Donnovpksg. L jgeytem&gr L8E
und Handelsblatt.
(Frankfurter Handelszeitnng.)
(Nene Frankfurter Zeitung'.)
AemCeton
die geplante Organisation einwendet, scheint uns gerade ein starkes Argument für sie zu sein. Die „unerwünschten Elemente", die er ausschließen will, gehören gerade in eine Interessenvertretung hinein, die nicht ein geschlossener Klub oder ein politischer Agitationsverein sein soll. Die „Franks. Ztg." berichtete kürzlich aus Württemberg einen Fall',' wo ein angesehener Landwirth aus politischen, vielleicht auch persönlichen Gründen in einen „freien" Verein nicht ausgenommen wurde. Vielfach sind diese notorisch zu Agitationszwecken benutzt worden. Landtvirthschaftskammern, die mehr oder weniger doch Behörden sind, dürften solchen Mißbräuchen weit schwerer ausgesetzt sein. Man sieht, auch die „Freiheit", auf die sich die Gegner berufen, hat starke Schattenseiteil!
Ueberhaupt ist cs mit dieser nicht weit her. Das Negierungsprojett beabsichtigt die bestehenden blühenden und reich verzweigten landwirthschaftlichen Vereine vollständig in ihrer Existenz zu belassen und will nur einen Beitritts-, richtiger gesagt, einen Beitrags-Zwang, wie bei den Handels-Kammern, für alle Berufsgenossen einführen. Damit wird ein Zustand gesetzlich sanktionirt, ■ der materiell eigentlich längst besteht. Diese Vereine, deren Blüthe von den Wortführern der „freien Vereinsorganifation" beständig den Andersdenkenden entgegengehalten wird, sind nämlich in Wahrheit nicht so „frei", wie cs dem oberflächlichen Beobachter scheint! Abgesehen von den bereits erwähnten Subventionen der Regierung, entsendet diese zu den Verhandlungen der größeren Vereine regelmäßig Kommissarien, die sich oft recht lebhaft an den Debatten bethciligen. Solches geschah z. B. bei den Berathungen über das Jnvaliditütsgesetz. Es entstand für die Berichterstattung der Vereine an das landwirthschafttiche Ministerium ein einheitliches Schema; daß dieses recht fleißig benutzt Wied, ist notorisch. Noch wichtiger ist die Verbindung dieser Vereine durch das Landes-Oekonomie-Kollegium seit 1842, noch bevor ein landwirthschaftlichcS Ministerium in Preußen bestand und durch den „deutschen Landwirthschaftsrath" direkt mit dem Ministerium, dessen erweiterten Rath es darstellt. So hat also die Reform auf diesem Gebiete weit mehr Aussichten als — leider! — auf einem anderen. Zum Theil liegt das an einer Rührigkeit der Interessenten, die sich andere Berufszweige zum Muster nehmen sollten.
Die Konferenz beschloß noch bezüglich des Wahlrechts, daß hierfür das spezielle Statut der Kammer maßgebend sein sollte. Eine kaum glückliche Lösung, welche an die ähnliche der „Ortsstatuteu" in der Gewerbeordnung erinnert. Einige Normativbestimmungen dürften doch zum Mindesten unentbehrlich sein. Hier wird nur vorgeschlagen, daß die Wahlen direkt sein sollen, daß jeder Berechtigte mindestens eine Stimme fuhrt, endlich daß Niemand mehr als */s aller Stimmen besitzen darf. Diese letztere Bestimmung der im Ganzen ungenauen Information deutet daraus hin, daß das Dreiklaffenwahlsystem geplant ist, was man sich immerhin noch bei derartigen Institutionen unter gewissen Kautelen gefallen lassen kann.
Das Wichtigste aber verschweigt der Entwurf. Wir erfahren nicht, ob die Regierung verpflichtet ist, bei jeder ein- chlägigcn Nenordimg die Kammern zu hören. Geschieht das licht, so ist die ganze Organisation nach dem Ausdruck eines ’djr „gemäßigten" Schriftstellers „eine werthlose Spielerei." Darauf muß um so eher bestanden, werden, als das rechtsgültige Bekanntwcrdcn der Vorlagen vor ihrer Einbringung an die Parlamente die conditio sine qua non ihrer gründlichen Durchberathung bildet — erfreulicher Weise hat der „neue Kurs" mit der Bismarck'schen Ueberraschungs- wlitik gebrochen — und andererseits diese Organisation vor- iildlich für die ähnlichen auf anderen Gebieten werden dürfte, denn sie hat die meisten Chancen des Gelingens und kann I ;ar schnell in die Gesetzessammlung übergehen.
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Frankfurt, 31. August.
Während die Neugestaltung der Interessenvertretung des Handels und des Kleingewerbes noch im weiten Felde ist und schwerlich in den nächsten Tagungen die Parlammte beschäftigen dürste, war kürzlich, wie schon gemeldet wurde, im preußischen landwirthschaftlichen Ministerium eine Konferenz, der ein vollkommen abgeschlossener Plan zur Erricht- vng von Land Wirth sch aftskam mern vorgelcgt wurde.
■ Bisher hatten, soweit uns bekannt ist, die Interessenten selbst sich kühl, ja feindselig gegenüber einer derartigen Or- ganisatton verhalten, mit Ausnahme einiger schlesischer land- wirthschastlichen Vereine, die den Handelskammern ähnliche Institutionen verlangten. Das Landes-Oekonomie-Kollegium berieth über den Antrag, ohne sich darüber einigen zu können. Schließlich wurde er an einen Ausschuß verwiesen und die Provinzialvercine wurden nm Gutachten angegangen. So weit wir die in die Oeffentlichkeit gelangten Bescheide verfolgen konnten, lauteten die meisten ungünstig für dieRcform- projekte; sie befürworteten die Beibehaltung der bestehenden „freien" landwirthschaftlichen Vereine, verbrämt mit einigen Epezialwünschen. So beschloß der landwirthschaftliche Pro- zipalverein für Posen: „Eine Erhöhung der Geldmittel der landwirthschaftlichen Vereine ist im Interesse der Wirksamkeit zwar Wünschenswerth; es wird aber die Verleihung eines beschränkten Besteuerungsrechtes an die zu errichteuden Land- Wirthschaftslammern nicht überflüssig machen. Dagegen steht zu befürchten, daß die freie Vereinsthätigkeit durch Umgestaltung der Vereine zu behördlichen Instituten beeinträchtigt wird. Endlich kann in Folge dieser Steuerpflichtigkeit das Ansehen der landwirthschaftlichen Vereine leiden, indem denselben auch unerwünschte Elemente beitreten werden. Aus diesen Gründen und mit Rücksicht auf die eigenartigen Vcr- hältnisse der Provinz kann die vorgeschlagene Organisation nicht befürwortet werden."
Wenn das Alles ist, was die Gegner der „offiziellen Organisation" vorzubringen wissen, so haben allerdings die Freunde dieser Reform, zu denen namentlich die Schriftsteller über diese Fragen und die Regierungen zählen, leichtes Spiel! Natürlich muß den Landwirthschaftskammern ein Besteuer- vngsrecht ihrer Kommittenten eingerünmt werden. Nach dem Rcgierungsvorschlage soll der Beitrag durch Zuschläge zur Grundsteuer aufgebracht werden und ohne Spezialgenehmigung des Ministers 5 pCt. der im Bezirke aufkommcndcn Grundsteuer nicht übersteigen dürfen. Von der Zahlung be- fteit sind darnach alle Grundbesitzer, die weniger als 10 Mk. Steuer entrichten. Dieser Vorschlag zeichnet sich nicht eben durch steuerpolitische Voraussicht aus. Wenn Miquel's Ueberwcisungsprojekt der Realsteuern durchgeführt sein wird, ist die Grundsteuer ein noch unzuverlässigerer Maßstab des wirklichen Ertragswerthcs, als sie es heute schon ist. Rationeller Wäre es jedenfalls, entweder an die Einkommen- oder an die geplante Vermögenssteuer oder an das Gesammtaufkommen aus direkten Steuern den Maßstab für die Kosten zu legen. Hoffentlich sind wenigstens in diesem Punkte, wo es an ihren Geldbeutel geht, die Landwirthe einsichtig genug, denBeschluß der erwähnten Konferenz zu korrigiren. Wie hoch sich nun thatsächlich die Kosten belaufen werden, läßt sich a priori nicht einmal schätzungsweise berechnen. Das hängt im Wesentlichen davon ab, welche Aufgaben den geplanten Kammern zugewiesen werden. Freilich, je größer deren Bereich ist, desto ansehnlicher wird ihr Ausgabe - Etat an- schwcllcn; allein dies macht sich für die Interessenten in der Regel indirekt sehr gut bezahlt. Nun sind die Mehrzahl der Landwirthe bereits Mitglieder der „freien" Vereine, deren jährliche Beiträge für die größeren, die sich ausschließlich aus bet Gentry zusammensetzen, sich auf 6—9 belaufen, bei ben kleineren, denen auch viele Bauern angehören, auf 11/a bis 6 Diese freien Vereine erhalten namhafte Subventionen von der Negierung und würden, zu Landwirthschaftskammern erweitert, dazu noch die Beiträge aller derer bekommen, die bisher ans irgend welchen Gründen ihnen fern geblieben sind. Sohin ist nicht anznnehmcn, daß das Projekt an der Kostcnfrage scheitern werde.
Zurück zu dem Posener Centralverein! Was dieser gegen
Zeitungen rcagircn auf die Andeutungen noch nicht und thun, als als ob ihnen die Möglichkeit des Cooperirens noch nicht zum Bewußtsein gekommen sei. Man sieht, die Wahlbewegung zeitigt schon in den Vorstadien ganz eigenartige Erscheinungen. Mcht uninteressant ist, daß ein bedeutendes Centrumsorgan die Stellung seiner Partei wie folgt präzisirt. „Es muß betont werden, daß ein ganz bedeutender prinzipieller Unterschied ist zwischen einer Regierungspartei sans phrase, die durch Dick und Dünn mit der Regierung geht und dieser allein die Erwägung überläßt, ob ihre Vorschläge und Maßnahmen dem Lande und Volke nützen oder schaden und zwischen einer Partei, die selbstständig ' Prust und abwägt und nur da die Regierung unterstützt, wo nach ihrer eigensten inneren Ueberzeugung das, was die Regierung haben will, auch wirklich gut und nützlich, oder gar unabweisbar nothwendig ist. Eine Regierungspartei in ersterem Sinne ist verderblich, in letzterem dagegen gut und erstrebenswerth".
Lesterreich-N«gar«.
* Wien, 30. Aug. Wir haben von dem zwischen Oester- ' reich-Ungarn und Italien ausgebrochenen Konflikt wegen des W e i n z o l l s Mittheilung gemacht. Durch den neuen Handelsvertrag ivar Oesterreich-Ungarn verpflichtet, seinen Weinzoll von 20 fl. aus 3 fl. 20 kr. per M.-C. zu ermäßigen. Am 27. August trat diese Bestimmung in Kraft. Nun war aber der größte Theil des an der Grenze angelangten italienischen Weines nicht in Fässern, sondern in großen Reservoirs eingetroffen. Die österreichischen Zollbehörden erklärten, daß der billige Tarif nur für Weine in Fässern, nicht aber in Reservoirs gelte und weigerten sich, diesen Wein zum Zollsatz von 3fl.20kr. über dieGrenze zu lasten. Die italienische Regierung reklamirte, in Italien zeigte sich eine heftige Aufregung der öffentlichen Meinung. Die kompetenten Faktoren der österreichischen Regierung haben jetzt, wie das „W. Tagbl." meldet, beschlossen, daß derjenige Wein, welcher, wenn auch in Reservoirs, bis zum 27. Ang. an der Grenze angelangt sei, nach dem ermäßigten Zoll von 3 fl. 20 kr. zu behandeln sei; derjenige Wein aber, der nach diesem Datum eingetroffen, müsse vorläufig nach dem Tarif von fl. 20 per 100 Kgr. verzollt werden. Eine prinzipielle, definitive Entscheidung ist noch nicht getroffen worden, da der Ackcrbaumiinster GrafFalkenhayn zur Zeil nicht in Wien weilt und ohne sein Einvernehmen die Frage nicht definitiv gelöst werden kann. Die Menge des in Triest und in Fiume lagernden italienischen Weines wird auf 150,000 Hektoliter geschützt.
Frltttkreich.
* Paris, 30. August. Aus einem amtlichen Ausweis erhellt, daß in Frankreich vom 1. August 1891 bis zum 31. Juli 1892 die Weizen-Einfuhr sich auf 29,637,822 Meter-Centnern in Korn und auf 888,099 M.-C. in Mehl belief; dieAusfuhr dagegen auf 14,837 M.-C. in Korn und 99,424 M.-C. in Mehl. Von jener Einfuhr, eine Folge der schlechten vorjährigen Ernte, ist eine Zollgebühr von 131,264,710 Fr. erhoben werden.
Belgien.
tk Brüssel, 30. Aug. Ter Aufschub der Herbst manS- v e r, welche dieses Jahr in der Provinz Luxemburg in den ersten Tagen des Monats September stattfindcn sollten, haben in militärischen Kreisen ein ziemliches Aufsehen erregt. Wie Ihnen bereits telegraphisch 'mitgetheilt, find die Manöver unter dem Vorwand von Gesundheitsrücksichten uufgeschoben. Daß eine gemisst Gefahr unter den jetzigen Umständen besteht, ist nicht zu. leugnen; allein so dringend scheint sie bis jetzt nicht zu sein. Wie verlautet, soll im Grunde eine ganz andere Ursache den Aufschnb der Manöver verursacht haben. Man sagt, die neuen Gewehre. mit denen hauptsächlich Probeschießen stattsinden sollten, seien nicht in genügender Anzahl bereit, um damit die einbernfenen Reserveklassen zu bewaffnen. Alle Zeitungen besprechen den eigenthümlichen Fall, der ein neuer Beweis für die ganz unzulängliche Führung des Kriegsministers Pontos ist. Demselben steht übrigen? eine andere Schwierigkeit bevor, namentlich mit den Maa8beselig u n g e n. Es sind an denselben gewisse ergänzende Arbeiten vorzunehmen, wie Erd- und Mauerarbeiten u. s. w., welche das belgische Jngenieureorps für sofort nothwendig erachtet und üe anderthalb Million kosten sollen. Contraetlich hatten sich die französischen Unternehmer der Maasbefestigungen verpflichtet, diese Ergänzungsarbeiten vorznnehme'.i. Der Kriegsminister forderte infolge dessen die Unternehmer ans, die Arbeiten sofort auszuführen. Tie Herren erklärten sich auch dazu bereit, aber — auf Ko st en des belgischen Staates. Sie hatten Ich Zwar verpflichtet, alle während eines Jahres von dem belgischen Ministerium geforderten Veränderungen und Verbesserungen auszuführen. Allein in dem Contraetc hatte man im belgischen Kriegsministerium es übersehen, zu vermerken, daß die Ergüuzungsarbeiten aus Kosten der Unternehmer eiuzuführen seien. Tableau! ______
erschienenen Buche *) niedergelegt, das nach verschiedenen Seiten hin interessant ist.
Sein günstiges Urtheil darf aber umsomehr in's Gewicht fallen, als es ungefähr zusammentrifft mit dem eines anderen Mannes, der sich ebenfalls dort genau umgesehen, und dessen Buch**) auch jetzt die Presse verlassen hat. Es ist Paul de Regia, dem wir zunächst hier das Wort geben wollen. Er meint, daß gegenwärtig noch viele Vorurtheilc gegen die Otto- manen herrschen. Man halte sie für unerbittliche Fanatiker, unzugänglich fortschreitender Bildung. Tas Wort Türken bedeute für die Europäer Wilden, die jederzeit zu aller Art Verbrechen und Schändlichkeiten bereit seien. Von ihrer Ehrlichkeit, Tapferkeit, Mildthätigkeit und Gerechtigkeit zu sprechen, halte man für paradox. Byron bemerkt einmal: Wenn es schwer ist, von den Türken zu sagen, was sie sind, so ist es leicht zu sagen, was sie nicht sind. Sie sind keine Betrüger, Feiglinge, Räuber, sic verbrennen keine Ketzer, sic sind ihrem Sultan treu, bis er unfähig zum Regieren wird, ihrein Gotte immer — ohne Inquisition. Paul de Regia will das, was Byron schlvierig erscheint, zu erklären versuchen. Er unterscheidet zwischen Türken, welche der Verwaltung, und denen, die dem Privatstande angehören, und ferner zwischen dem europäischen und asiatischen Muselman. Wo der Islam noch nicht mit der europäischen Aufkläning in Berührung gekommen ist, da zeigt er sich noch in seiner ganzen sittlichen und versittlichenden Kraft, und der Muselman steht hier noch in seiner ehemaligen Größe da, im Besitz aller erhabenen Menschentugenden, die der Koran lehrt. Dort aber haben die Besiegten ihre Rache dadurch an dem Sieger genommen, daß sie ihm seine Laster und Fehler einimpften. In der asiatischen Türkei herrscht noch das Mittelalter ; die europäische hat das traurige Geschick, die Vergangenheit noch nicht überwunden und die Zukunft noch nichterreicht zu haben; man kann ihre Lage in vieler Beziehung mit der Frankreichs während derRegiernngszeitLudwigXV. und Ludwig XVI. vergleichen. In den Kreisen der europäischen Türkei, in welchen noch die alte Gläubigkeit herrscht, herrscht auch noch die alte Tugend und Gesittung. Zeigt sich in der europäischen Türkei ein Verfall, namentlich in den Kreisen, die der Verwaltung angehören, so ist der Islam nicht schuld daran.
Wie De Regia hier für den Islam eintritt, so thut es auch Mismer, aber in eingehender Weise ; den Rückgang findet er aber in anderen Ursachen begründet, in Ursachen, die sich heben ließen
*) Souvenirs du monde musulman. Paris 1892, Hachette & Co.
** ) Les Bas-Fonds de Constantinople. Paris 1892, Tresse & Stock.
Aus dem Reiche des Islam.
Von A. Sulzbach (Frankfurt.)
„Stimmen die Bücher der Bibliothek mit dem Koran überein, so sind sic unnütz und brauchen nicht aufbewahrt zu Kerben; im entgegengesetzten Falle aber sind sie schädlich und müssen vernichtet werden." So soll die Antwort des Kalifen Omar auf Amrus Frage, was er mit der Bibliothek des von ihm eroberten Alexandrien thun solle, geantwortet haben. Unter dem Lichte dieses „Treppenwitzes der Geschichte" hat man sich gewöhnt, den Islam für wissens- und fortschrittsfeindlich zu halten; Mißbräuche betrachtete man als Regel, und Vorschrift, von dem Handeln und Thun von Bekennern des Islam schloß man auf den Geist dieses Religionssystems, und schließlich sah man da den Splitter, wo Mail den Balken im eigenen Auge nicht bemerkte.
Ein einziger Blick auf die Geschichte könnte uns sagen, daß das Vorurlheil, das man gegen den Islam hegte und kheilweise noch hegt, durchaus unbegründet sein müsse. Es gab eine Zeit, da die Bekenner des Muhamed an der Spitze der Civilisation marschirten. Die Araber waren cs, die im Mittelalter die Eeistesschätze der Griechen hüteten und der Welt vermittelten; das maurische Spanien brachte dort Kunst und Wissenschaft zur höchsten Blüthe. Wenn der Zustand der heutigen Bevölkerung des islamitischen Gebietes das Vorurtheil gegen den Islam zu begünstigen scheint, so scheint das eben nur so; den Islam an sich trifft die Schuld für manche mißliche Erscheinung bei seinen Bekennem nicht, und vieles, was erzählt wird, ist übertrieben; andererseits haben manche äußere geschichtliche Ereignisse den Fortschritt in jenen Gebieten gehemmt.
• Um sich ein richtiges Urtheil über den Islam und seine Bc° «nner zu bilden, muß man in ihrem Lande gelebt und Gelegenheit gehabt haben, in ihren Kreisen zu verkehren. In dieser Lage Zmr Charles Mismer, der als Redakteur der offiziellen „Tur- quie" in näheren Verkehr mit Fuad Pascha trat und als Be- Seiler Aali Pascha's nach dem aufftändischen Kreta persönlich
die politischen Angelegenheiten eingriff. Seine Bekanntschaft »it anderen hervorragenden Persönlichkeiten, wie Hussein- ,«rn i -Pascha , den Gouverneur von Kreta und spätere Kriegs- jnhrißer, u. A. vermittelte ihm einen genauen Einblick in türkische Verhältnisse, so daß sein Urtheil über dieselben wohl Aaßgebend sein dürfte. Tieses Urtheil hat er in einem soeben
und wodurch also eine Regeneration möglich wäre. Daß maßgebende Männer der Türkei sich über die Mißstände des Landes keiner Täuschung hingebeu, beweist ein Ausspruch Fuad Paschas, den Mismer anführt: „Der Islam war Jahrhun- derte hindurch auf seiner Höhe ein wunderbares Werkzeug des Fortschritts. Heute ist er eine nachgehende Uhr, die man wieder richtig stellen muß." Man fühlt das Bedürfniß einer Reformation, und es sind nicht Wenige, die eine solche ins Werk zu setzen versuchen. Mismer sucht nun das Vorurtheil, das man im Allgemeinen gegen die Muselmanen hat, schrittweise zu entkräften und geht darin viel weiter als De Regia. „Zwei Ursachen", sagt er, „haben in dieser Beziehung (in Beurtheilung des Islam und 1 ein er Bekenner) eine gerechte Beurtheilung verzögert: die Unmöglichkeit für einen Christen, den Vorrang eines Glaubens an= zuerkennen, welcher nicht der (einige ist, und ferner der Atavismus, welcher die freiesten Denker hindert, gewisse Fragen anders als unter dem Gesichtspunkt des Glaubens zu betrachten. Das Vorurtheil der Kreuzzüge herrscht noch so sehr, daß bevorzugte Geister weniger Wichtigkeit dein Islam als der biblischen Exegese beilegen und sich begnügen, ex cathedra zu verkünden, daß jener mit der Civilisation unvereinbar Ci."
An dem Islam rühmt der Verfasser den demokratischen Zug, den wir von Anbeginn an bei ihm w.chrnehmen. Alle s i n d g l e i ch, ist seine Tendenz. Als Omar als Sieger in Jerusalem einzog, stieg er von seinem Kameele, um seinen Diener, der bisher zu Fuß gegangen war, reiten zu lassen; so opferte der Kalis das Vorrecht des Heerführers dem Grundsatz der Gleichheit. Dieses Gefühl der Gleichheit erfüllt Alle. So fordert der Arme die Unterstützung des Reichen als sein Recht, und dieser erfüllt sie als eine Pflicht. Diese Gleichheit zeigt sich auch bei der Bestattung der Todten. Als Fuad Pascha im Jahre 1869 zu Nizza starb, ließ die französische Regierung den einbalsamirten Leichnam in einem dreifachen Sarge zu Schiff nach Konstantinopel überführen. Dort entnahm man die Leiche dem prächtigen Sarge, um sie, entsprechend dem islamitischen Ritus, der das Leichenbegängniß des Kalifen gerade fo wie das des letzten Gläubigen begeht, zwischen vier Tannenbrettern zu betten. Der Ver- sasser macht hierzu folgende charatteristische Bemerkung: „Wenn dieselbe Einfachheit in Frankreich vorherrschte, so hätte sie mir den Ausruf erspart, zu der auch die Apotheose Victor H u g o ’ 3 hinriß: „„Ein fetischdienendes Volk, das solche Ehren einem Todten erweist, ist bereit, sich vor dem Ersten Besten auf die Knie zu werfen, der auf einem Schlachipserde daher geritten kommt!"" Damals dachte noch Niemand an Boulanger." — Denselben demokratischen Zug weist die vom Islam verordnete Steuer von 21/s pCt. auf Schmucksachen und Luxusgegenstände
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Deutsches Reich.
* Berlin, 30. August. Im letzten Winter ergingen, so chreibt die „Volksztg.", von einigen Eisenbahn-Direk- tonen Verfügungen, daß in den Betrieben gespart werden olle, und zwar insbesondere durch W ei t e r e n t las su n gen, L o h n k ü r z u u g e n :c. Eine Deputation des Gewerkvereins der Maschinenbauer (Hirsch-Duncker) wurde daraufhin am 8.
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auf, welche bis zum letzten Jahrhundert znr Unterstützung bedürftiger Künstler und für deren Ausrüstung mit Arbeitsgeräth diente
Die Reinlichkeit unü Gesundheit findet durch die im Islam vorgeschriebenen Waschungen und Bader, die sich täglich mehr- mals wiederholen, große Förderung. Ein orientalisches Hau? mit staubigen oder beschmutzten Schuhen zu betreten. Einem die Hand, die etwas Verunreinigendes berührt hat, zu reichen, ohne daß man sie zuvor gewaschen, gilt als große Unhöflichkeit. Von zwei Europäern wird der Saubere, und wäre es ein Bettler lieber gesehen werden, als der Unsaubere, und wäre es ein Gesandter.
Dem Religionsverbote des Weines und der spirituosen Getränke mißt der Verfasser es bei, daß es in der Türkei keine soziale Frage gebe, und etwas stark optimistisch meint derselbe, daß map auch im übrigen Europa diese Frage durch Schließung der Wein- und Branntweinhäuser lösen könnte.
Eine Reihe von Vorwürfen, die man gegen Mißstände und Verwahrlosung der Sitten in der Türkei erhebt, widerlegt der Verfasser damit, daß es im übrigen Europa nicht besser aussehe, ' daß manche Mißstände, wie die Käuflichkeit der Beamten, durch außertürkische Jndustricritter hervorgerufen oder begünstigt werde, ' indem man sie sich zu nutze mache. Manches Andere, das man dem Muselman vorwirft, ist bei Licht betrachtet, gar kein Mangel. Dem Fatalismus der Türken, der durchaus nicht so weit geht, wie man gewöhnlich annimmt, hält die Lehre von der „Bestim- s mung" und der „Gnade" die Waage; die Sklaverei habe einen böseren Ruf, als sie in Wirklichkeit ihn verdiene: der Islam, meint er, kennt nur die Sklaverei der Kriegsgefangenen, deren Kinder Freie sind; sie selbst sind es auch, sobald sie den Islam annehmen. Das ist nun allerdings keine Vertheidigung; Sklaverei ist Sklaverei, aber sie erscheint erträglicher, sobald wir bedenken, daß sie dort nicht mit der Grausamkeit verbunden ist, welche die Negersklaverei in Amerika aufzuweisen hatte. Diesen sogenannten Sklaven stehen alle Carriären offen; viele sind Paschas, Generäle und Minister geworden. Die Mütter fast aller Sultane waren Sklavinnen. Beherzigenswerthes wird über die Vielweiberei gesagt. Daß sie die Türkei entsittliche, sei unwahr, die Türkei unterscheide sich in dieser Beziehung fast gar nicht vom übrigen Europa, nur daß sie hier ungesetzlich, dort gesetzlich geregelt sei. „Ist es nicht besser, mit dem Koran es zu ordnen, daß jede Mutter einen Gatten, jedes Kind einen verantwortlichen Vater habe, als die Unschllld und die Schwäche der Brutalität des Mannes zu opfern ?"
Unwahr sei es ferner, daß die Polygamie das Familienleben schädige; gerade im Gegentheil. Das Familienleben sei durch mannigfache Verordnungen des Koran vor Störungen geschützt.
1 Februar beim Eisenbahmmnister Thielen vorstellig, um womöglich die Gründe der tief einschneidenden Maßregel zu erfahren. Der Eiseiibahmninister antwortete der Deputation unter Anderm auch, „daß die Anweisung zur Entlassung von Arbeitern nicht von ihm ausgegangen sei, ebensowenig habe er angeordnet, kürzere Arbeitszeit mit geringerer Lohnzahlung ober eine Herabsetzung der Akkordpreise einzuführen; diese Maßregeln ergäben sich ganz von selbst wie in jedem Privatgeschäft, wenn die Arbeit schwächer gehe." Von dem Minister gingen die damaligen Verfügungen demnach nicht aus, sie werden aber deswegen nicht weniger wirksam und so dürfte denn auch die folgende Verfügung, die in Ster Woche durch Anschlag an mehreren Eifenbahnwerkstätten
annt gemacht worden ist, ihre Wirksamkeit nicht verfehlen: Königl. Eisenbahndirektion Rechtsrh. Köln.
, An sämmtliche Haupt- und Nebenwerkstätten!
Trotz wiederholter Aufforderung ist der Verdienst der Arbeiter derselbe geblieben, vereinzelt noch gestiegen. Wir verordnen hiermit nochmals, den Verdienst den Zeitverhältniffen gern ä ß<!) z u r e b u} i r e n (!!) und werden bei der nächsten Rech- nungsrevision in Betracht ziehen, in wiefern hiervon Gebrauch gemacht ist." (Name.)
Ob aber auch hieran der Eisenbahnminister wieder so ganz unschuldig ist ? Genial ist jedenfalls der Gedanke, daß der Verdienst den Zeitverhältnissen gemäß re- duzirtwerdensoll. Wollte man den Zeiwerhältnissen Rechnung tragen, bann müßten bie Löhne noch erhöht werben.
»Berlin, 30. August. Der „Reichsanz." schreibt: Es ist mehrfach angeregt worden, im Interesse der Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche polizeilich vorzuschreiben, daß von den Sammel-Molkereien Mager- und Buttermilch nur in abgekochtem Zustande an die Molkereigenossen verabfolgt werden dürfe. Allerdings steht die Thatsache fest, daß schon eine kleine Menge des Ansteckuiigsstoffs genügt, um größere Mengen gesunder Milch zu infiziren, und daß durch das Verfüttern der verbleibenden Mager- und Buttermilch die Maul- und Klauenseuche vielfach in bis dahin seucheufreie Viehstände übertragen worden ist. Durch die in No. 135 des „Reichs- und Staats-Anzeigers" von 1891 abgedruckte Circular-Verfügung desMinisters sürLandwirthschaft w. vom 30. Mai v. I. sind deshalb die Polizeibehörden bereits angewiesen, beim Auftreten der Maul- und Klauenseuche in dem Viehbestände auch mir eines bei einer Molkerei-Genossenschaft be- theiligten Landwirths der Genossenschaft die Sterilisirung der abzugebenden Magermilch — durch Erhitzen bis auf 100 Grad C. — vorzuschreiben. Weitergehende Maßregeln können im polizeilichen Wege nach Lage der Seuchengesetzgebung nicht wohl angeordnet werden. Bei der jetzigen weiten Verbreitung der Maul- und Klauenseuche und dem großen Umfang, den die Genossenschafts- nwlkereien angenommen haben, ist es aber dringend Wünschenswerth, daß die landwirthschaftlichen Kreise sich die große, von der Verwendung fremder Magermilch zum Flittern ihnen drohende Gefahr zum Bewußtsein bringen und die gebotenen Vorsichtsmaßregeln auch ihrerseits nicht außer Acht lassen, sowie die Maßregeln der Behörden unterstützen.
(*> Essen (X. v R , 30. Aug. Der durch die lange Trockenheit und die Hitze herbeigeführte tiefe Wasser st and des Rheins und seinerZufuhrstraßen schädigt das Kohlengebiet, soweit es für seinen Absatz den Wasserweg benutzt, in erheblichern Maße. Diejenigen Zechen, die z. B. ihren Hauptexport nach Holland und Belgien finden, wissen nicht mehr, was sie mit ihrer Förderung anfangen sollen. Die beladenen Doppelwagen füllen in langen R-ihen die Anschlußgeleise der Schachte: sie können nicht abgefahren werden, weil die Entkodung im RheiNhafen wegen Sperrung der Schifffahrt nicht erreichbar ist, und so sehen sich denn die Zechen gezwungen, die neue Förderung auszukippen. Der in den lebten Tagen Tagen gefallene Regen hat nichts geändert. Es ist daher'nicht ans- geschloffen, daß die Verwaltnngen sich noch zur Einlegung von Feierschichten entschließen, was für die ohnehin schon hart betroffenen Bergarbeiter ein neuer erheblicher Verlust wäre.
X München, 30. August. Die Wahlerörterungen in der Presse mehren sich unb in leisen Andeutungen tritt in in klerikalen Zeitungen bie Jbee eines--klerikal-liberalen
Wahlbündnisses hervor. Die Idee selbst ist schon vor Monaten, noch zur Zeit bes versammelten Lanbtags, in intimen Kreisen laut geworben unb es ist bemerkenswerth, baß sie nun bereits in der Centrumspresse gestreift wirb, nachdem man schon in einer vor mehreren Wochen von einem Centrnmsführer gehaltenen Rebe etwas Aehnliches burchschiminern sehen konnte. Hanb in Hand mit dem Sandten ber Wahleinigung gehen natürlich sehr düstere Darstellungen ber Wahllage, büfter für bie Liberalen, anssichts- voll für bieSozialbemokraten. Es ist auch begreiflich: Je mehr Wahlkreise vorhanben wären, in beuen bie Sozialdemokraten mit Aussicht auf Erfolg gegen Ultramontane und Liberale tauben, desto glaubwürdiger wäre ein Zusammengehen der Letzteren. Die Geschichte käme bann auf bie Wahrung bes beiberseitigen Besitzstandes hinaus. Die Ultramontanen würben, wenn ihr Wahlbiid richtig ist, ben Liberalen diejenigen Sitze erhalten wollen, in benen sie angeblich durch die Sozialdemokraten oder durch bie ---Ultramontanen bedroht fein sollen. Eine
merkwürdige Besorgtheit für ben Gegner! Die liberalen