Dreimalige Ausgabe
^xstag, 1. September 1932
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gewesm ist, hat gegMwärüg zweifellos die Partie verloren.i Präsidenten des Reichstages angebrachte schwarz-roi-go « etit Parisien": Die Prognose bleibt für Herrn von Papen, bene Fahne entfernen zu lassen. „
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Der Eindruck der Reichstagsfihung
FX Leipzig, 30. August.
Partei sich zum Hüter der parlamentarischen Rechte-
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Die neuen Anwendungsgebiete für Selen und Tellur
Literatur
Reichstagspräsident Göring hat auf das Antworttelegramm des Reichspräsidenten hin sofort das Reichstagspräsidium für die ersten Nachmittagsstunden einberufen.
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Reichstag in der Zeit zwischen bem 6. und 9. September zur nächsten Sitzung zusammentreten dürfte.
In Ergänzung des gestrigen Kommuniques über den Besuch des Kanzlers und seiner Ministerkollegen in Neudeck wird heute von zuständiger Stelle noch gesagt, daß jetzt, nachdem zwischen Regierung und Reichspräsident eine grundsätzliche Uebereinstim- mung in den großen politischen und wirtschaftlichen Fragen erzielt worden sei, das Kabinett über die weitere politische Entwicklung mit dem Reichspräsidenten in Fühlung bleiben und von Fall zu Fall die notwendigen Maßnahmen besprechen werde. Diese Mitteilung beabsichtigt offenbar, jenen Meldungen entgegenzutreten, die aus der gestern offiziell bekanntgegebenen grundsätzlichen Einigung zwischen. Herrn von Hindenburg und dem Kabinett auch schon herausgelesen haben wollten, daß ein Auflösungsdekret breits die Unterschrift des Reichspräsidenten trägt.
Das Technische Blatt liegt dieser Ausgabe bei. Der neuzeitliche Gasherd
— Kabinett und Rerchspriistdent.
„Frankfurter Zeitung")
rechnen, daß dies in der zweiten Hälfte der nächsten Woche schehen wird, wie wir ja auch bereits angekündigt haben, daß
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daß er zur Zeit keinen Anlaß habe, diesem Ersuchen stattzugeben. Er erinnerte die Deutschnationalen außerdem daran, daß au» der deutschnationale Reichstagspräsident Wallrafs vor einigen Jahren die Fahne nicht hat entfernen lassen.
ganz von selbst zu heben und Eliten zu erzeugen. Diese Heber- zeugung finden wir auch in seinem,Begriff des Schöpferischen
und zum Verteidiger der Arbeitsfähigkeit des Hauses habe machen müssen.
Das Echo r« England «nd FranKrrkch.
„Times" sagt: Herr von Popen hat die erste Runde in seinem Kampf mit den politischen Parteien Deutschlands gewonnen. Die gestrige Reichstagssitzung hat den Nationalsozialisten und überhaupt, ollen Parteien gezeigt, daß der Reichspräsident Herr der Lage ist. Ein grimmiger Humor liegt darin, daß die Nationalsozialisten jetzt die Rolle von Verteidigern bet Verfassung und des parlamentarischen Regimes übernommen haben.
„Daily Telegraph" meint, das Papen-Schleicher-Kabinett besitze die Macht, um sich sogar gegenüber einer starken Opposition aufrechtzuerhalten und Deutschland aus der wirtschaftlichen Krise zu helfen.
„Morning Post" betont, die Regierung scheine sicherer als je im Amte zu sitzen. Die Mehrheit in Deutschland ziehe eine Regierung mit Präsidialverfügungen einem von Klara Zetkin geforderten
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tarier zu sein. Der genau abgegrenzte Kreis seines Lebens ist die Basis für seine Sicherheit. Er ist dem großen, insbesondere hem organisierten Unternehmer ebenso abgeneigt wie dem Geld als einer übermenschlichen Macht. Wohlverstanden, er liebt das Geld über alles, aber es soll ihm als Mittel zur Behauptung seiner persönlichen jlnabhängigkeit dienen und nicht irgendwo im Dunkeln eine unfaßbare Gewalt über die menschlichen Geschicke erlangen. Er stellt einen Typus dar, der, yn dem allgemeinen Zug der Weltwirtschaft gemessen, fast schon historisch wirkt, da dieser Typus sich mit großer Entschiedenheit an den Individualbetrieb hält, der Kollektivisierung widersteht und sich gegen die -Verführungen der Rationalisierung, Zusammenlegung und Technisierung bisher als widerstandsfähig erwiesen hat. Dieser Umstand macht es den Parteiführern schwer, mit den radikalen Massen zu regieren, denn aus ihrem Verhalten zur Wirtschaft läßt sich kein Programm herausziehen. Alle radikalsozialen, Regierungen haben denn auch bisher vergeblich danach gestrebt, eine selbständige Wirtschaftspolitik zu verkünden oder gar durchzuführen. Sie haben sich ihre Elemente rechts ober links zusammengesucht und sind schließlich dazu übergegangen, die Wirtschaftsthesen der französischen Gewerkschaften, in Bausch und Bogen zu übernehmen. Es ist eben für sie außerordentlich schwer, den wirtschaftlichen Typ, 'der ihrer Partei zugrunde liegt, in einen wirklich „fortschrittlichen" ideologischen Rahmen zu spannen. Der konservative Charakter ihrer Bewegung macht ihnen in diesem Punkte die ernstesten Schwierigkeiten, was man an den bisherigen Regierungen Herriots gesehen hat und an der jetzigen wiederum erfährt. Denn die Notwendigkeit, die französischen LebenshaltungS- kosten zu senken, um die Jndustrieerzeugnisse des Landes auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu machen, bricht sich an dem Anspruch des Bauern auf hohe Preise. Die Regierung steht vor dieser Erscheinung umso ratloser da, als sie indirekt auf den Steuerertrag einwirkt und die Zurechtlegung des Haushaltsplans immer wieder durchkreuzt. Was soll Herriot tun? Keine Politik in Frankreich kann sich gegen die Bauern durchsetzen, aber ebensowenig ist eine Politik möglich, die sich ausschließlich auf die Bauern stützt.
De.r Zwang zur Idee.
Die radikalsoziale Partei ist also keine Vertretung materieller Interessen. Sie ist durch ihr Wesen gezwungen, eine ideale Sprache zu führen. Vernachlässigt sie darum die Interessen ihrer Wähler? Keineswegs. Denn diese Interessen werden am besten dadurch gewahrt, daß alles beim alten bleibt, daß keine politischen ober wirtschaftlichen Abenteuer unternommen werden, welche die bestehende Ordnung gefährden können. Das ist die Moral eines reichen und gesättigten Landes, das ist die Gesinnung eines Volkes wohlhabender Bauern und Kleinbürger. Der Radikalsozialisrnus ist also darauf ange-
des Zentrums und her Nationalsozialisten gegen baldige Neuwahlen gespürt.
Auch die „Vossische Zeitung" spricht von einer schwarz- braunen Regie im Reichstage und überschreibt ihren Artikel über die gestrige Sitzung mit „Schlechtes Theater".
Die „Germania" bringt nur eine Schilderung bet gestrigen Reichstagseröffnung, die sie mit bet Ueberschrift versieht: „Der Reichstag wehrt sich — Scharfer Protest gegen bie geplante Ausschaltung und das Gerede von der Arbeitsunfähigkeit".
Der „Börsenkurier" sagt, der neue Reichstag habe sich als einer der zahmsten, der ordnungsbeflissendsten, die man je bei- sammengesehen habe, gezeigt. Die Ironie des Schicksals habe es mit sich gebracht, daß der Vertreter der parlamentsfeindlichen
Von einem Erfolg der diesjährigen Leipziger Herbstmesse kann wohl kaum gesprochen werden. Während die Zahl der Aussteller um etwa 18 Prozent kleiner war als auf der vorjährigen Herbstmesse, dürste die Zahl der Messebesucher, namentlich der ernstlichen Interessenten, noch über diesen Satz Hinaus verringert sein. Zahlenmäßige Angaben hierfür waren jedoch im Gegensatz zu früher nicht zu bekommen. Heber der ganzen Veranstaltung stand unsichtbar und doch deutlich für jeden erkennbar das Wort „Sparen". Aus den, Hnter- haltungen mit einer großen Anzahl von Ausstellern in mehr als 20 der 34 Messehäusern ergab sich als allgemeine Heberzeugung, daß Bedarf allertoärtg besteht. Aber bekannte und oft besprochene Gründe stehen der Eindeckung entgegen. Selbstverständlich war trotz der Krise das eine besser gefragt als das andere, selbstverständlich buchte auch dieser Aussteller größere Orders als jener, aber in der großen Linie gesehen war die Messe die schwächste, deren man in den beteiligten Kreisen sich erinnern konnte. Fast grotesk mutet es an, daß, um ein Beispiel hervorzuheben, ein fix und fertiger Damenmantel für 3.75 Mark vom Fabrikanten angeboten wurde und daß selbst bei einem solchen Preis der Käufer sich überlegt, ob eine Absatzmöglichkeit besteht. Nicht etwa, weil ihm die Ware nach Aufmachung und Qualität nicht zusagen würde, sondern weil er sich fragen muß, ob sich überhaupt in größerem Umfang ein Mantelgeschäft wird entwickeln können in einer Zeit, wo alle Kleider zum soundso-
roare, eine Bestellung im Betrag von 50 Reichsmark schon die Note „befriedigend" erhält!
Kaum besser als das inländische war das deutsche Geschäft nach dem Ausland. An fremden Besuchern waren auf der Messe: Holland, Niederländisch-Jndien, Frankreich, Belgien, England, Nord- und Südamerika, der Balkan, unsere östlichen Nachbarn und die nordischen Länder. Mehrere oder gar viele aus ein- und demselben Gebiet, wie es früher die Rege-k war, waren nirgends anzutreffen In unserem Verkehr mit dem Ausland, dafür war die Leipziger Herbstmesse ein kräftiger Beweis, rächt sich die einfeitig nach agrarischen Gesichtspunkten orientierte Wirtschaftspolitik der letzten Zeit. Es wird in Ländern, mit denen Deutschland gut arbeitete, als Ungerechtigkeit empfunden, daß gerade sie von der Einsuhrabsperrung härter getroffen werden als andere. D ä n e m a r k z. B. fühlt sich durch den Butterzoll und die Einfuhrkontingentierung schärfer angefaßt als andere Lieferländer. Es ist auf der diesjährigen Herbstmesse als Abnehmer für deutsche Waren fast völlig ausgefallen. Kaufleute, die in Dänemark deutsche Ware anbieten, laufen Gefahr, von ihren Landsleuten boykottiert zu werden. Sie
Konstitmerrmg der Ausschüsse.
(Privattelegramm der „Frankfurter Zeitung")
* Berlin, 31. August. Im Reichstag haben sich heute die wichtigsten Ausschüsse konstituiert. Den Vorsitz im Haushalt« a u s s ch u ß führt der nationalsozialistische Abgeordnete Rein« Hardt. Sein Stellvertreter ist der frühere Ausschußvorsitzende Abg. Heimann (Soz.). Einen Streitpunkt bildete die Be- setzung der Unterausschüsse des Haushaltsausschuffes, für die dis Nationalsozialisten gemäß ihrer Stärke je vier Sitze verlangtem Es wurde aber beschlossen, es bei der bisherigen Hebung zu belassen, wonach die Fraktionen mit mehr als 100 Mitgliedern nup mit zwei Abgeordneten in den Unterausschüssen vertreten sind. Der Haushaltsausschuß zählt insgesamt 35 Mitglieder. Von den Sitzen entfallen aus die Nationalsozialisten 14, auf die Sozialdemokraten acht, auf das Zentrum nud die Kommunisten je fünf, auf dis Deutschnationalen zwei und auf die Bayerische Volkspartei ein Sitz. Im Ausschuß zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung hat der bisherige Reichstagspräsident L ö b e den Vorsitz. Zum Stellvertreter wurde der nationalsozialistische Abge« ordnete Oberlindober bestimmt. Von den 28 Ausschußmitgliedern entfallen auf die Nationalsozialisten elf, die Sozialdemokraten sechs, die Kommunisten und Zentrum je vier, auf die Deutschnationalen zwei und die Bayrische Volkspartei einen Sitz. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses ist, wie im alten Reichstag, der nationalsozialistische Abgeordnete Dr. Frick; ebenso ist sein Stellvertreter wieder der sozialdemokratische Abg. S ch e i d e m a n n. Auch dieser Ausschuß zählt 28 Mitglieder, von denen die Nationalsozialisten elf, die Sozialdemokraten sieben, die Kommunisten vier, das Zentrum drei, die Deutschnationalen zwei und die Bayrische Volkspartei einen stellen. — Im Geschäftsordnungsausschuß führt Abg. Dr. Bell (Z.) den Vorsitz. Stellvertreter ist Abg. Schumann (Komm.).
Keichte Grkrankimg des Reichswehrminister«.
c Berlin, 31. Aug. Wie verlautet, leidet Reichswehrminister v. Schleicher an einer Erkrankung der Gallenblase und der Reichsminister wird deshalb morgen eine kurze Erholungsreife antreten.
Woran litt die Leipziger Herbstmesse?
Folgen emseittger Wirtschaftspolitik.
(Von unserem Sonderberichterstatter.)
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wirtschaftliche Notverordnung.
(Privattelegramm der
dtrlin, 31. August. Auf das Telegramm des neuen Reichs- .T.-äbenten Göring, in bem Herrn von Hindenburg der
Reichstagspräsidiums nach dem unverzüglichen Empfang Gremiums durch den Reichspräsidenten vorgetragen wurde, £■* Kreits die Antwort aus Neudeck vor. Die zuständige Stelle ^Keichsregierung sagt hierüber folgendes:
x ^er Reichspräsident habe für die Mitteilung des Reichstags- • Renten über die Wahl des Präsidiums und für die Absicht, S In Neudeck zu besuchen, gedankt. Er habe mitgeteilt, daß er (laufe der nächsten Woche nach Berlin zurück-
: Kren gedenke und deshalb bitte, von einer Fahrt nach ffcubed abzusehen und den Besuch erst in der nächsten Woche in «etlin »orzunehmen. lieber den Zeitpunkt ist noch eine Verein- ju treffen. Das Telegramm schließt mit Wünschen für
L Seschästsführung des neuen Präsidiums.
; zieichskanzler von Papen, Reichsinnen- und Reichswehräter sind heute morgen programmäßig von ihrem gestrigen At beim Reichspräsidenten nach Berlin zurückgekehrt. Heute mittag wird das Kabinett zusammentreten, um die endgül- Formulierung der wirtschaftlichen Notverord- 4g vorzunehmen. Mit der Veröffentlichung dieser Notverord- ist frühestens für das Ende dieser Woche zu rechnen, wahr- Aynlich aber wird sie erst am Anfang der kommenden Woche 1 (tlannigegeben werden. Bon der Ausgestaltung und Verkündung Notverordnung hängt auch der Termin ab, an dem der Kanz- ta vor das Parlament treten wird. Die Reichsregierung läßt Nd einmal versichern, daß der Kanzler an seiner Absicht, mit einer fiofassenden Programmrede vor den Reichstag zu treten, »halte. Man kann mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit damit
Höertehrer Kerriot.
Vom bürgerlichen Radikalismus in Irankreich.
Von Friedrich Sieburg.
III.
Idealismus aus Bequemlichkeit.
Ter Bauer, welcher das Grundelement der französischen i. voljtif bildet, hat zwar feine Organisationen, mit deren yjlft er seine materiellen Belange verficht, aber er denkt nicht «tan, diesen Organisationen ein politisches Gewicht zu iü-n. Interessen und Politik müssen aufs schärfste getrennt “Seihen: das ist der Grundsatz des französischen, Bauern, der •®ar v»n seinem Abgeordneten verlangt, daß er ihm in Paris i *Hlich ist, der ihn aber nicht wieder wählen würde, wenn Ffidj in der Vertretung bäuerlicher Interessen erschöpfen Mk. Der Sauer,fo gewinnsüchtig und eigennützig er ist, Wjfjrt in seinm politischen Handeln das Schauspiel eines rwealiften und zwar aus bem einfachen Grund, weil er nicht U daß die öffentliche Macht das Recht zur Einmischung
eine Welt erhalte. Er setzt sich für die großen Ideen ein, T** er die Verantwortung für die praktischen Maßnahmen e Ktoeiligen Regierung nicht übernehmen will. ^Er bleibt g*dig in bem privaten Kreis seines bäuerlichen Jndividua- i befangen, daß derjenige Teil seines Wesens, den er die politische Betätigung freigibt, niemals den Aus- für bürgerliche Zwietracht bilden kann. Der sran- FWe Bauer folgt daher überwiegend ohne innere Zwistig- A und ohne Bruch der radikalsozialistischen Idee und be- £*1 sich wohl habet Dieser Hmstand bildet einen Teil S® Unangreifbarleit. Man kann den Bauer in Frankreich ^.ohne weiteres dadurch gewinnen, daß Kian eine Politik M'br, welche seine Produkte begünstigt. Er wäre an sich schlau genug, die Früchte dieser Begünstigun.g einzu- ■E’&taber er ist so mißtrauisch, daß er fürchtet, seine innere Et"8*'* zu verlieren. Er wittert hinter jeder Gunst, die man I j? lubilligt, den Versuch, ihm einen Teil der Vcrantwor- KN uu'zubürden. Wenn et sich in den Schatten der allge-
Ideen des Radikalsozialismus begibt, so ist dies EMtig auch eine Flucht vor der Verantwortung. Der |£ r€ Idealismus, der sich vom Ideengut der großen £ Wien nährt, ist für den Durchschnittsfranzosen bequem, bürgerliche Radikalismus ist also Haid aus Berech- bald aus Schwung in seiner politischen Betätigung th < großen Grundsätzen zugewandt, vor allem dem Grund- |iL?'n der bürgerlichen Freiheit, die sich in tausendfache b?» kleiden kann. Ter Radikale ist stolz darauf, ein M^chschnittsbürger zu fein, weder ein großes Ver- ru besitzen, noch ein wurzelloser und nackter Prole-
Kerttner Pressestimme«.
Fast alle Blätter widmen der gestrigen Sitzung des Reichstes längere Ausführungen.
Der .Lokalanzeiger" nennt die Konstituierung des neuen MÄages eine qualvolle Angelegenheit. Das Blatt stellt die tae ob nicht dieses ganze parlamentarische Schauspiel parla- «Äa'rischer Totentanz sei. Das Schicksal dieses Reichstages sei Hm unwiderruflich entschieden.
Tie „Deutsche Zeitung" sagt, man habe die langweiligste und Redlichste Eröffnungssitzung erlebt, die in den letzten Jahren । verzeichnen gewesen wäre. Im übrigen sei die Lage fürs elfte ich eindeutig und klar. Die stärksten Trümpfe seren — wenrg- fir den Augenblick in den Händen der Regierung r_, e n.
Unter der Ueberschrift „Moriturus?" schreibt die „Börsen- citung", über der Eröffnungssitzung habe eine Stimmung Jäher Resignation und gleichgültiger Unlust gelastet. Go rings Märungen, das Verhalten der Parteien hierzu und die Tat- daß Göring das Zentrum nunmehr in die „nationale »«ehcheil des Reichstages" einbezogen habe, zeige, bis zu welchem .grabe die auf gemeinsames Vorgehen gerichteten Vereinbarungen .Mjchen Zentrum und Nationalsozialisten bereits gediehen seien.
Tie DAZ." sagt, das politische Ergebnis des gestrigen Tages »erbe veranschaulicht durch die Tatsache, daß ein Nationalsozialist gnnbent des Parlamentes geworden sei. Das zeige am besten, wie Mr bie Nationalsozialisten dem Parlamentarismus verfallen seren. K habe sich klar gezeigt, daß die Nationalsozialisten sich den Wun- fhen her Zentrumspartei vollkommen zur Versügung gestellt , hätten.
=. Das „Berliner Tageblatt" erklärt, alles, was sich gestern im ; Lichstage abgespielt habe, sei das Ergebnis einer w o h I ü b e r - i legten Taktik, die dem Zentrum und den Nationalsozialisten M gewinnen und die Arbeitsfähigkeit des Reichstages nachten solle. Hinter der Szene habe man die parlamentarische i Routine des Zentrums und ganz im Hintergründe die Abneigung
wiesen, auf sozialem und moralischem Gebiet fortschrittlich zu fein, wahrend er auf bem politischen und wirtschaftlichen Felb konservativ sein muß. Die Formen, in betten Frankreich lebt und erzeugt, haben sich bisher bewährt, also müssen sie unverändert bleiben. Dagegen hat der einzelne den Anspruch auf Vorwärtskommen und Ausstieg. Infolgedessen darf die soziale Ordnung des Landes nicht erstarren. Eine radikalsoziale Regierung in Frankreich bedeutet also Konservativismus auf her einen und Fortschritt auf der anderen Seite. Aber ihre Schwieriokeit besteht darin, daß sie immer neue Plattformen braucht, um sich am Leben zu erhalten. Die Einkommensteuer war einmal eine solche Idee. Die Trennung tion Staat und Kirche war vielleicht die gewaltigste Plattform der radikalsozialen Partei. Sie flößte ihr einen so starken Auftrieb ein, daß ein Gegner sie fragen konnte: „Was soll aus euch werden, wenn ihr nicht mehr die klerikale Frage habt?" Dann kam der noch nicht abgeschlossene Kampf für die Einheitsschule, die den Unterbiet) zwischen Volksschulunterricht und höheren Lehranstalten aufhebt und in ihrer höchsten Vollendung in der Unentgeltlichkeit der gesamten Hnterweisung mündet. In gewissen Jahren nach dem Kriege spielte auch der Völkerbund die Rolle einer radikalsozialen Plattform. Alle diese Parolen sind dem Geiste her Aufklärung entsprungen; sie nähren sich aus den einfachen Prinzipien der großen Revolution und sind von jenem optimistischen Glauben an das Vernünftige und Berechenbare im Menschen durchtränkt, der ganz Frankreich heute noch zu einem ewigen achtzehnten Jahrhundert macht. Niemals ist die rabi= kaisoziale Partei größer, als wenn sie bie Republik verteidigt. Aber diese Staatsform ist heute nicht mehr bedroht und so sehen wir sie oft auf der Jagd nach neuen Parolen oder bei einem Versuche, bem Kampf für bie Republik eine Aktualität zu verleihen, bie er nicht mehr hat.
Herriot ist Oberlehrer unb wirb es ewig bleiben. Denn im Zentrum seiner politischen Heberzeugung steht der Gedanke des Hnterrichts, den er als das einzige wirksame Mittel zur menschlichen «Befreiung bezeichnet. Der Unterricht ist für ihn ein Verteilungsproblem. Das Wissen ist meßbar und sitzt in den Köpfen der Lehrer. Es muß nur besser verteilt werden als bisher. Der Zugang zum Wissen soll durch das persönliche Verdienst des Schülers und nicht durch die Vermögenslage seiner Eltern geregelt werden. Bekanntlich stecken die Gesetzesentwürfe, die diesen Gedanken in die Tat umsetzen sollen, noch in der Skizze. Aber in seiner letzten Regierungserklärung hat Herriot die Einheitsschule aufs neue zur Plattform des radikalsozialen Wirkens zu machen versucht. Wenn der Unterschied zwischen Volksschulunterricht unb höherem Unterricht wegfällt, wenn bas Gymnasium nichts weiter als eine Fortsetzung her Elementarklassen ist, wenn her Schüler bank seiner Veranlagung mit Hilfe eines guten Examens ohne weiteres von der niederen Kategorie in die höhere aufsteigen „ , . . _
kann, bann muß das Stipendienwesen aufhören, dann muß wieder, über den er so viel geschrreben hat, Dre Produktion
günstig.
„Volonte": Ob man bie Politik von Neudeck billigen oder tadeln mag, jedenfalls erregt die Haltung des deutschen Staatsoberhauptes Sympathie. Reichspräsident von Hindenburg steht als fester Damm da. Jedenfalls wird, ob die Reichstagsauflösung erfolgt oder nicht, das Reich jetzt einen Waffenstillstand erleben, unter dessen Schutz die Männer und die Geister zur Reife gelangen können.
„Avenir" spricht von dem Grundsatz der Autorität, der sich durchgesetzt habe, .Oeuvre" von einer Verneinung des parlamentarischen Regimes.
„Ere Nouvelle", die Herriot nahesteht, sagt, die gegenwärtigen Führer Deutschlands hätten nur eine Sorge, ihrem Lande seine Größe und sein Prestige von einst wiederzugeben, d. h. die Niederlage, ihre Folgen und die letzten Kriegsspuren auszulöschen. Gewiß wolle man Deuffchland nicht das Recht bestreiten, seinen Wohlstand und seine innere Ordnung wiederherzustellen und dem innerpolitischen Zwist ein Ende zu bereiten, ferner eine Großmacht zu sein und zu bleiben. Das sei sogar seine Pflicht. Aber was Frankreich beunruhige, seien die Mittel, die Deutschland benutze, um dieses Ziel zu erreichen, und die Männer, an die es appelliere.
,La Republique": In Deutschland regiert heute nur die Macht, die durch General von Schleicher repräsentiert wird. Zweifellos wird Deutschland unter seiner Leitung seine Stabilität wiederfinden.
„Journee Industrielle" spricht vom „Diktaturlehrllng Hitle- und fragt, wie könne man auf die finanzielle und wirtschaft!^. Reorganisation Europas hoffen, wenn diese Reorganisation fortwährend von unsicheren Wahlen oder willkürlichen Notverordnungen abhinge?
Die Fahne Meibt!
H. Berlin, 31. Aug. Der Vorsitzende der deutschnationalen Reichstagsfraktion, Dr. O b e r f o h r e n, hatte gestern abend an den Reichstagspräsidenten Goering folgenden Brief geschrieben:
,^Zm Namen der deutschnationalen Reichstagsfraktion bitte ich, die in der Wandelhalle des Reichstages hinter dem StandbiD seiner Majestät Kaiser Wilhelm I. auf Anordnung des früheren
flESCHÄFTSBTMjlOl und Generalvertretungen Frankfurt a. K, Große Eschenheimer Str. 31-37. Schillerstr. 18-24.Berlin W9 Potsdamer Straße 135 (TeL ß 2 Lützow 3961). Hamburg, Mdndce- bergstraße 19. Köln a. Rh., Disck« haus und Kaiser-Wilhelm-Ring 10. Hannover, Dessauerstr. 9. München, Perusastr. 5 und Emeranstr- 20. Stuttgart, Kronprinzstr. 22. Leipzig W 33, Goetzstr. 2.1. Zürich, Albisstraße 73. Paris 8,44, Rue de Lisbonne. London S.W.1,25, Evelyn Mansions, Carlisle Place. Haag -Voorburg, Dr. Biooker- str. 21. New York, 164 Fifth Avenue. Anfragen n. nnverl. Einsendungen ist Rückporto beizufügen.
Verlag und Drude Frankfurter Societäts - Druckerei G. m. b. H,
Sowjet-Deutschland zweifellos vor. ......... . - ■
„Journal": Das Zentrum, das, um den Reichskanzler zu Fall vielten Male gestopft unb geflickt werben. Was soll es besagen, zu bringen, sogar zu einem Bündnis mit den Nationalsozialistenwenn in einem Artikel wie Pullovers, also einerWmter-
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Begründet von Leopold Sonnemann
Verbindlichkeit. Femsprech-SaminebNr.: Ortsruf 2 0202. Fernruf 20301 - Telegramm.> Zeitung Frankfurtmaio - Postsdiedi: Frankfurt-M 4430
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schließlich jeder Schüler einer höheren Lehranstalt ein Freischüler sein. Denn den Stipendien, wie sie heute bereits so reichlich verteilt werden, haftet immer noch der Charatter einer Wohltat an, den die Oberklasse der Hnterklasse gibt, weil sie sie fürchtet und weil sie ihr gegenüber kein gutes Gewissen hat. Wird die Einheitsschule zur Wirklichkeit, so verschwindet die Freischülergestnnung, die im bürgerlichen Radikalismus eine so große Rolle spielt, gänzlich aus der französischen Politik, und der Oberlehrer, der bisher der eigentliche Vorkämpfer der sozialen Aufstiegsidee war, wird mehr in den Hintergrund treten.
Bildung und Glauben.
Niemals war Edouard Herriot besser an seinem Platze als in dem von Poincar6 geführten Kabinett der nationalen Einigkeit, wo er das Portefeuille des öffentlichen Unterrichts innehatte. Aber er hat nun einmal eine Schwäche für die Außenpolitik und für die Staatsmannschaft überhaupt. Bel all seiner Bewunderung für Combes, diesen „Robespierre in Pantoffeln", wie er ihn gelegentlich nennt, fehlt ihm doch die natürliche Bescheidenheit dieses großen Radikalen. Er scheint das Hnterrichtsressort im Rahmen der Kabinettstätigkeit für ebenso zweitklassig zu halten wie Victor Hugo, der es einmal ablehnte, weil nur die Führung der französischen Außenpolitik ihn befriedigt hätte. Herriot rühmt sich zwar, das Urbilb eines Durchschnittsfranzosen zu sein, ober er ist gleichzeitig weniger und mehr. Er besitzt nicht die Hn- erschütterlichkeit dieses Typus, aber auch nicht seine Beschränktheit. Er drängt ins Freie, entweder in die Musik oder in die Außenwelt, mit der er durch das Medium des Ouai d'Orsay unaushörlich und voll Sehnsucht eine ihm nicht immer flar vorschwebende Fühlung sucht. Wie gut war er nicht während der zweijährigen Herrschaft Poincorss an seinem Platz! Tenn im Gnmde ist seine Auffassung von Bildung die des großen Lothringers und die von ganz Frankreich. Herriot kann Tränen vor Kummer in die Augen bekommen, weil es in Frankreich noch so viele Analphabeten gibt. Offenbar verwechselt er Schule und Bildung, und er ist auch darin ein echter Rabikalsozialer, daß er das Vorhandensein von Staatsbürgern, die des Lesens und Schreibens unkundig sind, für einen geistigen Mangel hält, Er sieht die Sache, wie wir schon sagten, als ein Verteilungsproblem. Ihm. als einem echten Aufklärer ist der geistige Begriff der Bildung im Goetheschen Sinne weniger lebendig als die mechanische Vorstellung des Hnterrichts. In seiner Eigenschaft als Radikalsozialer ist er davon überzeugt, daß der Wissensstoff nur in die richtigen Kanäle gelenkt zu werden braucht, um das Niveau des französischen Bürgers
AbkndU-tt 77. Iahrgimz Ur. 651—652
Erstes Morgenblatt ____________________________
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