VottNLVStÄg, 1. (Dctoll Ct 1903

AchtmdnkWßtt Mr-srz.

Ar. 373 Erstes Morgenl'lrrU

frankfurter Handelszeitung.)

Deutsches Reich.

davonkam.

Vermischtes

Femlletom

I.

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tung, für seine Schwiegermutter zu sorgen, für den Ehemann nicht vorlag, muhte dieser srcigesprochen werden, während die Ange­klagte Förtsch mit der geringen Strafe von 14 Tagen Hast

Briefe entstammen, nur i spondcnz aufnahm, spricht dafür iS^nmm'hmrien he§ Goethe-Arckli

sich zugleich als Partei des Friedens preist, ist nicht mehr erstaunlich. DieGerechtigkeit für alle" erkennt es bekannt­lich nur mit sehr starken Einschränkungen an.

förmlich verfaulte. Vor der Strafkammer, von der sich die Eheleute wegen fahrlässiger Tötung zu verantworten hatten, beantragte der Staatsanwalt für jeden der beiden

Neue Goethebinefc

Von Dr. Karl Schüddckopf (Weimar).

Amerika.

Die chemische» üittersuchunger» im Ackerbau- Departement.

R New Bark, 22. Sept. Das Bureau für chemische Untersuchungen im Ackerbau - Departement kann kaum mehr feine Post bewältigen. Dieselbe ist in letzter Zeit zu gewaltigen Dimensionen angeschwollen infolge einiger Zeit­ungsmeldungen, nach welchen die Regierung nunmehr daran gehen wolle, die Wirkung alkoholhaltiger Flüssig­keit e n auf den menschlichen Körper zu erproben. Dr. W il ey, der Chef des Bureaus, hat tatsächlich ein Programm für Ver­suche mit geistigen Getränken entworfen, indessen hat er weiter keine Absicht als über den Einfluß von S a l i c y l s ä u r e auf den Körper Ermittelungen anzustcllen. Er glaubt nämlich, dieses Präservativmitlel bilde einen Bestandteil aller Getränke, ivclche vom Auslande hier eingcführt werden, und daher wird die Weinkarte der zwölf menschlichenVersuchskaninchen", die aus der Schaar der Bewerber ausgewählt werden, keine ameri­kanischen Getränke ausweifen. Die Versuche beginnen am 1. Oktober und sollen mehrere Monate fortgesetzt werden.

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Komßurg v. d. K. 30. Sept. Die Königin Margherita von Italien traf heute Mittag mit 2 Wagen in Homburg ein und nahm mit dem Gefolge im Viktoria - Hotel das Früh­stück ein.

R Konstanz, 28. Sept. Die Unterhandlungen zwischen den Altkatholiken und den Nömischkatholischen wegen Rückgabe der Au g u st in er kirch e an die letzteren dürsten ihrem Abschluß nahe sein. In der Hauptsache liegt folgende'Ver­einbarung zur beiderseitigen Genehmigung vor: Die Altkatholiken erhalten für ihren Gottesdienst die Ghmnasiumskirche, behalten daS alte Pfarrhaus und einen Teil der Pfründe der Augustiner- pfarrei (Spitalpfarrei-Stiftungen). Die Römischkatholischen über­nehmen die Augustinerkirche ohne Prozession und ohne feierliche Neueinweihung.

X 28. Sept. Die Königin von Rumänien reist am 30. d. M. nach sechswöchigem Aufenthalte über Paflau, Wien nach Bukarest zurück.

r Karlsruhe, 27. Sept. Auf eine eigentümliche und' jedenfalls ganz bequeme Art möchte dieK u n st - A n -, stalt Germania" in Kaiserslautern Wohl-s Tätigkeit üben. Sie versendet nämlich einen Prospekt mit; der schätzenswerten Mitteilung, daß sie jährlich über 120Q, Mark zur Unter st ützung verkrüppelter K in*! der und Idioten verlvcndet.Jedoch", heißt es in dem Schriftstück,kann die Anstalt diese Hilfe zur Linderung, des erschütternden Jammers der bedauernswerten Krüppel! nur bringen, wenn die von derselben verbreiteten, Handarbei ten recht viele freundliche Abnehmer fin« den." Das Geschäft kündigt demgemäß das Erscheinen fetneä, Reisenden an und schließt mit einem warmen poetischenAppell an das christliche Herz.-Die Verquickung von Geschäftsgeist und Nächstenliebe ist zum mindesten bemerkenswert. Wer, Idioten unterstützen will, braucht dieKunstanstalt ®er* mania" in Kaiserslautern nicht dazu, denn es ist wohl cm-! zunehmen, daß diese ihre Vermittlertätigkeit nicht ganz u m s o n st versehen will.

= Ansbach, 30. Sept. Der Milchhändler Michael B o f ch e r verletzte gestern Nachmittag in einem Anfall von Geistes» gestörtheit seine Ehefrau durch Beilh iebc undMesser* stiche so schwer, daß sic noch in der darauf folgenden Nacht starb. Der Täter wurde in das Irrenhaus eingeliefert.

W Tandau (Pfalz), 29. Sept. Die Stadtverwaltung kann bei weitem durch ihre Regieschlachtung den Bedarf an Fleisch nicht liefern. Heute erst konnte Rind- und Ochsenfleisch geliefert werden. Würden erst noch die vier hiesigen Regimenter seitens der Stadt­verwaltung mit Fleisch zu versorgen fein, dürfte das Publikum, wohl leer auSgegangen sein. DaS Militär wird nicht von! Germersheim, sondern von hier aus mit Fleisch versorgt, da die> Metzger, die Militärlieferungen übernommen haben, laut Jnnungs- beschluß schlachten, das Fleisch aber nur an daS Militär abgeben, dürfen. Der Metzgerstreik übte auch seinen Einfluß auf den Heu-- tigen Viehmarkt auS. Nahezu 300 Stück waren weniger ange- trieben. Die Viehhändler haben in einer heute Vormittag afca,e« haliencn Versammlung beschlossen, den hiesigen Diehmarkt nicht mehr zu besuchen. Tie Versammlung soll einen sehr stürmischen Verlauf genommen haben.

u Stratzöurg,26.Sept. Am Donnerstag den 1. Oktober findet in den Morgenstunden eine internationale wissen» fchaftlicheBallonfahrt statt. ES steigen bemannte uttb unbemannte BallonS, sowie Drachen auf in Trappes, Paris, Straßburg i. E Friedrichshafen, Barmen, Hamburg, Zurich, Wien, Bath, Berlin, Petersburg, Rom, Madrid und Blue Hill U. S. A. Der Finder eines jeden unbemannten BallonS erhält eine Belohnung, wenn er der jedem Ballon beigegebencn Instruk­tion gemäß den Ballon und die Instrumente sorgfältig birgt und an die angegebene Adrcsie sofort telegraphisch Nachricht sendet. Auf eine vorsichtige Behandlung der Ballons und Instrumente wird besonders aufmerksam gemacht. Um Irrtümer zu vermeiden, wird darauf aufmerksam gemacht, daß für Hilfeleistungen beim Landen eines bemannten Ballons besondere Vergütungen bezahlt werden, deren Höhe jedesmal von dem Ballonführer festgestellt wird.

2s. Mülhausen, 27. Sept. Das Syndikat der Hausbesitzer der Stadt Mülhausen hielt am Donners­tag eine gut besuchte Generalversammlung ab, in der Pro­test erhoben wurde gegen das diktatorische Verhalten der Stadtverwaltung gegen die Bürger in Bezug auf die Ein­führung der Schwemmkanalisation. Die Haus­besitzer wünschen nämlich, daß, wie in Straßburg, Paris und! anderen Städten, der Anschluß ein fakultativer sei; nament­lich protestieren sie aber dagegen, daß die Stadt die Ge­bühren für nicht angeschlossene Grundstücke fordert und Be­zahlung für die äußere Anschlußleitung. Der Beschluß, diese Gebühren zu verweigern und es aus einen Prozetz mit der Stadt ankommen zu lassen, war ein nahezu ein­stimmiger. ________

vom Himmel, mehrere Personen stiegen dagegen in die Lüfte, und der tierische Magnetismus betätigte sich durch unzählige Phänomene. Nichts von allem diesem beunruhigt mich, sie stehen in dem Kreise der Erfahrung, und ob ich gleich bey keinem Falle persönlich zugegen war, so freue ich mich doch, daß solche Kräfte entdeckt, und benutzt werden.

Run bin ich bey der Anwendung dieser, dem Menschen inwohnenden, aus den Menschen wirkenden, in ihm zu er­regenden Kraft, gleichfalls der Meinung, daß federn Indivi­duum welches sich damit hervortun will gesetzliche Einwillig­ung erteilt werden müsste. Soll Magnetismus als Heilmittel gelten, so habe bloß der geprüfte, angestellte Arzt das Recht hiezu. ,, . .

Was jedoch die Aufsicht darüber betrifft so scheint nur, daß cs nicht wohlgcthan sei einer Ober-Mcdizinalbehörde die einzelnen Euren zur Beurteilung zu unterwerfen. Ist eine solche Behörde der Sache ungünstig, so kann sie hin­dern, ist sie ihr günstig, mehr als billig fördern. Meo voto würde der Privileg! rte Arzt sich zu melden haben, daß er den Magnetismus als Heilmittel anzuwenden beabsichtige. Hier­auf erhielte derselbige Erlaubniß mit der Auslage: die ge­nausten Tagebücher zu führen, die er jedoch nicht eher vorzu- legen brauche als in dem Fall einer gegen ihn angebrachten Beschwerde; er würde sich alsdann in dem Fall eines Han­delsmanns befinden, von dessen Büchern niemand, als im streitigen Falle Kenntniß erlangt. Was mich zu diesem Vorschläge besonders bestimmt, ist die Ueberzeugung daß jebe magnetische Cur für den Practicirenden selbst etwas Ge- heimmßvoües behalten wird, so daß er weder sich noch andern schrittweise vollkommen Rechenschaft ablegen sann. Sollte er dieß gegen Vorgesetzte zu leisten verpflichtet seyn, so würde er Gefahr laufen an der Wahrheit,zu rücken und zu beugen. Wie ich denn überhaupt nicht billigen kann, daß die Sache aus dem heilsamen Esoterischen in das allzubreite Exotensche geführt worden, woran jedoch alle Wissenschaften tn unserm communieativen Jahrundert zu leiden haben. Ich erbitte diesen Aeußerungen Nachsicht und Prüfung, so wie bet Bey­lage geneigte Aufnahme.

Weimar, den 5. Septbr. 1817."

Wie Goethe hier einem anerkannten Meister der Wissen­schaft gegenüber es mißbilligt, daß eine Frage der Forschung aus dem heilsamen Esoterischen in das allzuoreite Exotensche geführt worden", so rät er auch einem Anfänger, seine revo- lutionistischen Ansichten ruhig darzustellen. als wenn sie tn-

Gerichtszettmg.

Die Laurahütter Rädelsführer vor de» Geschworener».

I.

nj Beuchen, O.-S., 28. Sept. Um neun Uhr werden (tote schon kurz berichtet) von Landgerichtsbirektor Pil­ling die Verhandlungen gegen die acht, als Rädels­führer angeklagten Laurahütter Arbeiter eröffnet Die Staatsanwaltschaft vertritt St.-A. F i p p e r. Sieben Verteidiger iverden den Angeklagten zur Verfügung gestellt: Justizrat Neukirchner, Dr. Schmit, Dr. Freund, Jmmcrwahr, Dr. Leyda, Dr. Wreper, Reinhold.

Sämtliche acht Angeklagte sind wiederholt teilweise sehr erheblich bestraft. Nachdem der Vorsitzende die bekannten Vorgänge am 21. Juni in Laurahütte erzählt, bittet er in einer kurzen Ansprache die Geschworenen, jedes politische Moment außer Acht zu lassen. Dann geht er zu den einzelnen Angeklagten über, unter denen Goiny und Graiczarek am schwersten verdächtigt sind. Der Hauptangeklagte, der verheiratete Schlepper Goiny erklärt, er sei nicht in dem Saal gewesen, als die Versammlung war, wohl aber habe er sich in einem Nebenzimmer be­funden. Durch das Toben im Saal angelockt, sei er in den Hof gegangen und habe zu einem Fenster hinein in den Saal geschaut. Bors.: Haben Sie sich an den Hochrufen beteiligt? Angekl.:' Ja, ich glaubte jedoch, man würde den Pfarrer Schmieder hochleben lasten. Ich bin fremd in Laurähütte und habe nie etwas von Korfanty gehört. Erst der Richter im Gefängnis machte mich mit ihm bekannt. Bors.: Als die Leute den Saal verließen, was machten Sie bann? Sie halfen dann wohl den unbekannten Verhafte­ten befreien? Singest: Nein. Ich stand nur unter der Menge, da rief ein Gendarm mich an: Geh weg da, du Lausigel. Ich sagte ihm: Verfluchter Krüppel! Das ist alles. Das weitere Verhör bringt die Feuerwehr- spritzcngefchichte aufs Tapet. Goiny hat bekannt­lich auf dem Bock gesessen, als die Spritze zum Teich geführt wurde und soll die Richtung stets angegeben haben. Der Angeklagte gesteht daß er auf dem Bock gesessen, als bte Spritze zum Teich geführt wurde. (Er wurde von bieten Zeugen an einer I n fanteriemütze ersannt, die er an dem Tage trug. Er hat die Mütze aurf; mit zu den heutigen Verhandlungen gebracht.) Bors.: Weshalb setzten Sie sich denn auf die Spritze? Augekl.: Ich fürchtete, sie würde demoliert, und wenn dann Feuer in meinem Haus entstünde, dann wäre nichts zum Loschen da. (Lachen.) Bors.: Ach so! . . . Sie haben auch die Richtung zum Teiche angegeben. Angell.: Nein, das gebe ich nicht zu, und wenn ich meinen Schädel verlieren würde. Das flanke Verhör Goinys macht einen komischen Eindruck, eme Reche schleckt ausgedachter Lügen. . .

Nicht weniger schuldlos fühlt sich der Angell. Grate z a- re k. Als die Leute einen Beamten angriffen, hat er sich sogar dazwischen geworfen und ihnen gesagt:Laßt den Mann doch; der muß doch auch sein Leben verdienen. Ihr wollt Euch nur ms Zuchthaus bringen!" Dann erzählt er von den Spritzen. Bors.: Haben Sie den Goiny auf der Spritze gesehen? Goiny setzen Sie die Uniformmühe auf (Goiny tut es). Augekl.: Ja, das war wohl der. Bors.: Haben Sie gehört, daß er kommandierte? Augekl.: Ja, er kommandierte wiederholt: gradays I gradaus! Der Augekl. erzählt weiter, man sei mit der Svritze in eine Telephonstgnge hineingefahren, habe bann vergebens versucht sie einen Abhang hinunterzustoßen, bevor man zum Teich gefahren. Nm Teiche rief man: Vorwärts! bie Spritze tn den Teich. V ors.: Wer ries bas? A n g e k l.: Eine Menge Leute. Goiny sagte, als die Spritze auf den Teich zufuhr, immer schneller, immer schneller! Vors.: Sind Sie nicht derjenige, der gerufen hat: Vorwärts jetzt, zur Poltzet? Augekl.: Nein. __

dürftigen Ersatz, und nach emern Winter voller Gebrechen und Leiden brachte ihm die zu Anfang des Jahres 1817 übernommene Theaterreform die größten Unannehmlichkeiten, die am Tage nach der Aufführung vomHund des Andri" seine Entlassung als Intendant herbeiführten.

Erst ein mehr als viermonatlicher Aufenthalt in Jena und die Hochzeit seines Sohnes eröffneten ihm neue erfreu­liche Aussichten und anregende Verbindungen. Baid steht er sich unter dem jenaischen Himmel von einsiedlerischen Grillen geheilt, ein liebenswürdiger Briefwechsel entspinnt sich mit her Schwiegertochter Ottilie bald nach ihrer Verlob­ung am Sylvesterabend 1816. und mit der Erbgroßherzogin Maria Paulowna wird eifrig über, die Erziehung ihrer beiden Töchter, der Prinzessinnen Marie und Augusta der spä­teren deutschen Kaiserin korrespondiert. Vor allem ^aber verfehlten die vielseitigen Anregungen der Universität Jena auch diesmal ihre alte, oft erprobte Wirkung nicht; hier sei daher zunächst eine kleine Anzahl wissenschaftlicher Bnese hervorgehoben.

Die in den letzten Jahren erschienenen B r r e f b a nie der weimarischen Goethe-Ausgabe haben eine ungeahnte Fülle bisher unbekannter Schätze zutage gefördert ; allein aus dem Zeitraum von 1810 bis 1817 sind mehr als 1000 unqedruckte Briefe hier zum erstenmal veröffentlicht. L» stellt sich nunmehr heraus, daß der ursprünglich angenommene und vielfach angezweifelte Bestand von insgesamt 10,000 Goethischcn Briefen noch weit überschritten werden wird, denn schon das Jahr 1817 führt nahe an 8000 Nummern heran, und man wird, da die späteren Jahrgänge stetig an Umfang wachsen, wohl auf 13,000 Briefe in etwa 4 8 Bänden rechnen dürfem

Welch eine imponierende Maste noch zu verarbeitenden Materials für Goethes Leben und Dichten, welche erfreuliche Menge neuer Beziehungen, welcher Schatz endlich won kost- sichen Sentenzen in diesen Parieren ans Licht gebracht ist, bedarf kaum näherer Ausführung. Schon der Umstand, daß Goethe in seine Konzepthefte, denen bte meisten neuen die wichtigeren Stücke seiner Korre­spondenz aufnahm, spricht dafür; daneben geben die übrigen Sammlungen des Goethe-Archivs reiche Ausbeute, so be- sonders die «Briefe an seinen Sohn August und feine Schwiegertochter Ottilie. Die letzteren sieten zuerst tn dem soeben erschienenen, von mir herausgegebenen 28. Bande auf, der die Monate März bis Dezember 1817 umfaßt und unter 284 Nummern mehr als die Hälfte, nämlich 149 bis­her ungedruckte Briefe enthält, von 'denen einige der bedeutendsten hier als Probe bargeboten werben.

Das Jahr 1816 und der darauf folgende Winter war für Goethe in mancher Hinsichtunerfreulich, hindernd und störend" gewesen. Der Tod von Christiane hatte das Haus am Frauenplan vereinsamt und den Zurückgebliebnen weit tiefer erschüttert, als seine Briefe und Tagebücher ver­raten. Schweigend, wie bei allen Katastrophen fernes ~ebcn§,

trug er den Verlust und versuchteseine Existenz aus ethischem Schutt und Trümmern wiederherzustellen". Aber die lang­ersehnte Reise an den Rhein und Main wurde durch einen Reise-Unfall vereitelt, das stille Bad Tennstedt bot nur einen :satz, und nach einem Winter voller Gebrechen brachte ihm die zu Anfang des Jahres 1817

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So zeigt uns ein wichtiger Brief an den Berliner Staats­rat H u f e l a n d, den Verfasser derMakrobiotik ober, ber Kunst, bas menschliche Leben zu verlängern", Goethes Stell­ung zum Magnetismus unb seiner Verwendung als Heil­mittel. Aus bte Sendung des großen Arztes,Erläuterungen seiner Zusätze zu Stieglitz' Schrift übet ben animalischen Magnetismus", bie 1817 in Berlin erschien, antwortet Goethe laut Tagebuch am 5. September, nachbem er bereits im Juli ben Brief korrigiert hatte, folgenbermaßen:

Ew. Hochwohlgeboren gewogene Sendung findet mich eben in dem Augenblick, da ich durch manche Zufälligkeiten über bie wichtige Matene bie Sie behandeln nachzudenken veranlaßt bin. Ich habe Ihnen daher vielen Dank zu sagen für die kurzgefaßte Dar- fteüung dessen, was man als frühere und spätere Erfahrung anerkennen und als Faktum zugestehen kann und muß.

Sobald etwas in den Komplex her Wirklichkeit htnem- tritt, in welchem mit leben und wirken, ohne alles genau zu sinnen, wo mir gar manches, auf Treu und Glauben gelten lassen, so hörtfür mich das Wunderbare sogleich auf. Während dem Lause unseres Lebens fielen Sterne häufig

* Frankfurt, 30. September.

Der Zentrums-Wahlaufruf.

Nunmehr hat auch die Zentrumspartei ihtcn Wahlaufruf für die preußischen Landtags- wählen erscheinen lassen. Die Fraktion rühmt darin ihre eigene Tätigkeit. Die Warenhaussteuer wird alserster Versuch" bezeichnet, dem noch weitere folgen sollen. Auch bie Beamtenfürsorge wird gelobt, obgleich darin zweifellos hätte mehr geschehen können. Ueber die Polenpolitik sagt der Aufruf:

Unsere Mitbürger polnischer Zunge halten wir selbst- 'verstästdlich für verpflichtet, sich ihrer Angehörigkeit zum Preußischen Staate bewußt zu bleiben und allen sogenannten Kroßpolnischen Bestrebungen, welche auf Loslösung preußischer Landesteile aus dem Staatsverband gerichtet sind, als landesverräterisch zurückzuweifen. Hin­gegen stellen wir auch an die Staatsregierung die Forder­ung, bte Religion, die Muttersprache, die volkstümlichen Sitten und Gebräuche ihrer polnischen Untertanen nicht an- zutzasten und namentlich auch ihnen gegenüber nach jeder Stidjtung hin Gerechtigkeit walten zu lassen. Wir sind be­reit, den sogen. Oftmarken das Deutschtum, wo und insowett «s gefährdet ist. ohne Verletzung jener Grundsätze zu er­halten und zu stützen; gleicherweise sind wir aber auch ver­pflichtet, alle mit diesen Grundsätzen, insbesondere mit dem Prinzip der Gerechtigkeit und der Gleichheit aller Preußen vor dem Gesetz in Widerspruch stehenden Maßnahmen zu bekämpfen, zumal da wir überzeugt sind und die Erfahrung es gezeigt hat, solche Maßnahmen, ohne ihren Zweck zu er­reichen, nur eine weitere Berschärfungder Gegen­sätze zum Nachteil des Staates herbeiführen.

Diese Stellungnahme ist selbstverständlich eine scharfe Verurteilung ber offiziellen Polenpolitik. Sehr ausführlich verbreitet sich bet Aufruf über die SchuIfrage. Er be­dauert, baß ein allgemeines Volksschulgesetz nach Zcdlitz- schem Muster nicht möglich fei.

Wir haben uns deshalb bereit erklärt und erklären uns bereit, diese Frage im Rahmen der Einzelgesetz­geb u n g ohne jeden uns fälschlich untergelegten Hinter­gedanken zu lösen, wie wir in der vorigen Legislaturperiode freudig mitgeholfen haben, in einem besonderen Gesetze die Besoldung der Volksschullehrer zu regeln, in Anbetracht dieses für das gesamte Staatswohl so bedeutsamen Standes und seiner dringenden Bedürfnisse.

Mit der Frage der Schulunterhaltungspflicht steht in Untrennbarem Zusammenhang die Frage, inwieweit die Träger der Last, die Gemeinden und die Hausväter an ihrer Schule berechtigt, und insbesondere, wer befugt fein soll, über den konfessionellen Charakter de.r Schule zu wachen oder zu bestimmen. Es steht damit in untrennbarem Zusammenhang die Beschulung der kon­fessionellen Minoritäten, hinsichtlich deren wir in Ermangel­ung gesetzlicher Bestimmungen so oft und so schwer zu klagen hatten.

Wenn wir daher bereit sind, die Schulunterhaltungs­pflicht im Rahmen eines Einzelgesetzes zu regeln, so müssen wir doch erwarten, daß die anderen mit dieser Frage in untrennbarem Zusammenhang stehenden Fragen gleichzeitig geregelt werden, daß insbesondere der konfessionelle Charakter unserer christlichen Volksschule in Preußen gesetzlich feftgelegt wird.

In diesen Ausführungen haben wir bie Grundlage für bas konservativ-klerikale Zusammengehen; bie Regelung ber Schulunterhaltungspflicht soll benützt werben, um ben kon­fessionellen Charafter ber Schule ein- für allemal 'festzulegen. Zum Schluß erörtert der Aufruf bie Kulturkampfgesetzgebung. Manches sei erreicht, aber noch nicht alles. Die Evangeli- schm sollten wegen ber ulsiamontanen Erfolge nicht eifer- süchtig werben:

Wir müssen das mit aller Entschiedenheit betonen gegen­über den geflissentlichen Versuchen, in dem andersgläubigen Volksteil die vollständig unbegründete Meinung zu erwecken, als seien die Katholiken neuerdings in besonderem Maße begünstigt, um dadurch den andersgläubigen Volksteil gegen uns zu stimmen. Wenn man dem katholi­schen Teil Rechte wiedergibt, die dieser früher besaß, so kann darin eine unerträgliche Bevorzugung unmöglich gefunden werden. Wir müssen deshalb entschieden Einspruch erheben gegen die beklagenswerten Versuche, durch solche und andere Ausssieuungen den so notivendigen Frieden unter den christ­lichen Konfessionen zu stören. Seiner für das Gedeihen unseres Vaterlandes so notwendigen Erhaltung wenden wir unsere besondere Sorge zu. Er kann nur gewahrt werden, wenn nach allen Richtungen hin die gleiche Gerechtigkeit für alle zur Anerkennung gelangt. Darum wird er durch Verwirklichung unserer Forderungen nicht gefährdet, sondern nur gesichert.

Es ist auch ein Zeichen ber Zeit unb gewiß kein un­interessantes, baß bas Zentrum sich gegen bie Annahme verteidigen zu müssen glaubt, als habe es bereits zu viele konfessionell-katholische Vorteile errungen. Das bas Zentrum

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Frankfurter Zeitung

und Handelsblatt.»

Der Angekl. Mrosek erklärt sich vollständig un­schuldig. Angelk. W e i tz will, wie Goiny, nicht gewußt S'le3etmTa6merr. ton/ £S* Zei^nve^/ftstgestellt Angeklagien 3 Monate Gefängnis. " eine worden ist an der Befreiung des unbekannten Verhafteten * ... t» «>'-

mitgewirkt habe. Er sah auch den Mann auf der Spritze.

Er kannte ihn jedoch nicht. Der Angeklagte leugnet alles, will im Gegenteil die Leute zur Ruhe aufgefordert haben.

Burnyk will selbst ein Opfer seiner Zentrumsuber- zeugung geworden fein. Im weiteren Verhör widerspricht sich der Angeklagte in manchen Punkten.

Angekl. Kott leugnet, daß er den Gendarmen Becker mit einem Stein geworfen. Man schreitet dann zum Ver­hör des Angekl. Kanns, der u. a. den Feuerwehrmann Haide mit einer Pechfackel geschlagen haben soll. Der Angekl. Fabian gesteht, am Hüttengasthaus mit fünf Steinen zehn Fenster eingeworfen zu haben, ebenfalls hat er am Hüttenamt cm Fenster zerstört. An ben Zerstörungen am Pfarrhaus hat er sich nicht beteiligt, trotz gegenteiliger Zeugenaussagen. Fabian bekundet, Goiny habe die Menge aufgeforbert zum Hüttengasthaus, zum Pfarrhaus unb zum

bivibuell wären, unb Beistimmung von Geistesverwandten zu erwarten. Es war bies ein Privatgelehrter, Dr. August Michael Tauscher, ber 1771 zu Saybe im sächsischen Erzgebirge geboren war unb 1841 in Dresden starb j er übersandte einen verloren gegangenen Prospekt zu einer Schrift, die unter dem TitelVersuch, die Idee einer fort­gesetzten Schöpfung ober einer fortwährenden Entstehung neuer Organismen aus regelmäßig wirkenben Naturkräften barzustellen" 1818 in Chemnitz erschien unb für Goethe man­ches Annehmbare enthalten haben muß, benn er antwortet:

Wenn Jemanb zu unserer Zeit feine Ueberzeugung aus­spricht : baß noch jetzt eine Entstehung neuer Organismen stattfinde und fortwähre, so werden ihm gewiß viele bcystimmen; denn durch die Vor­stellung einer successiven Schöpfung, welche jetzt ihre Bekenner hat, wirb eine immer fortbauernbe schon eingeleitet. Auch sollte, ba man neue entstehenbe Wel­ten in ben unenblichen Räumen annimmt, bie Entstehung neuer Thiere unb Pflanzen auf unserm beschränkten Erd- körper nicht allzu paradox erscheinen.

Jebe Idee hat das Recht sich an der Erfahrung zu prü­fen, aber es ist zu wünschen, baß solches nicht streng bog^ matisch unb in Form scharfen Beweises geschehe. Stelle bei Naturfreunb seine Ansichten ruhig bar als wenn sie individuell wären, unb erwarte bie Beystimmung von Geistesverwand­ten. Nöthigen läßt sich doch niemand zum Beyfall, und jede Ueberzeugung ist nach Beweisen auf Beweise doch zuletzt ei«; Act des Willens. .

Ich würde daher zu einer Ankündigung wie die mitge­theilte nicht rathen : das Publikum nimmt von unsern Vor­sätzen und Kümmernissen wenig Notiz, achtet es doch öfter» nicht einmal auf das was gethan ist. *

An Ihrer Stelle würde ich mein Werk möglichst aus­arbeiten? meine Ueberzeugungen so objectiv wie möglich! machen, und alsdann durch eine kurze Anzeige das fertige zu empfehlen suchen. . .

Da diese Ihre Vorstellungsart der meinigen nicht rotber-j strebt, so bin ich nicht abgeneigt, einem Entwurf über .einem: Theil Ihrer Ausarbeitung eine theilnehrnenbe Aufmerksam- leit zu roibmen.

Weimar, d. 30. September 1817."

Auch Goethes Verhältnis zur Pädagogik tritt in; neue Beleuchtung durch zwei Briefe an den Schweizer Phi-§ lipp Emanuel v. Fellenberg, der tn Hofwgl bte. be-

Hüttenamt. ... ,

Damit schließt das Verhör her Angeklagten. Die Nach­mittagssitzung beginnt mit der V e r n e h m u n g des ersten Zeugen. Es ist der Gendarm Becker. Er sah den Burczyk unter denen, die den unbekannten Verhafteten befreiten. Der Zeuge erzählt, daß er in einem Augenblick von den Kollegen getrennt, von der Menge umringt und derart mit Steinen bombardiert worden, daß er sich flüchten mußte. Bei der Erwähnung des erschosienen Trafalcyk fragt der Vor s., wieviel Schüsse gefallen seien. Zeuge: Sieben; ich habe einmal geschossen. Bors.: Wen haben Sie gesehen? Zeuge: Ich habe bloß den Burczyk erkannt, der am Krawall teilnahm. Ich habe ihm sogar mit der Waffe einen Schlag über den Arm versetzt, als er den Unbekannten be­freien .wollte. Burczyk muß den Arm zeigen, man sieht, keine Wunde. Goiny muß seine Uniformmütze wieder auftetzen. Auch ihn hat der Zeuge gesehen. Einige Angeklagte wenden sich gegen den Zeugen. . .

Der nächste Zeuge ist Amtssergeant Krieger. Gorny fetzt die Uniformmütze wieder auf. Krieger erkennt in ihm einen der Teilnehmer. Die Angeklagten widersprechen dem Zeugen, der einige von ihnen belastet. Der Gendarm K y n a st erkennt Goiny. Kynast erhielt, als er der Menge auseinanderzugehen befahl, einen heftigen Steinwurf von der Seite an den Backenknochen ; als er sich umdrehte, schlug ein anderer trtein ihn in den Hirtterkopf, während ein wuch­tiger Hieb ihm den Helm zerschlug. Er war betäubt. Die Wunden, die er davon trug, waren erst nach zwei Wochen ge­heilt. Amtssergeant Richter hat Goiny, Weitz undBurczhk gesehen, wie sie den Unbekannten aus ben Händen der Be­amten zu befreien versuchten, wobei sie riefen: Den lassen wir nicht einsperren! Krieger verlor in der Menge seinen Säbel, muhte dann unter einem Wagen hindurch über den Eisenbahndamm flüchten. Bors.: Erkennen Sie Gomy genau? Zeuge: Gewiß. Nachher trat er mir entgegen, als ich mit dem Revolver in der Hand in die Menge trat. Da rief er mir zu:Du bummer Junge, was willst Du denn mit Deinem Revolver hier? Ich war Unteroffizier und Du bist ein fortgeiagter Krüppel."

In dieser Weise setzt sich das Verhör fort. 11. a. werden Weiß und Goiny und Burczyk wiederholt der Teilnahme an der Befreiung des Unbekannten überführt. Amtsvorsteher Schroter wiederholt seine tor der Strafkammer gemachten Aussagen. Brandmeister Drotig belastet Goiny, den er an feiner Soldatenmütze ersannt hat. Die Vernehmung des Zeugen Pfarrer Schwieder macht für heute den SchlÜtz. Bors.: Man hat in Ihrem Hause 36 Fenster.eingefchlagen. p, ciig e: Jawohl, außerdem ist noch ein Teil der Jalou­sien zerstört worden, belanntertoeife auch das Hoftvr. Vors.: Haben Sie jemanden erkannt? Zeuge: Nein, ich habe nicht hinausgesckaut.

Schluß Vi7 Uhr. Morgen Fortsetzung.

m Frankfurt, 29. Seht. Schoffengeri ch t. Im August brachte dieV olksstimme" einen Artikel, der sich gegen die Veröffentlichung der sogenannten Protest- listen in Gerichtszeitungen wandte. Dabei war die Rede davon, daß die moralische Qualität der Unternehmer dieser Zeitungen nicht immer einwandfrei fei unb daß es in Frankfurt öfter vorkomme, daß für Geld und gute Worte an die Verleger die Namen mancher Schuldner nicht ver­öffentlicht würden. Im übrigen unterstütze eine solche Presse die niedrigen Triebe einer frivolen Skandalsucht. Durch diese Ausführungen fühlte sich der Herausgeber der Frank­furterHandels- unb Gerichtszeitung", Mar­tin Sebingnrb, bcleibigt unb stellte Strafantrag gegen den verantwortlichen Redakteur derVolksstimme" W. Zander. Dieser wurde heute zu dreihundert Mark Geld­strafe verurteilt.

in Bamberg, 28. Septbr. Als vor kurzem die 73jährige A u s z ü g l c r i n Marg. Fleischmann, die bei ihrer Tochter, ber Nachtwächtersehefrau Förtsch gewohnt hatte, starb, stellte es sich heraus, daß die Leiche in geradezu schauder­hafter Weile mit Unrat und Ungeziefer bedeckt war. Die Recherchen ergaben, baß die Eheleute Förtsch eS in der Pflege ihrer Mutter am allernottoenbigsten fehlen ließen, iodaß diese alte Frau nach den Wahrnehmungen des Gerichtsarztes bet lebendige m Leibe

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