<r. 271. Abendblatt.

Frankfurt, 1. Oktober.

nur

Interesse daran, daß ihr nicht die Steuerzahler sozusagen ent­fliehen, was mehr oder weniger geschieht, wenn sie sich zur City entwickelt und die Bevölkerung draußen auf Gebieten wohnt, die nicht mehr zum Gemeindebezirke, in diesem Falle also zu Berlin gehören. Eine Stadt wie Berlin muß also die Mög­lichkeit haben, sich neue Rayonsanzugliedern, wenn sie nicht eingeschnürt werden und so schließlich die Mittel verlieren soll, ihren Aufgaben nachzukommen. Diese Sachlage ist so einfach, daß jeder, der sich überhaupt mit diesen Fragen zu besoffen hat, sie erkennen muß, weshalb inan auch sagen darf, daß niemand,, der es mit Berlin gut meint, dem Streben der Stadt nach Er­weiterung Hinderniffe in den" Weg legen wird, zumal da die Entwicklung der Umgebung von Berlin schon Hindernisse genug

aufgerichiet hat.

War etwa das Hindernis, das in dem Verkaufe des Ge­ländes an Tempelhof liegt, eine Notwendigkeit? Es gibt nicht' einmal den Schein eines Beweises dafür. Es gibt nur eine Er­klärung, und die liegt darin, daß offenbar die Kreise, denen die kräftige Entwicklung bcS Städtewesens überhaupt und Berlins im Besonderen nicht paßt, Kreise agrarischer und junkerlicher I Art, die zunächst wohl in der Gegend Tempelhofs zu suchen sind, das Kriegsministerium beeinflußt und dort Verständnis gefunden haben. Tritt der Verkauf an Tempelhof wirklich in ........ _______ , .. . Kraft, so erreichen diese Kreise zweierlei damit. Erstens, wie

Mit Tempelhof sind wir einig; wenn Berlin gejagt, die Benachteiligung Berlins, die ihrem Herzen wohltut, und zweitens eine Verringerung der steuerlichen Lasten derer, die in dem Gebiete leben, zu dem Tempelhof gehört. Das Tempelhofer Feld wird überbaut werden, ob cs nun zu Berlin oder zu Tempelhof gehören wird; das muß natürlich der Steuerkaffe Geld einbringen, und so könnte man ja die Steuer­last der Gutsbesitzer, die dort sind, ermäßigen. Daß dabei auch das sonst von° den Agrariern so sehr gehaßte, Groß­kapital bedeutende Gewinne machen würde, geniert sitz in diesem Falle nicht. Wir gehören auch nicht zu denen, die über die Banken, welche der Tempelhofer Gemeinde

das Geld zum Ankäufe des Geländes vorstrecken wollen und das natürlich Gewinnes wegen tun, zetern wollten. Wir meinen zwar, daß es einem Unternehmen, wie der Deutschen Bank, die Wert darauf legt, daß ihre Beteiligung an der Bagdadbahn auch unter nationalen Gesichtspunkten gewertet werde, wohl an­gestanden Hütte, auch bei der Tempelhofer Angelegenheit di« Jntereffen der Allgemeinheit nicht zu übersehen. Es ist klar, daß eine Stadt ein Gelände nach ganz anderen Gesichtspunkten aufschließcn kann, als ein Privatunternehmen, das verdienen will, aber schließlich, da es erlaubt und auch die Aufgabe der Banken ist, Geschäfte zu machen, kann man dagegen, daß sie die Hand dazu geboten haben, Berlin zu schlagen, nur das Eine sagen: cs ist bedauerlich, daß das in den Banken konzentrierte Kapital die Möglichkeit hat, zu Zwecken verwendet zu werden, die dem allgemeinen Jntereffe nicht dienen. Dies entlastet aber in keiner Weise die staatliche Verwaltung, im Besonderen das Kriegsministerium. Haben Privatunternehmungen das Recht, die Gelegenheit zum Verdienen wahrzunehmen, uns kann man ihnen weiter keinen Vorwurf machen, wenn sie darauf verzichten, den Ruhm einer gewiffen Gemeinnützigkeit zu bean­spruchen, so ist es doch die Pflicht der Staatsverwaltung und auch eines Kricgsministeriums, gerade die allgemeinen Interessen über alles andere zu stellen. Das allgemeine Jntereffe besteht in diesem Falle offenbar nicht darin, daß dm Tempelhofer Guts­besitzern die Steuern erleichtert würben, und sicherlich auch nicht darin, daß aus dem Verkauf des Geländes möglichst viel her­ausgeschlagen werde, mag es auch in die Hand von Grund­stücksspekulanten gelangen, sondern das allgemeine Jntereffe ist hier ohne Zweifel dasjenige Berlins. Das Kriegs­ministerium sagt in einer Erklärung, daß in erster Linie das finanzielle Interesse des Reiches habe gewahrt werden müffen. Man braucht nichts weiter zu hören, um einzusehen, daß i das Ministerium gar nicht bemerkt, worum es sich handelt, oder nicht bemerken will. Auch im übrigen ist seine Erklärung, die an anderer Stelle wiedergegeben wird, in keiner Weise geeignet, die dokumentarisch begründete Anklage zu wider­legen, daß feine Neigung bestand, den Absichten Berlins ent- gcgenzukommen. Glücklicherweise hat nun noch der Reichstag ein Wort mitzusprechen, und man muß hoffen, daß er diese Angelegenheit zu einem besseren Ende führe und der Stabt Berlin für die unglaubliche Brüskierung, die ihr angetan worden ist, Genugtuung verschaffe.

Und wie die Schwalbe immer zur Heimat wieder zieht, wann vor des'Lenzes Schimmer der Winter mählich flieht;

. so kehrt mein Herz zu dir zurück, bei jedem Schmerz, in allem Glück, ob du mich gleich verlassen ".nd eines Andern bist.

Nirwana.

Beneidenswert sind sie, die Ungeborncn, weil aller Schmerzen, jeder Unrast barl Viel glücklicher als wir, der Lichterkornen so Wunsch- und schuld- als reubeladne Schar. Schmerz ist das Leben, Leid ist unser Los, solang wir haltlos durch dies Dasein wanken. Sre ruhn beseligt jener Macht im Schoß, die dieses All umfängt mit seinen Schranken. Nicht atmen brauchen I Höchste Himmclshuld, befreit zu sein von nichtigen Beschwerden. Gebären, zeugen ist die schwerste Schuld, der Uebel schlimmstes das Geborenwerden. Ten Tag, da du ans Licht getreten bist, hat auch dein Schicksal zur Geburt erlesen. Nichts kann man werden, was man nicht schon ist, und ivas man wird, ist man von je gewesen.

Es braucht nicht erst das Leben uns zu ründen; wir treten schon als Kreis in diese Welt. Ter Kinder Fehler sind der Eltern Sünden; ihr Wind ist cs, der unsre Segel schwellt.

Wozu den Ucbcrfluß des kurzen Lebens, wenn unser Bestes doch nach Ruhe schreik? Und achl nach Ruhe jagen wir vergebens; solang, wir atmen, stehen wir im Streit. Trum allem Sein verachtende Verneinung! Kein Weiser ward von seinem Reiz betört, weil ihm der tolle Reigen der Erscheinung Tas höh're Glück, den innern Frieden, stört.

Hedichle eines Jabrikaröeiters.

In der Oktobernummer der »Süddeutschen Monatshefte" stellt der Münchner Literarhistoriker Prof. Franz M u n ck e r einen jungen, in Nürnberg lebenden Dichter vor, der in äußerlich drückenden, geistig lähmenden Verhältnissen um sein tägliches Brot arbeitet. Der Poet heißt Karl B r ö g c r und steht im Alter von 24 Jahren. Er ist der Sohn eines Fabrik­arbeiters, wuchs ohne eigentliche Erziehung auf, doch nahm sich Pfarrer Pc chma nn seiner an, so daß er eine Realschule besuchen konnte. Er wurde aber, aus Gründen, über die er sich sehr aufrichtig äußert, von der Schule fortgeschickt und fand dann beim Militär seinDamaskus". Zur Zeit bringt er sich in Nürnberg als Fabrikarbeiter durch. Bröger hat sich schon in seinen Schuljahren poetisch versucht, seineersten wirklichen Gedichte" datiert er von seiner militärischen Dienst­zeit an. Inzwischen hat er auch dramatische Arbeiten in An-, griff genommen und arbeitet gegenwärtig an zwei Trauer­spielen. Prof. Muncker hat Recht, wenn er meint, es lohne sich, dieses ringende Talent kennen zu lernen, so viel Un­reifes es auch noch an sich hat:Die Sicherheit des künstleri­schen Gefühls beweist mehr als manche Einzelschönheit, daß hier in der Tat eine starke natürliche Dichterkraft waltet, die nur gewissenhafter Schulung bedarf, um zu rechter Entfaltung zu gelangen." Aus der in denSüddeutschen Monatsheften" mitgeicilten Auswahl geben wir die nachfolgenden drei Ge­dichte wieder:

Auf ein frühverstorbenes Kind.

Dich riß im ersten Blühn, der Knospe kaum entsprungen, ein rauher Frühlingssturm von deinen Zweigen los, die dich noch gestern froh hin durch die Luft gesckwungen und die heut trauernd stehn, weil ihres Schmuckes bloß.

Tu flattertest herab, eh du dich noch entfaltet.

Es trog der Lenz den Herbst um die erhoffte Frucht. Oft habe ich geklagt:Wie.Hütt' sie sich gestaltet?" Und schmerzgebeugt sodann dein frühes Grab gesucht. Ta sah ich jüngst am Weg, vom Baume abgefallen, die ausgcreifte Frucht, zerfressen halb vom Wurm. Da ward mir plötzlich Licht. Die Klage mag verhallen. Ich schied von deinem Grab und segnete den Sturm.

Ob d u m i ch g lei ch ve rla ssen .. .

Ob du mich gleich verlassen und eines Andern bist, doch kann ich noch nicht fassen, was längst geschehen ist.

Beginnt die Sonne ihren Lauf, so steigt dein Bild mit ihr herauf, ob du mich gleich Verlässen und eines Andern bift.

wurde, bemerkt:Wenn das Schreiben vsm 30. August nicht von einem königlich preußischen Staatsminister unterschrieben wäre, so würde ich sagen: das ist etwas, was man so Jesuitenbrief nennt". In der Tat, welcher Mann geraden Sinnes konnte annehmen, in der Acußcrung, die Entschließung des Ministeriums sei ihrem Zeitpunkte nach von der mündlichen .. Besprechung unabhängig, liege ein Hinweis daß das Mini- ' stcrium im Begriffe fei, den Vertrag mit Tempelhof abzuschließen!

Das königlich preußische Kriegsministerium hat sich da wahr­haftig einen bösen Streich gespickt.

Leider aber nicht nur sich selber, sondern auch der Stadt Berlin. Nach dem Verlauf der Sache unterliegt cs keinem Zweifel, daß die Staatsverwaltung, wenn nicht von Anfang an. so doch schon seit geraumer Zeit gar nicht die Absicht hatte, das Tempelhofer Feld an Berlin abzugeben, und wenn man nach den Gründen dafür sucht, so tarnt es in der Hauptsache kein anderer sein, als die S t ä d t e f e i n d 1 i ch k e i t, die Feindlichkeit gegen die städtische Kultur die zur Begünstigung der kleinen Gemeinde Tempelhof geführt hat. Es ist für Berlin, wie für jede große und wachsende Stadt, eine Lebensfrage, daß es sich ausdehnen und Rayons, die vor seinen Grenzen liegen, tu fein Gemeindegebiet einbeziehen kann. Eine große Stadt hat viele Aufgaben zu erfüllen, auf den verschiedensten Gebieten. Die Erfüllung dieser Aufgaben kostet Geld, sehr viel Geld, und das kann in letzter Linie natürlich nur durch Steuern hcrein- gebracht werden. Eine solche Stadt hat also das größte

man ihm: _____ ... . -

,licht schnell zugreift, so fällt es ab". Einige Stunden I fnäter aber sagte Herrn Reicke der Bürgermeister von Tempelhof:Im Kriegsministerium hat man mir erklärt, daß man mit Berlin einig sei und Tempelhof schnell zugreifen müsse, wenn es noch berücksichtigt werden wolle". Was für prächtige Geschäftsusancen! Derartiges kommt ja im geschäft­lichen Leben vor, aber wie beurteilt man Leute, von denen man erfährt, daß sie solche Methoden anwcnden? Doch es kam iwch besser. Der Magistrat bot 70 Millionen, worauf er vom Kriegsministerium am 30. August ein Schreiben erhielt, in dem das Anerbieten des Magistrats zu einem mündlichen Vortrage angenommen, zugleich aber betont wurde, daß die Entschließung insbesondere ihrem Zeitpunkte nach völlig unabhängig davon sei. Dieses Schreiben kam am 31. August in die Hände des Ma­gistrats; an demselben Tage aber, also bevor iwch eine münd­liche Besprechung möglich war, wurde der Vertrag mit Tempel- Hof unterzeichnet! Das Kriegsministerium hat also, wenn cs schon das Gelände an die Gemeinde Tempelhof verkaufen wollte, nicht etwa das getan, was unter Kaufleuten, auch wenn sie keine Reserveoffiziere sind, selbstverständlich ist, es hat nicht dem Berliner Magistrat mitgc- teilt, daß er sich nicht weiter zu bemühen brauche, sondern das Ministerium hat so getan, als ob es bereit sei, mit Berlin weiter zu verhandeln, und hat gleichzeitig den Vertrag mit Tempelhof abgeschlossen. Was für ungemein prächtige Ge- schäftsusancen! Der Bürgermeister Reicke hat in der Sitzung der Berliner Stadtverordneten, in der diese Sache behandelt

q'ie Geschichte der preußischen Verwaltung ist wieder um unerhörtes Stück reicher geworden. Der Verkauf des ^ cn'velh ofer Feldes bei Berlin und die Vorgänge, d-e mm Verkaufe führten, gchörm wohl zu dem Krassesten daS da war. und wenn man auch die Motive durchschauen kann, hL va« Kriegsministerium geleitet haben, so ist es doch kaum d areiilich wie eine Behörde einen Geschäftsgang emichlage» e»nnte ben ber kleinste Kaufmann, bet etwas auf seine Repu- wtion'hält, von sich weisen würbe. Die Stabt Berlin ist über-- wrnmelt worben, überrumpelt vom Kriegsministerium in einer Lebensfrage, überrumpelt in einer Weise, bie man wirklich nicht fjir möglich halten konnte. . .

Am 11 April forberte bas Kriegsministerium bie stabt zu einem Angebot auf das Gelänbe auf; das Schreiben kam erst am 17 in bie Hänbe bes Magistrats, unb bis zum 25. sollte die Antwort erfolgen. Schon darin lag eine Unfreundltchkett, denn das Ministerium konnte sich doch sagen, daß ein städtischer «ümarat nicht so rasch funktionieren kann, wie ein beliebiger Grundstücksspekulant, unb man bem Berliner Magistrat boch etwas mehr Zeit laffen müßte, schlüssig zu toerben In bet Tat konnte der Magistrat den Termin nicht enthalten. Als bann Bürgermeister Reicke im Ministerium vorsprach, sagte

Einzelnen französischen Bischöfen scheint gegen- I Über bem Vatikan doch endlich ber Gebulbsfaben zu reißen. Das päpstliche Dekret, bas bie Kinbetkommnnion auf bas siebente Lebensjahr verlegt, ist bet Tropfen geroefen, ber bas Gefäß zum Ueberlaufen gebracht hat. Bischof Ehapon von Nizza, ber sich auch früher schon durch Freimut anszeichneie, hat an den Kardinal-Erzbischof Couüiö, Primas von Gallien, einen Brief gerichtet, in dem er das Dekret in schärfster Werse kritisiert unb ber Kurie bittere Wahrheiten sagt. Er habe, schreibt er, von verschiedenen Leuten, nachdem sie das Dekret gelesen hatten, den Ausruf gehört:Das ist das Ende der katholischen Religion in Frankreich!" Das sei zwar übertrie­ben, aber es fei doch der unwillkürliche Ausdruck des Be­wußtseins einer großen Gefahr. Dann führt et aus: Das Schmerzlichste an dem Dekret fei, daß es so plötzlich kam, in feinen besehlshaberischen Ausdrücken keine Milderung und keinen Uebergang zulasse und eine Umwälzung veranlasse, von deren Gefahren feine Urheber gar keine Ahnung zu haben scheinen; außerdem verletze es den Episkopat und zerstöre bie, Früchte von bessert langjähriger unb mühevoller Arbeit. Die' Bischöfe, heißt es in dem Briefe weiter, seien durch göttliches Recht die Ratgeber des Papstes, ssie hätten'ihm nicht bloß zu gehorchen, sondern ihn auch aufzuklären,' ihm Vorstellungen zu machen, ihm die Bedürfnisse und Gefahren der Bevölkerung

französischen Stücken Der letzten Jahrzehnte sich bewährt hat. Sie hat auch natürlich einen Inhalt. Dieach so wahnsinnig glückliche" Offhierssrau muß ihren Mann, ber einen Wechsel gefälscht hat, retten; sie bietet sich bem alternben Hausfreund an. Kaufbedingungen: eine halbe Stunde volles Verfügungs­recht und 1005 Mark für die Minute. (Ter Wechsel lautet auf 30 000 Mark). Tas Publikum darf die beiden bie ganze halbe Stunde beobachten; der Kaufvertrag wird alfo nicht ganz eingchalten. Aber die edle Retterin erfährt während dieser Zeit, daß ihr angebeteter Mann ihr vieles, vieles Geld einer jener bekannten Maitressen geopfert hat, für die kein Vermögen reicht. Der gute Freund, der den Scheck aus­schrieb, ohne auf. dem Gegenwert zu bestehen, wird Frau Claire als'Gattin tn sein Junggesellenheim einführen. Tie Maitreffe verschwindet nach auswärts und der erste Gatte in die Versenkung. Wäre das Stück von einem Franzosen, man hätte es sicherlich importiert und bei ber brutschen Ueber- setzung entsprechend vergröbert; warum sollte man ba nicht auch das von Lothar schonfix und' fertig" gelieferte auf- füljren? Im Deutschen Schauspielhaus hat Herr Hagemann einen der Jungen der aber eigentlich gar nicht mehr dazu gehört zu Wort kommen lassen. Er hat, dem Pu bl ftp in für StrindbergsT o t ent a n z Achtung abgezwiingen, bie' sich zuletzt zu lebhaftem Beifall steigerte. Tie Inszenierung unb Regie waren recht geschmack­voll unb vermieden alles Aufdringliche aber von den bret- Mitwirkcnocn versagte der Darsteller bes Ouarantänemeisters vollständig.; es braucht nicht näher ausgeführt werben, was das bei diesem Werk von Strindberg bedeutet.

^Drahtlose Telegraphie und Seeschiffahrt^. Wir lesen imPrometheus": Seit langem hat man erkannt, daß- bie drahtlose Telegraphie in hohem Maße geeignet ist, bie Sicherheit bet Seeschiffahrt zu erhöhen, und diese Erkenntnis "beginnt nun auch ihre .Früchte zu tragen. Nachdem schon seit längerer Zeit bie großen Dampferlinien ihre Schiffe mit Einrichtungen für bralstlose Telegraphie ausgerüstet haben von Kriegsschiffen möge hier ganz ab­gesehen werden, hat man neuerdings auch vielfach klei­nere Dampfer unb auch solche, bie nicht ber Personenbe- förberunß bienen, mit berartigen Einrichtungen versehen. Nun gebt aber die Gesetzgebung der Vereinigten Staaten und Englands noch weiter; beide Länder machen die Ausrüstung mit Apparaten für drahtlose Telegraphie. obligatorisch für alle S chiffe, bie mehr als 5 0 Personen an Bord haben unb einen amerikanischen, l>eziehungsweise englischen Hafen verlassen ober anlaufen. In Amerika soll, biefe Be­stimmung am 1. Juli 1911 in Kraft treten, in England ist das Gesetz, welches eine Reichweite der Apparate von 185 km verlangt unb bei Zuwiberhanblungen schwere Strafen vor- sieht, erst Dem Unterhause zugegangen. Es erscheint nicht zweifelhaft, baß auch anberc Lander sich biefem Vorgehen balb anschliehen und dazu beitragen werden, die Sicherheit bet Seeschiffahrt zu erhöhen.

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o teilte Mitlcids-Ttatistik.) Tas psychologisch recht interessante Problem bes M i 11 e i b s bei K i n b e r n hat W. Bo eck durch eine Rundfrage.der Lösung näher zu bringen gesucht und veröffentlicht nun die Antworten in einem kleinen Buche. Er hatte 139 Fragebogen zuverlässigen, an kritisches Beobachten gewöhnten Leuten übersandt, sodaß bewußte unb unbewußte Täuschungen oder Ucbertreibungen nach Möglich­keit ausgeschlossen wurden. Das Ergebnis dieser Rundfrage waren die nachstehenden Tatsachen: Aeüßerungcn des Mit­leids hat man an Kindern schon in deren e r st e m Lebens­jahre beobachtet. Am häufigsten und stärksten sind diese Aeutzerungen zwischen dem dritten und fünften Lebensjahre. Auffallend, namentlich von Lehrern vielfach beobachtet, ist dal Zurücktretcn des Mitleidsaffektes in oder nach dem zwölften Jahre. Ferner prüfte man bei den 630 mitgeicilten Fällen (es handelte sich um 348 Knaben und 282 Mädchen im Alter von einem bis zwölf Jahren) den G e g e n st a n d des Mitleids. In 358 Fällen galt es Menschen, in 207 Fällen Tieren. Pflanzen oder leblose Gegenstände, wie z. B. Puppen kamen mit einer ungleich niedrigeren Zahl an die Reihe. Recht interessant ist cs, daß unter" den Menschen die Mutter es war, die am häufigsten bemitleidet würde. Erst an zweiter Stelle kam der Vater, unb am bürftigften würben die Geschwister bedacht.

gfk fTas Ende derLöckcheufrisur.") Ein humori­stischer englischer Tagesschriftsteller, Mr. Wilton, hat sich neulich in einer Theatervorstellung damit beschäftigt', Die Löckchen auf den Köpfen der Damen zu zählen. Es waren im Theater etwa 800 Damen anwesend, die moderne Frisuren trugen, also mit falschen Löckchen geschmückt waren. Durchschnittlich, so zählte Mr. Witton, hatte jede Dame zehn Löckchenangesteckt", es befanden sich also 80 0 0 falsche Locken auf den Köpfen der Schönen. Dazu kamen noch die Äufbaufrisuren der Schauspielerinnen, die die Zahl des Ge­wöhnlichen weit überstiegen. Mr..Witton war entsetzt, sich tr einem Raume zu befinden, indem alle Arten von Haar gefun­den'wurden. Büffelhaare, Chinesenhaare, Regerkraushaare: Has alles trugen die Damen freilich im verarbeiteten Zustand, auf ihrem Haupte, und waren.jicherlich ungemein stolz darauf In.launigen' Worten äußerte sich ber Spötter über biese Modi und konnte sich mit seinem gesunden Menschenverstände bi» Tatsache gar nicht erklären,' baß man bisher in ben Löckchen, frisuren noch nichtein Haar gefunben" habe. Wer nun bi» Mode kennt, ber weiß, baß sie ihre Herrschaft verliert, sobald die Zahl ihrer Anhängerinnen zu groß wird. Dann werden nämlich.die von der Mode bevorzugten Gegenstände billig, unb sobald eine Mode nicht mehr ausschließlich das Attribut der besitzenden Klaffen ist, verliert sie ihren Reiz, und es gehl bergab mit ihr.' So ist es auch mit ben Löckchen I Heutzutage kann man schoneinen ganzen Kops voller Lochen" für 8 bis 10 Mark laufen, für eine Summe alfo, bie sich nahezu jedi Dame leisten kann. Daher sind bie Löckchen auch schon nicht mehr modern. Die tonanaebenben Damen E n a l ff» d 1

Tages-Rundschau. i

Es war zu erwarten, daß die Reaktionäre ' schnell Bei der I Hand sein würden, um aus den Moabiter Exzessen Kapital für ihre Pläne zu schlagen, obgleich doch wahrhaftig reattiü- näre Maßnahmen das allerschlechteste Mittel sind, um Be- ruhigung zu schassen. Aber sreilich, auf Beruhigung kommt es dieftn Leuten auch nicht an, sie suchen nur,ede; Gelegen­heit zu benutzen, um die Gewaltanwendung und die Unter- drückung von Freiheiten und Volksrcchten zu empfehlen. Unter den Vorschlägen, die just wieder gemacht werden, um dem Volkswillen Schranken anzulegen, befindet sich auch wieder die Anregung, dos Zweikammersystem im Re,cy einzuführen. In einem Artikel desReichsboten" wird das empfohlen und die Errichtung einer ersten Kammer des Reichs­tags, eines Reichsrats oder Reichsoberhauses, als ein dringen- I des Bedürfnis bezeichnet. Die Voraussetzung dabei sei, daß es aus berufsständischen Wahlen hervorgehe, und daß in ihm ferner die Träger hoher Staatsämter, die Häupter der großen Stadtgemeinden, die Inhaber altererbter Standes- herrschasten und auf besondere Berufung der Bundessürsten Personen von allseitig anerkanntem Verdienst um Staat uns I Reich einen Platz zu beanspruchen hätten, eventuell auch auf Grund besonderer Wahlen die Vertreter der Höchstbesteuerten. Dieses Oberhaus würde, so heißt es in dem Artikel weiter, eine aus besonderen Wahlen hervorgegangene, die höchste Intelligenz und die wirkliche Sachkunde in den deutschen Be­rufsständen verkörpernde Versammlung bilden, daher alle Vor­aussetzungen in sich tragen, der eigentlich maßgebende ^attor der Gesetzgebung zu sein, der frei von allen.Partei- und Dage-- strömungen seine Entscheidungen nur aus sachlichen Beweggrün­den allein nach den wahren Bedürfnissen des Vaterlandes trifft. Es solle dann die Uebereinftimmung des Bundesrats mit einem der beiden Häuser des Reichstags genügen, um einer Vorlage Gesetzeskraft zu verleihen, wahrend der Widerspruch beider Hauser das Scheitern eines Entwurfes zur Folge haben würde. DieseReform" würde einfach bedeuten, daß der Reichstag ausgeschaltet werden würde und daß der Bundes­rat nach Belieben dekretieren könnte. Denn einmal wurde dieberufsständische Gliederung" schon den Regierungen starke I Einwirkungen gestatten, dann gäbe es wieder geborene Mit­glieder, deren Intelligenz und Sachkunde auf dem ererbten Besitz von Standesherrschasten beruhte; schließlich aber hätten bie im Bundesrat vertretenen Regierungen es jederzeit in der Hand, durch Entsendung von Staatswürdenträgern und be­liebige Berufungen von'Vertrauenspersonen in dieses Ober­haus sich darin willfährige Mehrheiten zu schaffen. Diese Verkörperung höchster Intelligenz und wirklicher Sachkunde" würde also in Wirklichkeit nur ein bequemes Werkzeug des Bundesrats fein, ein Mittel, den vom Volke gewählten Reicks- tag völlig auszuschalten. Selbstverständlich würde dann der I Bundesrat nur noch mit demOberhause", niemals mit dem

Reichstage Gesetze machen. Man könnte ebensogut Vorschlägen, den Reichstag aufzuheben und die Gesetzgebung dem Bundes­rat zu überlassen. Da sind ja selbst die preußischen Zustände noch liberaler, denn in Preußen müssen doch wenigstens beide I Häuser einem Entwurf zu stimmen, wenn er Gesetz werden soll. . I Vorschläge, wie der hier wiedergegebene, zeigen, daß die Feinde des Reichstagswahlrechts nicht nachlassen in dem Bemühen, sei es direkt oder auf Umwegen, das Volk um sein wichtigstes politisches Recht zu bringen.

zur Kenntnis zu bringen, und wenn sie in einer so wichtiger Angelegenheit wie der vorliegenden dies unterließen, fei es aus Schmeichelei, Furchtsamkeit oder übelverstandener Kindesliebe, so würde Gott diesen Fehler nicht durch ein Wunder decke« und sie würden vor Gott und vor der Geschichte eine schwere Verantwortlichkeit übernehmen für einen Irrtum, den der Papst ohne Zweifel vorher nicht richtig geprüft habe, der aber nach feiner, des Bischofs,, festen Ueberzeugung den Verlust unzähliger Seelen und den Ruin des christlichen Unterrichts in Frankreich zur Folge haben werde. Der lange bewegliche Bries endet mit der Forderung, dem Papst achtungsvolle, aber aufrichtige Sorftel- lungen zu machen und ihn zu überzeugen, daß die Bischöfe das Dekret nicht aussühren könnten, ohne mit dem religiösen Unterricht zugleich die Hoffnung und die Zukunft des christ­lichen Frankreich zu opfern. Der Brief, dessen Wortlaut de: Figaro" veröffentlichte, hat natürlich großes Aufsehen ge­macht, worüber der Bischof Ehapon so erschrak, daß er dem Figaro" schrieb, er bedaure sehr, daß, der Brief veröfsent- licht wurde, und er habe inzwischen seine ersten Eindrücke be­züglich des Dekretes modifiziert. Aber das genügte Rom nicht. Vorgestern Abend veröffentlichte derOsservatore Ro­mano" den Brief des Bischofs und fügte ihm folgende Not- bei:Der Bischof von Nizza protestiert gegen die Verössent- lichung feines vertraulichen Brieses und erklärt, daß er fest« ersten Eindrücke modifiziert habe. Wir belauern ebenfalls die Veröffentlichung, wie wir auch den Inhalt des Brietet bedauern. Wir hätten in dieser Beziehung viel zu sagen, adel aus gebührendem Respekt beschränken wir uns darauf, »t konstatieren, daß Herr Ehapon das Dekret in großer Eile ge­lesen haben muß, weil er nicht allein es einer Kongregaüor i zuschrieb, von der cs nicht ausgegangen ist, sondern auch heul» fein Urteil modifiziert, und zwar aus Grund der Erwägungen die klar und bestimmt in dem Dekret selbst auseinandergesetz! sind." Diesem Rüffel, den das offiziöse Blatt dem Biscko' erteilt, soll/ wie mehrere Blätter wissen wollen, em Tabe. folgen, den der Papst felbft aussprechen werde. Das ist seh, wahrscheinlich, denn ber Bischof Ehapon genießt schon lang» bie Ungnade des Vatikans und vielleicht gibt sein Brief den Anlaß zu seiner Absetzung, die von den Römlingen schon längs!

I erwartet und verlangt worden ist. Unter Umständen fäll! dadurch auch ein Licht auf die bis jetzt noch unaufgeklärt! Frage, auf welche Weise ber vertrauliche, nicht für bie Oes- fentlichkeit bestimmte Bries trohbem seinen Weg in die Oef- fcntlichkeit gefunden hat. _ _ _ __________

MlionaMeraker Uarleilag.

li Kassel, 1. Okibr. (Priv.-Tel.) Nachdem, wie schon gemeldet, der Zentralvorstand der nationaÜibetalen Partei gestern eine neunstündige Aussprache unter sich gepflogen hatte wurde heute im Stadtparksaal der ordentliche Vertreter« tag durch Bassermann als Vorsitzenden der Gesamtpartet mit dem Hinweis auf den Ernst der politischen Lage eröffnet. Wassermann wies weiter auf die große Zahl ber Delegierten hin, bie einen Rückschluß auf bie Kraft der Parte, zulasse. Rach seinem Vorschlag wählt bie Versammlung Dr. Krause als ersten, Paasche als zweiten und Professor Hebe! (Kassel) als brüten Vorsitzenden. , .

Dr. Krause übernimmt den Vorsitz. Von ber Regierunc fordert er zur Verhinderung von Wahlen wie diejenigen bei letzten Zeit eine wahrhaft volkstümliche Politik. Die natio­nalliberale Partei müsse stark genug fein, die in ihren Reiher hervortretenden erheblichen Meinungsverschiedenheiten zu er­tragen. Die Verhandlungen sollen unter dem Merkworte bei Duldsamkeit und der straffen Disziplin zugleich, stehen,

Dann nimmt Wassermann, fast über die Maßen stür­misch begrüß!, das Wort zu einem etwa zweistündigen, per- häu.-ismäßig' energischen und die Tinge unter einer weiter Perspektive behandelnden Referat über die inner poli­tische Entwicklung im Reiche. Er beton! das unveränderte Festhalten an dem bisherigen nationallibera­len Program n unb ben bisherigen Grundsätzen ber Partei. Er hebt die Tiefe der durch bas ganze Volk gehenden Miß­stimmung hervor, die nur zum Besten der radikalen Strö­mungen diene. Erscheinungen, die im Reiche durch bie ver- fehlte.von ber Regierung in Abhängigkeit vom schwarzblauen Block gemachte Finanzreform herrührten. Auch bie eben so verfehlte Behandlung ber preußischen Wahl- t.e.c;j tsfrage trage an diesv Verbitterung Schuld. Das Ziel des Nationalliberalismus solle sein: Rückkehr zur B ü l o w s ch e n B l o ck ä r a. Also ein Zusammengehen auch mit den Freisinnigen, einschließlich des Herrn v. Payer, und zugleich mit den Konservativen. So werde am ersten der So­zialdemokratie Einhalt getan.

Der Vorsitzende,' Professor Kraus e, konstatierte aus bem

W Frankfurter Zeitung ffMLWZ nMazcitunc, ' und Handelsblatt. (Neue Frankfurter Zeitung.)

A. na im Weltpostverein (Frankfurter Handelszeitung.) 1

r London siegle go, ^m-au . Begründet von Leopokb §ortnem«nn.

^ÄXslmüich^. 18.-.

Kleines Feuilleton.

P I Hamburger Theater.j Au? Hamburg, wird unS vom 30. v. M. geschrieben: Wenn wir recht unterrichtet sind, wer­den es nicht weniger als neun Bühnenwerke fein,bie Rudolph Lothar allein oder mit Compagnons in dieser Saison herauSzubringen" gedenkt. Sind sie alle nicht ärger als ,:J ch l i e b e Di ch", das man gestern im Thali a-T Heater sehen konnte, so wird man der Produktionsmethode Lothars seine Bewunderung- nicht versagen können; seine neue Komö­die hat, eingn recht passablen Dialog, ein paar witzige Einfälle und einige Situationen, deren Wirkung in Dutzenden von