Abendblatt
Dreimalige Ausgabe
76. Jahrgang Ur. 344—345
, 10. Mal 193S
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Erleuchtung, die der Krieg dem Dichter gab. Es war der Versuch, sie zu wecken, die Schatten zu Körper werden zu lasten, es war der Versuch, sie mit dem großen „H" anzuhauchen, mit dem Atem des göttlichen Lebens.
Der tiefere Sinn der Komödie setzt nun in dem Augenblicke ein, wo dieses große „H" ins Leere geblasen wird. Wo das Pathos ad absurdum geführt wurde. Wo die Tragik spukhaft ins Groteske umschlägt. Weil die Geschichte gegen ihren Sinn vorwärts zu schreiten scheint. Weil der Krieg nicht aufhörte. Die Gier ist ja nur verkleidet, der Blutgeruch, der über die Schlachtfelder hindampfte, schwelt über den Menschen dämonischer als je. Ein Mummenschanz. Ja, hier setzt dieses fast outrierte Lachen des Dichters Fritz v. Unruh ein, dieses verzweifelte Grinsen, dieses
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Uiicklrittsbcfchlust des Tardieu. — Mer wird Sbg Paris, 9. Mai. Die Regierung
Im Elsaß sind die Wahlergebnisse meistens durch lokale Gesichtspunkte bestimmt. Michael Walter wurde wieder- gewählt, ebenso in Straßburg der Kommunist Mourer. Die Heimatbündler Rosse (Colmar) und Dahlet (Zabern) sind gewählt, dagegen ist ihr Gesinnungsgenosse Roos durch Frey in Straßburg geschlagen worden. Der Sozialist G r u m b a ch wurde in Mülhausen nicht wiedergewählt, an seine Stelle tritt der rechtsstehende Großindustrielle Wallach. Grum- bach ist also einem Reaktionär unterlegen.
Das jüngste Mitglied der neuen Kammer, Mendes- Fr a n c e, ist 25 Jahre alt und hat nur drei Monate über das vorschriftsmäßige Wahlalter. Er ist nicht nur Rechtsanwalt, sondern auch Professor für Nationalökonomie und außerdem
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Hand am Pflug, still, schaut um sich. Er kann nicht weiter Furche ziehen, rings her die Masken der Gier, des Todes, stellt sich chnen.
In den historischen Tragödien waren die Personen ohne
eine Sitzung abgehalten, in deren Verlauf die innerpolitische Lage betrachtet wurde, die sowohl durch den Tod des Präsidenten der Republik als vor allem durch den Ausfall der Kammer- Wahlen geschaffen worden ist. Das Kabinett Tardieu hat bei dieser Gelegenheit beschloflen, dem morgen nachmittag zu wählenden neuen Staatsoberhaupt morgen abend seine Demission zu überreichen. Dies entspricht dem verfassungsmäßigen Brauch. Darüber hinaus aber wird die Regierung Tardieu den neuen Präsidenten der Republik ersuchen, sie nicht aufs neue in das Amt einzusetzen, da Herr Tardieu nicht die Absicht hat und nicht in der Lage ist, an der Spitze einer neuen Regierung zu stehen. Das Kabinett wird sich damit begnügen, bis zum 31. Mai, also bis zum Tage, an dem die Vollmachten der alten Kammer ablaufen, die Geschäfte weiterzuführen.
Auch die Frage der Kandidaturen für die Präsidentenwahl wurde behandelt. Nach wie vor ist der bisherige Präsident des Senats, Lebrun, die einzige Persönlichkeit, die offiziell ihre Kandidatur aufgestellt hat. Jttwch ist die parteiische Verschiebung durch die Wahlen zugunsten der Linksparteien so groß, daß dieser Kandidatur vielleicht doch noch Schwierigkeiten erwachsen werden. Nicht als ob die Absicht bestände, um die unter so tragischen Umständen zu wählende Person des neuen Staatsoberhaupts einen Parteikamps zu entfesseln, aber es bestcht doch die Möglichkeit, daß die alte Kammer es nicht mehr
Kabinetts Präsident? hat heute vormittag
I 86 Sitze, Verluste 26;
B. Katholische Demokraten 15 Sitze, Verluste 3;
M U.R.D. (Gruppe Marin) 76 Sitze, 10 Verluste;
M Unabhängige Rechtsleute 34 Sitze, Verluste 6.
Bin, Resultate aus überseeischen Besitzungen stehen ngch
Das Drama ist in seiner Struktur noch gewebeattiger als „Phaea". Die Szenen bilden ein Geflecht, dicht, fast unentwirrbar. Die Handlung wird wie mit Schiffchen durch die Ketten der Grundideen geschossen. Die Verwicklungen sind enge Maschen, das Geschehen läuft bald unterhalb, von einem Querfaden überdeckt, bald oberhalb. Das Bild, das sausend hier gewoben wird, ist ein verzerrter Spiegel unserer Zeit. Schaut ihn nur ins Angesicht.
Die Phantasie des Dichters Unruh ist überreich. Kein Ende nehmen die Gesichter, die Visionen. Es ist möglich, daß, dramaturgisch gesprochen, der Strudel von sich hetzenden Aktionen zu heftig ist. Es ist möglich, daß das Traumwesen dieser Dichtung an der Realisierung auf der, Bühne leidet. Das schnäuzende, schnellende, das rhythmisch orchestrierte Tönen verfängt sich bisweilen. Die Fermaten, die sich bei der Aufführung eingefteHt haben, rücken das Stück, das als Stil eine Vermählung von Expressionismus und naturalistischer Zeichnung darstellt, zu sehr in die Realität. Die Sprache, die sich mit einer mächtigen Gewalt vorwärtspeitscht, wird vielleicht durch überflüssige Bonmonts (die auch zu sehr ins Publikum gesprochen wurden) aus ihrer magischen Induktion herausgenommen. Das Strömende, das trotz einer harten Skandie- rung in diesen Ausrufen, diesen fixen Wendungen liegt, müßte flirrender, flitzender, wilder, als es in der Premiere der Fall war, sich ergießen. Wie ein Sprühregen von Funken aufzischender Stalden.
Es gibt ein Bild, daS die Macht des Dichters besonders be-
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wissen, daß ein französischer Staatsmann, wie er immer heißen mag, in Genf oder in Lausanne kaum anders reden wird als Tardieu. Die Schwierigkeiten auf dieser Seite stehen also noch in ganzer Größe da. Darum wird freilich von Deutschland nur immer wieder hinausgerufen werden müssen, daß Lausanne eine Endregelung der Reparationen bringen muß, wenn die Konferenz nicht ihren wahren Sinn verleugnen soll, den Sinn, mit einem der verhängnisvollsten Kapitel von Versailles Schluß zu machen. Brüning hat mit besonderer Eindringlichkeit dabei verweilt. MacDonald hat in Genf ähnliche Gedanken ausgesprochen, wenngleich in englischer Auffassung die Endregelung noch nicht ganz mit den deutschen Notwendigkeiten übereinzustimmen scheint. Diese Notwendigkeiten, die Unmöglichkeit, die deutsche Zukunft mit neuen Hypotheken zu belasten, sind über den Grenzen anerkannt, aber es gilt noch immer, den harten Kampf zu führen, aus den selbst offen geäußerten allgemeinen Zustimmungen die Unterschriften unter ein neues Dokument zu gewinnen, das die Vergangenheit end- gültig zudeckt. In der Abrüstung sind die Perspektiven weniger scharf abgeblendet. Hier handelt es sich um ein alle Völker am eigenen Leibe interessierendes Problem, nicht um eine rein deutsche Entlastung. Die deutschen Forderungen bilden in Genf ein wesentliches Element zum Vorantreiben, und sie müssen schon darum wieder in ihren grundsätzlichen Linien betont werden.
Brünings Rede wird wahrscheinlich ein Echo finden, das auch keine Ueberraschungen bringen wird. Die Wett richtet zudem heute und morgen die Augen auf Frankreich, wo die Neuwahl des Staatsoberhauptes sich vollzieht.
ebene Vir Serie
rung der Komödie „36ro* von
einschließlich gehen, um eine anständige Mehrheit zu haben, die dem Lande eine solide und nicht leicht zu erschütternde Verwaltung sichert. Die Schwierigkeit bestcht aber darin, daß die Führer der radikalsozialen Pattei, vor allem H e r r i o t, bei ihren Machtkombinationen der Tatsache Rechnung tragen müssen, daß der Ausfall der Wahl eben doch ein glatten Linkssieg war und daß die Rechte eine Niederlage erlitten hat, also in der Konzentration eine entsprechend geringe Rollen spielen muß. Das Ueberraschungs- moment dieser Wahlen beruht eben darin, daß der Abstand zwischen rechts und links viel größer geworden ist, als man geglaubt hatte, und daß der französische Wähler nicht bei den Mittelgruppen, sondern bei der großen französischen Partei der Radikal- sozialen die Konzentration und das Gleichgewicht gesucht hat, das ihm für die schweren inneren und äußeren Aufgaben des Augenblicks notwendig erscheint. Man darf infolgedessen schon jetzt voraussehen, daß die Grenze der zukünftigen Regierung nach rechts sehr schwer zu ziehen fein wird. Das Problem wäre ja einfach zu lösen, wenn sich die S o z i a l i st e n endlich entschließen würden, anderpolitischenBerantwortung teilzunehmen und in eine bürgerliche Regierungskoalition zu gehen; aber die Aussichten find dafür gering, es sei denn, daß der für Ende des Monats angesetzte Parteikongreß der Sozialisten hierin eine völlige Wendung brächte. Wir gehen also einem äußerst verwickelten parteipolitischen Spiel entgegen, dessen Einzelheiten in diesem Augenblick noch gar nicht übersehen werden können, da sie zweifellos Konflikte innerhalb der einzelnen Parteien Hervorrufen werden.
Der französische Wähler hat also gezeigt, daß er mit der Art, wie Frankreich bisher regiert worden ist, nicht zufrieden ist. Eine neue Regierung, neue Methoden, frische Luft wünscht er. Diese Erkenntnis mag für Tardieu besonders bitter sein, da er eine ungewöhnlich starke Tätigkeit entfaltet hat, um das von ihm regierte Land gegen die sich mehrenden Wirkungen der Weltkrise zu schützen. Aber das Urteil über jede Art von Politik, die sich auf reaktionäre Elemente stützt, ist nun einmal gesprochen, und Tardieu wird, wenn er seine wertvollen Kräfte weiter an verantwortlicher Stelle betätigen wlll, von seiner Wandlungsfähigkeit Gebrauch machen, aber sich auch bescheiden müssen. Denn eines ist klar; diejenigen Parteien, die immer für jene europäische Außenpolitik eingetreten sind, die sich in dem Namen Briand verkörpert, haben gesiegt, und alle die Parteien, die sich dieser Außenpolitik widersetzt oder sie auszuschalten versucht haben, sind durch eine Niederlage bestraft worden. So sehr wir zögern, einen außenpolitischen Umschwung in Aussicht zu stellen, sh sehr verdient doch diese Tatsache Beachtung. Wir können es nicht wagen, von einer bevorstehenden Tendenzänderung der französischen Außenpolitik zu sprechen, aber man darf doch eine größere Elastizität und auch wohl eine gewisse Milderung der Formen in Aussicht stellen. Mehr zu sagen, wäre vermessen und ein schlechter Dienst am deutschen Leser; denn die Enttäuschungen würden wohl nicht lange auf sich warten lassen. Die französische Außenpolitik ist auf bestimmte Gleise eingefahren. Sie ist sozusagen zur klassischen Form erstarrt, und andere Dinge als nur eine Wahl müßten geschehen, ehe diese Politik wieder in Fluß kommen und eine völlig andere Richtung nehmen könnte. Aber wir dürfen sicher sein, daß im französischen Parlament die Männer guten Willens in der Mehrzahl sind. Die „Rspublique", das Organ der Radikalsozialen, zählt denn auch heute morgen als den großen Programmpunkt der zukünftigen Regierung den außenpolitischen auf und sagt: „Aus internationalem Gebiete kühner Ausbau der von Herriot eingeleiteten und von Briand entwickelten Versöhnungspolitik, Schaffung einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den Nationen."
Der Wahlakt selbst ist, wie wir schon berichtet haben, in der größten Ruhe und unter starker Beteiligung verlaufen. Lediglich bei der Verkündung des Wahlresultates kam es in einigen größeren Städten zu Radauszenen, die aber keinen ernsten Charakter
^^Kegierungsmehrheit ist völlig demoliett und in eine verwandelt worden, insbesondere die Kammergruppe, [ e u angehört, hat schwere Verluste erlitten. -Die Re- ' * Zarbieu ist damit erledigt. Der Entschluß der heutigen ^bes Kabinetts, morgen abend im Zusammenhang des Präsidenten der Republik zu demissionie- vnd 8ds neue Staatsoberhaupt zu ersuchen, die Regierung
1 jttfjt aufs neue zu berufen, erhält in diesem Zusammen- jrfnen über das verfassungsmäßige Spiel hinansgehedenden
und Erhebung stammende Frage: Wo ist der Mensch? Ein ethischer Dramatiker? Ein Prediger, ein Idealist, ein Pathetiker? Das Pathos von Unruh hat sich nicht in Rhetorik verflüchtigt. Pathos heißt leiden. Das ist fein Weg! Wohin? Wofür?
strafende Lästern, dieses verachtende, beißende Witze-Machen. Dieses tolle „Taumel-Spiel". Man muß sich darüber klar werden, daß der Humor in den Karikaturen von „Phaea" und „Zero", das Stammeln, das ekstatische Rufen, das expresfionistische Getue und hilflose Artikulieren aus einem Staunen kommt, das den Dichter wie ein Fieber schüttelt. Sein Herz ist verwundet, verzweifelt. Er steigt in den Kreis der Fratzen und Marionetten, er geht mitten in ihre Menge, er zeigt ihnen die Geographie dieses Höllenspuks.
Es gab am Abend der Uraufführung von „Zero" ein paar Pfiffe des Protestes, es gab auch gelangweilte Gäste im Theater. Man spürte das trotz des heftigen Beifalls. Wir können diese langweiligen Gelangweilten verstehen. Wer die Erschütterungen, die in diesem dreiaktigen Lustspiel die Folie abgeben, nicht hat, der mußte den Sinn dieser Dichtung mißverstehen. Jedoch: es ist ein Schicksal der wirllichen Dichtung mißverstanden zu werden.
hatten. Die Wahlbeteiligung war etwas stärker als beim ersten Wahlgang, und die Stimmung war von der nationalen Trauer anläßlich der Ermordung des Präsidenten geprägt. Die meisten Ergebnisse trafen schon gegen Mitternacht ein, der Sieg der Linken in seiner ganzen jetzigen Ausdehnung wurde aber erst gegen 2 Uhr klar. Die Kommunisten moskauischer Prägung haben ihre Hauptführer Marty, Duclos und vor allem Cachin verloren, mit letzterem büßen sie ihren einzigen ernsten Redner ein, der das Ohr der Kammer hatte. Die Sozialisten haben zwar schon im ersten Wahlgang ihren Parteisekretär Paul F a u r e für das Parlament verloren, dafür aber einen alle Erwartungen übersteigenden Zuwachs in anderen Wahlkreisen erhalten, auf den sie umso stolzer sind, als der ganze Regierungsapparat die Wahlpropaganda ja auf die Feindschaft gegen die Sozialisten abgestellt hatte. Besonders befriedigt sind sie darüber, daß sie in Paris und Umgebung auf dem besten Wege sind, ihren alten Einfluß auf die Arbeiterklasse wieder zu gewinnen. Während dieser Distrikt in dex alten Kammer drei Sozialisten hatte, wird er in der neuen Kammer nicht weniger als neun haben. Unmöglich, auch nur annähernd alle neuen Männer zu nennen, die die bürgerlichen Linkspatteien verstärken. Jean P i o t, der Chefredakteur des „Oeuvre", hat >n Paris den reaktionären Abgeordneten Delsol geschlagen und damit einen ausgesprochenen Sieg der internationalen Verständigungspolitik über einen Mann errungen, der sich durch Brandreden gegen Deutschland ausgezeichnet hat. Im Wahlkreise Ardennen wurde als Kandidat der Linken der junge Schriftsteller Pierre •Bienot gewählt, der durch sein Buch „Ungewisses Deutschland" auch bei uns bekannt geworden ist. Erwähnt sei auch die Wahl des Sozialisten Jean Longuet, der ein Enkel Karl Marx' ist und als Friedensfreund Weltruf genießt. Der Propagandist des „Echo de Paris", derselbe, der amerikanische Methoden in den Wahlkampf einzuführen versuchte und besonders auf Kosten des guten Rufes Deutschlands gearbeitet hat, KerilliS, wurde in Paris geschlagen, womit ein zweiter Versuch, in die Kammer zu kommen, scheiterte. Die Chauvinisten Mandel und d e Wendel sind wiedergewählt worden, ebenso Franklin-Bouillon, dagegen wurde der Abgeordnete de Warr en, der Leutnant Louis Marins, geschlagen. Auch der ehemalige Präsident der Repa- rationskommission und bekannte Deutschensresser Louis Dubois wurde nicht wiedergewählt. Die Linke bucht den Verlust der Abgeordneten Hennessy und Cesar C h a b r u n. Ein Mitglied der Regierung, Gaston Gerard, Unterstaatssekretär für Fremdenverkehr, ist nicht wiedergewählt worden.
Die Fabel.
In Monte Carlo wird ein russischer Geiger verhaftet, deslllusionierter Kommunist. Sein klingendes Instrument angefüllt mit Ekrasit. Er frönt, am Ende [einer Weisheit,
„Phaea" ist ein mächtiger Durchbruch, die große Trilogie vom „Geschlecht" und „Platz" ist abgebrochen und gleichzeitig fortgesetzt. Die aktivistische, verkündigende Kraft des Dichters peinigt sich. Sie verläßt den großartigen Aufbau eines Dramas mit drei Riefenarten. Sie enthält sich künstlerisch, um aktiv zu fein. Vom „Geschlecht", den großen Figuren des Mythos, die schwer und erdhaft die Grundfragen zwischen Tod und Leben, zwischen Mutter und Kind, Mann und Weib abstecken, geht es zum „Platz", wo die Menschen schon von den Symbolen weg menschenähnlicher werden. Bis zu „Phaea" und „Z e r o". Da bricht in die mythisch- historische Welt die Wirklichkeit ein mit Gewalt. Aber das dichterische Grundmotiv, im Anfang folgerichtig an historischen Stossen dargestellt, wird im gleichen Maße, wie es sich von der mythischen Formel entfernt, in seiner Substanz gegenwärtig.
„Phaea" verwandelt die Allegorie des Kinos, der Scheinwelt zur Grundfrage nach dem göttlichen Leben. „Zero" benützt, was in dieser Scheinwelt als die aktuellen Dominanten des Daseins gelten: Rekord, Geschwindigkeit, Geld, Gold, den ganzen Taumel sinnlicher Gier, um die echte Liebe, welche das echte Leben ist, in einem Bilde sichtbar zu machen.
Nach dem „Geschlecht" und nach dem „Platz" hätte man die große in Worte eingefangene Lehre, den Richtungsstab vom Ethiker Unruh erwarten können. Die Trilogie hätte in Gesang des „schöpferischen Lebens" enden sollen. Dieser letzte Akt des großen trllogischen Dramas wurde noch nicht geschrieben. Zwischenspiele sind eingeschaltet.
Denn der Krieg hat kein Ende. Der Krieg geht Wetter. Maskiert und travestiert. Es ist der ethische aktivistische Dichter, der seine Trilogie umbaut, preisgibt. Er steht einen Moment, die
russisch schwärmt, nur noch einer Leidenschaft, der Vernichtung. Er ist der Vernichtungs-Engel, wie ihn das dritte Buch Moses ankündigte. Er will im Moment gesteigerter Sensation, in der spannendsten Sekunde eines Auto-Rennens das Kasino und die mit Menschen überfüllte Tribüne sprengen. Er macht den Allmächtigen Monte Carlos, Herrn Monfi, einen Mann, dessen Nerven nach Kitzel dürsten, aus einem Feinde zu feinem Komplicen. Aber der große Coup geht fehl, die Sprenganlage wird von Herrn Funke, der einem Mäuschen nachrennt, zerstört. Die Kontakte des Dynamitnetzes funktionieren nicht. Aber die Angst ersetzt den Genuß der Vernichtung. Das Treiben beginnt von neuem.
Das Rennen findet statt, und Major Sezrave, der Favorit, gewinnt den großen Preis von Monte Carlo, er hält jedoch den Sieg nicht fest, er gibt ihn preis. Segrave flieht „...über die Berge... vielleicht über die Meere..." Segrave, der Prototyp des Sportsmannes, hatte die Gewohnheit, vor jedem Rennen, wie Napoleon bei Aspern, durch die Lust einer Nacht mit immer neuen Frauen Kraft zu bekommen. Der Genuß der Frauen steigert die Begierde, die im Rausch der Geschwindigkeit, welche eine Furcht vor dem Tode ist, sich immer höher trieb. Lissy, die Frau eines deutschen Mannes, Herausgeber der Zeitschrift „Der Ehewart", Mitglied eines Nacktvereins, ein blonder Löwe aus Biskuit, entfloh nach Monte Carlo, um im Spielsaal Unabhängigkeit sich zu erhaschen. Sie wird ins ChaoS von Spiel und Geld hineingeworfen, sie wird Segrave zugeführt, lauert auf fein Geld, verkauft sich ihm. Segrave wird jedoch im Genuß dieser Frau aufgeweckt, der Strahl der göttlichen Liebe trifft sein Herz, er macht den Sprung in das neue Leben und flieht.
In diese beiden Handlungen ist ein Panoptikum von Masken
im Frankfurter Schauspielhaus am 8. Mai 1932.
Bon Friedrich T. Gnbler.
Wegzeichen.
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Krürrirrgs außenpolitische Kurrdgetmng.
In einer Frische des Tones, in einer Klarheit der Formulierungen, die man bei ihm nicht gewohnt ist, hat am Sonntag Reichskanzler Brüning bei einer Veranstaltung der auswärtigen Presse in Berlin gesprochen. Es war aber mehr als eine Gelegenheitsrede, es war eine außenpoliftsche Kundgebung.
Es ist kaum möglich, für die durch die Macht der Tatsachen rn eine feste Richtung gedrängte deutsche Außcn- p tttik noch iukuafdtenbe Begründungen zu finden ober sie in Beleuchtungen zu rücken, die die Schwere ihrer Tragik wegiuhmen könnten. Die Ministerbesprechungen in Genf haben die Probleme der nächsten Monate, Reparation und Abrüstung nicht vorangebracht. Nur die Atmosphäre hat sich etwas geklärt, ohne daß der Weg zu den konkreten Lösungen bereits ganz aufgestellt worden wäre. Brüning hat sich zu einem optimistischen Glauben an Deutschlands Zukunft bekannt. Ohne einen solchen Glauben kann ein Staatsmann nicht unternehmen, sein Land zu führen, aber in unserer heutigen Lage gehört Mut dazu, Hoffnung zu haben. Wo wir Hinblicken, stehen uns ungewisse Haltungen ober Starrheiten programmatischer Forderungen entgegen, zwischen denen schwer zu wählen ist. Die französischen Wahlen sind jetzt beendet. Sie eröffnen Möglichkeiten von Neugestaltungen in Frankreich, die nicht unter dem Schauder vor dem Attentat auf dem Präsidenten Doumer vollzogen werden und so vielleicht eine innere Verschiebung nach links ergeben. Wer wir
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„ßs ist ein Geschrei zu Sodom und Homorrßa."
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Mkssen wir bei der genauen Abschätzung dieses Zahlenbildes ■ leihen kommunistischen Gruppen beiseite und zählen wird Wkich die Stimmen der Sozialisten und der bürget» Wen Linken, so erhalten wird 321 Sitze, was in der ■Btbnetenlammer mit ihren 615 Sitzen die absolute Bhljeit darstellt. Außerdem darf man das Zentrum bei den ■pmnungen gleichmäßig zur Rechten wie zur Linken ver- t Dagegen hat sich die frühere Regierungsmehrheit in eine Weihest um ungefähr 80 Stimmen verwandelt.
g» erhebt sich die große Frage, w i e die zukünftige Regierung Wchea soll. An sich wäre, wie wir eben gezeigt haben, die sticht imstande, zusammen mit den Sozialisten eine so-
■®tte Kattellregierung zu bilden. Man glaubt aber nicht, daß Mhn Siim der Wahlen ist, und hält daran fest, daß der Ge- ße einer bürgerlichen Konzentration um die BaHalJojialen als Mittelpunkt den Willen der Wsschen Wähler am reinsten ausdrückt. Eine solche Regierung
Bk ton den Painlsve-Leuten bis zu den Männern um Tardieu
und Fratzen eingebaut. Ein kleiner alter Lehrer aus Breslau, vom Opium des Spiels, der Gier betäubt, treibt ein ebenso lächerliches wie armseliges Jagdgeschäft nach der Fortuna. Er ist der beroutierte Klein-bürger, der in den Wellen der heraufsteigenden Sintflut mitschwimmt, ohne Widerstand leisten zu können. Da ist Funke, der Gatte Lisshs, der wie ein Phantom, verkörperte Scheintugend, im Stechschritt herumläuft. Da ist Kräh, der Schriftsteller, der 'filteret, wohlbekannt aus „Phaeas" Welt. Da sind Reporter, da sind alte und exotische Exzellenzen, da ist aber auch Aenne, die Schwester von Toni aus der „Phaea", fast wie ein Volkslied, mitten im Eiter der großen Welt ein Kind, dessen Sünden von Gott vergeben werden. Da ist der Henker aus Köln mit seiner Tochter Pi, eingeführt als Gegenspieler dieser ungehemmten, wie Tiere im Garten der Welt vegetierenden, raubenden, hurenden, mordenden Menschen. Dieser Henker von Köln soll zeigen, wie die Lust des Blutes, die Lust des Todes, welche im Hexenkessel von Monte Carlo kocht und brodelt, in anderen Gefilden unserer Erde konventionell und vom Gesetz geordnet unterirdisch verborgen ist, um in der kleinsten Ritze auf« zubrechen und die Menschen anzupacken.
Am Schluß der tragischen Komödie schaut Aenne mit blinzelnden Augen in den Nachthimmel. Sie gewahrt den Mond, der aus dem immer rätselhafteren Blau des Firmaments einsam und still herabglänzt. „Vielleicht ist uns dieses Menschengesicht deshalb dort aufgehängt . . ., damit mir einmal auch so ein reines, leuchtendes Antlitz haben « , , Was meinst du?"
den „Offizieren", von „Louis Ferdinand" über bjärt/ "dlatz" zu den beiden Komödien „Phaea" und 8 ^ 1910 bis 1932. Das Grundmotiv ist von
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I Ein klarer Sieg der französischen Kinken.
f Negierung Tardirn erledigt. — Uerrmckrlte innrrpolitische Lage
(Drahtmeldungen unseres Korrespondenten.)
t- .*’an, in diesem uns umstellenden Krieg der Efefa «.'j1 die Feindin des Lebens.
Bht g. .j, en ist preußisch. Er bleibt bei den Begriffen des * s’n Kombattant des Daseins. Er sieht den Kampf, Mr ;7, Pflicht, das Opfer. Er ist der preußische den Menschen ins Gefecht geht gegen den Tod, das Leben.
■Hfett en‘ ilnruh ist kein Denker, er ist ein Dichter, et gestaltet, er bildet, er formt Wenn er daS 'Jtt die Vokabel konkav. Sie zieht ungeheure Vor- Kijfo ss.„ (°odhe Silben zusammen. Er stößt vor für das et 1 * göttliche, für das heilige Leben. In BUdern Dos nicht in Rede und Gegenrede, nicht in der Mgk J~' erschaffen im Gewühl des Schmerzes und der Empfindung an_ „So fühl' ich denn in dem ton Dichter macht, ein volles, ganz von Einer
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q j.'Stolen. Vor Vertun lag er in den Augen des fter» Hlie JBetQi)<n; letzt sitzt er, nach dem Krieg, überall. Als Ittt Jt111 tT für ihn im Totenkopf des Renn-Autos, er hyp- * den Verzückungen beS Geldes, des roten Stromes to Gj". r i!°d:oht den Menschen von allen Seiten. Er tanzt in . .. J-Ie Gier beherrscht das Feld. Sie ist der Kriegs- jä^*w>tten 2anb bet Kreatur. Sie ist für Unruh des Todes
^gO^^esicht berichtete, verlor sich in Himmelsfernen. Der
letzten Spuren bgr Nachkriegswirkungen auf die Pattei- Egygg scheinen somit aus dem Bilde -des französischen Paria- M^veggelöscht zu sein. Die Gelassenheit, mit der der fische Wähler inmitten einer kopflosen Welt an die Urne EL, jst, verdient bemerkt zu werden. Auch die Ermordung iwiitflidint Präsidenten der Republik hat die Haltung des nicht um eine Nuance zu ändern vermocht. Auffallend Mk große Zahl der neuen Abgeordneten in fiarteien und die zahlreichen Niederlagen von sogenannten Knagmben Politikern. Das neue Ergebnis ist folgendes:
Die Linke.
Dl Kommunisten (3. Internationale) 11 Sitze, Gewinne 4; M Kommunistische Sozialisten 10 Sitze, Gewinne 4;
Wz. Sozialisten 129 Sitze, Gewinne 18;
M Republikanische Sozialisten (Färbung Painleve) 34 | Sitze, Gewinne 6;
Wz. Radikalsoziale 158 Sitze, Gewinne 49.
Die Mitte.
M Mtelgnrppen (darunter Gauche Radicale) 77 Sitze, M Verluste 38;
Die Rechte.
M Republicains de Gauche (darunter Gruppe Tardieu)
Sv”® Krieg ist ein langes Jahrzehnt vergangen. Die dahin, ihre Bogen waren auSgefüllt mit Schrecken ‘°Ct^e*ten' Bisweilen war es, als sähe man die Apo- Reiter übet die Erde hinfliegen. Aber nach 12 Stun- Spannungen schlich die Zeit vorwärts, grausam, Was der Krieg, dem Dichter wie au3 Orakel verkündigte wich zurück. Was der Dichter
.. g Mi. Die französischen Kammerwahlen haben (•S^’igen Sieg der Linken gebracht. Nicht nur die ErtHojtalen, sondern auch, was überraschender ist, en haben einen enormen Zuwachs er- IsTtoS beide Gruppen zusammen mit den ' kleinen Linksgruppen die absolute per neuen Kammer haben. Dieser Erfolg der übertrifft auch die Erwartungen derjenigen, die, wie «'die Frankfurter Zeitung", eine starke Verschiebung der Ef*Jrf)äItnifie nach links hin vorausschen ließen. Di:
"icht nur verwandelt. Er ist nicht vergangen, er B Ueruna' ’ro<,-'tiert, ein Gespenst.
Stott Erittmis ist der Tod. Der im Krieg an ihn hr.-
Krieg in der Ahnung ihn an sprach. Der Tod Mto, *'ü’toien. Vor Vertun lag er in den Augen beS
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und Generalvertretungen
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