3fr. »s. Morgenblatt

Dreiunddreissigster Jahrgang.

Montag, 8. April 1889.

nnililnrkrSrihimi

(Frankfurter Handels weitaus.)

und Handelsblatt.

Venlsches Weich.

schaff" betroffen worden, deren Verluste durch Diebereien allein sich auf 400,000 JL beziffern sollen. Von den 350 schwarzen Arbeitern, die sonst auf der Vailcle-Plantage beschäftigt warm, bleiben heute nur noch fiebm, die Nebligen sind geflohen oder zu Mataafa übergegangen. Was diese plötzliche Arbeitsein­stellung besagen will, läßt sich am besten daraus erkennen, daß allein in Vailele über 1000 Acker mit Baumwolle bepflanzt sind, die, zum Pflücken reif, jetzt zu Gmnde geht. Der Handel liegt vollständig darnieder. Der Postdampfer Lübeck", dessen Hauptladung sonst regelmäßig aus Bananm besteht, ist von der letzten Reise nahezu leer nach Sydney zurückgekehrt, da die Mehrzahl der Plantagenarbeiter, wie er­wähnt, zu Mataafa übergegangen ist. Mataafa ist außerdem durch Zuzug von der Insel Sawaii, sowie an Waffen und Patronen nicht unbeträchtlich verstärkt worden. Auch von amerikanischer Seite soll er noch immer Zufuhren erhalten. Der Queenslander Unterkolonialsekretär für Land- wirthschaft hat sich an das w ü r t t e m b e r g i s ch « M i n i st e r i u m für Ackerbau und Gewerbe mit der Bitte um Ueberlassung einer Quantität Einkorn (Spelz) gewendet, um damit in Queensland Versuche anzustellen. Der Anfang ist durch dort lebende süddeutsche Kolonisten veranlaßt worden.

Wolhynien, Generalmajor v. Wahl, dem .Marsch. Dnewnik" behufs Veröffentlichung zngesandt hat. In dieserErklärung" wird nun auf Grund offizieller Daten bewiesen, daßdie Zu­nahme der Zahl ausländischer Ansiedler, welche nach der Ver­öffentlichung des Gesetzes vom 27. December 1884 von aus- wärts in die Gouvernements gekommen find, eine ganz u n- bedeutende ist." Eie beträgt 1947 Köpfe jährlich, was durchschnittlich 2 pCt. ausmacht. Auch gibt es nicht 400,000 ausländische Ansiedler im Gouvernement Wolhynien, wie be­hauptet worden ist, fonbem nur 96,902 oder 4,3 pCt. der Be­völkerung. Was die Quantität des im Besitz ausländischer An­siedler befindlichen Areals betrifft, so ergibt sich nach, 1884 von Generalstabsoffizieren gesammelten Daten Folgendes: Die beut- schen Kolonisten besaßen in dem erwähnten Jahre 93,477 Deff.,

lich im Stadtmissionshause genannt und es als eine Haupt­aufgabe des Männerbundes bezeichnet, auf die Behörden dahin zu wirken, daß die Lokale mit weiblicher Bedienung über­haupt verboten werden.Jetzt schießen sie wie die Pilze täg­lich neu aus der Erde, ries Herr Thiele voll sittlicher Ent­rüstung und dabei sprach sich der kugelrunde Mann so sehr in Eifer und ballte die Fäuste, daß ihm der helle Schweiß über das dunkelgeröthete Gesicht rann. Das Ausbeutungs­system, das in den meisten dieser Kneipen beliebt wird, der förmliche Sklavcnmarkt, den die Agenten und eine Schaar vollkommen verkommener Gastwirthe eingerichtet haben und dessen Kosten an Gesundheit und Leben schließlich die unglück­lichen Mädchen zu zahlen haben, gereichen sicherlich Berlin nicht zur Ehre; aber nicht ohne Grund hat schon vor Monaten der bekannte freisinnige SladtsyndikuS Eberty darauf hingewiesen, daß die gefährlichsten dieser Kneipen nicht vom Berliner Publikum, sondern von de» Fremden, die sichamüsiren" wollen, vorzugsweise besucht werden, ebenso wie gewisse Concert-Etablissements u. dgl. m. Doch das sei nur nebenbei bemerkt. Hier handelt cS sich i» erster Reihe darum, die Schreckenszahlen, mit denen die Herren Stöcker und Genossen um sich werfen, als das zu bezeichnen, was sie sind, als übertrieben. Und wenn noch Hunderte von Stattstinnen aus den Bühnen, Verkäuferinnen, die zu schlecht zum Leben bezahlt werden und Hunderte vonFreundinnen" dervornehmen" Berliner Welt mit zu den Verlorenen im Sinne der Sittlichkeitsapostel gerechnet würden, wie will man keck von 50,000 dieser verlorenen deutschen, ch r i st l i ch e n Frauen und Mädchen sprechen. AIs ob nicht-christliche, nicht­deutsche Frauen nicht auch ihr Theil am allgemeinen Elend trügen. Das Erbarmen mit dem Elend, das, wie ausgedehnt immer cs in Berlin sei, wahrlich groß genug ist, wird werk» thättgcre Hilfe zeitigen müssen, als sie in weinerlichen Predigten frommer Brüder sich ausdrückt. Herr Stöcker selbst erzählte kürzlich unter Thränen der Rührung: Es war an einem Charfteitag. 206 gefallener Mädchen waren zum Gottesdienst geladen. Herr Stöcker redete diesen Unglücklichen zur Buß­fertigkeit zu. Die Predigt übte eine erschütternde Wirkung aus die armen Geschöpfe. Sie fchluchzten und schluchzten, daß Herr Stöcker selbst mildere Sesten ausziehen mußte, um

Atts Schlesien, 4. April. Die Folgen der Auswei­sungen zeigen sich jetzt in den oberschlefischen Grenzbezirken. Bor 6 Wochen wurden aus dem Beuthener Kreise olle dort be­schäftigten polnischen Arbeiter ausgewiesen und von dem Land- rathsamte als Grund der Ausweisung die Schmälerung des Ar­beitsverdienstes der deutschen Arbeiter durch die galizischen an­gegeben, die außerordentlich mäßig lebten und den größten Theil ihres Verdienstes an Frau und Kind in die Heimath sandten. Jetzt stellt sich heraus, daß es im Beuthener Kreise in manchem Berufszweige an Arbeitern fehlt und so sahen sich denn z. B. die Ziegeleibesitzer schon veranlaßt, wegen der Wiederzulassung ausländischer Arbeiter vor­stellig zu werden.

h Darmstadt, 6. April. Der .T. A." bringt nachstehende Korrespondenz: Der Landesau sschuß der national- liberalen Partei im Großherzogthum Hessen hat aus nationalen und geschäftlichen Gründen die Resolution gefaßt, .daß an Stelle der in dem dem Reichstage vorliegenden Gesetz­entwurf vorgesehenen und von der Kommission gntgeheißenen Landesversicherungsanstalten, die Reichsanstalt für Alters- und Jnvaliditätsversicherung von dem Reichstag beschlossen und dem­nächst eingeführt werden möge, und daß sie den in dieser Be­ziehung gestellten Antrag der Fraktion der nationalliberalen Partei im Reichstag mit Freuden begrüße."

= Stuttgart, 5. April. Ans dem bereits telegraphisch erwähnten 2. Nachtrag zum Hauptfinanzetat ist hervorzuheben, daß für die evangelische und katholische Geistlichen eine 7proc. Gehaltsaufbesserung vorgeschlagen ist, wozu im Ganzen280,000 erforderlich find. Zur Besserstellung der V o l k s f ch u l l e h r e r ist beantragt: 1) den Volksschul- lehrern statt der bisherigen 3stufigen A l t e r s z u l a g e n von 100, 140 und 200 (mit dem 40., 45. und 50. Jahr erreich­bar) vier Alterszulagen und zwar von 90, 180, 270 und 360 (mit dem 35., 40., 45. und 50. Jahr erreichbar) zu be­willigen, die Alterszulagen der Oberlehrer an den Seminarien, Waisenhäusern, Taubstummanstalten und Ackerbaufchulen um 7 pCt. zu erhöhen, die Funktionszulagen der Oberlehrer an den Volksschulen von 60 auf 9o bezw. 120 M zu erhöhen. Die Lehrerinnen an den Volksschulen sollen wie die Lehrer günstigere Alterszulagen erhalten. Die Pensionen der Lehrerwittwen und Waisen sollen unter Beibehaltung des jetzigen Systems eine mäßige Erhöhung erfahren. Der hiesige V o l k s v e r e i n hielt gestern seine Generalversammlung ab. In derselben sprach Carl Mayer über die Bedeutung demokrati­scher Vereuisthätigkeit; die schwäbische Volkspartei habe zur Zeit ihr Hauptaugenmerk auf ihre Organisation zu richten. Mit der Gründung neuer Volksvereine und der Verbindung der Lokal- vereine zu Bezirksverbänden habe die demokratische Sache in jüngster Zeit mächtige Förderung erfahren. Der Redner gab der Zuversicht Ausdruck, daß schon die nächsten Reichstagswahlen durch Gewiimunz einer Reihe von Mandaten darthun' werden, daß die Volkspartei noch keineswegs von der Bildfläche ver­schwunden sei. Redakteur Spangenberg übte in längerer, mit lebhaftem Beifall aufgenommener Rede an dem neuen Preßgesetzentwurf scharfe Kritik Das Resultat der an diesen Vortrag sich anschließenden Debatte war der Beschluß eine Bürgerversammlung einziiberilfen, sobald die in Rede stehende Vorlage, die sich als eine vollständige Unterdrückung jeder oppo­sitionellen Vereins- und Preßthätigkeii darstelle, ihrem Inhalte nach vollständig bekannt geworden ist.

kk Stuttgart, 5. April. In der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten stellte bei Eintritt in die Berathung des Etats des Ministeriums des Innern, wie eS sch»n nicht zur Ueberraschung des Ministertisches, der Abgeordnete der Stadt Stuttgart an den Minister des Innern v. Schmid die Anfrage, wie es mit der längst versprochenen, allerdings in der diesmaligen Thronrede nicht mehr berührten Reform der Ver­waltung der Gemeinden und der Amtskorporationen mit der Frage der Abschaffung der LebenSlänglichkeit der Ortsvorsteher und der Schaffung eines anderen Wahlmodus der Letzteren steht und ob die Regierung geneigt sei, bald an die Lösung dieser brennenden Fragen heranzutreten. Minister v. S ch m i d entwickelte hierauf nach einigen allgemeinen Bemerkungen, in welchen er ans die ausgezeichneten, von hoher Slaatsweisheit geschaffenen Bestim­mungen des Verwaltungsedikts, deren Grundlagen gleichsam unvergänglich seien - hingewiesen hatte, ein ausführliches Pro- firamm der beabsichtigten Reformen. Es ist daraus zu entiieh- rnen, daß die Regierung beabsichtigt die lästigen Auf­sicht s b e f u g n i s s« der Oberämter über die Gemeinden in Wegfall kommen zu kaffen und die Autonomie der Gemeinden möglichst auszubilden, ohne indessen aus den Gemeinden eine Massekleiner Republiken" im Staate zu machen. Den größeren Städten soll ein größerer Raum der Bewegungsfreiheit geschas- sen für den Bürgerausschuß aber größere (als 2jährige) Wahlperioden eingeführt und die Ortsvorsteher, dieseGrund- säulen" konservativer Gesinnung inmitten einer demokratischen Gemeindeverfassiing, zwar in einem zweckmäßigeren Wahlmodus gewählt, aber auflebenslang" erhalten bleiben und nur im Falle ihrer Untüchtigkeit und Unbrauchbarkeit auf leichterem Wege als bisher von ihrem Amte entfernt werden können. An der Verwaltung der Oberäinter und der Stellung der Kreis- regierungen sollen wesentliche Aenderungen nicht eintreten. Der Abgeordnete Haußman, der Benjamin der Abgeordneten­kammer, ging diesen Ausführungen, in denen er Klarheit und ein bestimmtes präcis formulirtes Ziel vermißte (wie schon telegra- phlsch erwähnt. Red.), scharf zu Leibe, tadelte die Regierung, day sie die berührte Reform so oft versprochen und bis jetzt mcht Wort gehalten habe und entwickelte in gewandter Rede die wahlberechtigten Forderungen des Württembergischen Volkes in

HerichlszeitttNss.

8 Gieße», 5. April. Heute Vormittag 834 Uhr nahm vor der hiesigen Strafkammer die Verhandlung gegen den Kommer- zieurath Adolf Noll, Firma I. B. Noll, wegen Vergehens gegen den § 10 des Reichsgesetzes, betreffend den V e r t a u f von Nahrungsmitteln, ihren Anfang. Den Vorsitz führte Landgerichts-Direktor Muth; der Andrang des Publikums war ein ganz kolossaler, der ziemlich geräumige Strafkammer- saal war überfüllt. Die Anklage geht dahin, daß der Genannte in,den Jahren von 18831888 gefälschten S a ffran, wissend daß derselbe gefälscht war, fabrizirt und in den Handel gebracht habe, Vergehen gegen den oben genannten Paragraphen, Abs. 1 und 2. Kommerzienrath Noll bemerkt zu der Anklage, er fabrizire seit 1857 Saffran, in welchem Jahre er das Geschäft von seinem Vater übernommen habe, und zwar etwa zehn Sorten nach Rezepten, die ihm von seinem Vater überkommen. Er habe den Saffran nicht als echt verkauft, stets aber bei seinen Lieferanten I. Qualität uuver» fülschteii Saffran bestellt. Diesem Prinzip sei er auch treu ge»

mHion unh tosn* mit hX l '"L b 33V?Jfn9I dl-Czechen 27,637 Deff. Außerdem befanden sich im Pacht- V » ben Worten, wenn man jetzt Mit der- I besitz der Deutschen 169,171 Deff., der Czechen 1128 Tess., so mOt «eJ^mmer ^treten wäre und sie im Geiste I daß die Deutschen und Czechen zusammen Über 4,5 pCt. des f* ^rabschiednug gebracht hätte, dieses das schönste I Gesammtflächenraums des Gouvernements verfügen. Das Ge- ^nTf1 rn tSSknl^fer0nto-Itn bf? ganze Württembergische setz vom 27, December 1884 Hai ferneren Ankäufen von Grund-

Festesfreude erfüllt hatte. Die hieran sich I besitz durch Ausländer, welche nur in vereinzelten Ausuahme- tinnP PSArniS Erörterungen zwischen dem Minister fällen gestattet wurden, ein thatsächliches Hinderniß in den Weg

nffterSent v "°* ber $cXr S-legt. Ueberhaupt stellt dieErklärung" die vielberedeteG e r-

ariffF * £ Regierung gegen alle An- manisirung" des Gouvernements Wolhynien kategorisch in

feits mH m-6b 9 b "W'?' Wurden zwar beider- Abrede und bezeichnet alle in der Presse erschienenen, dies-

felts Mit möglichster Mäßigung geführt, ließen aber dochdie I bezüglichen Mittheilungen alsäußerst übertrieben" verborgenen Spitzen erkennen und verfehlten eines tiefen Ein- I Serßiett

drucks auf bte Kammer nicht, die Aehuliches nicht jeden Tag zu I * <r,3 hn . .....

Dören bekommt. HanßmanS Debüt war ein glückliches. «Pro gramtn der U 6 er al enP a rte^AMng« des I Herrn Ristic) enthält die bekannten Forderungen der liberalen E Amsterdam, 5. April. Die alte und sonst so ruhiae I Parteien aller Länder. Von Jntereffe ist nur, daß die Libe- Universitätsstädt Leiden ist bereits seit mehreren Wochen I , " Serbiens für die ökonomische Unabhängigkeit ihres Vater- wiederholt der Schauplatz von Unordnungen gewesen. ! lavdes einstehen wollen, und daß sie nicht geneigt find,den Veranlaffung dazu gaben die Versammlungen, welche die So- I unverechtigten Forderungen einiger Mächte in Sachen der H an - zialistenführer aus Haag in Leiden abhielten, und die aufdring- I ° -lsv ertrüge " nachzugeben. Die Liberalen Serbiens liche Weise, in welcher das sozialdemokratische OrganRecht voor -s ferner für ihre Pflicht, daß in der serbischen Kirche Alle" in den Straßen verkauft wurde. Ein Theil der Be- I ""-der gesetzliche Zustände geschaffen werden, denn das gefammte wohner, ergrimmt über die niedrige Weise, irtl welcher dieses I i'rmsche Volk habe es mit tiefer Trauer gesehen, wie das gesetz- Blatt sogar über den kranken König spricht, störte mit Gewalt I :?7e K>rchenrecht mit Füßen getreten und wie die loyalen geist- die Versammlimgen und belästigte die Verkäufer, so daß die I ^chen Würdenträger ohne Anlaß und ohne Gericht, nur aus Sozialdemokraten jedesmal durch die Polizei gegen ärgere Miß- I-neidenschast von ihren Stellen enthoben wurden. Zum Handlungen geschützt und aus der Stadt hinausgeleitet werden I ®7,e erklärt die liberale Partei, daß sie die Vereinigung mußten. Da diese Straßentumulte der ruhigen Bürgerschaft I ? "I* serbischen Balkanländerals eine Forderung keinesfalls angenehm find, hat der Bürgermeister sich veranlaßt I ». Gerechtigkeit, der Genüge geschehen muß, als Gewähr des gesehen, den Verkauf beS Blattes auf der öffeutlicheii Straße zu I Friedens und des Fortschrittes im Orient betrachte, und daß sie untersagen. Am Dienstag Abend kam es wiederum zu einer I , , Zollverband, dem das politische Bünduiß der Bal- hestigen Schlägerei. Sobald die Sozialisten begonnen hatten, I 'anstaaten folgen würbe, als nothwenbig erachte.

ihr Blatt mit lauter Stimme zum Verkauf auSzubieten, fiel eine I Attkaarkett.

33ült«mcnge über sie her und trieb sie auseinander. Einer bet I » Soffa, 4 «hril Der Bau der 108 Km rannen ffHen.

erkannte in der Person, welche die Schüsse abfeuerte, I derjenigen für das rollende Material, werden auf 7 Mill ftrcä

schäft wiederholt wurde. Als die Polizei den Wirth in Schutz 9 aufneymen ju muffen.

nahm, wurde die Haltung der Menge so drohend, daß dieselbe mit der blanken Waffe zerstreut werden mußte. Erst Abends um 11 Uhr war die Ruhe wiederhergestllt.

«emark.

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Hier geht das Gerücht, daß Makenzie in Bombay Truppen anwerben läßt, auch ist man der Ansicht, daß die englische Marine dann doch bei Landoperationen engagirt wird. Unsere deutschen Matrosen zeigen sich trotz der vielfachen Entbehrungen ganz vergnügt. Die Verpflegung ist sehr gut und der Gesundheitszustand zur Zeit bedeutend besser. Sterbe­fälle an Fieber und Diflentrie kommen selten vor. Allerdings tritt mit nächstem Monat die Regenzeit ein, welche leider Krankheit im Gefolge haben wird, man hofft andererseits aber, daß dadurch die Gegner gezwungen werden, sich nach höher gelegenen Orlen zurückzuziehen, denn die Küste wird vollstän­dig überschwemmt. Der vor 14 Tagen aus dem Innern hier eingetroffene Lieus. Ehlers behauptet, die Dürre sei in diesem Jahre im Innern so gewaltig, daß eine ungeheure Hungersnoth ausbrechen werde. Sir John Kirk, der frühere englische Generalkonsul, ist nur einige Tage hier ge­wesen. Der Sultan hat ihn empfangen, ober nur unter der Bedingung, daß nichts Politisches verhandelt würde. Als Grund seiner Anwesenheit hat Sir John angegeben, daß er seine Ländereien verkaufen wolle.

* Wie demTemps" aus Sansibar gemeldet wird, ist auf den Großen Comoren ein A u f st a n d ausge­brochen. Der Sultan Aschimon, der in Diego Suarez ge­fangen gehalten wird, schüre die Bewegung. Mehr als 1ÖOO Indier von der Ostküste seien aus einem Dampfer des Sultans bereits nach Bombay abgereist.

Austratten.

. v. K. Sydney, 15. Februar. Von den durch die Wirren auf Samoa verursachten Kosten kann man sich eine Vorstellung machen, wenn man erfährt, daß die Beförderung der Depeschen an Dr. Knappe durch den für diesen Zweck gecharterten Auckländer DampferW a i n 0 i" nicht weniger als 700 L. (14,000 JL) gekostet hat. - Mit derLübeck", welche Apia am 5. Februar verlassen hat, ist auch Hauptmann Brandeis, der seit Bildung der jetzigen Regierung als Tamasese's Rathgeber funkttonirt hat, in Sydney eingetroffen. Er befindet sich auf der Durchreise nach Berlin, wo er über die Lage der Verhältnisse anscheinend persönlich Bericht er­statten soll. Brandeis ist des Samoanischen vollständig mäch­tig, außerdem hatte er stets einen Häuptling Namens Mamea bei sich, damit derselbe ihm nöthigenfalls als Dollmetscher diene. Mamea hat einmal sechs Monate in Washington ge­lebt, wo er sich die englische Sprache ungeeignet hat. In einer Zuschrift an denSydney Morning Herold" aus Apia wird die Thätigkeit des Herrn Brandeis sehr gelobt. Die von den Anhängern Mataafas angerichteten Verwüstungen sind leider sehr bedeutende und so mancher Kolonist dürfte vollständig zu Gmnde gerichtet sein. Am schwersten ist be­greiflicherweise dieDeutsche Handels- und Plantagengesell­schaft" betroffen worden, deren Verluste durch Diebereien allein

Vereinigung, wiewohl ihr eifrigster Förderer. Wenn die Ver­einigung, ttotzdem sie Jahre hindurch bestand, erst jetzt an bk weitere Ocffcntlichkeit sich wendet, so war eben bisher ihre Zeit noch nicht gekommen. Das Geistesleben Berlins reagirte kräftiger gegen den Wunderglauben, gegen die Zaubersprüche, die in Wahrheit von den Agitatoren im Männerbunde gepre­digt werden. Von allen Rednem, die ich hörte, war Herr Stöcker noch der bedeutendste, der sachlichste, und das will schon an sich etwas bedeuten. Er brachte wenigstens An­gaben, über die sich rechten läßt, er wies wenigstens auf soziale Hilfsmittel hin, er wehrte sich gegen die Beschuldigungen, als gälte es, das Bildungsniveau unserer Zeit herabzudrücken; er rechnete zum Theil mit irdischen Dingen und verwies nicht fort und immer fort auf die Hilfe des Himmels, über die sich nicht rechten läßt.Man" ist entsetzt über die grausig zuneh­mende Unsittlichkeit, zumal in Berlin,man" muß die Hände über dem Kopf zusammenschlagen über das Grauen, das die Stattstik enthüllt,man" schaudert zurück vor den Tausenden von Opfern, die das Laster der Großstadt for­dertman" zählt in Berlin allein über 50,000 der Prosti­tution verfallene weibliche Geschöpfe,man" berechnet, daß 60 Millionen Mark von der Männerwelt Berlins allein im Jahre als Sündengeld vergeudet wird. So wird in den Farben der Hölle ausgetragen, und der Gewährsmann für all' die Sün­denlast, die Pest und das Verderben von Berlin ist der un- kontrolirbareman"; und wenn ich die Gläubigkeit, die diesen kräftig und übcrzeugungstreu in die Menge geschleuderten Tiraden gezollt wird, von den Gesichtem vieler der Versam­melten ablas, so erinnerte ich mich an eine Lieblingsfigur deut­scher Poffendichter vom Schlage Moser's und Rosen's: an den ängstlichen Provinzialen, der nach Berlin kommt und in dem großen Babel überall Schelmerei, Betmg und Gaunerstreiche wittert. Es wird auch meiner Anschauung nach in den Pro­testversammlungen freisinniger Vereine gegen dieneueste Stöcker­komödie" darin gefehlt, daß man mit leichtem Spott die Be­wegung abzuthun sucht, statt ihr krittsch an den Leib zu rücken. Im Jahre 1885 standen laut den polizeilichen Nachweisen 3724 weibliche Personen unter Sittcnkonttole. Ueber 400 Photographien dieser Frauen enthält das Verbrecheralbum. Ende 1888 stauben unter Kontrole 3186 Frauen und Mäd-

AeuUeton.

Der BerlinerMiinnerbunL*.

Berlin, Anfang April.

Aus ber hiesigen Charite würbe kürzlich eine Verlorene, an Leib uub Seele gebrochen, entlassen. Bevor sie aus bem Krankenhaus schieb, schrieb sie ein formgewanbtes, sentimentales Gedicht nieder, eine Allegorie ihres Lebenswandels. Sie ver­glich sich darin mit einer Schneeflocke, die vom reinen Himmel niedersällt, in den trüben Dunstkreis der Stadt geräth, bis sie sich dem Schmutz der Straße vermählt und unter den Fuß­tritten der Wanderer vergeht. Von diesem Gedicht weiß Herr Hofprediger Stöcker sehr rührsam zu berichten und es ist damit eine Seite der öffentlichen Versammlungen, die jetzt in Berlin so viel Aufsehen machen und die denMännerbund zur Be­kämpfung öffentlicher Unsittlichkeit" zum Tagesgespräch machen, lebendig gekennzeichnet. _ Nächst der Sentimentalität muß den Kreuzrittern das Gespensterwecken und das Erregen von Grauen als Mittel zum Zweck dienen. Ich habe allen Versammlungen des Männerbundes bcigewohnt, jede Spur, mich von vorn- herein und vomrtheilsvoll über den Geist, der in diesen öffent­lichen Erscheinungen herrscht. luftig zu machen, lag mir ferne; ich bin auch ein Feind jener Anschauungen, die einer gesell­schaftlichen Krankheit nur ein mitleidiges Achselzucken entgegen­bringen und die mit dem Schlagwort vom nothwendigen Uebel sich leichtlich von einer unbequemen Pflicht loszusagen pflegen: aber so viel Mysticismus und Phantasterei, so wenig Faßbares, so wenig bestimmte, reale Vorschläge glaubte ich doch nicht erwarten zu dürfen, als ich fand. Der Männerbund zur Be­kämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit in Berlin ist keine Schöpfung von heute, wie die Blätter irtthümlich annehmen. Er fristet sein Dasein Jahre lang, freilich unter Ausschluß der größeren Ocffentlichkctt; geplant mürbe er von einigen Aristo­krat uni> Pastoren strengkirchlicher Richtung. Gegenwärtig leitet den Vorsitz, wie bekannt, Gras Hochberg, ber General- wtenbant ber königl. Schauspiele. Herr Stöcker sitzt nicht im Vorstand des Männerbundes, er ist nicht einmal Mitglied der

Afrika.

8 Sansibar, ll. März. Die Araber hoffen, daß der demnächst hier eintreffende Reichskommissar Hauptmann W i ß - ywwimw«.». I wann die Ruhe auf dem Gebiet der Ostafrikanischen Gesell-

88 Kopenhagen, 2. April. Der Reichstag ist gestern schäft durch friedliche Mittel wieder herstellen wird, denn es geschlossen und ein neues provisorisches Finanz -I rc*rb als gewiß angenommen, daß bei gewaltsamem Eingreifen g e s e tz (das fünfte) heute veröffentlicht worden: Die letzte eine ungeheure Erbitterung Platz greifen werde. Der deutsche Sitzung im Landsthing verlies in einer für die Regierung ^.mne fei ja ohnehin schon gefürchtet und gehaßt; natürlich unangenehmen Weise. Das Folkething hatte die am 8. Januar to,rb bis jetzt Alles der Ostafrikanifchen Gesellschaft zur Last eingebrachte NachiragsbewilligungS-Vorlage I 9-l-gf, aber wenn Wißrnann auf dem Festlande bedeutendes worin 9 Millionen Kronen für die Landbefestigung I Blutvergießen und Abbrennen der Ortschaften der ohnehin Kopenhagens verlangt werden, bis zum vorletztm Tage der I Won schwer geschädigten Küstenbewohner veranlaßt, so dürste Session behalten, so daß das Landsthing die Vorlage mit I s!" wahrer Vernichtungskampf stattfinden. Im Allgemeinen außerordentlicher Eile behandeln mußte. Hierzu ist aber nach I bcr Suaheli-Neger friedlicher Natur; er liegt lieber auf der Geschäftsordnung die Einwilligung von wenigstens drei bcm Rücken in der Sonne oder geht zu Spiel und Tanz und Vierteln ber Mitglieder erforderlich, und obgleich eine solche wenn Wißmann es versteht, ohne viel Blutvergießen die Ord- Einwilligung sonst immer ohne Abstimmung gegeben worden nun9 wiederherzustellen, so dürsten Bushiri und Konsorten ist, wurde wider Erwarten gestern eine Abstimmung verlangt, bald ifolirt dastehen. In europäischen Zeitungen ist viel Diese wurde vorgenommen, und es zeigte sich, daß nicht nur tior? der Finanznoth des Sultans zu lesen. Allerdings ist die Linke, sondern auch zwei Mitglieder der Rechten, Etatsrath durch die Unruhen an der Küste die Zollverwaltung gestört Andre und Kapitän Blom, gegen die Behandlung des unb 1Iur Bagamoyo und Dar-es-Salaam werden von der genannten Gesetzes, also gegen die Regiemng, stimmten. Herr Gesellschaft verwaltet; also nach Abzug der Verwaltungskosfen Blom motivirte seine Abstimmung damit, daß cs unpassend bleibt nicht viel übrig und im vorletzten Monat hat der Sultan und unter der Würde des Landsthings sei, eine so wichtige sogar noch einige hundert Rupien zubezahlt. Einen ganz Vorlage, in welcher es sich um eine Bewilligung von 9 Mill, enormen Verlust erleidet er dadurch, daß fast alle seine handle, in so großer Eile zu behandeln. In Folge dessen Pserde sterben, man spricht von über hundert, so daß er nicht wurde die Vorlage von der Tagesordnung abgesetzt. Herr I wehr wie früher sämmtlichen hier anwesenden Konsuln Wagen und Andre ist aus der Rechten ausgetreten und der ganze Vor- Pferde zur beliebigen Benutzung gibt. Trotzdem scheint die pekuniäre gang hat in Regierungskreisen einen peinlichen Eindruck ge- Sa9c doch nicht so eitel zu sein. Seine Flotte ans 10, meist gro- macht. ßen Dampfern, kostet sehr viel Geld, und dennoch werden, wie

I man hört, die Gehälter sehr regelmäßig bezahlt, was sonst

* In der russischen Presse ist bekanntlich wiederholt Klage schwache Seite der morgenländischen Fürsten ist. Trotz- über die Ue b e r f l u t h u n g speziell auch des Gouvernements I dem scheint er die kostspielige Liebhaberei nicht aufgeben zu Wo lhhnien mit deutschen Kolonisten geführt worden, I wollen, denn er schickt jetzt einen seiner ältesten Dampfer nach i'"b dieselbe als eine sowohl politisch, wie nationalökonomisch ge- I London zum Verkauf, um dafür einen neuen zu erwerben. jährliche Erscheinung gekennzeichnet worden. Diese vielen Klagen Auf der Insel Mo rnbassa, wo die Engländer die Sekretär "des'wolbü7isLeufVsS8'*fe"' T erste Station errichtet haben, herrscht noch vollkommen Ruhe,

seiner Besuche Spiele und Tänze aufführen, die er dann mit einigen hundert Rupin bezahlt. Man ist allgemein der An­sicht, wenn diese Experimente aufhören und die Engländer von ihren Rechten Gebrauch machen wollen, die Stimmung gleich­falls umschlagen und eben solche Unruhen wie in der deutschen Interessensphäre stattfinden werden. Gerade die Bevölkerung von Mombassa ist von Alters her als rebellisch und räuberisch bekannt. Nicht allein die Portugiesen haben in dieser Be­ziehung traurige Erfahrungen gemacht, sondern auch Said Said, der Vater des jetzigen Sultans. Auch eaib Bargasch haßte dieses Volk, denn er konnte ihnen nie trauen, er hat allein drei Kriege mit M'Baruk den Raschid geführt.

chcn. Im Jahre 1869 1709. Diese Angaben sind den Ver­waltungsberichten des kgl. Polizeipräsidiums entnommen.Die Zahl der von gewerbsmäßiger Unzucht lebenden Frauenzimmer hat sich, so lautet es in dem Kommentar zu diesen Zahlen nur sehr unerheblich im Verhältniß zur wachsenden Bevölke­rungszahl vermehrt; jedoch gibt dies an sich keinen Maß­stab für die Sittlichkeit ab, weil neben der kontrolirten Prostitution die heimliche besteht und weil die Zahl der Dirnen allerdings wohl durch Zunahme der Unsittlichkeit, aber ebenso auch durch eine eifrigere strengere Handhabung der sittenpolizeilichen Maßregeln wachsen kann." Die Ueber» wachung durch die Sittenpolizei ist aber in den letzten Jahren gerade strenger gehandhabt worden. Sittenpatrouillen durch­ziehen die Stadt Tag und Nacht. Verdächtige Häuser, jetzt über 2000, müßten wöchentlich ein oder mehrere Mal von der Sittenpolizei revidirt und beständig überwacht werden. Unter der AbtheilungSittenpolizei" melden die Verwaltungs­berichte hierüber: Die Ausführung dieser Maßregel ist unbe­dingt nothwendig, weil die Dirnen in diesen Häusem und Wohnungen sehr häufig unangemeldet beherbergt werden. Die betreffenden Vorschriften der Meldeverordnung findzu milde", die ausgesetzten Strafen zu gering, und diese Frauenzimmer, denen der Gelderwerb leider gar oft zu leicht wird, sind durch geringe Geldstrafen allein vor Uebertretung der Meldevor­schriften nicht abzuschrecken. Diese Revisionen der Wohnungen, weld)e gewöhnlich zwei Ausgänge haben, um ein Entweichen ber Aufgenommenen leicht zu ermöglichen, sind allerdings fast durchweg mit persönlicher Gefahr für die Beamten verknüpft und können mit Erfolg nur von mehreren Beamten vorgenom­men werden. Von der heimlich betriebenen gewerbsmäßigen Unzucht erzählen die Polizeiberichte nichts, nur beiläufig wird erwähnt:Erfahrungsmäßig dienen die Kellnerinnen in Lo­kalen mit weiblicher Bedienung den Schankwirthen mehr als Lockmittel zum Heranziehen von Gästen als zur Bedienung. Sie sind zum größten Theile unter dem Vorschüßen eines red­lichen Erwerbes der Unzucht ergeben. Diese Personen sind besonders gefährlich, weil sie die Männer zu großen Ausgaben und zur Völlerei verleiten." Nicht Schankstätten, Schand­stätten hat diese Berliner Gastwirthschaft darum auch einer der modernen Sittenapostel, Herr Superintendent Thiele neu»