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und Dnndelsblatt.

(leee Frankfurter Zeitung.)

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Feuilleton.

Kveifler wollten

sein, zu prüfen, ob Bedürfnis zur Em-

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mtf den Vortritt und läßt sich weder durch das eng formulierte Programm «och durch kleinliche Auslegung desselben hindern, die innere Fortentwicklung des französischen Sozialismus zu fördern, indem er den überlegene« Erzieher spielt, anstatt ein blinder Gefolgsmann zu sein.

Gegenüber der geschlossenen Opposition, die ihren Stand­punkt nicht verrückte, wäre Millerand oh« Ja«ri«'Hilft doch kaum durchgednmgen. Jauris vermittelte. Er hält Millerands konsequente parlamentarische Taktik sür eine» Irr­tum und schreibt dem strengen Festhalten an den Prinzipien, wie es in dem formalen Votum gegen das Kultusbudget rc. zum Ausdruck kommt, einen gewissen propagandistischen Wert zu. Im Ganzm muß JaureS jedoch MillerandS Ansicht billige«, daß die französischen Sozialisten seit einigen Jahren vor ganz «um Verhältnissen flehen, für welche die alten, aus der Zeit der absoluten Opposition stammenden taktischen Regel« nicht mehr anwendbar find. MS eine Partei, die ihren Antest an der RegierungSgewalt hat, maß sie eine andere sein als jenq, die bloß Propaganda macht.

Die Debatte über de« .Fall MillerandS dauerte zwei volle Tage und konnte schließlich doch nur mit einigen Kunflstückche« zu einer formalen Lösung gebracht werden. Die Gegner MillerandS waren nicht ganz einig. Nur die Wremsten verlangtrn die Exkommunikation. Andere wären mit ei«m Tadelsvotum zufrieden gewesen. Die Eausteren forderten wenigstens, daß Millerand für die Zukunft Besierung verspreche. Das alte Mittel der französischen Sozialisten» Kongresse, die allzubunlen Divergrnzen zunächst in einer Kom­mission etwas auszugleichen und im Plenum eine vermittelnde Resolution anzunehmen, wurde auch in Bordeaux angewendet und hatte wiederum Erfolg. Die 88gliedrige Kommission ent­schied mit einer Stimme Mehrheit gegen Millerand, das Plenum mit 109 gegen 89 Stimmen bei 15 Enthaltungen für ihn. Also weder der Antrag auf Ausschluß noch die Erteilung eines TadelsvolumS sind durchgegangrn.

schnittlich 4 Meilrn per Stunde in Bahia ein, wo das Admiral« schiff ebenfalls wegen Beschädigung der Maschiurn etliche Tag- liegen bleiben mußte. Rach 23 Tagen langte die wiederver­einigte Norddiviston in Pernambuco an, eine Strecke, die jeder Lafldampfer bequem in vier Togen überwindet. Von dort kam aber der .Tupy', der famose Torpedojäger, wieder nicht sott, ohne daß neuerdings ein von hier anSgesandter Schiffsingenieur an besten Maschinen herumgedoktert hatte. Endlich, nach langes fünf Wochen, warf der .Florians* in der Amazonasmündun^ in Para, Anker, um aber dort gleich wieder ta Reparatur zu treten.. Etliche Tage darauf gesellte sich auch der ,Tupy' glück­lich wieder zu seinen Leidensgefährten.

Dies ist die nackte Darstellung der Tatsachen, wie sie dl- hiesige Preste veröffentlichte, obwohl das Marinemmiflerium sich alle Mühe gegeben hatte, den wahren Sachverhalt zu vertusche« und nur mehr chiffriert mit dem Befehlshaber verkehrte. D« Vorsteher der Seekriegsabteilung erkannte wohl die schwerwie­gende TragweUe eines derartigen Ergebnistes. Und mit Recht, wenn man bedenkt, daß für eine Flottendemonflration, die ledig­lich bm Zweck haben sollte, den Widersachern zu imponiere^ wohl die neuesten und seetüchtigsten Fahrzeuge ausgewählt wur­den und tatsächlich zählt keines der drei Schiffe mehr den» acht Lenze. Aber diese Erfahrung ist keineswegs neu; sie muß sich als notgedrungene Folge ergeben ans der unbegreiflichen Dienst­ordnung der hiesigen Marine. Mit schwerem Geld werden da Schiffe erworben, Offiziersschulen unterhalten und Mann­schaften ausgebildet. Dann, um Kohlen zu sparen, verrostest die Schiffe uMätiq im Hafen, die Offiziere verweichlichen und die Bande« der Disziplin lockern sich bet der herumlungerudea Mannschaft. Um diese einigermaßen zu beschästigm, werde« doch wenigstens die Schiffe sauber gehalten. Und um sie blank zu hatten, werden die verrosteten Maschinenteile recht fleißig mtf Schmiergeltuch abgeriebeu. Soll dann nach Jahr und Tag eine solche Maschine ihre« Dienst versehen, so klappt gewöhnlich nichts mehr. Der Befehlshaber der Norddiviston ist nun io Para auf den genialen Versuch geraten, das Maschinenpersonal seiner drei Schiffe untereinander wechseln zu lasten. ES tottii eben dort ebenso bedenklich gelottert haben, tote in den Maschine«?

So die Norddivision. Das Geschwader, das in Aussicht genommen ist, im Süden, ober« Laufe des Parana zu demon­strieren, ist überhaupt noch gar nicht aus der Reparaturwerk» stätte hrrausgekommen. Sein Los ruht noch im Zeitenschoße«

1 Danzig, 15. April. In einer heut« abgehaltenen Versamm­lung hiesiger Schiffeflauer wurde einstimmig die Ar» beitSeinflellnnq beschlösset».

QOsnabrück, 14. April. Die Zimmergesellen nnb dieFenflerreiniger find heute in den L u S st a « d getreten. Weitere Lohnbewegungen bereiten sich vor.

S Düffeldorf, 14. April. Wie die hiefigen »Neueste« Nachr/ erfahren, sind alle über den R ü ck t r i t t deS Oberpräsidenten der Rheinprovin,. Exzellenz Nasse, in Umlauf gesetzten Gerüchte unbegründet. HerrNaffe hat sich erst kürzlich bei Einführung deS neuen rheinischen Landeshauptmanns aas Befragen dahin geäußert, »er denke für'S erste nicht daran, den Oberpräfideuten» poste« zu verlassen.'

K München, 14. April. Nach bm Tabellen des Kgl. Statistischrn Amtes über die Armenpflege in Bayern in bm Jahren 1899 und 1900 sind in der gemeindlichen Armenpflege 1899: 190.945, 1900: 189.484 Unterstützte ge­zählt worden. Im Großen und Ganzen ist also die Ziffer der Unterstützten gleichgeblieben. Dies darf aber nicht als Beweis sür Wirkungslosigkeit der sozialen Gesetze aufgefaßt werden. Ohne diese wäre die Zahl eben erheblich größer. Die Zahl der Uickerstütztrn sowohl, als auch der UuterstützungSaufwanv ist in bm Städte« viel höher als in ben Landgemeinden. 471/2 pCt. der Verarmten treffe« auf die Städte, und dabei beträgt die ländliche Bevölkerung fast »/< bet Gesammtbevölkerung Bayerns. Die neuen Gesetze über Heimat und Niederlassung haben ihren Zweck erreicht; sie habe«, tote aus dem Vergleich bet Armeu» pflegjchastSziffern sich ergiebi, die Lanbgemeindm erheblich ent­laste^ die Städte sehr stark belastet.

Amerika.

< Die brasilianische Marine.

G,-H. Rio, 18. März. Zum Schutze bet langgestreckten Küste Don Cap Orange bis znm La Plata-Strom besteht die brasilianische Kriegsmarine ans 49 Fahrzeugen auf dem Papier. Diese »erteilen sich ans Schlachtschiffe 6, Kreuzer 11, Torpebojäger 3, Kanonenboote 4. Torpedoboote 12, Avisos 7, Schulschiffe 6. Die jüngsten Vorgänge mit Beziehung zur Acre-Verwicklung haben nun einigermaßen erwiesen, in wie weit die Küstenverteidigung im Ernstfälle ihrer Aufgabe gewachsm wäre. Gleichzeitig mit Entfaltung ihrer Streitkräfte im Acre- Gebiete beschloß die brasilianische Regierung eine Flottendemon­stration im oberm Amazonas. Es wurde eine Nordbivision, bestehenb ans bem Schlachtschiff .Floriano", bem Torpebojäger »Tuvy'und bem Torpedoboot .Gustavo Sampaio" zusammen­gestellt. Dem aus bet Flottmtevotte von 1893 bekannten, kürzlich zum Coutte-Admiral beförderte« Alexandrino be Aleucar, bem bewährtesten Seeoffizier, wurde bet Ober­befehl übertrage«. Am 5. Februar verließ das Geschwader bm heimatlichrn Hafen, aber schon am 8. mußte bet .Tupy" in Victoria anlaufen, um seine Schäden an der Maschine auszu­bessern. Zu diesem Zwecke tourbe ein Schiffsingenieur ans der hiesigen Werste dorthin beordert! Der.glotiano' und sei« Begleiter trafen nach bedenklich langsamer Fahrt von durch-

brnn die gtocifler wollten sich nicht beruhigen. Das waren eben moderne DreyfusardS. Sie beargwöhnten auch die Briefe Karls V. an Rabelais und einen Brief Shakespeares, die Michel ChaSleS edelmütig der Akademie geschenkt hatte. Eie stellten die seltsamsten Forderungen; sie wollten wissen, aus welcher unerschöpflichen Quelle diese Schriftstücke kamen; sie wollten das Papier prüfen und sogar die Tinte unter­suchen, mit der sie geschrieben waren. Der Ruhm des Vater­landes galt ihnen gar nichts.

Michel Chasles mußte endlich mit dem Geständnis her- ausrücken, woher die Schriftstücke kamen. Sie waren im Be- sitze Ludwigs XVI., der sie dem Grafen Boisjourdain ae-

fowie die Herren Burrian und Feinhrts. So interessant nun das Alles war. so konnte man doch angesichts bteieS gewaltigen Ton« körper? den Wunsch nicht unterdrücken, anstatt des Vielerlei ein großes geschloffenes Chorwerk zu hören. Die »Missa solemnis* oder die »H-molbTiefie* fiel unfein; gerate nach dergl-ich « verlangen wir ja seit Jahren. Die Akustik hat sich «länznd be« wöhrt; der Ton wird nicht anfgesoaen.'andern schwingt klang« voll durch den weiten Raum, vom mächtig auibrausendm Fortissimo bisznm hinaehanchtm Piano. Der Dienstag wurde mit Kammermusik einaetettet. Die Quartette F-moll op. 95 und B-dur op. 130 von Beethoven wurden vom Joachim-Quartett auiaesührt. Außerdim spielte de« Altmeister mit Carl Friedberg Die G-dur» Sonate unb da­zwischen sangen Frau Krumbacher-de-Joug uno Herr MeSsctaert eine Anzahl Lieder von Hugo Wolf. AhendS aab es »Lohengrln* unter Herrn Kühlers Leitung. Die Keianqs.Gäl'te der Kon« zerte, Frl. Morena kEt>a). Frau Metzger (Ortrud) und Her« Feinbal? Telramnnd) verliehen im Verein m t Herrn Förch, Hammer (Lohengrin) auch dieser Aufführuna erneu besondere« künstlerischen Wert, llniere einheimift en Künstler sowie Cho« unb Orchester haben sich neben ben Gästen ebenfalls bcwährt. -omit würen btese glänzenden Tage zu Ende, und daS Festkleid darf wieder mit dem ArdeitSrock vertauscht werden. Im »Role«« garten^ aber wöge die edle Saat einer vornehm n Kunst auf« gehen, würdig deS schönen RahmenS, der ihr geichaffen wurde.

= ^Friedrich v Amerling ) Zum 100. Geburtstag Amerl« n'gS Mreibt die Wiener Abendpost; Am 14. Aprrl 1803 wurde der Bildnismaler Amerliva in W i e n geboren all Sohn atmer braver Leute, die schwer mit dem Leben ran r-n. um nur iür ben Nachwuchs genügend Brot ins Ha:8 zu schaffe >. A« 14 Jrnuar 1887 starb der KÜnstUr in seiner Vaterstadt, i» >ein m fürstlichen Schlößchen, hochbetagt und hochgeehrt, im be­haglichsten Wohlstände, umgeben von reichen Kunstfchätzen alle« Zeiten und Länder, die er von seinen weiten Reifen h tmgebracht. Friedrich Amerling hatte eine harte Jugend durchzukämpten» war eine zeitlang Zimmermaler und erteilte Guitarre^llnierrichk, obgleich ihm niemand auch nur einen einz-yen Griff ans dem Instrumente ae«igt hatte. Seine ersten Lehrjahre machte er an d.-r Wiener Akademie durch, leine Wanderjahre verbrachte et nicht in Italien, sondern in L o « don bei Lawrence, in Pari» bei Horace B-rnet. Er suchte Farbigkeit. DaS Wiener Porträt wardu>ch Lampt und Füger p-thetilch-repräientativ unb pathetisch-sentimental geworden nnb die rechte Farbenfreude wat darüber verloren gegangen. In England war noch in einem allerletzten Spätling eine stolze Tradrtion gerade tm Erlösche«. Von Lawrence, dem Liebling der großen Welt, dem Schüler deS Sir Joshua Reynolds, lernte Amerling ben teilten Fluß des Bortrage» und jene angenehme durch! achtete Helligkeit deS Kolorits, die sür ihn ^zeichnend wurden. Er sah die Welt viel schöner, glatter und rosiger, al» sie wirklich war, unb ferne Ge­wandtheit und Siche, Helt im Ersassen und Festhalten berAehg. ltchkeit, die sorgtälttge Zeichnung, Glätte und Sauberkeit, Ge­diegenheit ohne Schwerfälligkeit machtrn ihn rasch zum ersten and »am beliebtesten aller damaligen Wiener Porträtmaler. Seither ist bie Porttätkunst Seelen- und Cbaraktermalerei geworden.

Lage des deutschen Arbeitsmarktes

A. C. Wer aus kleinen Anzeichen Rückschlüffe auf dick Veränderungen im wirtschaftlichen Leben zu machen weiß, der wird gegenwärtig den Nachrichten aus dem Beklei­dungsgewerbe eine gewisse Bedeutung beilegen. ES kann kein Zufall sein, daß in ben Berichten der deutschem Arbettsnachweise, wie sie allmonatlich an die Berliner Seit- tonstDer Arbeitsmarkt" gerichtet werden, über den Monat März gleichzeitig von einer Reihe rheinischer Arbeitsnach- wetse (Köln, Mainz; Heidelberg, Konstanz, Freiburg, Pforz- henn), aber auch anderer, nord« und süddeutscher (Kiel, Nuntberg), mitgeteilt wird, daß nach Schneidergesellen die Nachfrage sich in einem Umfange bewegt, der nicht mehr bm friedigt werden kann. Diese Wirkung hatte im Vorjahre der herannahende Frühling nicht geübt. DaS läßt darauf schließen, daß in der großen Masse der Bevölkerung die wäh­rend der Krisis geminderte Konsumtionsfähigkeit! 4urückzukehren beginnt. Der Arbeitsmaüt in» Bekleidungsgewerbe gestattet in dieser Beziehung einen Rück­schluß auf die Lage der Familienhaushalte im allgemeinen« Die Annahme stimmt mit den ziffermäßigen Ergebnisse« überein, die über den März an die genannte Zeitschrift ge­meldet wurden. Auf 100 offene Stellen kamen an der» Arbeitsnachweisen des deutschen Reiches 124,6 Arbeitsuchende, während es im entsprechenden Monat des Vorjahres 148,8 gewesen waren. Inwiefern dies an dm Mitglieder^iffem der Krankenkaffen zum Ausdruck kommt, läßt sich bis jetzt mit Sicherheit nicht beurteilen, da die nunmehr amtlich gewordene Statistik ihren Erscheinungstag erst auf den 21. jeden Monats festgesetzt hat. Immerhin lasten die, wenn auch nur ver­einzelt vorliegenden Nachrichten aus verschiedenen Städter» eine nicht unerhebliche Zunahme der Beschäftigten erlernten, die in einigen süddeutschen Städten wie F r a n k f u r t a. M., Stuttgart und namentlich Mannheim erheblich über das Vorjahr hinausging. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt deckt sich ziemlich genau mit den Berichten aus unseren Jn- dustriebe^irke«, sowie mit der Kursbewegung an der Börse.. Immerhin mutzte die zeitweise eingetretene Steigerung bet Montanwerke sich einige Korrektur gefallen lasten, zumal in wichtigen Eisen verarbeitenden Branchen, so in der Maschinen­fabrikation, in der Kleineisenindustrie und auch in einem: großen Teil des Elektrizitätsgewerbes, eS noch immer an Aufträgen fehlt, die eine dauernde normale Beschäftigung

Stamms. Wenn bie Partei sich zu einer opportunistisch« Taktik mifchioffm hat, barm darf sie nicht vor Eituelftag« unangenehmer Art plötzlich umkehren. Das KnUuSbndget all­jährlich abzulehnen oh« alle posttivm Reformen, welch« die Trennung von Kirche mb Staat mit sich bringt, siebente eine leere mb mfrnchtsiare Demonstration. In gleicher Weife habe eine nur von Frankreich anSgehmdeAbrüstung feinen Wert mb keinerlei ernsthafte Wirkung zu erwarten. Auch müffe sich bi« sozialistische Propaganda bi bet Armee in gesetzliche« Forme« vollziehen, und bie einfache Aufforderung zur Desertion, wie sie in bem vielbesprochenen Manuel du Soldat ausgesprochen wurde, sei ein anarchistisches Mittel ohne dauernden Erfolg.

Autographen seien mindestens 140,000 Franken wert, denn toemt er einen Kunstgriff angewendet habe, um die öffent­liche Aufmerksamkeit zu erregen und die Neugierde anzu- stachelu, so sei es nur geschehen, um historische Tatsachen, die vielfach selbst von den Gelehrten vergesten worden seien, der Mitwelt ins Gedächtnis zurückzurufen. Er habe die Leute belehrt, indem er ihnen Unterhaltung verschaffte. Er habe gehandelt, wenn nicht mit Klugheit, so doch Recht­lichkeit und Patriotismus.

Da haben wir ganz genau die »patriotische Fälschung- Henrys. Aus Patriotismus hat Brain-LucaS den Franzosen wissenschaftlichen Ruhm zufälschen wollen; aus Patriotismus hat Henry gefälscht, um einen Juden des Hochverrats zu überweisen. Vrain-Lucas lebte allerdings etwas zu früh; man hat für ihn nicht, wie für seinen Nachfolger Henry, Geld zu einem Denkmal gesammelt. Aber die Geschichte ist ein Trost für Cavaignac. Wenn selbst der gelehrte Michel Chasles einem Fälscher aus den Leim ging, so darf der bürgerliche Kriegsminister Cavaignac auf eine milde Beurteitting rechnen.

Die gemäßigte« Sozialisten in Bordeaux.

8 Pari-, 14. April.

Wen« man tum einem französischen Sozialisten» Kongreß redet, muß man immer wieder bie Partei z«rst beschreiben, um welche er sich handelt. Denn erstens gwt es «och immer zwei große Parteien mit mehr oder weniger selbst» fftabtaen Untergruppen, mb zweitens wechseln die einzelnen Partei« beinahe alljährlich bie Etikette. Diese Etiketten seh« sich zudem so ähnlich, daß es beinahe ausfieht, als ob ein auf naive WSHlergemüter berechnetet illoyaler Wettbewerb bamit beabsichtigt wäre. Bei der Sozialiflen-Tagnnq, die feit Sonn­tag in Bordeaux flattfindet, handelt es sich um den Parti Sodaliste Fran^ais, die Vereinigung bet gemäßigten, einem gewissen Opportunismus siulbigenben von JaureS mb Millerand geführten Gruppen, bie jetzt reinlich geschieden stab von bem Parti Socialiste de France, in welchem sich miet Führung von Jules GneSde mb Vaillant bet ztel- bewußt revolutionäre Flügel de» französischen Sozialismus organisiert hat. Die befwittoe Trennung bet sieiben Parteien, welche von 1898 bis 1900 eine recht lockere Einheit aufrecht- «halt« hatte«, datiert vom Kongreß in Lyon im Jahre 1901. 68 war hauptsächlich bet »Fall Millerand-, bet bie Sezession bet lEgteemen veranlaßt hatte. Mit dem Austritt der Unversöhn­lichen aus ber Partei war tabuen bet Stein des Anstoßes nicht aus bet Partei ber Gemäßsten verschwunden. Der.Fall Millerand' beschäftigte alle Diskussionen in ben kleinen lokalen Vereinen wie auf bm Bezirks- mb Landeskongteffen. Mit bem Austritt MillerandS ans der Regierung, also mit bet Demission des Kabinett Waldeck-Rouffeou, schien endlich eine definttive Phase «reicht. Auf dem Kongreß von Tours hatte man denn auch baS Prinzip aufgestellt, daß in Zukunft ein Mitglied ant in ausdrücklichem Auftrag ber Partei an ein« bürgerlichen Regierung teilnehmen könne. Doch sorgte Millerand durch fein Verhalten in der Deputiettenkammer als fimpl« Abgeordnet« dafür, daß diese Lösung bald ungenügend «schien und daß der .Fall Millerand* in etwas veränderter (Befielt ab« ta ««geminderter Kraft weiterlebte. Bei den Abstimmungen «laubte er sich Seitensprünge, bie ihn weit ab fühttm von b« geraden Linie bes Parteiprogramms, unb so kam eS, baß er jetzt in Bordeaux wiederum den Zankapfel hübet. Vor feinen Abstimmungen in der Kammer erschraken einzelne Gruppen der Partei so sehr, daß sie ben feierlichen Ausschluß MillerandS verlangtrn ob«, wie das bie besonneneren Elemente taten, wenigstens einen ausdrücklichen Tadel über ibn verhängt haben wollten. Jnhattlich gehen die Verhand- lrngen von Bordeaux nicht tiefer mid nicht weiter als die Mitte März zwischen JaureS unb Millerand in bet .Petite Republiqne' ausgewogene Polemik. (Stift. Ztg. 4. Mgsil. vom 19. März.) Millerand hat nur Gelegenheit gefunden, feine Haltung ausführlicher zu begründen unb ber gegen ihn gerich­teten Opposition direkt zu antworten. James übernahm es wieder, feine Beredsamkeit in den Dienst einer vermittelnden Lösung zu stellen rnd besonders di« offizielle Exkommunikation * Millerands zu verhindern.

Die tantthalb der Partei genährte Opposition gegen dm pett schärf« afgentttterten Opportunismus Millerand» ist nicht |tt unterschätzen. Ihre Hauptstützen findet sie im Seinedepar­tement, bann in ben Departements bet Seine-Jnfftieure unb ba Ponue. In ber Doane ist bet gegnerische Wortführer Hetvt, bet wegen seiner sozialistischen Propaganda in der Atm« gemaßregelie Gymnasialproseffor. Die Anflagen gegen Millerand betrafen fein gesamtes Verhalten in der Depu­tiertenkammer, insbesondere seine Bewilligung des KultuSbndgets, seine Zustimmung zum Ausschluß beS aktiven Militärs aus ben ArbeitSbörsen unb seine Gegnerschaft gegen einen an ben Minister Dckcasft geridbteten Abrüstungsantrag. Darin er­blickte« bie Ankläger Verflöße gegen bie wichtigste« Doktrinen d«Partei, gegenben AntikletikaliSmuS, gegenben Sntimilitarismns und ben Internationalis­mus. ES läßt sich nicht sagen, daß bie Gegner in der Be­gründung ihrer Anklagen von seht großm Gesichtspunkten a«S- flingen. Die Argumente liefen schließlich alle daraus hinaus, Millerand fei ein recht undiszipliniertes Mitglied bet Partei, mb strenge Beobachtung des festgesetzte« Programmes fei bie einzige Richtungslinie für einen vollbürtigen Sozialisten. Jedenfalls erhob sich Milleraub, ber zu feinet Rechtfertigung zwei große Reben hielt, in feinen Ausführungen weit über biefe Binsenwahrheiten. Er scheidet daS E n d z i e l bet sozialistischen Bestrebungen von der T a k 1 i k durch eine sehr tiefe Kluft. Und bann Mt « bas konsequente taktische Verhalten einer großen Partei übtt eine kleinliche Auslegung des Pro-

schickt hatte, und dieser war der Ahnherr eines großen Herrn, der sie bem gelehrten Geometer durch die Vermittlung eines gewissen Statut - LucaS verkauft hatte. Die Sammlung, im ganzen nicht weniger als 27,000 Stück, ent­hielt die seltensten und interessantesten Schriftstücke. Da waren fünf Briefe Abälards und sogar ein bisher unbe­kanntes Gedicht von ihm:L'amant tnalheureux"; dann 181 Briese von Alkuin, dem berühmten Geheimschreiber Karls deS Großen; fünf Briefe des AlcibiadeS an PerikleS; sechs Briefe Alexanders des Großen an Aristoteles; ein Brief Attilas an einen gallischen Heerführer: acht Briefe von Katharina Bora, der Gattin Luthers; em Brief von Belisar; zwei Briefe von Julius Cäsar an Vercingetorix; drei Briefe von Kleopatta an Cato, Cäsar und Pompejus; ein Brief MabomedS an den König von Frankreich, ein Brief Judas Jschariots an Maria von Magdala, ein Brief des auferweckten Lazarus u. s. w. DaS Schriftstück Wil­helms II. könnte sich in dieser Gesellschaft schon sehen lafienl

Das Schlimme war, daß alle diese Briese französisch und auf Papier der Fabrik von Angouleme ge­schrieben waren. Das war aber für die Chemiker und Physiker der Akademie kein Hinderniß. Sainte-Claire-De- ville, Salatb unb Jamm beteuerten die Echtheit der Schrift­stücke; ja sie fanden sogar ein eigenes chemisches Verfahren, das ihnen das hohe Mter der Dokumente bestätigte. Sie erkannten weiter Veränderungen, die an den Schriftstücken durch den Weg über das Meer-verursacht worden waren; vermutlich hat man sie bei einem Schiffbruch wegen ihrer Kostbarkett vor allem zu retten gesucht. Die Akademie kam zum Schluß und verzeichnete es in ihrem Protokoll, »daß die Schriftstücke in Hörer Weise das moralische Siegel ihrer Echtheit an sich tragen". Keine Geringeren als ThierS und Elie de Beaumont erhoben sich und brandmarkten mit entrüsteten Motten diejenigen, die sich unterfingen, Frankreich den Ruhm einer der größten wissenschaftlichen Entdeckungen zu entreißen.

Aber die Wahrheit setzte sich in Marsch. Derselbe Vrain- Lucas, der die Sammlung in Umlauf gebracht, hatte sie auch fabriziert. Stück um Stück hatte er sie dem gelehrten Chasles in die Hände gespielt, der ihm nach und nach zu­sammen mehr 150,000 Francs bezahlte, Vermittlungs­gebühren und Voffchüffe nicht mttgerechntt. Als Chasles seine Quelle enthüllte, machte bie aiabemie dem Srain» LucaS einige sanfte Vorstellungen, ber aber setzte sich aufs hohe Roß unb erfiärte, er werde die höchstwichtigen Schrfft- stücke wieder an sich nehmen und das dafür erhaltene Geld wieder herausgeben. Michel Chasles wollte sich aber von seinem Schatze nicht trennen; er versprach, seinen Lieferanten zu überwachen und schließlich strengte er sogar eine Klage gegen ihn an, aber nicht weil Srain - Lucas ihm falsche Schriftstücke verkauft hatte, sondern weil er für das Geld, das er erhielt, zu wenig lieferte und weil ChaSleS fürchtete, es könnten von den kostbaren Schriftstücken etliche ins Aus­land verkauft werben. Die Verteidigung deS Brain-LucaS war «tot weniger oriainell als bie Klage. Er erklärte, feine

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ben Sätet sieben, fetaeu Sternen zu nennen. Sehr richtig! SS B-Hu wünsch«, baß überall ebenso verfahren wirb; bann wird sicher manche unnötige Verfolgung vermieden.

Teutsches Reich.

Frankfurt, 15. April.

In ein« SchriftSa8 Prodrrzenteninteresse berArbeiter nnb bieHandelsfreiheit" (Jen«, Gustav Fischer, 118 S.) führt Profeffor Dietzel seine Unter- suchungen über ben Einfluß ber Weltwirtschaft auf ben Arbeits­markt mb Arbeitslohn wett«. Er verteidigt ben Freihandel gegen ben Vorwurf, baß er be« ArsieUSmarkt bes eigenen Landes von ben Schwankimgyr aller anderen abhängig mache; die Größe des Kreises sei vielmehr eine Versicherung gegen Schwankungen auch für ben Arbeitsmarkt. Daß Schutzzölle reichlichere ArbeUSgelegenheit geben können, sei nur richtig ta- bezng auf einen einzelne« ErwerbSzweig, nicht aber inbezug auf das nationale ArbeitSquaittum im ganzen; der Schutzzoll be­wirke nicht eine Vermehrung, sondern nur eine Verschiebung der Arbeitsgelegenheit im Jnlande. Nicht einmal die Züchtung eines Exports wirke losindrücknd; bet Losin ta bet Berliner Konfektion mb bet Thüringer Spielwaren-Jadustrie flehe nicht deshalb tief, weil exportiert wird, sondern ber Export finde statt, weil (ans anderen Ursachen) der Lohn niedrig stehe. Der Ar- beitslohn bewegte sich umgekehrt tote der Preis bet Arbeits­produkte, uno die preisvtttenernbe Wirkung von Schutzzöllen wirke auf die Dauer lohndrüchnb. Jntereffant ist auch das ein­leitende Kapitel über die Stellung der Arbeiterführer z« der handelSpolttifchen Kontroverse.

Gegen das anonymeDenunziantentumwenbet sich ber Laub rat des Kreises Gl atz. v. Stein manu, in einem öffentlichen Erlaß, ta bem «erklärt. Anzeigen ohne An­gabe beS VttjafferS werde er grundsätzlich keine Folge geben. Wer ihm etwas anzeigen wolle unb wünsche, baß die Angelegen­heit untersucht unb zutreffendenfalls auch verfolgt wird, müffe

Mts schon dagewesen!

h Paris, 13. April.

Die Fälschung Henrys und das gefälschte Schriftstück Steifer Wilhelms, von denen in der Kammer ausführlich die 9toe war und die immer noch die Spalten der Zeitungen einem Mitarbeiter der Aurore, I. I. Geste, an eine Fälschungsgeschichte zu er­innern, in den sechziger Jahren passierte, damals gro­ßes Auffehen erregte, aber seither fast ganz bergeff en wor­den ist. Sie hat in mehreren Punkten eine große Ähnlichkeit «it ben Fälschungen, die von den Gegnern des Dreyfus begangen worden find, weshalb sie hier wieder erzählt wer­den soll. Skeptiker werden aus ihr die Ueberzeugung ge­winnen» daß auch bei den Fälschungen der Affäre Dreyfus per Spruch Ben Akibas seine Gültigkeit hat.

Im Jahr 1867 hielt der In der ganzen Welt bekannte gelehrte Geometer und reiche Sammler Michel Chasles tn der Akademie der Wissenschaften einen Vor­trag, in dem er mit bewegter Stimme die Mitteilung machte, daß die Entdeckung des Gravitationsgesetzes, die man bem Engländer Rewto n zuschrieb, in Wirklichkeit von dem Franzosen Blaise Pascal gemacht worden fei. Zum Be­weis für die Richtigkeit feiner Mitteilung legte Chasles der Akademie zahlreiche Dokumente vor. Frankreich zitterte in stolzer Hoffnung, England schrie über Verrat, die Akademie ber Wissenschaften aber verzeichnet mtt Genugtuung in ihrem PnstokoÜ die Briese Pascals an Bayle und verschiedene imdere Dokumente deS großen Schriftstellers.

ES gab -wer damals schon Franzosen, die sichdem Aus- totbe verkauft" hatten. Sie hatten die Kühnhett, die E ch t- h e i t der angeführten Dokumente anzuzweifeln. Glücklicher­weise kamen neue Bewisstücke an die Oeffentlichkeit: eine S Korrespondenz Pascals mit Newton, dann Briefe ms an die Schwester Pascals, an Saint-Evremond, an Malebranche» die alle Zweifler in die Flucht schlugen. Aber das Gold Englands scheint int Jahre 1867 ebenso mächtig gewesen zu sein wie heute die Taler Wilhelms II.,

W Berlin, 15. April, 9 Uhr Abends. (Tele­gramm.) Aus Metz wird demLokalanz." gemeldet, daß ber kommandierende General des 16. Armeekorps, Seneral- oberst Graf v. H ä f e I e t, der Ende dieses Monats sein Svjähriges Dienstjubiläum feiert, den Kaiser gebeten habe, alsdann in den Ruhestand treten zu dürfen. Die meiste Anwartschaft, sein Nachfolger zu werden, soll der jetzige Gouverneur von Metz, Generalleutnant Stößer, haben. Die Staatsregieruna ist neuerdings der Frage näher getreten, ob und in welcher Weise sür die im Handels - gewerbe vertretenen weiblichen Kräfte eine zweckentsprechende Fortbildung im Rahmen eines geregelten Unterrichts anzustreben sei. Im All­gemeinen hat hierbei der Gesichtspunkt, für die Handlungs- gehilsinnen bis zum vollendeten 18. Lebensjahre den Fort­bildungsschulzwang durch ortsstatutarische Festsetzungen her- betzuführen, Billigung erhalten. Es wird nunmehr Sache der einzelnen städtischen Körperschaften sein, zu prüfen, ob nach Sage der örtlichen Verhältnisse ein Bedürfnis zur Ein­führung des obligatorischen Fortbildungsschulunterrichts ,ür die weiblichen Handlungsgehilfen anzuerkennen ist. Die Beschlüsse, roeksie die Milchzentrale in ihrer letzten tumultöfen Generalversammlung gefaßt hat, jmb vom Berliner Landgericht heute für ungiltig er­klärt worden.

Kleines Feuilleton.

Frankfurt, 15. April,

, n [Son de« Manttbeimer Festtage« j Mo« schreibt un? aus Mannheim v. 14 63 : Das groß: Chorkonzert. oelcheS zugleich de» großen Festsaal al» Konzertteal erproben »oll«e, b'lbete den Hanpiprogranimpunkt be» MufiksesteS. Sine t) ilbt Stunde vor Beamn de» Konterte» kostete es bereits d e a>ößte Mübe, überhaupt ta da» F-hau» zu «langen. Ein H er von Schutzleute« toat ans »boten worden, um den Wagen- Fußgängerverkehr zu regel«. Iw V flibÜt wurden die Garderoben ae' ürmt, warfen die neu eingestellten Garderobeframn Herren­hüte, Abendmäntel nnb Katoichen durcheinander, suchten bie Damen tn heller V r,w iflava einen Spiegel und wiesen die xaalbebienfieten im Schweiße ih>e» Angesichts all diese fragenden, irrenden und drängeudeu Menschen zurecht. ES schien ein Ding der Unmöglich! it zu sein, in diese» Chao» überhaupt Ordnung zu bringen, und dennoch saß in verhättnirmätzig kurzer Zett jeder da, wo er situgehörte, hatten etwa tausend Gänger und -Sugerinueu nebst ben vereinigten Karlsruher unb Mannheimer rheaterorchestern aus dem mächtig ansteigenden Podium Auf- stki una genommen und Alle» sckaute erwartungsvoll auf S"I'$ Mottl, bet seinerseits wieder erwartungsvoll in die Hofloae blickte. Die aroßh rzogliche ffamilieer'chi-n denn auch bald und hi It, lebhaft empfangen, über die weitläufige Empore zwilchen all den otelen M'U'chen hindurch einen mehr gemütlichen als be­quemen Einzug. Da» f .ft zu reichhaltige Konzertvrogramm legte sich zusammen an» bet Cantate ,6 teste iffura ist un'er Sott* von Aach. »Fünf G-d'chte^ vonNtchard SB tonet. XIII D'olm von Liszt, ?zene au» ,®nnlBo* vonPete, Cor eliu» undTeDetun* von Bruckner. Werke, die an Chor, Orchester uno Solisten bie höchsten Anfordeinngen stellten nab die in Anbetracht derBer. hältniffe trefflich zu Gehör kamen. In die Solopartien teilten fick mtt bestem Erfota dte Damm Moren« rnd Froitzheim»Metzger,

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