Scsniag, tl. Xt^nst 1935
. 88. Jahrgang Nummer 32 a Seite 5
UTE RATURBLATT
der Z-rankfurter Zeitung
Die Wiederbeseelung der Welt
Hellas und seine Kultur
Das Rätsel der Mayakultur,
Pioniers
in einer lesenswerten, geschmack-
F. K.
erbaulich zu sein'
Ein Buch über deutsche Dichtung.
guter Gedanke
zumal für die dem Laien
Eesenswert
lange kein
zum Hausgebrauch fertiger Musi-
Sagen um Graubünden,
kant:
muß
so
Leben noch
eine Weile nach Noten Striemen und
lag von Max Möhring,
geb.
Einige Schweizer Kapitel
Menschheit hat dem berückenden Taumel des Nichts oft genug in katastrophaler Weise nachgegeben. lieber zwei Hauptstationen ist der Eilzug ihrer fieberberauschten Gedanken beim Nichts angekommen:
son- fest- Ver- der Die
langen nach Satan gleichzusetzen ist mit Faszination des Nichts, so hat er recht.
eigene hat Ein
ein wunderliches Gemisch von wissenschaftlich dierter Kenntnis (auf dem Spezialgebiet des fassers) und dem durchschnittlichen Wissen Allgemeingebildeten, aufgereiht nach einigen gemäßen Schlagworten, abgibt.
nur Hand, bild
erste war der werdende Gott, nachdem man seienden endgültig verlassen hatte, die zweite der unpersönliche Gott, der Es-Gott statt des des „Ich bin, der Ich bin“. Die letzte Station eine substanzlose Betriebsamkeit.
fun- Ver- des zeit-
zeichnen. ständige lieh der auch die gesichts
geb. RM. 8.—, Nationale Verlagsgesetlschaft, Leipzig), das Johannes Gebbing, den Direktor des Leipziger Zoologischen Gartens, zum Verfasser hat, und das der Waschzettel des Verlages als den Versuch rühmt, „auf streng wissenschaftlicher Basis die innere Abkehr von der materialistischen Denkart, die sich seit langem in den Bezirken der Forschung vollzog, darzustellen und sowohl deren Parallelismus zu den Vorgängen des Lebens, wie auch namentlich ihre Zusammenhänge mit der großen spiritualistischen Erweckung aufzuzeigen, die den Ruhm der nationalsozialistischen Bewegung ausmacht“.
Wäre dieser Versuch geglückt, so hätte man hier nicht allein eine große wissenschaftliche Leistung, sondern auch eine Ueberwindung des wissenschaftlichen Spezialistentums zu begrüßen, die es einem Naturwissenschafter ermöglichte, allgemeine Probleme des Geisteslebens in förderlicher. Weise zu behandeln. Das Buch zeigt jedoch klar die Schwierigkeiten, die einem solchen Unternehmen entgegenstehen und muß, alles in allem, als ein Versuch, zwar nicht mit untauglichen, wohl aber mit unzulänglichen Mitteln bezeichnet werden. Denn es bedeutet noch keine Ueberwindung des Spezialistentums, wenn eine Schrift entsteht, die
„De profundis“
die den war Er, war
schwerer erreichbare ältere Dichtung — auch praktisch in den meisten Fällen gut gelöst. Nur ein Irrtum sei angemerkt: Bei Max Melis „Ballade vom Sommer“ fehlen die beiden letzten Strophen. Lang hat offenbar nicht nach dem Originaltext zitiert, sondern nach einer neueren Anthologie, in der das gleiche Versehen vorliegt.
Das eingestreute Bildmaterial ist anständig.
R u d o1f Bach
(Blaizet) veröffentlicht. Von besonderer Wichtigkeit ist. daß Devaux in seiner Stilkritik auch auf Ludwig
kommt aus jenen grenzenlosen Tiefen zwischen dem Sein und dem Nichts, durch die menschliche Existenz als Strom des zeitlichen Fast-Nichts oder Fast-Etwas immerzu hinfließt. Wohin? Das ist die De profundis-Frage, die aus dem Menschenabgrund heraufdringt. Denn der Mensch ist als der fragende
vollen Ausgabe erscheinen. Sie tragen den Titel „N e u - H e 1 v e t i e n“ (Verlag Huber & Co. in Leipzig; 122 Seiten, 35 Bilder und zwei Karten). Die kritische Arbeit besorgte E. G. Gudde.
Das Wildwestschicksal des waghalsigen Schweizers wurde schon oft erzählt, jedoch meist stark romantisiert. Weder Blaise Cendrars, noch Stefan Zweig und Caesar von Arx sind dieser Klippe ausgewichen. Ihre Uebersteigerung ist kaum verständ-
aus sich selbst sprechen läßt, und erreicht damit nicht nur ein im Künstlerischen annehmbares Werk, sondern gesellt ihm auch noch den Vorteil eines Tons zu, der dieses für die reifere Jugend gedachte Buch auch für die Aeiteren lesbar und interessant macht. Die magische Gewalt des Goldes übt ihre faszinierende Macht über alle diese braven Farmer und Kolonisten, und dem Führer der Gruppe selbst gelingt es nicht, sich der Gewalt des Goldes zu entziehen. Wiewohl er wenigstenis nicht dem Goldrausch verfällt, muß er sich dem Zug in die Goldfelder widerwillig fügen, und in einem langen Prozeß verliert er schließlich das letzte, was er vordem besessen und erworben hatte. „Ach, der alte Querulant,“ — das ist der Dank, den man dem Weg- und Landbereiter und tapferen Mann an seinem Grab abstattet: ein großes und ehrliches Leben geht damit in die wahren Goldgefilde ein.
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Der Maler Otto Meyer-Amden.
Der schweizerische Maler Otto Meyer- Amden starb am 15. Januar 1933 im Kantonsspital Zürich — im Alter von achtundvierzig Jahren. Er war nur einem kleineren Kreis bekannt; aber seine künstlerische Wirkung auf diesen kleinen Kreis war groß. Er hat mit einer außerordentlichen Strenge die Reinheit des künstlerischen Erlebnisses hochzuhalten versucht Ueber den Kreis hinaus, der ihn verehrte, löste sein Tod, der so frühe eintrat, eine große Erschütterung aus. Der Maler lebt heute in der künstlerischen Form und in der Erinnerung seiner Freunde weiter. Manche Erscheinungen deuten darauf — unter andern auch diese: im Verlag der Johannespresse gibt Hans • Vollenweider. ein Freund des Malers, ein großes Werk mit Reproduktionen und Faksimiledrücken nach seinen Bildern und Zeichnungen heraus. Es
Arnold Büchli: Sagen um Graubünden. 2. Bd. (240- 8. Verlag H. R. Sauerländer u. Cie., Aarau u. Leipzig. Preis geb. IJlJC 5.—.)
Wenn die Sage eine Urkunde der ursprünglichen Volksseele darstellt, indem sie den Drang
Trotzdem entledigt sich Tornius auf an- Art, liebevoll, stellenweise eindringüberschweren Aufgabe. Nur klingt mir Symbolik des Buchtitels zu wohlfeil am-
Skizze mit kraftgenialischer
Von schwellenderem Klang, üppigerer Instrumentation ein nicht nur im Titel musikhaftes
ist das schöne Ergebnis einer langen vorbereitenden Arbeit. Ein anderer Freund von Otto Meyer- Amden, der Maler Oskar Schlemmer, hat den einleitenden Text geschrieben. Es ist der Text des Vortrages, den er bei Anlaß der Gedächtnisausstellung Otto Meyer-Amden vor einem Jahr im Kunstbaus Zürich gehalten hat. So ist das Buch in jeder Beziehung eine Tat von Freunden des Malers. „Zum Gedächtnis“ ist ihm vorangesetzt. Und mit diesem Werk, das in einer beschränkten Auflage erscheint, tst eine Sache geleistet, wie sie eben nur überzeugten Freunden gelingen kann. Wir möchten auch an dieser Stelle mit allem Nachdruck darauf hinweisen. Das Buch gehört trotz seiner äußerlich schlichten Aufmachung, die so sehr dem Wesen dieses Künstlers entspricht, zu den schönsten schweizerischen buchtechnischen Leistungen. Die Typographie des Textes, in der zwei Schriften" zur Verwendung gekommen sind, ist von
General Sutter.
General Sutter, eine der abenteuerlichsten Gestalten der Schweiz, diktierte dem kalifornischen Historiker H. H. Brancroft seine Memoiren, die, nach der Handschrift bearbeitet, erst jetzt — mit dem Tagebuch und einem Aufsatz des kühnen
ohne hinzureißen. Aber es ist fast unmöglich, den Begriff „Rembrandt“ in Belletristik zu fassen, ..einzurahmen“. Des Versuchs scheinen schon die Selbstporträts des Meisters, Offenbarungen aller Altersstufen und Temperamentsgrade zu spotten; sein unbegreiflich ausdrucksvolles, nie zu Ende gesehenes Werk widerstrebt der mehr oder minder gelehrten Anmerkung. Und das Drama, die allzu menschliche Passionsgeschichte seines also sichtbar gemachten Lebenslaufs wird in der Umschreibung durch das Wort leicht zum rührsamen Melodram, verliert die unwidersprech- liche Erschütterung und Allgewalt einer, antiken Schicksalstragödie. Rembrandtsche Graphik vollends. bei aller Technik unmittelbare Niederschrift, der Seele, läßt sich gültiger aus der Perspektive des Kunsthistorikers als des Romanciers nach-
einer lebendigen Klarheit; die Faksimiledrücke sind vorzüglich gelungen. Sie sind so gut, wie sie nur Freunden gelingen können, die beim Entstehen der Originale selber zugegen gewesen sind. Sie kommen diesen Originalen so nahe, wie es überhaupt nur möglich ist, ohne daß doch wieder zwischen dem Original und dem Faksimile jene gespenstige Ueber- : einstimmung entsteht, die den Betrachter manchmal mehr quält als beglückt. Die achtundvierzig Tafeln, unter denen man auch die beiden Selbstbildnisse findet (das Selbstbildnis in einem Zimmer in Bern und jenes andere, auf dem der Maler einen Block und einen ■ Stift in den Händen hält), geben eine wohlüberlegte und außerordentlich glückliche Aus- : wähl aus dem gezeichneten und gemalten Werk von Otto Meyer-Amden. So wird das Buch nun auch künstlerisch seine Wirkung tun.
Gotthard Jedlicka.
Der Dichter Leuthold.
Leuthold, unglücklich umhergetriebener Vagant, vom Leben benachteiligt, von Heimsuchungen ■ geplagt, nach kurzer Schaffenszeit körperlich zer- i stört und geistig umnachtet. hat sich als Dichter nicht voll entfalten können. Die Leidenschaft, die er in Versen ausströmen wollte, bleibt gehemmt, ■ das große Gefühl wird durch Reaktionen des Verstandes erdrückt — nur eine Reihe scharfer ironischer Hiebe ist mit letzter Prägnanz ausgefeilt:
„Wenn Du recht fleißig drüber streichst, so gleicht dem Golde das Messing, und wenn Du mich mit Goethe vergleichst, vergleich ich Dich mit Lessing.“
Dankbare Verehrung hat dem Dichter Leuthold gegeben, was er an posthumem Ruhm zu beanspruchen hatte: der Schweizer Gelehrte Gottfried Bohnenblust hat sein Werk in drei schönen Bänden ediert; die Gedichte, als deren erste Herausgeber Gottfried Keller und Jakob Bächtold fungierten, sind in einer schönen Ausgabe in den Insel-Verlag und zugleich in Re-clams Universalbibliothek übergegangen; erst im Vorjahr hat Hermann Hesse eine neue Auswahl aus den Versen getroffen, von denen eine Reihe durch Volkmar Andreas, Othmar Schoeck, Ludwig ThuiUe und andere vertont worden sind — und jetzt legt K. E. Hoffmann eine kleine anspruchslose Lebens- geschichte des Dichters vor. Sie verzichtet auf tiefer dringende Analyse und bringt literarhistorisch nichts Neues, aber sie informiert klug und zurückhaltend über den Ablauf des äußeren Daseins und die tragischen erotischen Verwicklungen, die Leuthold hemmten. Ein paar Gedichte . und Briefe erlauben einen Einblick in die Schätze der Leuthold-Handschriften der Zürcher Zentralbibliothek; einige gut reproduzierte Abbildungen vervollkommnen die liebenswürdig panegyrische Darstellung, der man mit der gebotenen Distanz kritischer Einwände gern folgt. (Das Leben des Dichters Heinrich Leuthold von K. E. Hoffmann. Sonderdruck des Neujahrsblattes 1935 der Lesegesellschaft Wädenswil, Basel: Benno Schwabe & Co„ 91 Seiten, geh. JUL 4.)
Werner Milch.
Diese Diskrepanz zeigt sich besonders deutlich dort, wo Gebbing sich unmittelbar in das Gebiet der Geisteswissenschaften begibt. Was er über die „Verwüstungen des Materialismus in der Geisteswelt“ in dem so bezeichneten Kapitel über Theologie und Philosophie, Geschichte und Literatur, Recht und Medizin, Kunst und Musik ausführt, ist von einer Unsicherheit erfüllt, die sich in der Ueberspanntheit des Stiles deutlich verrät. (Eine Probe: Von der materialistisch verseuchten darstellenden Kunst behauptet er: „Es kamen herrliche Lichtrhapsodien zustande, und auch die Plastik flackerte in schmissigen Patzen“.) Ernsthaft etwas zu sagen hat Gebbing nur über den Materialismus in seiner naturwissenschaftlichen Form, das heißt aber gerade auf dem Gebiet, wo er praktisch wohl die geringste Bedeutung gehabt hat. Denn dort, wo er ins Leben des Alltags eingriff, mochte er zwar von naturwissenschaftlich- mechanistischen Auffassungen mitbestimmt sein, gab sich jedoch in erster Linie soziologisch. Ueber diesen soziologischen Materialismus macht Gebbing nur einige sehr dürftige Bemerkungen, dagegen verbreitet er sich mit Sachkunde in interessanter Weise über die verschiedenen Faktoren des naturwissenschaftlichen Materialismus: das freie Spiel der Kräfte, das er bis in die Atomtheorie hinein
einen „Roman deutscher Jugend“. Ein maßvoll gedämpftes Pathos durchzieht das kleine Buch, das die Entwicklung eines jungen Menschen inmitten der erregten Meinungskämpfe einer uns noch nahen Vergangenheit wiedergibt. Es meidet die allzu summarische Festlegung auf
Sie sind eine ergreifende Belichtung nicht nur der Lebenstiefen, der profundia, sondern auch ein wuchtiger Kommentar jenes Psalmwortes, das vor Heidegger von der „Geworfenheit“ der Welt redet, aber von der Geworfenheit auf Gott hin.
Karl Pfleger.
kriegsfrohen und von sich etwas eingenommenen Generals Sutter. Nachdem er in seiner Heimat als Buchhändler und Verleger falliert hatte, verließ er Weib und Kinder, kaufte jenseits des Ozeans eine kleine Flottille und wurde in Kalifornien ein reicher Mann. Kämpfe mit Indianern und Weißen, Meutereien, Siege und Niederlagen lösten sich ab. Welcher Hohn: ruiniert wurde er durch das Gold, das ein kurioser Zimmermann im Januar 1848 auf Sutters Ländereien entdeckte. Ein wilder Einwandererstrom wälzte sich heran. Er verlor seinen Besitz und zog sich verbittert in die von deutschen Herren- hut-ern gegründete Stadt Lititz zurück. Dort starb er im Sommer 1880, einige Tage, nachdem der amerikanische Kongreß seinen Entschädigungsanspruch zum sechzehnten Mal abgelehnt hatte.
Carl Seelig.
Gabele (im Seiten, geb. Untertitel als
„Eberhard“ schon ein Lebensgeborener Musiker ist noch
nun auch nur das Beste als genügend vorschwebte und ihn antrieb, das Geschaute in möglichst hoher Vollendung darzustellen.“ Nein, die Griechen haben nicht die Natur nachgeahmt und „das Naturgegebene, ohne ihm untreu zu werden, aufs Höchste veredelt.“ Auch ihnen hat die Realität nicht mehr als das an sich Formlose geboten. Nur ihr Genius vermochte daraus den „schönen Menschen“ zu bilden und damit die Idee einer möglichen Vollkommenheit des Leibes erst ins Dasein zu rufen. Das Unbegreifliche ist damit nicht „erklärt“, aber der Kernpunkt des Problems kann, doch nur in dieser Richtung gesucht werden. Wenn äußere Einflüsse an sich irgend einen Wert besäßen, hätte Hellas nicht minder große Landschaftsmaler hervorbringen müssen. Auch hier waren neben einer unvergleichlichen Pracht des Wirklichen Anregungen durch die Dichtkunst reichlich vorhanden, denen der antike Bildhauer nach Th. v. Scheffer so viel verdankt. „Die epischen Dichtungen haben mit ihrer Schilderung herrlicher Götter- und Menschengestalten den Künstlern innerlich Ideale eingepflanzt, denen sie nun an der Hand der Wirklichkeit nachzueifern trachteten.“ Richtiger wäre doch wohl die gegenteilige Behauptung: erst jene Statuen, jene Reliefs und Vasenmalereien hätten dem Epos einen großen Teil der Anschaulichkeit und „Plastik“ geschenkt, die es für uns besitzt. Denn wir können uns schwer vorstellen, inwiefern poetisch treffliche Bilder wie „die weißarmige Hera“ oder „die schwärzlichen Brauen Kronions“ die bildnerische Konzeption befruchten oder da förderlich sein sollten, wo es gilt, menschliche Form aus realer Materie entstehen zu lassen und zu modellieren. Eine solche Annahme hätte wohl auch jenen alten Meistern ein Lächeln abgelockt, trotz ihrer hohen Verehrung des Homer, dessen geistige Welt freilich auch die ihre war. Und mit Kopfschütteln würden sie gar folgendes vernehmen: „Ferner kam zur Steigerung des hellenischen Kunstempfindens hinzu, daß die oben erwähnte Lichtfülle- des Südens anfangs weit weniger auf Bildwerke aus Marmor, sondern auf Bronze fiel, deren Flächenspiegelung und mannigfachen Reflexe das Auge erzieherisch auf eine Fülle von Einzelheiten lenkten, die der Stein nicht in gleichem Maße gezeigt hätte und die nun wohl bekannt waren, als man zum Marmor überging.“
Wieweit der Verfasser auf anderen Gebieten als auf dem der bildenden Künste, das ihm offenbar ferne liegt, das. Thema erschöpft und bewältigt hat, möchten wir nicht entscheiden. Es seien nur zwei Proben aus den Ausführungen über die Anfänge der griechischen Philosophie mitgeteilt: „Auch über physikalische Gesetze hat Thales nachgedacht, und wenn wir hören, daß er die Erde als schwimmend auf dem Wasser gedacht hat. so denkt man unwillkürlich an die modernen Erklärungsversuche der mangelnden Stabilität der Kontinente.“ „Das so bekannte heraklitische „panta rhei“, das jedes Sein leugnet und es in Werden auflöst, ist ein Grundgedanke, dem man wohl sein Gegenteil gegenüberstellen, aber ihn nicht widerlegen kann, ja ein Naturgesetz des Stoffwechsels, so daß man seinen Finder den ersten Relativisten nennen möchte.“ Ein maßgebendes Urteil über diese Zeilen sei Berufeneren überlassen. Uns ist nur aufgefallen, daß auch hier die Tendenz, um ■jeden Preis populär zu sein, vorzuwiegen scheint.
Platen, deren Behandlung fast als ahnungslos anmutet). So liegt der Wert der anscheinend auch ein wenig zu rasch hingeschriebenen Arbeit im Einzelnen; eine gleichmäßige geistige und formale Durchdringung der Substanz fehlt.
In den darstellenden Text sind sehr reichlich dichterische Proben eingeschaltet, und zwar nicht als ausführlichere Zitate, sondern in der Form selbständiger, in sich abgeschlossener Zyklen. Ein
den muß, das ist das Menschenschicksal: daß sie beide abwechselnd gefragt werden, das macht die unerhörte, manchmal fast göttliche, manchmal dämonische Dramatik der Menschengeschichte aus; wenn vorwiegend das Nichts gefragt wird, stürzt eine ganze Welt ins Chaos.
Darüber schrieben manche. Ich persönlich habe etwa Peter Wust. Theodor Haecker, Max Picard, Karl Jaspers in dankbarer Erinnerung. Nur geborene Frager, gewissenhafte, gründliche Frager können es wagen. Daß Joseph Bernhart zu ihnen gehört, hat er in seinem tief-
rium ist. Es ist eine ungeheuerliche und doch ganz simple Tatsache der Geschichte, daß wir unk mit einer auffälligen Leichtigkeit mit dem Nichts ins Gespräch einlassen anstatt mit Gott. Die Ursache dieser Tatsache wird in diesem Satz Bern-
Das alles ist wie ein Traum des Wahnsinns. Bernhart zeigt in den zwei andern Aufsätzen, daß der Mensch ihn nicht verträgt und nicht dafür gemacht ist. „Der eheliche Mensch“: wunderbare Betrachtung über das geschlechtliche Verhältnis, das in Meinung und Uebung zu einer banalen oder frivolen Alltäglichkeit herabgesunken ist, während seine tiefste. Wirklichkeit, grundgelegt in der unauflöslichen Ehe, heilig und religiös und ein Gott mit Mensch verbindendes Ursakrament ist. Und auch die Welt verträgt den Wahn der Gottlosigkeit nicht. Die Welt ist ein tragisches Phänomen, der Mensch wesensmäßig in Tragik gestellt. Aber gerade die Tragik schließt Gott nicht aus, sondern ein. Wäre Gott nicht, so könnte die Welt
„clair-obscur“ bedeutet hier nur eine blässe Formel.
Dem großen, gleichermaßen mit Traum und Kauzigkeit begabten Vorbild Jean Pauls scheinen einige noch wenig Bekannte folgen zu wollen: man sollte sie nicht übersehen! In „Pagel-im Glück“ von Gustav Schenk (Carl Schünemann Verlag, Bremen. 184 Seiten, geb. c RU. 4.—) setzt sich die schon ansehnliche Sammlung kosmischer Vaganten fort, die nicht ausstirbt und mit Hermann Hesses auch schon fast klassischem „Knulp“ neuen Auftrieb erfahren hat. „Pagel“ allerdings ist ein mehr herrischer als demütiger Knecht, der, eigenbrötlerisch und nicht immer des täglichen Brotes versichert-, seine Straße zieht und Schwänke vollführt. Die Figur ist aber zu kurzlebig, das Buch Schenks zu knappen Atems, als daß über die Unsterblichkeitsgehalte eine Prognose gewagt werden könnte. Doch läßt sich aus dem Bruchstück auf eine reiche und noch ergiebige Natur hoffen.
„Pfingsten“ von A n t o n
Staufen-Verlag zu Köln, 176
JUL 3.50) bezeichnet sich im
Haben.“ Baudelaire ging viel weiter, als er im Menschen nicht nur ein Verlangen nach Gott, dem gleichzeitig ein Verlange» nach Satan stellen zu müssen glaubte. Aber wenn das
Buch: „Eberhard im Kontrapunkt“ von Stefan Andres (Staufen-Verlag, Köln. 333 Seiten, geb. JUL 5.40). Entwirft „Pagel“ die so vor.
Das tragische Schicksal eines Mannes, dem nicht an dem Gold Kaliforniens gelegen war, der vielmehr in faustischer Erfüllung nach der Kultivierung des Bodens, dem Aufbau eines Staates gestrebt hatte — des Generals Sutter aus der Schweiz, wird in einer sehr spannenden Erzählung „Gold am Pazifik“ von Josef Eberle (Verlag Silberburg, Stuttgart; 214 Seiten, gebunden JUL, 3.40) geschildert. Die Mittel der Darstellung sind niemals von der Rohheit und unmenschlichen Spekulationsgier jener Tage um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts gezeichnet,
Ist auch der Titel dieses neuen Versuches einer volkstümlichen deutschen Literaturgeschichte viel zu anspruchsvoll (M a rt i n L a n g : Das Buch der deutschen Dichtung von der Edda bis zur Gegenwart, Deutsche Verlagsanstalt, 317 S. und viele Bilder. Preis geb. RM 4.80), so verdient das Ganze doch Beachtung. Lang hat den ungeheuren Stoff vom Erlebnis her angepackt; das beste an seiner Leistung ist der warme, persönliche Ton, der dort aufklingt, wo der Verfasser mit seinem Gegenstand gefühlsmäßig sympathisiert. Natürlich ist das Buch auf diese Weise sehr ungleichmäßig geraten; neben starken, gesammelten Partien (etwa der bei aller gebotenen Knappheit wirklich erschöpfenden Herder-Darstellung und manchem anderen) stehen matte, konventionelle Seiten, im Ton der üblichen, amusischen Literaturgeschichten. Es gibt erfreulich junge und lebendige Wertungen, aber dazwischen werden immer wieder die üblichen, unergiebigen Urteile weitergegeben (z. B. über Stifter, Rückert,
in Zucht nehmen, ehe er seine eigene gefunden hat und vom schwer errungenen Punkt und Gegenpunkt aus den Hebel anzusetzen und die Welt aus den Angeln zu heben imstande ist. Es fehlt diesem Buch an keiner Fülle, weder äußerer noch innerlicher; es bietet (und was könnte man einem jungen Werk Besseres nachsagen?) noch in höherem Grade Verheißung als Erfüllung. Am schönsten geraten ist die Gestalt eines geistlichen Herrn, des Oheims Jung-Eberhards, der scharfzüngige, jedoch menschenfreundliche Klugheit besitzt und gottseligen Herzens dahingeht. Diese Weltfrömmigkeit, die dem Himmel wie der Erde den gerechten Anteil gönnt, gibt dem Buch den liebenswerten Akzent und verspricht, nach Ueberwindung des „Kontrapunktes“. Werke voll frei- strömender reiner Melodik. S. B.
den jungen „Eberhard“ das
Leipzig. 374 Seiten, honett und lesbar.
harts aufgedeckt: „Wir endliche Wesen tragen
.... ... .... _. einen Besitz mit uns herum, halb als gegenwär- Abgrund zwischen den Abgrund Gott und den Ab- tige Habe, halb als Anwartschaft, der ein dunkler
sie enthalten aber ebensowenig eine falsche Sen- - -----------
timentalität: vielmehr bemüht sich der Autor um die schlagworthafte Rhetorik ungebärdiger Jahr- eine objektive Gestaltung, die die Geschehnisse • gange, so feurig es auch deren idealistische Gesinnung mitfühlen mag. Künstlerisch ein Gewinn für die sympathische Arbeit und wohl dadurch zu erklären, daß der Verfasser sich zwar innerlich noch den jungen Zeitgenossen zuzählt, aber schon (wie ein knapper bio- und bibliographischer Nachtrag des Verlags mitteilt) das „reife Schwabenalter“ erreicht hatte, ehe er, zuerst mit „Im Schatten des
welche die Etrusker und ihre Kunst umhüllt, verlieren an Interesse, sinken zu Spezialfragen gelehrter Forschung herab, wenn uns, wieder einmal, das Problem „Griechentum“ gegenübertritt. Oft glaubten wir, jene Welt sei nun endgültig em- geordnet in den inneren Besitz, zum letztenmal gesichtet und geprüft: da treibt uns ein Klang der Sprache, das Fragment eines Bildwerks aus der bequem gewordenen Vertrautheit, und wir stehen vor dem Unfaßbaren, das wir als Selbstverständlichkeit hingenommen hatten, wie das Schlagen unseres Herzens, und das ebenso das alte, ewig neue Wander geblieben war. Welch einzigartiges Schauspiel! Da wuchs ein kleines Volk heran, für die alten, mächtigen Reiche des Orients am äußersten Ende des Weltkreises gelegen, dem war solch unbegreifliche Kühnheit eingeboren, daß es bei allem, was es unternahm, nach dem Höchsten und Letzten griff. Naiv und unbekümmert, von kindlichem Stolz erfüllt, entfaltete es seine Talente, und was aus seinen Händen hervorging, trägt den Stempel der Vollkommenheit. Daß es damit für Jahrtausende Vorbilder geschaffen, daß es für Dichten und Denken denWeg gewiesen hat, ward uns oft genug auf der Schule gepredigt, und nichts ist uns seitdem begegnet, was dies widerlegt hätte. Doch darüber haben wir fast übersehen, daß diese Feststellung nur nachträglich bestätigt, daß sie nicht einmal versucht, die Seltsamkeit jenes Phänomens ins Auge zu fassen. Denn sie verschweigt, daß „das Klassische“ einst, im Moment des Entstehens, gerade das Originellste, das Unerwartetste war. Daß z. B., um es paradox auszudrücken, die Götzenbilder jenes Insulanerstammes einem gebildeten Aegvpter oder Perser abnorm, anstößig, ärgernis- erregend vorkommen mußten. Und sie gerade sind Maß, Kanon, Idealbild menschlicher Schönheit geworden! — So liegt Hellas vor uns als die große Sphinx, und hinter ihrem Lächeln verbirgt sie das Geheimnis ihrer unwiderstehlichen Anziehungskraft, welche über Länder und Epochen hinweg wirkend und wirksam blieb.
Thassilo von Scheffer, der bekannte Neuübersetzer des Homer, bietet uns ein breitangelegtes, das Einzelne wie das Ganze umfassendes Gemälde der so ferne liegenden und doch immer gegenwartsnahen Zeit, in der jenes eine Fundament des Abendlandes aus dem Boden wuchs. (Thassilo von Scheffer, Die Kultur der Griechen, Phaidon-Verlag, Wien. 414 Textseiten, 233 Kupfertiefdruck-Tafeln, geb. c7UL 4.80.) Elf enggedruckte Seiten „Umriß einer Bibliographie“ geben einen Begriff von dem Reichtum des Materials, das zu verarbeiten war, von der Größe des Wagnisses, das hier aufs neue unternommen wurde. Den Verfasser leitete augenscheinlich in erster Linie die Absicht, volkstümlich zu sein, ein großes Publikum zu interessieren und zu belehren. Eine wohlgelungene Zusammenfassung der unzähligen Einzelfragen, klar gesehene und gewandt dargestellte Verknüpfungen der vielen Sondergebiete dienen diesem Zweck. Die Bildbeilagen, für deren hohe Qualität die früheren Publikationen des Verlages bürgen, bringen neben altvertrauten Herrlichkeiten auch weniger Bekanntes, neu Gefundenes aus der unerschöpflich scheinenden Schatzkammer der klassischen Erde.
Das mit dem vorliegenden Werk erstrebte Ziel einer möglichst ins Breite greifenden Wirkung
• hat vielleicht ein näheres Eingehen auf manche Problematik, welche das Thema in sich schließt, verboten. Trotzdem wäre in den und jenen Partien tieferes Verständnis, bessere Einsicht in manche Fragwürdigkeit wünschenswert gewesen. Darf z. B. der bildende Künstler gestehen, daß es ihn höchlichst verdrießt, wenn die vollendete Form antiker Skulptur unter anderem durch die Nacktheit bei den gymnastischen Spielen begründet wird? „So ■prägte sich ein an sich schon prachtvolles Men- schenmaterial unausgesetzt in geradezu idealen
gründ Nichts geworfen, die von ihm gefragt wer- Bescheid um die Ewigkeit ist, aber zugleich die den. Daß einer von ihnen wenigstens gefragt wer- Grenzen unseres Wesens übersteigt. Im Haben ist es ein Nichthaben, im Nichthaben ist es ein
Das ist der Anfang eines Psalmes, der so lang stellte Frage. Daß wir chaotisch fragen können, auf Erden erklingen wird, als die Menschennot der ist ein Vorrecht der menschlichen Freiheit, die Schuld und des Todes über sie wandert. Es ist das ■ wohl ein ebenso schreckliches wie herrliches Myste- unsterbliche Lied des sterblichen Menschen. Es ' "
sinnigen „Sinn der Geschichte“ bewiesen. Das Eigentümlichste seines neuen Büchleins De p r o f null i s (Verlag Jakob Hegner, Leipzig, 177 Seiten. gebunden JIM 4.50) möchte ich darin sehen, daß er nicht nur selber in einer die letzten Lebensgründe aufdeckenden Weise fragt, sondern daß er vorbildlich anleitet, recht, d. h. sinnvoll und menschenwürdig zu fragen. Wie ungeheuer wichtig das ist. wird der ernste, reife, der tiefangelegte Leser bei der Lektüre dieses Buches selber am besten merken. Denn einen andern als diesen kann ich mir für diese gewitter- hafte Zusammenballung von Wissen, Geist und seelischer Erfahrung nicht vorstellen. Ein solcher Leser wird bei Bernhart in einer beispielhaften Art erleben, wie die Lebenstiefen gefragt werden wollen. Drei Aufsätze füllen das Buch: „Der Mensch in der Gottlosigkeit“, „Der eheliche Mensch“, „Der Mensch in der tragischen Welt“. Der erste Aufsatz handelt von der Verwüstung des Menschenbildes, die durch ein grundsätzlich falsches Fragen hervorgerufen ist, durch die Fragestellung an das Nichts. Die beiden andern sind Fragen an Gott, und ihr innerer Reichtum macht es anschaulich klar, welch beglückende Antwort solchem Fragen zuteil werden kann.
„Der Mensch in der Gottlosigkeit ‘ ist als Resultat die chaotische Antwort auf eine chaotisch ge-
Schicksals“, als Erzähler hervortrat. In rascher Folge ist nun. als sein viertes Buch, „Pfingsten“ gekommen, nicht märzenbrausend, sondern, wie es dem Pfingstgeist entspricht, als Ausdruck des Frühlingsfestes an besinnlicher SommenschweUe.
„M e r v e, Der Roman eines jungen Mädchens“ (Wilh. Gottl. Korn Verlag, Breslau. 307 Seiten, geb. JUL 5.50) hat zum Autor Georg Grabenhorst, der mit „Fahnenjunker Volkenborn“, einem Zeugnis früher soldatischer Tugend, sich den literarischen Namen errang. Kommt der vorliegende Erzählungsband ein wenig langsam in Gang, so setzt sich doch sein sicherer, gelassener Schritt im Leser fest. In der Schilderung norddeutschen Landes, besonders aber in der psychologischen Darbietung der tragenden Figur der „Merve“ widerfährt dem Dichter keine Abirrung, und — Kennzeichen wahrer Berufung — Folgerichtigkeit und Blutsgeheimnis münden hier in eines. So entsteht ein Frauenwesen, reinen Herzens und vom Dämon angerufen, der Erinnerung an Gestalten Maupassants würdig. Man wird es nicht vergessen.
Ueber Rembrandts Sein und Werden ist gleichzeitig eine Reihe schöngeistiger Deutungen erschienen. Die von Val erian Tornius „Zwischen Hell und Dunkel“ (Ver-
die Dunkelheit. Mustern dem unersättlichen Blick des Künstlers ein und verwöhnte ihn derart, daß dem Meister
Und ein solches Bestreben, geschichtliche Gestal-' lieh, wenn man dieses einfache Tatsachenbuch liest. So dramatisch wirken die Berichte des herrischen,
So lautet der Titel eines Buches (278 Seiten, verfolgt und bis in die neuesten naturwissenschaftlichen Theorien über Raum und Zeit, den Zufall
gar nicht tragisch sein. T ~ v,, .,„„7----- -------- — .— -------
Unmöglich, den Glanz der Bernhartschen Aus- der Phantasie freilaßt, um aus ungewissen Stim- führungen in dem kurzen Hinweis aufzufangen, mungen. Bedruckungen und Hemmungen der Seele ■ ■ ■ . eich konkrete Bilder zu schaffen, dann ist es er
staunlich, zu bemerken: wie gleichartig die verschiedensten Völker der Welt ihre Bilder und Gleichnisse wählen zur Verkörperung des Unbewußten. Der Riese und der Zwerg, der Drache und der Alp, das Heiligenwunder und die Heldentat, der große Roßsprung und die geisterhafte Todesmahnung — diese Motive finden sich unter dem nötigen Wechsel der Landschaften und der Ko-
und die Entwicklungstheorie, bei der er freilich auch nur andeutungsweise ihre philosophische Herkunft erwähnt. In einem Kapitel „Das Bollwerk des Materialismus“ gibt Gebbing einen knappen, aber aufschlußreichen historischen Aufriß dieses naturwissenschaftlichen Materialismus, um zu zeigen, daß diesem nicht gelungen sei, sein letztes Ziel zu erreichen, nämlich die Welt immanent zu erklären. Dieses Bestreben zeige sich besonders deutlich in den Versuchen, naturwissenschaftlich materialistische „Weltbilder“ zu schaffen, wie sie von Häckel, Ostwald und Ernst Mach unternommen worden sind. Was der Verfasser über und gegen diese Theorien sagt, ist scharfsinnig genug, rennt aber insofern offene Türen ein, als heute auch die indirekten praktischen Auswirkungen dieser materialistischnaturwissenschaftlichen Weltbilder, vor allem desjenigen Häckels, beinahe restlos überwunden sein dürften, nachdem sie theoretisch schon längst abgetan waren.
Der Kern dessen, was der Verfasser als „Einkehr und Umkehr“ gegenüber diesem naturwissenschaftlichen Materialismus bezeichnet, läßt sich kurz dahin zusammenfassen, daß weder der materialistische Monismus wissenschaftlich zu widerlegen, noch der spiritualistische Vitalismus, den Gebbing selbst vertritt, wissenschaftlich zu beweisen sei. Die Entscheidung hänge letzthin nicht von der Erkenntnis, sondern vom Willen ab, und dieser Wille dränge heute auf die Wiederanerkennung dessen, was Gebbing ganz undifferenziert bald als Seele, bald als das Transzendente, bald als Gott bezeichnet. Wenn er dabei die Seele als Substanz, nicht als Aktualität, versteht, so hindert nur die Unbestimmtheit, in der alle diese Begriffe stecken bleiben, daran, ihn im Verdacht zu haben, daß er die Seele selbst „materialistisch“ mißversteht. Es ist überhaupt, wissenschaftlich angesehen, das eigentliche Manko des Buches, daß Gebbing alles, was nicht unmittelbar den empirischen Erfahrungsdaten entspringt, für die „Wiederbeseelung der Welt“ in Anspruch nimmt, das denkökonomische Prinzip Machs ebenso wie etwa den Gottesbegriff. Kein Wunder, daß dabei alle Prägnanz verloren geht, daß eich Gott zu einem unbestimmten Göttlichen verflüchtigt, dessen „interkonfessioneller" Ausdruck die Natur sei, und daß er damit seines existenziellen Ernstes beraubt wird. Dadurch wird die Darlegung aus einer wissenschaftlichen zu einer rein erbaulichen. Es soll nicht bestritten werden, daß in dieser Eigenschaft Gebbings Buch neben sprachlichen Entgleisungen auch schöne Stellen aufzuweisen hat; man möchte dem Verfasser jedoch die Mahnung Hegels ins Bewußtsein rufen, daß die Philosophie, und die Wissenschaft „sich hüten muß,
ten und Ideen durch recht plausibel klingende Verdeutlichungen und Vergleiche „dem Verständnis des zeitgenössischen Lesers nahezubringen“, steht wohl immer einer tieferen Erkenntnis dessen im Wege, worauf qs eigentlich ankommt. Dies erscheint bedauerlich bei einem Werk, das, aus bester Gesinnung geboren und mit dem Rüstzeug der Wissenschaft unternommen, berufen wäre, ein wahrhaftes Volksbuch zu sein.
Max U n o 1 d.
stüme in allen Sagen aller Länder wie in einem Bilderbuche der Ur-Psychologie. In Graubünden sind es natürlich nicht die schottischen Weidenbüsche im Nebel, die die Szene zu dem gespenstigen Theater liefern, sondern die Felsberge, die Flühen, die Abgründe, die Höhlen und die Alpwiesen, wo die Elfen tanzen. Sie heißen hier „Dia- len1, die zierlichen Bergfrauen, und der böse Alp heißt das „Doggeli“. Windsbräute und Schneebräute künden das Wetter. Die Graubündner Jäger haben scharfe Augen und sehen, namentlich wenn sie „Freischützen“ sind, den Teufel im grünen Hut, der ihnen die Gemse am Hörnchen zum Schuß festhält. Arnold Büchli erzählt die mit Sorgfalt und Mühe erlauschten und gesammelten Geschichten in einer episch ruhigen und gedrängten Art, die mit dichterischer Einfühlung die Schlichtheit des originalen mündlichen Ausdrucks achtet. Manches Dialektwort mischt, sich in den Text, der in einigen Stücken in ladinischer oder italienischer Mundart bewahrt wurde.
Bernhard Diebold (Zürich).
Rnhon C°rl=1™ ?’M*enS’ dem ,51, uau uevaux in seiner srtlkritlk auch auf Ludwig
I arbenvision und ahnungsvolle Tieck verweist und eingehend auf Ricarda Huchs 151inaneit zu otationen des vorbestimmten Wej^es Buch über die deutschen Romantiker Bezug geworden sind. Der Hinweis auf den Meister des nimmt.
Armand Godoy.
,dem *^u^sa^2 Ar- 31 des Literaturblatts (vom 28. Juli) „Der Dichter Armand Godoy' sei noch auf die hervorragende Studie von Andre Devaux über Armand Godoy (Editions des Portiqucs) hingewiesen. Devaux weist nach, warum der Latein iiut ri- kaner Godoy in der französischen Sprache allein die Ausdrucksmöglicbkei! für st ine überschäumenden Gefühle findet, die Form seiner Dichtungen aber durch die deutsche Musik bestimmt wird. In der Musik eines Bach, Beethoven und Robert Schumann liegen die Quellen seiner Gestaltungskraft, seiner symphonischen Fülle und die Voraussetzungen des klangschönen, architektonischen Aufbaus seiner Rhythmen. Godoy hat 1927 „Le.Carnaval de Schumann“ (Edition Emil Paul Frpres) und „Sonate de Beethoven“
4.80) wirkt
