76. Jahrgang Ur. 729-730

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Dreimalige Ausgabe

Donnerstag, 1. Oktober 1931

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- MV - STADT- BffiUOTHEK KÖLN

nehmen darf, wie er vielleicht mit Recht von andern ernst genommen wird. Und wenn er der auferstandene Moliöre selbst wäre aber er ist es keineswegs so hätte er wissen müssen, daß Gelächter an seine Erscheinung gebunden ist, wie an die Erschei­nung Gandhis der große Kummer. Einmal schon hat Chaplin mit Entsetzen Scherz getrieben: in seinem barbarischen Kriegsfilm Charlot soldat", der leider immer noch durch alle Kinotheater der Welt läuft mit Ausnahme der deutschen und in dem die deutschen Soldaten in einer unübertrefflich schäbigen und geistlosen Weise verhöhnt werden. Selbst, wenn man einem komischen Genie dar traurige Recht zugestehen wollte, einer Massen-Pshchose ebenso zu erliegen, wie es den Pathetikern recht und billig ist, so darf man es einem Millionär Übelnehmen, daß er einen bestialischen Film nicht zurückzieht. Dennoch ist Chaplin in Deutschland empfangen und bejubelt worden. (Es wäre nichts dagegen einzuwenden ge­wesen, wenn man ihm vorher die Bedingung gestellt hätte, seinen

,Zu Wort und Bild" verbreiten die Zeitungen die Begegnung der Mahatma Gandhi mit dem Komiker Charlie Chap­lin. ES ist die übliche Begegnung für dieWochenschau", mit dem üblichen, zu gar nichts verpflichtenden Wochenschau-Lächeln, das die Rennfahrer, die Propheten, die Opfer der Justiz, deren Minister, die Scharfrichter, die Massenmörder und überhaupt alle interessanten Persönlichkeiten unserer Tage zu zeigen gewissermaßen verpflichtet sind. ES scheint in der Tat, daß eine gewisse, den ahnungslosen Objekten der Popularität noch gar nicht bewußte Kraft von der Institution der Wochenschau auSgeht und alle Ereignisse und Per­sönlichkeiten in den Bann der Jupiterlampen zieht, und daß, waS man heutzutage .Weltgeschichte" nennt, gleichsam von denOpe­rateuren" nicht nur gekurbelt, sondern auch angekurbelt wird. ES ist, als flögen die historischen Persönlichkeiten geradezu, wie die Motten, in den Lichtkegel der Aufnahme-Apparate, vor denen sie sich (in einer Art Öffentlichkeit und Taumel) verwandeln, umlügen und verleugnen. Und ebenso, wie heutzutage die Gerüchte den Er­eignissen vorauSzueilen und die Berichte das Ereignis zu ersetzen scheinen, so wird vielleicht die Begegnung zweier berühmter Per­sönlichkeiten von der Wochenschau einfach absorbiert, und, statt sich zu ereignen, wird sie lediglich photographiert. Zu dieser phantastischen Annahme könnte man wirklich neigen, wenn man den modernen Heiligen mit dem Komiker zusammen sieht. Denn: wäre eS etwa merkwürdiger, anzunehmen, daß der Heilige sich profanieren läßt und der Spaßmacher den Humor verliert? WaS in aller Welt zwingt die beiden, einander vor den aufgeriffe- nen Augen und Ohren der Welt zu begegnen, statt in aller Stille, wie eS sich gebührt, wenn zwei ausgesprochene Gegensätze zusam­menkommen? Fast hat eS den Anschein, als hätten beide Männer (mit wenig Würde und desto mehr Eitelkeit) mit der Tatsache kokettiert, daß sie Gegensätze seien und wohl gemeinsam einen sozu­sagen .pikanten" Anblick bieten wollen. E» mag dahingehen, daß der Mahatma, weil eS vielleicht im Interesse seiner, der indischen, Sach« gelegen ist, wohl ein duhendmal ausgenommen wird: wie er ein Schiff besteigt und wie er eS verläßt; wie er Marseille betritt und wie er sein selbstgesponnenes Linnen zusammenrafft; wie er in London bei Tische sitzt und wie er auS einem Coupäsenster lächelt. Der simpelste gute Geschmack aber hätte eS ihm verbieten müssen, auS seiner Begegnung mit Chaplin eine öffentliche Angelegenheit machen zu lassen--und noch dazu eine Angelegenheit dieser

Oeffentlichkeit, vor deren hurtigem Blick der Prophet, der Scharf­richter und der Rennfahrer, alle drei zu gleichen zweidimensionalen Schatten plattgedrückt und verflüchtigt, zehn Minuten vor dem heiß­ersehnten Auftritt'Lya de Puttis und Mia de Nuttis vorbeihuschen müssen. Und wenn Chaplin dieser Begegnung auch nur ein Hun- derfftel jener ironischen Aufmerksamkeit gewidmet hätte, die er für seine Lustspiele verwendete, so hätte er empfunden, daß er, der eine ganze Welt zum Lachen gebracht bet, sich selbst nicht so feierlich

Arbeitgeber wohl zu einer Konzession auf der Preisseite bringen soll. Bekanntlich hatte das Ruhrkohlensyndikat damals den Wunsch der Reichsregierung, eine Kohlenpreissenkung auf Grund dieser angebotenen Erleichterung vorzunehmen, abgelehnt.

tt Essen, SO. Sept. Die Nachverhandlungen für den Lohn­schiedsspruch im Ruhrbergbau sind heute ergebnislos verlaufen, weil die Vertreter des Zechenverbandes nicht erschienen waren, so daß nach Anhörung der Vertreter der Gewerkschaften die Verhand­lungen abgebrochen werden mußten.

Es heißt hier, daß heute noch eine besondere Notver­ordnung zur Regelung der Lohnfrage im Ruhrgebiet erscheinen soll, nachdem der Schiedsspruch in der Arbeitszeiffrage (unver- änderte Verlängerung) bereits vom Reichsarbeitsministerium für verbindlich erflärt worden ist. Wenn es sich dabei um Erleichterun- gen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Ruhrbergbau durch irgendeinen Rückgriff auf die Mittel der Arbeitslosenversicherung handelte, so würde die Reichsregierung damit ihren in der ersten großen Notverordnung vom Sommer dieses Jahres bereits behan­delten Gedanken wieder aufnehmen, durch eine Erleichterung in den Beitragszahlungen für beide Teile Entlastungen vorzunehmen, die den Arbeitnehmern eine Lohnkürzung erleichtern würde und die

Milde Teilstreiks im Duhrgekiel.

Essen, SO. Sept. (Wolff.) In der heutigen Frühschicht haben auf einzelnen Schachtanlagen kommuni st ische Elemente ver­sucht, die Be l e g'scha f t e n zum Streik zu veranlassen. Nur in den Bergrevieren, Krefeld, Essen II und Essen III sind geringe Teile der Belegschaft der Arbeit ferngeblieben, nämlich auf Zeche Verwelheim 103 von 725 Mann, Zeche Friedrich Ernesttne 211 von 397 Mann, Zeche Matthias I/II 66 von 864 Mann, Zeche Friedrich Thyssen IV/VIII 77 von 587 Mann, Schacht, anlage Norddeutschland der Zeche Friedrich Heinrich 296 von 309 Mann. In den übrigen Revieren sind die Belegschaften fast voll­zählig angefahren.

reicht. ES muß eine Art Instinkt sein, der sich in einer zweifel­haften Lage einen Notausgang sichern will. Merkwürdige Augen hat der Hausdiener, der meine Koffer bringt. Die Iris ist so bleich, daß sie sich kaum vom Weiß des Augapfels abhebt; es sind die Augen eines Morphinisten. Man merkt ihm an, daß er sehr selten Koffer trägt. Er fragt, ob ich noch irgendwelche Wünsche habe, mit einem leichten Zögern in der Stimme, als wollte er mir etwas anbieten, aber ich weiß nicht, was.

Gehe hinunter, um zu essen, höre im Gehen aus einer offenen Tür heraus streitende Stimmen. Das Zimmer ist voller Rauch, ein Mann im Schlafanzug schimpft auf ein Mädchen ein im Abend­kleid. Der Mann ist ein Filipino.

In dem kleinen Restaurant rechts von der Halle sitzen afle Män­ner an der Bar, alle Frauen allein an Keinen Tischen. Ich setze mich zu den Männern. An der Bar arbeiten zwei Mädchen in bast­farbigen Leinenkitteln mit grünen Streifen an den Aermeln. Die eine ist blond, die andere schwarz. Sie haben nichts vom Typ der Kellnerinnen, auch nichts von Bardamen, kühle Gesichter, gepflegt, massiert, mit einer geheimen Anspannung dahinter. In der Küche arbeitet ein griechischer Koch,, die Qualität der Speisen ist aus­gezeichnet, der ganze Barbetrieb arbeitet exakt, wie auf sehr hohe Ansprüche eingestellt. Die Mädchen an den Tischen tragen Abend- Neider, einige sind im Pelz. Merkwürdig, daß man fast die Kino- schauspielerin erraten könnte, nach deren Typ sie sich Neiden. Die eine, sehr groß und blond, in weißem Pelz, sitzt in der Haltung einer Fürstin. Eine schöne Negerin, sehr schlank, sehr distinguiert gekleidet, sitztunnahbar in einer Ecke. Eine kleine, schwarz-kraushaarige Polin läßt ihre Augen zu den Männern wandern, zwei oder drei der Mädchen sind stark gemalt, nicht mehr ganz jung, ib.e Haare sind schlaff, sie blicken oft in ihre kleinen Spiegel, nervös wegen ihres Aussehens. Es fällt mir auf, daß drei oder vier Männer an der.

Gyaptin und Gandhi

Von Joseph Roth.

Das ist ein seltsame? Hotel, in da? ich geraten bin. Es heißt Titanic und liegt in North-Clark-Street. Ungefähr zehn Blocks vom Eingang der Loop entfernt. North-Clark-Street ist eine Straße zweitklassiger Hotels, billiger Kinos und Tanzhäuser. In den Zeitungsnotizen über beschlagnahmten Alkohol wird North- Clark-Street häufig genannt.

Aber das alles wußte ich nicht in der Nacht meiner Ankunst. Das Titanic-Hotel gefiel mir, well es den Namen eines Schiffes trug. Unter dem gestreiften Leinwanddach des Eingangs stand ein bleicher Mann, elegant, schwarzhaarig, pomadisiert. Er folgte mir mit den Blicken, als ich vorüberging, und ich hatte ein sonderbares Gefühl dabei. Die Halle war schmal und zur größeren Hälfte mit einer roten Seidenschnur versperrt. War es das Licht oder woran lag es, daß die Gesichter des Clerks, des Mädchens am Klappen­schrank und der 'Pagen mir so blaß, fast grün erschienen? Del Clerk handhabte das Fremdenbuch wie eine Bibel und verlangte Vorausbezahlung. Sie ließen mich mein Zimmer selber finden, der Fahrstuhl ging automatisch. Ich kam durch lange Gänge, und auS allen Türen heraus drang Musik; sie hatten Radio im Haus. Im Korridor traf ich ein Zimmermädchen. Es hatte weißes Haar und ein seltsam verwüstetes Affengesicht. Der Mann mit der gestreiften Jacke, der mit einem Staubsauger die Teppiche reinigt, mustert mich eindringlich.

SelffameS Zimmer: roter Teppich, verdeckte Lampen und ein leiser Parfümgeruch. DaS Badewasser riecht nach Chlor. Ueber dem Bett zwei Keine Schalter: mit dem einen stellt man die Radiostation ein, mit dem andern Aussicht aus eine Garage. Schräg von oben in eine Armeleutewohnung. Der Mann im Schaukelstuhl liest Zettung, die Frau hängt Kinderwäsche an Schnüren auf. Warum, weiß ich nicht, aber ich bemerke mit Befriedigung doch eine Feuerleiter an meinem Fenster vorbei, die bis unten auf die Straße

Kriegsfilm zu annullieren.) Und ist eS schon peinlich, zu sehen, daß ein Pallenberg furchtbar ernst wird, wenn eS um Geld geht, und ein Chaplin knauserig, und also ein guter Prozentsatz der zeit­genössischen Komik in Wirklichkeit von tragischen Bank-Konten be­stritten wird, so ist der Anblick einer tragischen Persönlichkeit aus Indien, die, anmutig plaudernd mit der Clownerie, nichts anderes beweist, als daß sie auch eineBerühmtheit" sei, tatsächlich ein Zeichen dieser Zeit, über deren Trauer man weinen muß, wie über ihre Komik! Oh, Heiliger im selbstgewebten Linnen! Du rückst in die Nähe des Ironikers Bernard Shaw, der auf Sowjetkanonen reiten kann, und stehst Schulter an Schulter mit dem klugen Narren, den der Teufel reitet, eine offizielle Persönlichkeit zu werden! Das ist die große Epoche der Wochenschau, in der wir leben! Sie saugt den Ernst der Heiligen auf und den Humor der Komiker. Sie macht Witze, diese Zeit, und weiß es nicht. Wer lacht da noch?! Wer kann da noch lachen?! , . ,

Preußischer Staatsrat und Notverordnungen.

Eine erhebliche Anzahl von Bestimmungen mst der Reichsverfassung unvereinbar." .

(Privattelegramm derFrankfurter Zeitung'.)

Berlin, SO. Sept. Der VerfassungSausschuß des preußischen Staatsvats beschäftigte sich mit den von der preußischen Regierung auf Grund der Notverordnung des Reichspräsidenten vom 24. August 1931 erlassenen Verordnungen und den dazu er­lassenen Ausführungsbesttmmungen. Der Ausschuß kam nach längerer Aussprache zu folgenden Feststellungen:

Der VerfassungSausschuß vertritt den Standpunst, daß die von der preußischen Staatsregierung auf Grund der Notveeovo- nung des Reichspräsidenten vom 24. August 1931 erlassenen Ver­ordnungen, insbesondere die Verordnung vom 12. September 1931, sowie die dazu erlassenen Ausführungsbesttmmungen mit zwingen­den Vorschriften der Reichs- und Landesverfassung nicht in Einklang stehen. Eine erhebliche Anzahl von Bestimmungen überschreitet das Maß des zur Beseitigung des Notstandes Er­forderlichen und ist deshalb mit der Reichsversassung unvereinbar. Die Verordnung vom 12. September 1931 war nach Artikel 40 Abs. 4 dem Staatsrat vor dem Erlaß vorzulegen. Der Staatsrat muß sich die zur Wahrung seiner verfassungsmäßigen Rechte not­wendigen Schritte Vorbehalten. Unter allen Umständen wäre es gemäß Artikel 40 Abs. 1 der preußischen Verfassung Pflicht der Staatsregierung gewesen, den Staatsrat über die von ihr getroffenen weittragenden Maßnahmen unter eingehender Dar­legung des Sachverhalts auf dem Laufenden zu halten.

Der Versaffungsausschuß wird der am Mittwoch nachmittag tagenden Vollsitzung des StaatSrats diese Fesfftellungen zur An- nähme empfehlen.

Gangster Kottf. / Aus einem Stre-Lenöericht. m.

Von Heinrich Hauser.

Ergebnislose Uerhnndlirrrgen im Ulchrbergbau Eine besondere N^verordnnng ;nr Regelung der Lohnfrage?

(Drahtmeldung unseres Korrespondenten.)

* Paris, 30. Sept. Herr Chiappe, der Polizeipräsident von Paris, hatte gestern abend ein ganz außerordenttiches Auf­gebot an die Gare du Nord kommandieren lassen. Die Kraft­wagen der Polizei umsäumten den Bahnhof. Lange Spaliere der Garde Municipale hielten die Abfahrt für die Fahrzeuge aus der großen Halle frei, und der Bahnsteig 19 war abge­sperrt durch die Uniformen. Das alles hat jedoch überhaupt nichts genützt. Als der Zug einlief, war der Bahnsteig im Nu überfüllt von Neugierigen und Enthusiasten. Es entstand ein unbefchreibliches Gedränge. Der kleine Herr Chiappe verschwand mit dem gesamten Ministerium, das seinen Chef zu grüßen sich aufgestellt hatte. Ein dichter Strom von lächelnden Men­schen, untermischt von den völlig machtlosen Polizisten, die sich in nichts von den Zivilisten unterschieden und selber geschoben wurden. Es gelang mit Hilfe von vier besonders starken Be­amten eine Keine schwankende Schutzwand für die Herren Laval und B r i a n d zu bflden, die Schritt für Schritt aus dem Bahnhof geleitet wurden. Es ist in diesem Augenblick für die Herren sicherlich kein Leichtes gewesen, inmitten der toben­den Menschen, dem schrillen Pfeifen der Polizisten, dem Auto­hupen, den Klängen einer Arbeiterkapelle, dem Zischen der Magnesiumfackeln noch zu lächeln. Verzeichnen wir, daß dieses Lächel dennoch zustande gekommen ist.

Der Ministerpräsident hat um Mitternacht im Innen­ministerium noch den Ansturm der Journalisten ausgehalten; schon vorher während der Fahrt von Berlin nach Paris ist in Ieumo nt folgende Erklärung Lavals bekannt ge­geben worden:

.Wir haben in Berlin die schwierigste (delicate) Aufgabe er­füllt, die französischen Ministern hätte zu fallen können. Indem wir dem Reichskanzler und dem Außenminister des Deutschen Reiches den Besuch erwiderten, den diese uns im vergangenen Juli ab­gestattet haben, wollten wir durch eine Tat die Annäherung der beiden Länder erleichtern.

Ich hatte dem Reichskanzler Brüning vovgeschlagen, eine deutsch-französische Wirtschaftskommission zu schaffen. Im Verlauf unserer Unterredungen ist dieser Plan ver- wirllicht worden. Ohne Aufschub eingerichtet, wird diese Kommis, sion die Wirtschaftsprobleme, die beide Lander angehen, zu prüfen haben. Eine Hoffnung ist da geboren, eine neue Methode ist da angenommen worden."

Vor dem Ernst und der Schwierigkeit der Probleme, die zu lösen sind, könnte diese Initiative bescheiden wirken. Aber man sollte sie nur nach ihren Ergebnissen Beurteilen. Heute sollte man die Absicht anerkennen, aus der dar Projekt entstanden ist. Alle Maßnahmen, die man im Augenblick fassen wird, dem Elend, das in der Welt wütet, zu steuern, führen uns zu einem besseren Gleichgewicht und begründeten Frieden. Wir haben nichts von den Interessen unseres Landes aufzugeben, wenn wir die Mög- lichkett suchen, sie mit den Notwendigkeiten internationaler Solida­rität zu bereinigen.*'

Wie gestern in Berlin, so bald in Washington werde ich mein Beste? tun, um im Namen meine? Landes an den neuen und schweren Aufgaben, die von der Weltkrise der Regierung auf erlegt sind, teilzunehmen."

' Heute vormittag ist um 10 Uhr ein

Mirrifterrat

einberufen worden, der unter Vorsitz deS Präsidenten der Republik getagt hat und der den Bericht der Herren Laval und Briand über die Ergebnisse des Berliner Besuches zu hören hatte. Da? Kommuniqus, das von 'diesem Ministerrat ausgegeben wird, lautet folgendermaßen:

Der französische Ministerpräsident und der französische Außen­minister haben ihre Kollegen in Kenntnis gesetzt Über ihre Reise nach Berlin. Der Ministerrat hat sie einstimmig beglückwünscht zu den Ergebnissen ihrer Mission.

Der Ministerpräsident Laval kündigte an, daß die franzö­sische Kommission bei deutsch-französischen

Zurück aus Kerliu.

(Privattelegramme derFrankfurter Zeitung'.)

ab, durchaus nicht. Schicken Sie Einwanderer: Deutsche, Oesterreicher, Norweger, Schweden, Schweizer, aber sie müssen etwas Kapital haben. 500 Pfund 1000 sind besser für den Anfang, der Staat hilft dann weiter." Er meinte noch, das sei ein trauriges Kapitel, aber selbst wenn die Labourpattei in der Regierung säße, könne auch sie nicht die Einwanderung freigeben, denn die Verhältnisse seien stärker als die Ideologie. (Wieder war auffallend, wie auch in Australien, die Bevorzugung der nordischen Rasse.) Auf meinen Einwand vomgroßen Kuchen für die wenigen", meinte er, Rosinen seien schon lange keine mehr darin, aber man gäbe den Leuten Brot und wenigstens keine Phrasen. Kein Arbeitsloser brauchte jemals wirKich Not zu leiden und Hungertod (starving) ist unbekannt. Ich glaube, unser Arbeitslo senfürsorgegesetz ist nicht das schlech­teste in der Welt."

Nach manchen Widerständen fand man folgende Lösung; Jeder in Neuseeland Wohnende hat, sobald er zwanzig Jahre alt ist, pro Jahr 30 Mark (in vierteljährlichen Raten) in den Arbeitslosenfonds zu zahlen. Rentenempfänger, Stu­denten ohne Einkommen und Eingeborene in gewissen Distrikten sind von der Zahlung befreit. Zu dieser auf­gebrachten Summe kommt ein Staatszuschuß in der halben Hohe der Gesamtausgaben für Unterrichtszwecke. Keinen An­spruch auf Hilfe kann erheben, wer sich weigert die 30 Mark zu zahlen (außerdem ist er sttafbar), die nicht wie bei uns vom Lohn einbehalten werden, da sie jeden betreffen, der über Munzig Jahre ist. Unterstützung wird zwar erst nach vierzehn Tagen Wartezeit gezahlt, doch können in dringenden Fällen Ausnahmen zugelaffen werden, und sie soll (keineswegs: darf) nicht langer gewährt werden als dreizehn aufeinander­folgende Wochem An Unterstützung wird als Höchstsatz bewilligt: dem Familienvater 30 Mark, der Frau 17 50 für Kies Kind eine Zulage von 4 Mark wöchentlich. Für Ledige hat der gleiche Maximalsatz von 30 Mark Gültigkeit, und be- °^»s beachtenswert erscheint uns die Tatsache, daß auch i7 Kn m>eJ5c£r Dni. bte,bem H"m eines Arbeitslosen vorsteht, 17.50 Mark beziehen kann.

*

TagMdi drei Ausgaben, Sonntage und Montage nrei Ausgaben, Beilagen: Das technische Blatt Literat ermatt Für Hochschule ond legend Sport­blatt Reiseblatt Für die Krau. Bezugspreis in Deutschland monat­lich Xa aussdiliefilidi Bestellgeld, im Ausland oa<h dem Tarif der am Weltpostverein beteil Postanetalt Unter Streifband Portosusdilar. Einzelpreis; AbendbL u. L Morgen bl. susammen 20 Pfg.. ii MorgenbUlPfg. Afr^EltiEfr.PHElS Mill-Zeile SO Pfg. Reklame X V- Stellengesuche 20 Pfennig. Familien» Anzeigen (nur privat von der Familie veröffentl.) Doppelz. 40Pfg. / Plata* u. Daten Vorschrift ohne Verbindlichk, Störung, d. böh. t.ewalt od. Ausstand berechtigen nicht «.Ersatzansprüchen

FmnkfurlerZeiluva

(Frankfurter Han del Weitung) j Utlb fjOttbC löblntt (Äeee Frankfurter Zeitung)

Die lange weiße Wolke.

Uenseelanb, dasKand der sozialen Wunder"

Von K«rt Gffenbnrg.

$$ frU auf, um die erste Morgensonne auSzunutzcn fui Filmaufnahmen. Vier Uhr morgens scheint der Höhepunkt des Barbetnebs. Di- Männer sind um diese Zeit mehr'oder weniger betrunken, obwohl an der Bar selbst kein Alkohol ausgeschenkt wird. Die Mädchen kommen von der Straße herein Übernöchtigt und müde, sie flüstern mit den Männern in einer Ecke und gehen wieder fort. Manchmal kommt die Heilsarmee herein, ein Offizier und zwei Frauen, setzen sich still an einen Tisch, bestellen Kaffee Sie reden die Mädchen nicht an, kein Bekehrungsversuch, man w^t uur eine innere Bereitschaft, einzuspringen und zu helfen, vlch bin jetzt eine Woche hier und kenne die Menschen, die im Hau-- wohnen, und die eleganten Wagen vor der Tür, den dunkel­roten Auburn, den großen Studebaker und den weißen Stutz- ich habe einmal den Portier gefragt nach den Besitzern. Er zuckte die Achsel,Jch weiß es nicht, irgendwelchen Gästen des Hotels." Die Atmosphäre bleibt vollständig anonym. Würde irgend jemand nach mit fragen, so würden sie mich ebenso verleugnen.

DaS schwarze Mädchen an der Bar ist immer noch so frisch wie eb-n au? dem Bad gestiegen. Man fleht die Bläffe nicht in dem Gesicht, nur zwei kleine, scharfe Falten vom Mundwinkel zum Kinn und eine senkrechte Linie in der Mitte der Stirn.Hallo, Boy-Friend," sagt sie, undHallo, Girl-Friend", sage ich, wir haben uns gern. Wie vor jeden Gast stellt sie zuerst vollkommen auto­matisch ein Glas EiSwaffer vor mich hin. Dann kommt das GlaS mit «'gekühltem Tomatensaft, er brennt in der Kehle wie Alkohol, und bann ist eS, als ob der Magen' erwachte: er rollt sich auf und glüht vor frischem Appettt. Glänzender Kaffee, scharf gerösteter Toast, Spiegeleier gebraten auf beiden Seiten.

Wenn ich um neun Uhr von der Arbeit komme, ist nur noch ein Mädchen an der Bar, das Hotel schläft bis auf die beiden alten Damen, di« um diese Tageszeit erwachen. Die alten Damen sind die verwöhntesten Gäste des Hotels, sie stammen aus der P-opinz und haben keine Ahnung, wo sie sich befinden. Man liest ihr« -----den Augen ab, damit sie lange bleibtr4.?.-/

Ms der Austral-Kanada-Dampfer am Morgen des fünften Tages von Sydney aus in den Auckland-Hasen einlicf, hatte ich eine eidesstattliche Versicherung zu unter­schreiben, die besagte:Ich schwöre, die Gesetze Neuseelands zu respektieren und getteulich zu befolgen; mich in keiner Weise, weder mittelbar noch unmittelbar, an irgendwelchen Handlungen zu beteiligen, die gegen Seine Majestät König Georg V. gerichtet sind usw." Außerdem hatte ich zehn Pfund Sterling als Bürgschaft zu hinterlegen wie jeder Besucher, der nicht den Vorzug hat, britischer Staatsangehöriger zu sein.

Schwierige Sache, diese Einwanderungsbe st im­mun gen," äußerte ein Bekannter spöttisch, den ich zufällig an Bord wieder getroffen hatte. Er war Chemiker bei einer austtalischen Zuckerraffinerie und eben unterwegs nach Fidschi, wo seine Gesellschaft ebenfalls Pflanzungen besaß. Wochen vorher waren wir zusammen in Queensland gewesen: hatten Zuckerrohrplantagen. Mühlen, Fabriken besichtigt, und damals waren wir in Streit geraten über die Frage: Weiß-Australien oder farbige Kulis? Er verfocht den Standpunkt: billige A r - b e i t s k r a f t, der Rest sei gleichgültig;selbstverständlich" nur für dieZuckerrohrfelder im tropischen Queensland. Hier in Neu­seeland mache man den gleichen Blödsinn (the same non= sense) mit den Einwanderungsbeschränkungen; ich werde schon noch dahinter kommen.

Ich kam sehr rasch dahinter, nämlich, daß die Arb eits- los e n z i f f e r auch hier fieberhaft anstteg. Während im September 1930 6000 Mann außer Werk standen, waren es im März d. I. bereits 18 000 (bei einer Bevölkerung von nur 1.4 Millionen).Wir können jetzt keine Einwanderung brauchen, wir sind froh, unsere eigenen Leute zu versorgen," sagte mir Mr. H. D. Thomson, Staatssekretär im Jmmi- gratton Department; und Mr. W. Nash, Führer der

Begründet ron Leopold Sonnemann

Pemanredi-Sanimel'Nr.: Ortsruf' "lüliiffirrn'Silp"1 i - Telegramm»: Zeitung Frankfurtmain Postscheck: Frankfurt-M 4430

6E8CH1FTSSTEM.EB und Generalvertretungen Frankfurt a M, Große Eschenheimer Str.31 -37. Schillerstr.18-24, Berlin Potsd. Str 133 (TeL B 2 Lützow 3981), Hamburg, Gr.Bäckerstr.9, Köln a-Rh^ Kln.Junkersdorf, Vogelsangerweg 36 u. Kaiser-Wilhelmring 10, Hannover Podbieiskistraße 31 München, Pe* rusast raße 5 und Emeranstraße 2Q Stuttgart, Poststrai: < Leipzig W 33, Goetzstr. 2, L Wien L Wollzeile 11* Zürich, Bahnhofstr. 78, Paris 8,44, Rue de Lisbonne, London & W 1,25, Eve« lyn Mansions, Carlisle Place, Haag« Voorburg, Dr. Blookerstr.21, Brüssel* 47, Rue Montagne aux Herbes Pota> gd res, New York,164 Fifth Avenue, Anfragen u. unverl Einsendungen ist Rückporto beizufügen.

Verlag und Druck: Frankturtet Societäts - Druckerei G. m. b. H,

Labourpartci, vertrat den gleichen Standpunkt: rücksichtslose Einwanderungsdrosselung. Die kürzlich erweiterte Arbeits­losenschutzgesetzgebung, versicherte er mir, wäre nicht zu halten, ließe man jetzt Menschen aus Europa hereinkommen. (Von Farbigen war überhaupt nie die Rede.) Als ich ihm sagte, ich begriffe wohl die Auftechterhaltung einerWhite New Zealand"-Politik, aber nicht die Absperrung gegen weiße Siedler, war seine Antwort die gleiche nüchterne Rechenauf­gabe wie in den Ministerien:Wir sperren uns nicht ganz Brot zu sein, so ist 'sei'n'L eHn s st a n d a r d^um viele Grade

??nßfeflettte l^d, daß sie sich manchmal auf Minuten zu ben Mädchen setzen, mit ihnen reden, nicht wie Liebhaber, sondern mehr tote Manager zu einer Schauspielerin vor der Premiere Sie b'° Sp-is-n aus, die die Mädchen bestellen, schneiden ihnen das Fletsch vor, effen einen Bissen mit. Es ist, als blühten die -Nadchen auf, wenn einer der Männer an ihren Tisch tritt. Ihr Benehmen Hal etwas von dem dankbarer Tiere, die man streichelt. Die Manner an der Bar sprechen Über Sportereigniffe, Boxkämpfe und Baseballwettspiel-, es sind junge Männer, elegant gekleidet, einige auffallend gut aussehend. In ihren Rücken, die den Mäd­chen zugekehrt sind, liegt ein Art Abwehr,'etwas von Verachtung In ihren lauten Gesprächen ist ein betontes Sich-nicht-Kümmern um dte Frauen, die doch zu ihnen zu gehören scheinen.

"r^ltene Spannung liegt über dem ganzen Hau« nervenkitzelnd, keineswegs unangenehm-. Ich ahne ungefähr wohin ich geraten bin.

Abendblatt

Erstes Morgenblatt

Wirtschaftsausschusses in kürzester Feist gebildet werde. Ueber die Reise des Ministers nach Washington wird in nächster Zeit eine offizielle Mitteilung erfolgen. Das Datum der Reise ist noch nicht festgesetzt."

Die frarrzöstscherr Handwerker

wollen einen Sitz im Wirtschaftsausschuß.

Paris, 30. Sept. (Europapreß.) Der Gewerkschaftsverband des französischen Handwerks beglückwünscht in einer Ent­schließung den Ministerpräsidenten Laval und Außenminister Briand dazu, daß sie die Lösung der schwierigen Gegenwarts­probleme durch eine allgemeine internationale Zusammenarbeit und durch die Schaffung eines Wirtschaftsausschusses zu lösen suchten. Der Verband verlangt, daß dem Handwerk eine V e r - tretung in der deutsch-französischen Kommission eingeräumt werde.

Kennrichigirrrg Polens.

Warschau, 30. Sept. Die polnische Oeffentlichkeit ist durch die von ihr befürchteten Auswirkungen der deutsch-franzö­sischen W i rts chaf tsv e rstä n d i g un g lebhaft beun­ruhigt. Einzelne Blätter des Regierungslagers beanstanden, daß Frankreich den fortdauernden Zollkrieg deS polnischen Ver­bündeten Frankreichs mit Deutschland ignoriere. Allgemein wird befürchtet, daß die deutsch-französische Zusammenarbeit auf den osteuropäischen Märkten Frankreichs Interesse für Polen vermin­dern, andererseits Deutschlands Stellung als Wirtschaftsvermittler zwischen West und Ost stärken werde. Die Frage, wie Polen in künftigen Fällen wirtschaftlichen Zusammenwirkens einzuordnen sei, gilt der Presse auch infolge der durch die Pfundkrise vermehr­ten Exporischwierigkeiten von neuem als offen.