Nr. 805. Drittes Morgenblatt
Sonntag, tt November 1891«
IrankfurterIeilMg
und Handelsblatt
(Frankfurter Handelszeitung.)
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„Die soziale Frage und die nächstliegenden sozialen Aufgaben der Gesellschaft"
<von Laubtagsabgiordneten Oskar Milser in Offenburg.)
In der Vorrede seines Werkes sagt der Verfasser, da ff, obzwar er der deutschen Volkspartci angcböre und sich auf deren Programm stelle, er sich doch in keine Parteischablone zwängen lasse, welche ihm diejenigen .Schwenkungen" unmöglich machte, zu denen ihn eine fortschreitende Einsicht in die Dinge naturgemäß führen müßte.
Muser hält die Nivcllirung der Gesellschaft im sozialistischen Sinne nicht für crstrebenswerth, er bedauert es vielmehr sehr, daß wir uns immer mehr einem Zustande nähern, der in der Gesellschaftsleiter nur noch »die oberen und unteren Sprossen zurückläßt, während die mittleren immer mehr ausbrechcn." Besonders energisch wendet sich der Berfafler gegen die Auflösung der Familie, welche nach seiner Ansicht im sozialistischen Staat erfolgen müßte, eifrig tritt er für „B o d e n r e s o r m" ein.
Eine eingehende Behandlung läßt Muser der neuen socialen G e s e tz g e b u n g des deutschen Reichs angedeihen. Er verdammt rückhaltlos die Bestimmungen hinsichtlich des Arbeitervertrags und legt klar dar, daß insbesondere, diejenigen über den„Contraktbruch" den Arbeiier unter ein Ausnahmegesetz stellen. Nicht minder ab- sällig urtheilt er über die Gesetzesbestimmungen betr. des „Coa- l i t i o n s r c ch t", mit ihren drakonischen Strafen für Contra- ventionen. Er benutzt auch diese Gelegenheit sich über das auszu- sprcchen, was durch das unbeschränkte Coalitionsrecht ganz besonders in England (Trade-Unions) geleistet worden ist, und wie weit unsere Gewcrkvereine hinter denselben zurückstehen. Muser glaubt, daß die Ardeitcrkoalitionen nur dann ihre volle Wirksamkeit entfalten können, wenn sie sich aus nationalen zu internationalen entwickeln, und daß die Lage der Arbeiter im Allgemeinen durch eine Kombinirung von zweckmäßigen Einrichtungen der Selbsthülfe und einer kräftigen Unterstützung von Seiten des Staates nachhaltig verbessert werden könne. Daß das Handwerk durch die veralteten Institutionen derZünste und Innungen sich nicht wieder zu keiner früheren Blüthe werde bringen lassen, führt er den Zünftlern zu Gemüthe, und befürwortet geeignete Vorbildung in den Schulen nach französischem Muster (die ausgezeichneten Einrichtungen der amerikanischen Schulen in Bezug auf gewerbliche Vorbildung, Handarbeit und Haushaltungsunterricht der weiblichen Jugend scheinen dem Herrn Verfasser nicht bekannt zu sein, sonst würde er gewiß nicht unterlassen haben, darauf hinzuweisen).
Das Handelsgewerbe wird mit einem uns allzu kurz dünkenden Capitel abgethan; der Todeskampf der Kleinbetriebe gegen den Großbetrieb, der int Handel sich vielleicht in noch tragischerer Form als im Handwerk abspielt, wird nur gestreift; über di- wichtigen Fragen des Hausirhandels, Lehrlmgswesens, der Frauenarbeit im Handelsbetriebe u. s. w. hält der Verfasser uns leider seine Meinung vor, dagegen behandelt er die Lage der Landwirthschaf t mit Ausführlichkeit und großer Sachkenutniß. Wir betrachten es als besonders verdienstlich, daß Muser nicht allgemein bekannte Mittel und Wege nngibt, wie eine Hebung des Landwirth- schaftsbetriebes zu ermöglichen sei; den Hauptwerth legt er auf die bessere Erziehung und Bildung, so daß int Allgemeinen rationeller gcwirthschaftet würde, der Landwirth den Neuerungen auf dem Gebiete seines Betriebes zugänglicher werde, und nicht durch „Schlen- driau und Leichtsinn" allzuleicht der Ausbeutung verfalle. Er citirt Schober, welcher uachweist, daß in Deutschland zwischen 300—400 Millionen Mark an Dungstoff allein vergeudet werden! Hier findet auch ein Hinweis auf amerikanische agrarische Verhältnisse statt, deren Studium allen Nationalökonomen und ganz besonders allen Freunden der Laudwirthschaft sehr zu empfehlen wäre. Daß in diesem Capitel auch der Nachweis nicht fehlt, daß unseren Landwirthen nicht durch hohe Zölle auf Bodenerzeugnisse geholfen werden kann, daß diese vielmehr eine tiefgehende Schädigung des ganzen National- wohlstnndes, der industriellen Leistungsfähigkeit u. s.w. herbeiführt, ist selbstverständlich. Gründung von Heimstätten unter Mitwirkung des Staates, genossenschaftliche Selbsthülfe durch verbesserte, den ländlichen Verhältnissen angepaßte Creditinstitutionen, erscheinen Muser als wirksamste Heilmittel gegen vorhandene Mißstände.
„Die soziale Frage im Zusammenhang mit anderen Fragen des öffentlichen Lebens" gibt Anlaß zu einer ganzen Reihe außerordentlich zutreffender Ausführungen. Aiit Bezug auf das Programm der deutschen Volkspartei, welches sagt, „daß die staatlichen und gesellschaftlichen Fragen unzertrennbar sind, und daß fich namentlich die wirthschaftliche Befreiung der arbeitenden Klassen und die Verwirklichung der politischen Freiheit gegenseitig bedingen," zieht Muser daS V e r e i n 8- und V e r s a m m l u n g s r e ch t, ohne dessen freie Entfaltung auch eine ersprießliche Entwicklung des Koalitionsrechts unmöglich sei, in den Bereich seiner Betrachtungen, ebenso die demokratische Forderung auf B e w i l l i g u n g von D i ä t e n für die Reichs- tagsabgeordneten, damit die Volksvertretung nicht eine einseitige pluiokratische werde, weiter die sozialwidrigen Lebensmittelzölle und die verkehrte Steuerpolitik. Er wünscht, daß alle Gesetze auf ihre sozialpolitische Wirkung hin geprüft werden, so auch ganz besonders unsere Militärgesetze. Dem Prozeß- und Privat- recht wird ein besonderer Abschnitt gewidmet; wir lernen hier den denkenden, nicht-im Handwerk verknöcherten, menschenfreundlichen Juristen kennen. Muser wendet sich hier gegen die hohen Gerichtskosten, gegen die Härten der Zwangsvollstreckung; der Begriff dessen, was „unentbehrlich" sei, sei bei uns viel zu enge gezogen, es dürfe nicht in der Gewalt des Gläubigers liegen, die wirthschaftliche Existenz des Schuldners zu vernichten. Er
verlangt unentgeltliche Rechtsbelehrung der Armen durch die Richter, Durchführung des Rechtsstreites solcher von Amtswegen, begrenzten Rechtsunterrichts in den Schulen; Beschränkung des Ammenwesens, Aenderung der rechtlichen Stellung unehelicher Kinder und deren Mütter. Ai- Wohnungsfrage, welche von so einschneidender sozialer Bedeutung ist, wird unter Heranziehung von statistischen Belegen, ihrer Wichtigkeit entsprechend, behandelt. Staat und Kommune müßten hierin den zu treffenden Maßregeln zurBefferung der desolaten Zustände konkurriren. Die verderbliche Wirkung der Lebensmittelzölle wird eingehend begründet; die Ver- theuerug der Lebensmittel führt zur Trunksucht. In den Zeiten der fünf Mark Steuer auf Getreide und eine» Gesetzes zur Bekämpfung der Trunksucht, hat dieser Nachweis noch eine ganz besondere Bedeutung. In Bezug auf da« Verkehrswesen stellt er den Grundsatz auf, daß die Verkehrsinstitutionen keine fiskalische Einnahmequellen bilden sollen, sondern soziale Institutionen werden müßten, also Herabsetzung der Tarife. Die Militärfrage behandelt Muser durchweg nach dem bekannten Standpunkt der Volkspartei. Er bekämpft den Chauvinismus, welcher der Jugend in die Gemüther gepflanzt wird, und verlangt, daß jede Kriegserklärung von der Zustimmung der Volksvertretung abhängig gemacht werde. In Bezug aus die Erziehung wird Unterricht in der politischen, administrativen und richterlichen Verwaltung des Landes, im Verfassungsrecht, in den elementaren Begriffen der Volkswirthschaft verlangt ; Sittenlehre in der Schule an der Stelle des konfeffionellen Religionsunterrichts. — Hiermit glauben wir den wesentlichsten Inhalt des Buches fkizzirt zu haben. Für Denjenigen, welcher fich bereits mit sozialpolitischen Studien beschäftigt hat, bringt das Werk Anregung in Fülle und manche neue Gesichtspunkte, für solche, die mit den allgemeinen, wissenschaftlichen Vorkeuntnissen ausgerüstet sind und ernstliche soziale Studien zu machen beabsichtigen, würde es bei den massenhaften Quellenangaben und Hinweisen auf die einschlägige Literatur ein vorzüglicher Wegweiser sein; ihnen sowie allen Freunden derWahr- heit und d-s Fortschritts empfehlen wir die Lektion des Werkes nachdrücklichst.
Mannheim. w. f.
Deutsches Reich.
* Berlin, 30. Oct. In einem Leitartikel der „Hamb. Na chr." über den deutsch-öfterreichisch en Handels- vertrag wird die interessante Bemerkung gemacht, daß Fürst Bismarck nicht, wie vielfach vermuthet, einer der Autoren der Brochüre „Ablehnen oder Annehmen" sei. „Fürst Bismarck, heißt es, kennt den Inhalt der fraglichen Brochüre noch heute nur aus referirendcn Zeitungsartikeln und steht ihrem Ursprung gänzlich fern."
* Berlin, 30. Oct. Einem Artikel von Profeffor Stieda in den Conradschen „Jahrbüchern für Nationalökonomie und Statistik" über die Frauenarbeit entnehmen wir, daß die Frauenarbeit außerordentlich viel rascher zunimmt, als die Beschäftigung männ- licher Arbeiter. Am auffallendsten ist diese Erscheinung in den Kleinbetrieben. Fast die gesummte Zunahme der Arbeiterschaft ist hier auf das Konto der Frauenarbeit zu setzen. Wir wollen von den mitgetheilten Zahlen nur die Verhältnißziffern in Prozenten angeben, um die Uebersicht klarer zu machen. Darnach betrug im Jahre 1882 die Zunahme der männlichen Arbeitskräfte im Vergleiche zum Jahre 1875 6,4 Prozent, die Zunahme der weiblichen Arbeitskräfte im selben Zeitraume 35 Prozent. Sehen wir uns diese Zahlen nach Großbetrieben und Kleinbetrieben gesondert an. so beträgt die Zunahme der männlichen Arbeitskräfte in den Großbetrieben 15,8 Prozent, die Zunahme der weiblichen Arbeitskräfte 26,1 Prozent. Sind schon die mitgetheilten Zahlen überraschend, so wird man erst recht ftappirt durch die entsprechenden Zahlen für die Kleinbetriebe. Hier beträgt die Zunahme der männlichen Arbeitskräfte in den zugrunde gelegten 7 Jahren von 1875 bis 1882 nur 1 Prozent, die der weiblichen Arbeitskräfte dagegen 40,2 Prozent! Mit anderen Worten: die Kleinbetriebe find zu ihrer Erhaltung mehr und mehr darauf angewiesen, sich der billigeren Arbeitskräfte von Frauen und Mädchen zu bedienen.
W Hannover, 29. Oct. Gestern fand die 19. Sitzung des Beztrkseisenbahnraths in Hannov er statt. Durch das Ausscheiden des früheren Präsidenten war ein Neuwahl nothwendig, der neue Präsident der königl. Eifenbahndirektion, Herr Geheimer Ober-Regierungsrath R e i tz e n st e i n, wurde zum Vorsitzenden gewählt. Aus den Mittheilungen der Direktion ist hervorzuheben, daß, nm eine schnellere Beförderung der Eilgüter herbeizuführen, Etlgüterzüge eingerichtet sind und zwar auf den Strecken Köln- Berlin und Hamburg-Frankfurt a. M. Derartige Züge, welche nahezu mit der Geschwindigkeit von Personenzügen fahren und auch zur Entlastung der letzteren beitragen, sollen allmählich auf allen größeren Routen eingeführt werden. Auf eine Anfrage des Vertreters von Frankfurt, wie weit die Reform der Personentarife gediehen fei, erwiderte die Direktion, daß sie darüber bestimmte Mittheilungen nicht machen könne. Es scheinen augenblicklich finanzielle Erhebungen im Gange zu sein. Als einziger Verhandlungsgegenstand kam der Antrag Wallach-Cassel zur Berathung, dahingehend, daß ungereinigte, mit Haut- und Fleisch fasern behaftete Knochen, tote früher, auch in der Zeit vorn 31. März bis 31. Oktober mit getheerten Decken eingedeckt in Wagenladungen zugelassen werden sollen. Konsul Puls begründete einen Zusahantrag dahin, daß ui dem § 48 des Betriebsreglements eine deutlich erkennbare Unterscheidung von frischen mit Fleischtheilen behafteten und
abgekocht en Knochen eingeführt werde, da letztere in Süddeutsch-- land am meisten versandt würden. Ferner sollen Versuche mit besonders konstruirten Wagen, entweder aus Eisenblech oder mit sehr hohen Wänden angestellt werden. An der Debatte betheiligten sich u. A. die Herren Präfident Bertelsmann, Kommerzienrath v. Cölln, Generaldirektor Haarmann, Fabrikbesitzer Selwig. Eizi Hinweis des Herrn Oekonomierath Ro thbarth auf die Möglichkeit, die frischen Knochen mit Moorerde zu desiufiziren, veranlaßte die Versammlung, auf Veranlaffung des Freiherrn von Hammerstein, den Antrag von der Tagesordnung abzusetzen, um zunächst den Interessenten Gelegenheit zu Versuchen in dieser Beziehung zu geben.
8 Aus der Pfalz, 31. Oct. Die von dem Stadtrathe in Ludwigshasen angeregte Abänderung der psälzi- schen Gemeinde-Ordnung, welche den größeren Städten die Anstellung rechtskundiger Bemfsbürgcrmeister ermöglicht, begegnet bei der Berathung im Plenum der Stadträthe immer mehr Schwierigkeiten, woran wohl die unbegründete Furcht vor der Einführung der im rechtsrheinischen Bayern bestehenden Gemeinde-Ordnung, die allerdings nicht im besten Gerüche steht, ihren Antheil haben mag. Von den Städten mit über 10,000 Einwohnern haben bis jetzt St. Ingbert, Pirmasens, Neustadt und Speyer eine ablehnende, Landau eine halbwegs zusagende Stellung eingenommen. Unter diesen Umständen ist es fraglich geworden, ob Ludwigshafen mit seinem Antrag im Landrath und in der Kammer durchdringt.
* Frankfurt, 31. Oct. Wie wir hören, wird der Reichs- Kommissar für die Weltausstellung in Chicago, Herr Eeheimrath Wermuth, am 6. November in Frankfurt mit der Handelskammer über die zu treffenden Maßnahmen berathen, um gegen Ende des Monats November eine größere Versammlung einzuberufen, in welcher der Herr Reichs-Kommissar mit den hervorragendsten Vertretern der Handels- und Gewerbekreise des hiesigen Bezirks, von denen angesichts der lebhaften Beziehungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika vorausgesetzt werden kann, daß sie der Beschickung der Welt-Ausstellung in Chicago Interesse entgegenbringen, in einen persönlichen Verkehr zu treten wünscht,
Frankreich.
* Paris, 30. Oct. InBre st beeifert fich die Bevölkerung, den Bemannungen der beiden dort vorAnkerliegenden russischen K r i e g s s ch i ff e ihre Freundschaft zu bekunden. Festessen, Konzerte, Bälle, Reden rc. wechseln ohne Unterbrechung ab. Auch die Knaben des Brester Lyceums konnten das Bedürfniß der Verbrüderung nicht überwinden und ließen durch eine Abordnung dem Befehlshaber anBord des „Minin" eine Broncefigur als Geschenk für den jungen Großfürsten Alexander überreichen. Dieselbe stellt einen französischen Offizier dar, der in der einen Hand eine Fahne, in der anderen den Degen hält; darunter die Aufschrift : „Wann man will." Die Figur war in eine feidene dreifarbige Fahne gehüllt, auf welche die Worte gestickt waren: „Die Zöq- linge des Lyceums von Brest". Der Sekundaner F e r e t hielt eine Ansprache, in weicherer versicherte, sein und seiner Mitschüler Heizen hätten freudig gepocht, als in Kronstadt Frankreich und Rußland ihre alte (? 1812? 1856?) Freundschaft erneuert. Die Mißverständnisse der Geschichte hätten diese Freundschaft nicht beseitigen können, und die I r r t h ü m e r der Politik hätten die Herzensverbrüderung fester als je besiegelt. „Die Stunden der Vereinsamung, welche die Stirne unserer Väter um- büftcrten, werden sich für uns nicht mehr erneuern. Haben Sie Dank von der französischen Jugend und erlauben Sie uns, der russischen Jugend in der Person ihres Oberhauptes das bescheidene Zeichen unserer Zuneigung und Dankbarkeit zu überreichen. Dasselbe wird Sie daran erinnern, daß unsere Gedanken und Hoff- nmigen dieselben sind und daß wir das gleiche Ideal verfolgen Wie sie, wollen wir stark fein, um der Gerechtigkeit zu bienen. DwS Bild wird unseren fernen Freunden sagen, daß mau auf uns zählen kann und daß wir mit dem letzten Blutstropfen unsere Freiheit und Ehre wie diejenige unserer Freunde zu vertheidigen bereit sind." Es ist ein wahres Glück für Frankreich, daß der Sekundaner Feret nicht Minister des Auswärtigen ist.
Rußland.
*^er d" Russificirung der Universität Dorpat theilt das in Reval erscheinende ruffische Blatt „Kolywan" mit, daß
r “J ! 1' $ -e Lehrsprache außer in der juristischen Fakul- tat auch schon in 2 Fächern der medicinischen und 6 Fächern der historisch-philologischen Fakultät angewandt würden. 35 Professoren beherrschten bereits die russische Sprache. Nur den von 1888 Jui- matnkulirten ist das Recht zugestanden, den Kursus bis zum Friih- Img 1892 noch in deutscher Sprache zu absolviren. Auch die Uni- versltätsstatuten und der Etat seien bereits von der Reform berührt worden und im nächsten Jahre würde die neue Ordnung auch in ber historisch-philologischen Fakultät eingeführt werben. — Die theologische Fakultät soll in eine altrussische Universitätsstadt übcr- gefuhrt werden.
Gerichtszettnug.
G Schweidnitz, 30. Oct. Vor längerer Zeit berichteten wir m .’.?yan^ Äkg ", daß der Redakteur des sozialdemokratischen Parteiblattes „Der Proletarier ans dem Euleugebirge", Franz Feldmann in Langenbielau, wegen Abdruckes des bekannten Heine- schen Weberliedes von 1844 unter Anklage gestellt worden ist. Die ^Sache^kam^üngst vor der Strafkammer des hiesigen Landgcrichtcs '
zur Verhandlung. Dem Anträge der Staatsanwaltschaft, di« Oeffentlichkeit auszuschließen, weil „die Verlesung des Gedichtes geeignet sein könnte, die Sittlichkeit und öffentliche Ordnung zu gefährden", wurde nicht stattgegeben. Der Staatsanwalt sieht in der Veröffeutlichunq doch eine Aufreizung und beantragt 3 Monate Gefängniß. Der Gerichtshof verurtheilt Feldmann zu 2 Monaten Gefängniß, indem er in seinem Erkenntniß Folgendes feststellt: „Durch Publikatioi, des Heine- schen Weberliedes habe der Angeklagte verschiedene Klassen des Volkes aufgereizt. Eine Störung brauche nicht stattgesunden -u haben, sondern nur die Möglichkeit einer solchen vorhanden zu sein Eine Publikation des Gedichtes in Berlin sei eine ganz andere als inLangenbielau, wo noch Theiluehmer, sowieAngehvr'ige von solchen Personen vorhanden sind, welche an den damaligen Unruhen betheiligt waren. Außerdem wäre der Staatsanwalt auch in Berlin eiiigeschritten, wenn er nur beit Thäter hätte ermitteln können."
Vermischtes.
m Wiesbaden, 30. Oct. Wie bereits kurz gemeldet, wird Donnerstag, den 5. November, Vormittags 10 Uhr im Bürgersaale beä Rathhanses eine Besprechung der Hauptvertreter der im Han- delskamiilerbezirk Wiesbaden aiisäßigen Industrie- und Handelsgeschäfte mit Herrn Geh. Regierungsralh Wermuth, dem ReichS- Kommissar für die W e l t. A u s st e l l u n g in C h i c a g o 18Q3 stattfinden. Einen Hauptgegenstand der Berathungen wird die Colleetiv-Ausstellung deutscher Weine in Chicago bilden, welche von der Handelskammer Wiesbaden angeregt, und für den Rheinga«, sowie dm Bezirk Bingen von Jnteressenten-Versammlungen schon beschlossen worden ist. Die Handelskammern, in deren Bezirk sich Theiluehmer für die Wein-Ausstellung gemeldet, wie Coblenz, Bingen, Worms, Ludwigshafen (bayerische Pfalz) sind ersucht worden, die Hauptvertreter des Weinbaues und Weinhandels zur Theilnahme an den Berathungen in Wiesbaden auszufordern. Die in Aussicht stehenden Mittheilungen des Herrn Reichs-KommissarS über Organisation und Ausstattung derWein-Colleetiv-Alisstelluiig, über Lage des für dieselbe zur Verfügung stehenden Platzes, über die den einzelnen Ausstellern vermuthlich erwachsenden Kosten sowie den für die Wein-Ausstellung verfügbaren Reichs-Zuschuß werden für die Aussteller von der größten Wichtigkeit sein.
I) Ziinsbriilsi, 30. Oct. Der Tiroler Landesverband für Fremdenwesen hat eine Statistik des aus dem Fremdenverkehr für Deutsch-Tirol im Jahre 1890 sich ergebenden Erträgnisses ausgearbeitet, deren Resultate nun vorliegen. In Betracht gezogen wurden 218 Gemeinden. Die interessanten statistische« Daten ergeben nun, daß die Einnahmen, welche Deutsch-Tirol im Jahre 1890 aus dem Fremdenverkehr gezogen hat, sich auf 7,015,000 fl., oder mit Abzug der Reisespesen der Inländer aus 6,840,000 fl. beziffern. Am meisten participirt daran die Stadt Meran mit 2,137,000 fl., dann folgt die Stadt Bozen mit Gries mit 1,340,000 fl., hierauf die Stadt Innsbruck mit 1,329,000 fl. (Slrco hat 800,000 ft aufzuweifen). Nordtirol hatte im genannten Zeitraume einen Fremdenbefuch von 102,569 Personen und dadurch eine Gefammteiniiahme von 2,318,000 fl.. Deutsch-, Süd- und Osttirol bei 88,000 Fremden einen Ertrag von 4,696,000 fl. — Heute fiel hier der e r ft e Schne e, auch die Thalfläche mit einer zolldicken Schichte bedeckend.
* Wie», 30. Oct. Die Volkszählung vorn 31. December 1890 hat sich auch mit der Gliedening der Bevölkerung nach dem Geschlechte beschäftigt und ist dabei zu dem Resultate gekommen, daß es in den im Reichsrathe vertretenen Königreichen und Landern über eine halbe Million Frauen mehr gibt als Männer. Der Ueberschnß betrug im Jahre 1869 589,455, 1880 504.770 und Ende vorigen Jahres 517,155 Personen, so daß zwar im Allgc- nieinen eine Abnahme der Differenz konstatirt werden kann, sür die Männerwelt aber trotzdem noch ein beträchtliches Manco verbleibt. In Niederösterreich hat sich während der letzten 20 Jahre dasMißverhältniß sogar vergrößert, dahier 1869 auf 1000 Männer 1021 Frauen entfielen. 1880 dagegen 1025 und 1889 sogar 1035. Die 35 hätten also ledig zu bleiben ! Da ist Görz und Gradiska, Istrien, die Bukowina und Dalmatien besser daran, denn alle diese Kronländer sind von einem Plus von Frauen auf ein Minus herabgesunken, in Istrien steht Heuer das Verhältniß für die Frauen besonders günstig, denn ihrer existirten nur 923 gegenüber je 1000 Männern. Den größten Frauenüberschuß haben Krain und Schlesien, nämlich je 96 pro Tausend.
S Bordcaur, 24. Oct. Am Dienstag wurde hier der ehemalige Soldat Auru sse guillotinirt, weil er das Schäferpaar Barbe und deren Onkel Bregut in einer Meierei unweit Libounie aus Rache ermordet hatte. Seit dem 10. August war er zum Tode verurtheilt, er war aber immer lustig und guter Dinge, weil er überzeugt war, bag ihm, „einem dekorirleu Soldaten, der in Tonkin einem Offizier mit großer Bravour das Leben rettete", nichts geschehen könne. Aber Monsieur Deiblcr, der Pariser Scharfrichter, holte ihn doch. Als ihn der Beichtvater frug, ob er Messe hören und beichten wolle, nickte er stumm, sprach aber kein Wort mehr, feit man ihn geweckt hatte. Er ließ Alles ruhig mit sich geschehen, trank ein Gläschen ”um, das der Aufseher ihm darbot, schüttelte nur hier uub da den Kopf und stieg festen Schrittes in den Wagen, der ihn zum Richtplatz sührte. Erst da, als er die Menschenmenge sah und ihm die Hände auf den Rücken gebunden wurden, loste sich's wie ein Schrei aus seiner Brust: „Was ?" rief er, „in Tonkin habe ich gegen vierzig Menschen gelobtet uub bin dafür beforirt worden, und wegen der drei Kerle soll ich geköpft wer..." Er konnte nicht ausreden; das Messer fiel und schnitt ihm mit dem Kopfe das Wort ab.
stimmt, daß Sie mir nicht Sachen Nachreden, die mich in den Ruf der Geckenhaftigkeit bringen könnten.
Dennoch hafteten ihre Worte in feinen Gedanken, beglückend und quälend.
Sollte es dennoch möglich fein, daß sie Neigung für mich gefaßt hat? .. . . Möglich wohl, ich glaube, selber schon so etwas bemerkt zu haben. Aber was ist damit geändert? So eine Neigung ist bald verwischt... sie wird fich als wohlerzogenes Mädchen nicht so vergessen ....
Diese quälenden Gedanken, die ihn in der Einsamkeit beschlichen, verhinderten nicht, daß er in ihrer beglückenden Nähe, allen Schmerz vergessend, oftmals sorglos heiter erschien. Wie oft gedachte er jetzt der Verse des kaiserlichen Minnesängers:
„Mir sind die Reiche, die Lande Unterthan,
Wenn ich bei der Mimiiglichen bin.
Und alsbald, wenn ich scheide von dann.
So ist mir all' mein Gewalt und mein Reichthum dahin/
Ja, so oft er bei ihr war, schwand vor feiner Vorstellung der Abgrund, der ihn von ihr trennte, um fich gähnend wieder auf* zuihun, wenn er allein war.
An ihrem Geburtstage, der in diese Zeit fiel, erhielt sie am Morgen durch die Post eine zierliche Karte mit folgenden gedruckten Versen:
„Tritt ein herrlich Weib ins Leben, Wird ein großes Glück geboren; r-r- Welkt sie hin trotz holdem Streben, *
Geht ein großes Glück verloren.
Frauenherz ist nur beglückt, Weun's ein anderes fest umstrickt."
Sie sann hm und her, tver fich wohl zu diesen mahnenden Versen begeistert haben möchte. Der Poststempel wies auf die Garnisonstadt und daher dachte sic zuerst an die Offiziere. Dann dachte sie an ihre Mutter, denn es blickte ihr aus den Zeilen so etwas wie eine Aufmunterung zur Heirath entgegen. In diesem Fall mußte auf deren Veranlassung Jemand die Verse erfunden oder irgendwo abgeschrieben haben.--Aber der Poststempel
— in der Garnison war Niemand, mit dem sie auf vertrantem Fuß stand.
Plötzlich fiel ihr Arni ein, und eine sehr angenehme Empfindung überkam sie. Für den Nachmittag wurde er mit den Quitzo- wern erwartet, da wollte sie es schon herausbringen.
Der Nachmittag kam und mit ihm der Ersehnte. Sehen Sic, sagte sie, sobald sie allein waren, ihm die Karie hinreichend und ihn gespannt dabei anblickend, sehen Sie, welch eigenthümlich« Begrüßung mir heule Morgen zu Theil geworden ist; js kam
JeuiMon.
Gn tz elAugust.
20) Roman von A. Peters»
(Fortsetzung.)
Wie die Engländerinnen und viele Mütter in Deutschland sand Frau Doktor Bahnsen nichts Arges darin, wenn ihre Tochter zeitweilig mit einem Manne allein war; Gelegenheit, mit ihr zusammenzukommen, hatte er bei der Art des Verkehrs zwischen Ouitzow und Lewenhagen in Hülle und Fülle, und sie wich ihm nicht aus, im Gegentheil, er konnte alsbald bemerken, daß sie sich gern mit ihm unterhielt, und daß ihr ein gewisser Grad von Vertraulichkeit im Verkehr angenehm war.
AIs er sic eines Abends durch den Park begleitete, kamen sie auf Berlin zu sprechen.
Haben Sie nicht einen Verwandten in Berlin, einen Privatdozenten Doktor Amt? fragte sie. Ich habe diesen Herrn im vorigen Winter dort gesehen, er sah Ihnen ganz auffallend ähnlich.
Im vorigen Winter? Nein, da gab es dort keinen Dozenten .Amt, das hätte ich tvissen müßen, denn ich war selber nahe daran, es zu werden. Es ist aber wohl möglich, daß Sie mich gesehen haben, und daß vorgreifende Höflichkeit mich schon als Dozenten bezeichnet hat.
Lausen Sie gut Schlittschuh? sagte sie gespannt.
Amt war etwas überrascht über diese plötzliche Frage.
_ ja-.iß kann wohl sagen, daß ich recht gut lause, weniq- sten» habe ich viel Uebung, denn ich habe es von Kindheit an mit Leidenschaft getrieben.
Haben Sie auch im vorigen Winter in Berlin gelaufen»
So oft es anging.
Haben Sie dort viel in der Geselligkeit verkehrt?
Sehr viel.
Auch bei Geheimrath Brumm ?
Auch bei dem.
Kein Zweifel, dann sind Sie es! Aber um des Himmels willen, wie kommen Sie denn nach Ouitzow in diese .... nun in diese doch sicherlich nicht glänzende Sage?
Er hatte sich ja vorgenommen, sich ihr nicht zu nähern, in achtungsvoller Entfernung zu bleiben.
Hatte er fein Vorhaben festhalten wollen, so hätte er ihr eine kurze Erklärung geben müssen, etwa wie dem Lieutenant Sohl- beck; wie weit aber kam er davon ab. Er gerieth in Erregung er beklagte sein Schicksal, er verrieth die schwachen Hoffnungs- Ichiinmer, nach denen er ausblickte. Seine ganze Haltung, seine Worte, der Ton seiner Sprache forderten Theilnahme, und — er fand sie. Sie bedauerte feine Lage, ereiferte sich mit ihm über dm bösen Onkel, blickte mit ihm aus nach Lichtpuntten in der Zukunft. Auch auf Nebendinge kamen sie zu sprechen; wie sie sich beim Geheimrath Brnnim beinahe getroffen hätten und wie unter ganz anderen Umständen damals. Eine halbe Stunde ging so dahin, ohne daß sie es merkten, bis sie zufällig Frau Oberamt- mairn uud Frau Doktor Bahnsen begegneten.
Jetzt beruhigte er sich rasch wieder, und den ganzen übrigen Theil des Abends, so lange er in ber Familie blieb, hatte er nur die angenehme Empfindung des stumm Duldenden, der endlich eine Seele gefunden hat, der er fich zu erschließen wagt, endlich em menschliches Wesen, das ihm wirkliche, wahrhaftige, warme Theilnahme entgegenbrachte. Als er dann aber spät am Abend allein in seinem Zimmer war, kam große Unruhe über ihn. Wally Bahnsen wich nicht aus seinen Gedanken. Er vergegen- märtigte sich lebhaft den Auftritt vom Abend in der Dämmerstunde, er sorfchte fcharf in feinem Innern, und jefet erkannte er, daß ihm ihre Gunst, ihre Freundschaft nicht genüge, daß er viel mehr begehre, daß er sie ganz und gar sein eigen nennen wolle. Durste er nach einem solchen Besitz streben?
Nein, nein, das darf ich nicht, in meiner Lage nicht, sagte er sich verzweifelnd.
Dann schweiften seine Gedanken in die Vergangenheit: Hätte ich sie damals in Berlin getroffen, bei jenem Geheimrath, ja damals hätte ich mich nicht davor gescheut, um ein Mädchen wie sie zu werben. — Damals und jetzt!
Er hätte folgern können:
Stand ich damals hinlänglich hoch, so bin ich auch jetzt noch nicht unwürdig, denn meine Persönlichkeit ist unverändert, ich bin noch jetzt zu allem fähig, zu dem ich damals fähig war, und meine Stellung ist durch äußere Hülse leicht zu ändern. Er folgerte in seiner jetzigen Stimmung aber umgekehrt: Bin ich jetzt in einer so jämmerlichen, von dem mächtigeren Theil der Gesellschaft mißachteten Stellung, so stand ich auch wohl damals nicht hoch und habe mich nur in einem Wahn bewegt.
Dann kamen wieder Hoffnung und Zuversicht uiid brachten andere Beleuchtting:
Ja, hätte ich nur die Dfittel, nach Berlin zu gehen, die unter
brochene Carriere wieder anfzunehmen, dann wollte ich vor einem Versuch nicht zurückschrecken.
Und wo waren die Mittel zu finden? Bei Onkel August. —
Um sie zu erwerben? — um einen so köstlichen Preis? — ja, da konnte man noch ganz Anderes erdulden, als die Zornesausbrüche und Schmähungen eines rohen Menschen.
Da er nahe daran war, seinen Entschluß zu fassen, malte er IM die Sage lebhaft aus, zumal Onkel August . . . wie möchte er sich wohl benehmen? Er starrte lange vor sich hin, er mochte wohl eine Stunde so gesessen haben, als er plötzlich sich erhob. Sem Mund verzog sich häßlich, und seine Augen funkelten äußerst unfreundlich; dann schlug er mit der Faust auf den Tisch: Nein, Ueber schieße ich mir eine Kugel durch den Kopf!
Als er so weit war, kam wieder Ruhe über ihn, er kleidete sich langsam aus, legte sich ins Bett und schlief bald ein.
Nach einigen Tagen traf er einmal mit Fräulein Obrecht unter vier Augen zusammen. Diese hatte alle Fehler und Vorzüge,^ die die Sklaverei den Menschen bringt. Sie beobachtete haarscharf; und besonders Alles, was einer Schwäche nur ähnlich sah, entging ihren Späherblicken nicht. Sie hätte sich Amt gern freundschaftlich genähert, seit er so rasch in der Gunst gestiegen war, aber sie war durch ihre Stellungen fast immer darauf hin- getDie|en gewesen, Frauen zu gefallen und war daher Männern gegenüber, die sie anziehen wollte, zu süßlich und schmeichelnd:
Ich möchte Ihnen schon wieder eine Schmeichelei sagen, Herr Doktor, fing sie an.
Vitte, nur zu; ich weiß ja ohnehin, wie sehr ich mich vor Ihnen in Acht zu nehmen habe.
Aber, Herr Doktor, warum sind Sie nur immer so iniß- krauisch und feindlich, ich habe Ihnen doch gewiß nie etwas zu Leide gethan.
. - Wenigstens nicht mehr, als Sie für nöthig hielten, so lange ich bei Ihrer Herrschaft in Ungnade stand.
Srait Oberamtmann ist meine Freundin, entgegnete sie leicht gereizt, fuhr bann aber sogleich in ihrem milden Ton fort:
Ich muß Ihnen boch bie Schmeichelei sagen, sie ist von ber Art, die keinem jungen Herrn mißfällt: Sie machen sehr tiefen Eindruck auf Fräulein Bahnsen.
Es war ihm äußerst peinlich, mit der alten Schachtel das zu berühren, was seine Seele marterte, und er entgegnete daher zu ihrer Enttäuschung:
Fräulein Obrecht, ich muß Sie bitten, Ihrer Phantasie Zügel mizulegen, und ich erwarte von Ihrer Ehrenhaftigkeit be-