurde gestern Nachmittag nach dreistündigem, -heißem Kampfe zersprengt. General Mc Arthur's Division hatte die Nacht in Meycanaham, einem zwischen Polo und Marilao gelegen« Platze, zugebracht. Der Vormarsch nach Norden begann um 11 llhr Vormittags. Die Brigade unter General Hatt wurde zur Recht« und die unter General Otts zur Linken der Eisenbahn nach Malolos ausgedehnt. General Wheaton'S Brigade bildete die Reserve. Aguinaldo's 5000 Mann starke Armee eröffnete Feuer auf den amerikanisch« linken Flügel; ihre ersten Schüsse würd« auf die 3. Artilleriebrigade und die Vorhut deS Generals Otis gerichtet. Letztere trieb den Feind über Marilao . urück. Dort machte er Halt hinter den Laufgräben, wurde aber chließlich unter dem Feuer von zwei Kanonen der Utah-Batterie

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-(inPest anchLap- Waitzn.B<L23)fl.C.39

Fr. 12.76 . Fr. 12.80 .Fr. 18.63 fl. «-7» BbL

. ...tajflX.-: Del d-Hrped. sowie

tofirbeu Künstler bald keinen heißeren Wunsch hegen, als von Herrn Dr. Lieber beschimpft zu werden. D. Red.)

--- (Der Streit um das Goethe-Denkmal.) Der Reichs­tagsabgeordnete Prinz zu Schönaich-Carolath hat in Angelegenheit feines bekannten Antrags an das Wiener Tageblatt nne Zuschrift gerichtet, in der es heißt:Wie die Dinge lieg«, steht es nicht in meiner Macht, den von mir seinerzeit im Reichs­tag eingebrachten Antrag auf Gewährung einer Beihülfe von 50,000 JL zu den Kosten des Denkmals von Reichs wegen znrückzuzieh«, da mein Antrag durch Zustimmung der Budget­kommission nunmehr Antrag der Budgetkommission des Reichstages und nicht mehr der meinige ist. Hätte ich voraus­setzen können, daß mein Vorschlag trotz vorheriger pri­vater Besprechung mit hervorragenden Mitgliedern der verschiedensten Parteien, welche sich sämmtlich fhm- pathlfchzn demselben stellten, im Plenum des hohen Hauses auf so lebhaft« ich will nicht sag« erbitterten Wider­stand stoßen würde, ich hätte denselben vielleicht nicht ein­gebracht. Doch nicht i ch habe mich zu entschuldigen, wenn ich zu vertrauensvoll gewesen sein sollte. Mein Antrag hat einen doppelt« Zweck, wie ich dies auch in verschieden« Reden im Plenum dargelegt habe: Einmal, zum bevorstehenden 150jäh- rigen Geburtstage Goethes d« Manen dieses Großen eine Huldigung seitens der Vertretung des deutschen Volkes darzu­bringen, sodann dem Reichslande, insbesondere Straß­burg, einen Gruß der Antheilnahme und Sympathie zu senden und auf die vielfachen Beziehung« hinzuweis«, die gerade durch Goethe zwischen dem Mutterlande und dem Elsaß zur Zeit der französisch« Herrschaft belebt und auf das Vielseitigste aus­gestaltet worden find. Allerdings bedarf Goethe keines Denk­urals. Ich habe im Reichstage au folgend« Vierzeiler erinnert, den er schrieb, als es fich darum handelte, ihn an anderer Stelle zu.ehren' :

Zu Goethes Denkmal was zahlst Du jetzt? Fragt dieser, jener und der.

Hätt' ich mir nicht selbst ein Denkmal gesetzt, Das Denkmal, wo käm' es dmn her?

.Ich habe aber auch auf dm anderen Vierzeiler des Altmeisters aufmerksam gemacht unb darf es hier wohl noch einmal thun:

Ihr könnt mir immer ungescheut Wie Blüchern Denkmal setzen; Von Franz« hat er euch befreit, I ch von Philisternetz«!

Der Vorschlag, falls der Reichstag nach Oste« die Bewilligung definitiv ablehneu sollte, von der Vertretung des deutsch« Volkes <m dieses selbst zu appelliren, scheint mir sehrbeachtens- werth.'

f.Mick lttl> Wtok-'j Im Pester Lloyd erzählt Sigmund Münz von persönlichen Begegnung« mit Ludwig Bamberger unb theilt n. A. Folgendes mit: Vielfach konnte man hören unb les«, daß Bamberger »«verheir-ackhet war. Das ist ein

HPte es fern Gutes. Es half die Wandlung gut vorbereiten. Man verstand rasch, daß mau es nicht mit dem Tapfersten der Helden zu thun habe und daß des Autors nicht allzuscharfer Witz mnb betben Seiten ziele: nach den Steifleinenen der anständigen Gesellschaft und nach dem ^Lumpengesindel' ohne rechte Kraft unb Ausdauer.

Kaum noch war die »historisch-moderneBühne' entschlaf« und schon that fich das .Intime Theater' ans. All die Bereini­gungen, die plötzlich -mftauchm und jäh wieder verschwinden, sollen Proteste wider dm Marktbetrieb der Bühne darstellen. Sie «Ce führen zu persönlichen Liebhaberei«, zur Spezialitäten-Jagd uns dem Kunstgemet. Sie erinnern vielfach an einzelne Erschei­nung« ans dem Bereich privater Wohlthätigkeit unb sie müssen an der völligen Unzulänglichkeit dieser Mittelchen scheitern. So tote manch Einer mit der Gründung einer Süppchen-Anstalt über bie Noth zu sieg« meint, so schwör« die verschiedenen Vereins- gttabei auf if)te künstlerische Süppchenanstalt. Das .Intime Theater führte tm Urania-Saal Maeterlinck's Studie Interieur' auf. Goethe's .Die Mitschuldigen' sollt« folg«. Es kam aber nur zur Darstellung des Spiels von Maeterlinck, der auf unseren Bereinsbühnen kein Fremdling mehr ist. Vor mehrer« Jahren würd« .Die Mitschuldigen' übrigens am .Deutschen Theater gay vorzüglich aufgeführt. Wozu dmn die Mühen des .Jnttm« Theaters'? Mit dem einmalig« Versuch wird die neueste Gründung wohl ebenfalls fich zufrieden geb«.

Im .Den t i en Theater' wird am kommend«Samstag ein neues Schanspuck .Hans' von Max Dreher aufgeführt.

____________Saurfksg l.Äpnttl 188»

unü Handelsblatt