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Krlkes Akorgtzukkatt der AranKfurter Wertung

Frettag, 12. Wprtt1912

die Bayerische Reichspartei gegründet worden. Herr Tafel scheint zu hoffen, baß das, was in Bayern im Wege einer unbedeutenden Absplitterung sich vollzogen hat, im Reiche in größerem Umfange sich vollziehen werde. .

Postscheck.

Im Reichspostgebiet ist die Zahl der Kontoin­haber im Postscheckverkehr bis Ende März 1912 auf 65 741 gestiegen (Zugang im Monat Mörz allein 1075). Auf diesen Postscheckkonten wurden im März 1136 Millionen Mark Gutschriften und 1148 Millionen Mark Lastschriften gebucht. Das Gesamtguthaben der Kontoinhaber betrug im März durchschnittlich 128 Millionen Mark. Im Verkehr der Reichspofischeckämter mit den Postsparkassen in Wien und Budapest, der luremburgischen, der belgischen Postverwaltung und den schweizerischen Postscheckbureaus wurden fast 7 Millio­nen Mark umgesetzt und zwar auf 2430 Uebertragungen m der Richtung nach und auf 11 560 Uebertragungen in der Rich- tung aus dem Auslande.

Die Fortschrittliche Volkspartei hatte im Reichstag u. a. beantragt, das Fleischbeschaugesetz zu ändern, um die Ein­fuhr von Lebern und Zungen, auf die die heimische Wursterei angewiesen ist, wieder zu ermöglichen. Gegen diesen Antrag hatte eigentümlicher Weise die Zeitung des Fleischer- verbandes ein« Einwendung gebracht. Taffe gen wendet uch nun der Obermeister Paul Schlick in Halle a. S. m einer Zu­schrift an dieDeutsche Fleischer-Ztg.", in der er ausführt:

Eine übergroße Anzahl Fleischermeister der Provinz Sachsen, Thüringen usw., welche im Herbst und Wrnler ge­nötigt sind, zur Herstellung ihrer Wurstwaren mehr oder weniger Lebern zu kaufen, sind ganz anderer Meinung und bedauern die durch das Lebereinfuhrverbot bedingten ab­normen hohen Leberpreife, welche jeden Nutzen am fertigen Produkt illusorisch machen, außerordentlich, und sind Herrn Leube für die tatkräftige Unterstützung des Antrags dankbar und wünschen der Resolution den besten Erfolg. Ist es denn nötig ober liegt es speziell im Interesse des deutschen Fleischer- gewerbeS, baß ein tierisches Organ künstlich durch gesetzliche Maßnahmen, trotzdem es nach dem Gutachten wiffenschaftlicher Autoritäten mit anhaftender Drüse untersuchungsfählg ist, so horrend verteuert wird, daß es zeitweise teuerer ist als da» icbiere magere Fleisch desselben Tieres im Detailverkauf, das gleiche Mißverhältnis im Preise zeigt sich auch bei Zungen, liegt dies im volkswirtschaftlichen Jntereffe? Diese Frage darf man wohl nicht erst stellen, ebensowenig die Frage, welchen ungeheuren Wert hat die Leber auf die Fett- verwertung gerade des Teiles der geschlachteten Schweine, welcher oft unter dem Produktionspreise abgegeben werden muß. Denn gerade die Lebern sind es, welche vielen Kollegen die Möglichkeit bieten, überschüssiges Fett in den Verkehr zu bringen.

Der Ersatz der Schweineleber durch Rindsleber liegt gewiß nicht im Interesse der Qualität der Wurstwaren. Schlick be­itont deshalb, daß die Durchführung der Resolution Fischbeck iben mittleren und kleinen Geschäften Mitteldeutschlandsganz i außerordentlich erwünscht wäre".

Berlin. Der Verband Deutscher Kleiehänd­ler, E. V., Sitz Berlin, bet sich die Aufgabe gesetzt hat, dem reellen Kleiehandel Schutz gegenüber Angriffen und Li- cherheit bei der Betätigung zu gewähren' und ihm den ge­bührenden Einfluß auf die Maßnahmen der Gesetzgebung und Verwaltung zu sichern, sprach sich einstimmig gegen ben Terminhandel für Kleie in Berlin aus; es liege weder ein allgemeines Interesse noch ein Bedürfnis des Kleiehandels vor, das haiidelsrechtliche Lieferungsgeschärt in Kleie an der Berliner Börse «inzuführen. Ferner wünscht er, daß Kleie, anstatt exklusive Sack, inklusive Sack gehandelt werde; zur weiteren Bearbeitung der Frage wurde eine Kommission ein­gesetzt, die mit Händlern und Müllern in Verbindung treten und mit diesen bindende Abmachungen über die Einführung de§ Handels einschließlich Sack treffen soll.

Limburg, 10. April. In der heutigen Hauptver- sammlung des Allgemeinen Lehr erVereins wurde zunächst ein Referat über die fruchtbringende Gestal­tung des heimatkundlichen Unterrichts erstattet. Da dieser nur dann erfolgreich werden kann, wenn eine ge­naue Kenntnis der Heimat vorhanden ist, hat der Allgemeine Lehrerberein ein Heimatbuch herausgegeben. Ein zweites Referat behandeltDie Arbeitsschule". Vorbedingung für den weiteren Ausbau des Arbeitsgedankens seien 6 eben- ienbe Verringerung der Klaffenziffer, Beschneidung und Um­gestaltung des Lehrplans und Wegfall der bureaukratischen Beaufsichtigung und Revision. Die nächste Jahresversamm­lung wird Ostern 1918 in Diez abgehalten.

= Aus der Pfalz. In der in Ludwigshafen erscheinen­den sozialdemokratischenPfälzischen P o st" (No. 81 vom 4. April) findet sich folgende Notiz:

Mußbach. Zur allgemeinen Beachtung? Den Parteige­nossen diene zur Nachricht, daß folgende Geschäftsleute die Pfälzische Post" nicht mehr abonnieren: (folgen die Namen). Die Parteigenoffen werden ersucht, in erster Linie die Ge­schäftsleute, die Leser derPfälzischen Post" sind, zu berück­sichtigen.

Früher wurden nur die Wirtschaften veröffentlicht, in welchen die sozialdemokratische Presse aufliegt oder nicht aufliegt und die Genossen ermahnt, die entsprechenden Konse- guenzen daraus zu ziehen. Jetzt ist man bereits dazu gelangt, die Bäcker und Metzger öffentlich zu nennen, welche auf die sozialdemokratische Zeitung nicht abonniert sind. Das ist wohl höhere Ethik, aber beileibe kein Terror l

Wetternachrichten.

Berlin, 11. April. Aus allen Teilen des Reiches werden schwere S ch ä d e n infolge des S ch n e e st u r m e S ge­meldet. Di« amtliche Meffung der Temperatur betrug in Ber­lin nachts 1% Uhr ein Grad Celsius unter Null. Auch in Oesterreich und Südrußland herrschen schwere Schneestürme.

B Elberfeld, 10. April. Ein jäher Wettersturz nach tagelangem Sturm und einem starken Gewitter mit Hagel­schlag am gestrigen Tage brachte gestern Abend einen bis heute

Mittag andauernden, zeitweise unterbrochenen Schneefall, der das ganze BergischeLandin eine dicke ^Schneedecke hüllte. Heute Mittag wurde das Wetter klar und brachte Kälte, die in den Abendstunden auf den Höhen bereits Über 2 Grad be­trug. Da die Vegetation auch auf den Bergischen Höhen be­reits weit vorgeschritten war, wird der Schcchen ein ganz er­heblicher fein.

Stuttgart, 11. April. (W. B.) Von der Alb und dem Schwarzwald wird starker Schneefall gemeldet. DaS obere Neckartal bietet ein vollständiges Winterbild. Es sind Schneeverwehungen bis zu einem halben Meter Dor- Händen. _________ _ _ __________

fünfter Deutscher Hßerteörertag.

W Dresden, 10. April.

Zum fünften Mal hat der Verbandstag der deutschen Ober­lehrer stattgefunden, diesmal in der schönen sächsischen Resi­denzstadt, von der mit Recht gerühmt wird, daß sie ein deut­sches Florenz sei. Auf der diesjährigen Tagung der Ober­lehrer waren wichtige Fragen der höheren Schule urtb der Er­ziehung zur Behandlung gestellt. Den Höhepunkt bildete der Festvortrag, in den sich zwei Redner teilten, als Vertreter der realistischen Richtung Prof. Dr. H a a ck e (Plauen i. V.), als Vertreter der humanistischen der Rektor eines der ältesten Gym­nasien, der Fürstenschule zu Meißen. Dr. P o e s ch e l. Das Thema war:Die höhere Schule und der nationale Gedanke. Verschiedene Wege, ein Ziel." Es waren köstliche Worte, in denen die Erziehung der Persönlichkeit als das Ziel jeder un­terrichtlichen Tätigkeit gefordert wurde. In den realistischen Anstalten gilt es, die Jugend national zu erziehen, durch Vergleich der modernen Verhältnisse anderer Länder, anderer Kulturzustände mit den unserigen. Gemeinsam aber soll allen Schulgattungen fein die Stärkung der Persönlichkeit, die schon von Jugend auf durch Spiele, Wanderungen unterstützt wer­den solle. Es würde zu weit führen, die reichen Anregungen, die sich auf alle Fächer des unterrichtlichen Lebens erstreckten, wiederzugeben. Betont wurde, daß jeder Unterricht ein deut­scher sein solle, daß die Bildung des Herzens vor der des Verstandes stehen solle. Die Redefähigkeit soll mehr als bisher gebildet werden. Wenn es die Aufgabe der höheren Schule ist, Persönlichkeiten zu bilden, so muß auch jeder Unterricht ausgehen von einer Persönlichkeit. Nur vom Individuum geht der zündende Funke auf das Individuum über. Und darum verdient auch das Wort des oben genannten Rektors Beach­tung, daß wir in dem Schuler nicht nur den gegenwärtigen Knaben oder Jüngling, sondern auch den künftigen Mann er­blicken sollen. Ueberall aber kam zum Ausdruck, daß der Friede zwischen humanistischer und realistischer Vorbildung ge­schlossen sei, und daß die drei Schulgattungen wie drei Schwe­stern einträchtig nach dem gleichen Ziel auf verschiedenen Wegen strebten.

Von allgemeinerem Interesse war auch eine ergiebige Aus­sprache über d i e freiere Gestaltung des Unter­richts, besonders auf der Oberstufe im Anschluß an ein Referat des Rektors Prof. Dr. Po land (Dresden). In Sachsen besteht schon seit mehreren Jahren in einzelnen Anstal- ten die Gabelung in sprachliche und mathe­matisch-naturwissenschaftliche, Abteilungen. In Hannover bat man einen Versuch mit Sonderkurssn gemacht. Diese Sonoerunterrichtskurse, die bereits vom großen Schul­mann Ahrenz in Hannover eingerichtet waren, erstrecken sich auf sieben Fächer, alte Sprachen, Englisch, Biologie, Propä­deutik, Kunstgeschichte u. a. Zur Teilnahme an diesen Kursen, die der freien Wahl der Schüler unterliegen, werden sie von zwei Stunden Latein oder Mathematik dispensiert. Die Ein­richtung der Studien-Tage wurde nur dort für angebracht erklärt, wo eine sichere Kontrolle gegeben ist.

Weiter machte sich die Versammlung die Forderung führen­der Schulmänner nach einem Reichsschulmuseum ein­mütig zu eigen. Das Werk unserer gesamten öffentlichen Er­ziehung kanii nur gedeihen, wenn alle Gruppen der Mitarbeiter an ihrer Stelle und mit den dieser entsprechenden Mitteln die­nend zum Ganzen sich fügen. Die Gründung dieser An- stalt soll vor allem den Erziehern ein Bild geben über die in der höheren Schule gepflegte Geistesrichtung und Arbeitsweise.

Mehr spezielle Fragen, die aber der Wichtigkeit nicht ent­behren, wurden behandelt in einem Referat überJugend- schriftenausfchüsf e". Mit dem Verbandstag war eine reiche Ausstellung von Jugendschriften verbunden, natür­lich vor allem in Hinblick auf die Zwecke der höheren Schule, verteilt auf sämtliche Stufen von unten bis zur obersten Klaffe. Es ist mit Freuden zu begrüßen, daß auch die Oberlehrer diese Frage mit Ernst und Eifer zu der ihrigen machen. Ein Vor­trag handelte überd i e Bedeutung der Mädchen- s ch u l r e f o r m". In einer Resolution wurde beschlossen, daß die akademisch gebildeten Lehrer an höheren Knaben- und höheren Mädchenschulen in Stanoesfragen gleichgestellt werden sollten, daß in den Lehrkörpern der höheren Mädchenschulen die akademisch gebildeten Lehrkräfte zu überwiegen haben, daß öffentliche höhere Mädchenschulen nur unter männlicher Lei­tung stehen dürfen. Letztere These erfuhr auch viel Wider­spruch. Erwähnt sei auch die Forderung des Verbandstags nach einer dem neuzeitlichen Empfinden entsprechenden Neu­regelung des Disziplinarverfahrens nicht für die Lehrer allein, sondern für alle Berufsklaffen. In Be- schwerdefällen soll dem Beklagten grundsätzlich volle Kenntnis über das gesamte Material gegeben werden. Er soll Einblick in die in Frage kommenden Berichte des Vorgesetzten haben. Dem Beschuldigten muß bei vorbereitenden Vernehmungen genau angegeben werden, was ihm vorgeworfen wird. Gegen die Entscheidung der Behörden muß Berufung an die Dis­ziplinargerichte zulässig sein. Strafversetzung und Entfernung aus dem Amt darf nur durch Disziplinargerichte erfolgen. Berufs- und Standesgenoffen sollen in den Disziplinargerichten Sitz und Stimmen haben.

Der nächste Verbandstag soll in München sein.

DrMmekdimgen.

Alachdruck, telegraphilche oder telephonische Verbreitung ist nur mit deutlich« Quellenangabe.Irls. Ztg.- gestattet.)

Privat-Drprschen der Frankfurter Zeitung.

W München, 11. April, 6.20 N. Alljährlich pflegt die Münchener Stadtverwaltung dem sozialdemokratischen Verein für die Maifeier einige Tribünen und den dazu ge­hörigen Fahnenschmuck aus städtischen Besitz gegen Bezahlung zu überlasten. In der heutigen Magistratssitzung beant­wortete Bürgermeister Dr. v. Brunner einen Antrag, der sich gegen die fernere Bewilligung des städtischen Materials für das sozialdemokratische Fest aussprach, dahin, daß die Ge­meindeverwaltung nicht einer politischen Partei verweigern dürfe, was sie den anderen zubillige. Der Antrag wurde denn auch mit allen Stimmen gegen die des Antragstellers abgelehnt.

Walff's telrgrupkischrs Torrrfpondenr=Bureau.

Korfu,' 11. April. Der Reichskanzler verließ heute Morgen acht Uhr an Bord derSolberg" Korfu.

Kopenhagen, 11. April. DaS Königspaar mit den Prinzessinnen Thyra und Dagmar und dem Prinzen Gustav nebst Gefolge ist heute nach Nizza abgereist.

London, 11. April. Eine Meldung aus Madrid, die angeblich von der dortigen Nunciatux bestätigt wurde, besagt, Papst Pius X. sei gestorben. Wolffs Bureau bemerkt dazu: In den Nunciaturen von München, Brüssel und Wien ist vom angeblichen Tode des Rapstes nichts bekannt.

Konstantinopels 11. April. Die Pforte lenkte die Aufmerksamkeit der Kretamächte auf die Absicht der griechischen Rcaierung, den Eintritt der kretischen Deputierten in die griechische Kammer dadurch zu verhindern, daß der grie- chische Kassationshof die kretischen Wahlen für unge­setzlich erklärte. Die Pforte erklärt, eine derartige Einmischung Griechenlands in die kretischen Angelegenheiten könne Schwie­rigkeiten Hervorrufen. Die Kretamächte sollen geant­wortet haben, die Pforte müsse mit der Nichtzulassung der kretischen Deputierten sich zufrieden geben, gleichviel welche Mittel angewendet würden.

Schanghai, 11. April. (K. G.) Heute aus 11 r g a ein­getroffene Briefe berichten von einer militärischen Organisation des Volkes, das, falls es erforderlich werden sollte, gegen die chinesische Republik gerüstet fein will.

a Darmstadt, 11. April, 6.20 N. Die Stadtverord­netenversammlung beschäftigte sich in ihrer heutigen Sitzung nochmals mit dem Vertrag mit der Süddeutschen E i s e n b a h n-G esellschaft über die Gründung einer Aktien-Gesell schäft zur Regelung der Verkehrsfragen der Stadt. Seit der Beschlußfassung der Stadtverordneten­versammlung am 22. Februar dieses Jahres haben wiederholt eingehende Verhandlungen zwischen der Stadt und der Süd­deutschen Eisenbahn-Gesellschaft stattgefunden. Diese betrafen hauptsächlich Aenderungen des Verfahrens, die jedoch nur eine vorwiegend redaktionelle Bedeutung besitzen. Sie waren not­wendig gewesen, um die Tragweite und den Sinn des Ver­trages klar zu stellen. Nachdem inzwischen Generalversamm­lung und Aufsichtsrat der Süddeutschen Eisenbahn-Gesellschaft in ihrer Sitzung vom 1. April d. I. Stellung genommen hatten, stimmte auch die Stadtverordnetenversammlung den St en- derungen zu. Zu Mitgliedern des Aussichtsrats wurden als Vertreter der Stadt gewählt die Stadtverordneten Aßmuth, Dr. Bender und Gallus, ferner der Kommerzienrat Jacobi, sowie der Oberbürgermeister Dr. Glässing und Beigeordneter giert Der notarielle Akt über die Gründung der Gesellschaft soll am Montag den 15. April getätigt werden.

S Weißenburg, 11. April, 1.40 N. Im Gemeindewald von Oberbetschdorf am Nordende des Hagenauer Forstes ist ein V o t i v st e i n 'mit dem Bilde der Diana und einer ent­sprechenden Inschrift aufgefunden worden.

Brüssel, 11. April. Im linken Flügel des Nordbahn­hofes brach heute Nachmittag gegen 4 Uhr infolge Kurz­schlusses ein Dachstuhlbrand aus, der aber ohne Bodeu- lung war. Der Verkehr im Bahnhof ist nicht gestört.

Herzogin Wera von Württemberg f.

Herzogin Wera von Württemberg ist heute früh, nachdem nachmittags ein schwerer uraemischer Anfall eingetreten war, so daß das Bewußtsein verloren ging, gestorben. Die Bei­setzung findet voraussichtlich in der Gruft des alten Schlosses an der Seite ihres Gatten und ibres Sohnes statt. Von vielen Höfen, die sofort nach Der Katastrophe von dem Ableben ver­ständigt wurden, sind bereits herzliche Beileidstelegramme eingetroffen, ebenso füllen sich die ausgelegten Kondo­lenzlisten mit zahlreichen Unterschriften aus allen Gesell­schaftskreisen. Der Hof legt von heute an Trauer an. Ferner bat der König verfügt, daß die Offiziere des Armeekorps von heute an ebenfalls aus acht Tage Trauer anlegen. (Herzogin Wera Konstantinowna war die Gemahlin Des 1877 verstor­benen Herzogs Eugen und hat ein Alter von 58 Jahren er­reicht Zwei ihrer Töchter sind mit Schaumburg-Lippeschen Prinzen verheiratet. Großes Aufsehen erregte der vor meh­reren Fahren erfolgte Uebertrrtt der Herzogin vom griechisch- katholischen zum protestantischen Glauben. Herzogin Wera war eine wegen ihres hervorragenden: WohltätigkeftssinnL hochgeschätzte Frau. Die Red.)

DaS Dampscrungiück auf Dem Nil.

Kairo, 11. April. (K. G.) Der Untergang des Nildamp­fersA s l a n" mit vierhundert Passagieren hatte bedeutend weniger unglückliche Folgen, als ursprünglich an­genommen wurde. Die Zahl der Ertrunkenen steht noch nicht fest, doch dürften es etwa fünfzehn fein. Bisher sind vier Frauenleichen gefunden worden. Die Untersuchung hat er­geben, daß der Kapitän des Transportdampfers der Delte Nile Navigation Co., der mit dem DampferAslan" zusam­menstieß, sich nicht auf dem Posten befand, sondern seinen 14 j ä b r i g e n Sohn mit der Schiffsleitung betraut hatte. Wen die Schuld an dem Unglück trifft, konnte noch nicht fest- gestellt werden. Zu diesem Zwecke wurden vom Gericht drei Experten ernannt Aus dem DampferAslan" befand sich auch ein Angestellter einer Handelsfirma in Kairo mit feiner

Braut und deren Dienerin. Er wollte seine Braut retten und rettete in der Angst Die Dienerin, während die Braut ertrank. TieAslan" gilt als vollkommen verloren«

Gerichtszeitrmg.

K Dortmund, 11. April. (Priv.-Tel.) Zur Aburteilung von Streikvergehen tagen jetzt hier zwei Sonderstraf­kammern. Hierbei fällt es auf, daß die Zweite Kammer wesentlich milder urteilt als die erste. Während die Erste das SchimpfwortStreikbrecher" ober den Pfui-Ruf mit Ge­fängnis nicht unter einer Woche ahndet, erkennt die Zweite Kammer auf Geldstrafen von etwa 50 Mk. In der heutigen Sitzung der Ersten Kammer bat Rechtsanwalt Frank I. nut Rücksicht auf die milden Urteile der Zweiten Kammer, doch auch auf eine Geldstrafe zu erkennen. Der betreffende An­geklagte hatte einen Arbeitswilligen Faulenzer und Streikbrecher geschimpft und dabei zum Hohn den Hut recht tief gezogen. Das Gericht erkannte auf'zwei Wochen Gefängnis^ und der Vorsitzende erklärte, das Gericht stehe auf dem Standpunkt, daß die Arbeitswilligen mit allen gesetz­lichen Mitteln geschützt werden müßten. Nur dann sei eine Geldstrafe am Platze, wenn der Fall besonders milde liege, wenn z. B. die Streikenden vorher durch Arbeitswillige ge­reizt worden seien. Das Gericht werde sich nicht durch die Oesfentlichkeit beeinflussen lassen, auch wenn eine andere Kammer einen anderen Standpunkt einnehme. DaS Gericht erkenne nach freiem Ermessen und auf Grund des Ergebnisse» der jeweiligen Beweisaufnahme. Die Zweite Kammer er- kannte heute nur in einem Falle aus eine Gefängnisstrafe von einem Monat und zwar wurde diese Strafe gegen eine Frau verhängt, die einen Arbeitswilligen grob beschimpft und ihm Sand und einen Stein ins Gesicht geworfen hatte.

Lemberg, 11. April. Vor dem Schwurgericht begann heute der Prozeß gegen die Direktoren der hiesigen ParzellierungS- banl Johann Deskmr und Siegmund Poznanski wegen Konkursvergehens. Der Prozeß dürfte vier Wochen in An-, spruch nehmen.

Vermischtes.

= (Militärische Personalveränderuugen.) Gen. v. Kleist, Gen.-Inspekteur der Kav., in Genehmigung seines Abschieds­gesuches, mit der gesetzlichen Pension zur Disp. gestellt. Gen.» 2t v. Windheim, Oberquartiermeister, mit Wahrnehmung der Geschäfte des Gen.-Jnspekteurs der Kav. beauftragt. Gen.» Major Graf v. Walders e e, Kommandeur der 3. Kav.-Brig., unter Versetzung in den Generalstab der Armee zum Ober- quartiermeister ernannt In Genehmigung ihrer Abschieds­gesuche mit der gesetzlichen Pension zur Disp. gestellt: die Gen.-Lts.: Voigt, Kommandeur der 18. Div., Olden­burg, Kommandeur der 35. Div., Frhr. Schuler v. Sen­den, Kommandant von Straßburg i. E., v. d. E s ch, Jnspek- teur der Landw.-Jnsp. Essen. Gen.-Major Frhr. v. Willi- f en, Kommandeur der 38. Jnf.-Brig., zum Kommandanten von Straßburg i. E. ernannt Gen.-Major Rieß v. Scheurnschloß, Kommandeur der 3. Garde-Jnf.-Brig., unter Verleihung des Charakters als Gen.-Lt., mit der gesetz­lichen Pension zur Disp. gestellt. Oberst Wild v. Hohen­born, Kommandeur des Königin Elisabeth-Garde-Gren.» Regis. Nr. 3, mit der Führung der 3. Garde-Jnf.-Brig. be­auftragt. Oberstlt v. B r a u ch i t s ch, beim Stabe de» Garde-Füs.-Regts., unter Versetzung zum Königin Elisabeth- Garde-Gren.-Regt. Nr. 3, mit der Führung dieses Regis, be­auftragt. In Genehmigung seines Abschiedsgesuches wurde der Kommandant von Straßburg in Elsaß, Freiherr Schulei von Senden, mit der gesetzlichen Pension zur Disposition gestellt. Generalmajor Freiherr von W i l l i s e n-Hannover wurde zu seinem Nachfolger ernannt

* Berlin. Die jetzt abgeschlossen vorliegende Zählung bee Stolz e-S chreyschen Kurzschrifigemeinschaft für das Jahr 1910/11 ergibt, daß am Schluffe der Zählzeit in Deutschland 1907 Vereine mit 75 671 Mitgliedern die Stolze- Schreysche Kurzschrift pflegten, und daß 122 756 Personen (82 .'S mehr als im Jahre vorher) im Zähljahre danach unterrichtet worden sind. Auf Preußen entfallen: 1405 Vereine mit 54 661 Mitgliedern und 95185 Unterrichtete (5980 mehr als im Vorjahre).

a Aus dem Taunus, 9. April. Wie seither im Wester­wald, so kommen nun auch im Taunus Eisenbahn­wünsche zum Ausdruck; östlicher und westlicher Taunus be­mühen sich um Nebenbahnlinien. In Vorarbeit ist zurzeit im östlichen Taunus die Strecke Niedernhausen- Schmitten über Schloßborn genommen. Auffallend hier­bei ist, daß die Linie fast in schnurgerader Richtung gelegt wird, ohne durch ausholende Windungen und Schleifen, die in dem gebirgig.'n Terrain mitunter ganz nahe der Ersen­bahnlinie liegenden und infolge der schwierigen Zufahrtsbe- Dingungen doch abgeschnittenen Orte anzugliedern. Jedem, der geschäfte- oder erholungswegen und dies dürsten nicht wenige sein in diese Gegend kommt, ist die momentan projektierte Linie Mcht klar. Man fragt sich unbewußt, warum z. B. die erwähn IH Strecke nicht etwas verlängert wird, uw so weiteren Orten den Bahnaufschlutz zu ermöglichen. Denn abgeschnitten bei der abgesteckten Trace würden gerade be. deutende und vermögende Orte und Sommerfrischen, wie Esch, Tenne, Steinfischbach, Bermbach usw., di« für die benachbarten Handelsstädte ein respektables Absatzge­biet darstellen. Es wäre zu bedauern, wenn diese Orte, zu­mal da sHeicht und ohne wesentliche Mehrkosten anzuschlie­ßen wären, außerhalb des Bahnnetzes blieben.

a Kassel, 11. April. Nach hierhergelangter Meldung aus Meran verschied dort im Sanatorium MartenSbrunn nach längerem Leiden die Frau Gräfin Albertine v. Schaum­burg, geb. ©tauber, Gemahlin des Prinzen Philipp von Lanau zu Oberurs, eines Sohnes des letzten Kurfürsten von Hessen.

r Wiesbaden, 10. April. Die Stadt beabfübtigt die Er­richtung eines Wöchnerinnenheims für ledige Mütter, verbunden mit einer Anstalt für Kinder- und Säuglings­pflege, auf dem Terrain derschönen Aussicht". Zu den Kosten soll die zu diesem Zweck gemachte Gärtnersche Stiftung in Höhe von 600 000 Mark mitverwandt werden.

§ Mainz, 10. April. Im Anschluß an die Vertreterver­sammlung des Hessischen Landes-Lehrervereins fand hier gestern gleichzeitig die Generalversammlung des Feuerver­sicherungsverbandes hessischer Lehrer statt Der Verband zählt 1966 Mitglieder mit 10 849 074 Mk. Ver­sicherungssumme Im Berichtsjahr wurden 19 Brandschäden mit 582 35 Mark geregelt. Als Reingewinn bleiben 5696 Mk.

Urheber nach. Ein inhaltsreicher Exkurs, dem spater eine, eigene Monographie folgen soll, erörtert die große Bedeutung dieses Architekten, des gewaltigsten, den die ersten Dezennien des 18. Jahrhunderts in den Rheinlanden und Franken auf­wiesen, und beleuchtet seine Bautätigkeit, die sich von Mainz aus bis ins Barnbergische erstreckte, zweier Gebiete, die unter dem Zepter des Erzbischofs Franz Lothar v. Schönborn ver­einigt waren. Welsch's Arbeiten für das Schloß in Pommers» seiden, die Orangerie in Gaibach, das Mainzer Palais in Erfurt werden festgestellt. Aber noch über die Lande seines Fürsten hinaus ging der Einfluß des genialen Architekten. Er zeigt sich im Frankfurter Gebiet (Deutschordenshaus in Sachsenhausen) und im Nassauischen, in Biebrich, Usingen (wo er die monumentale Anlage des Schloßparkes entwarf) und Idstein. Sehr wahrscheinlich macht es Lohmeyer auch, daß Welsch und weder Balthasar Neumann, wie Jakob Wille annahm, noch der Mainzer Ritter von Grünsteyn, wie neuer­dings Hirsch zu erkennen glaubte, die Pläne zum Bruchsaler Schloß des Bischofs von Speyer, eines Neffen seines Herrn, entworfen hat. Und auch bei dem Bau des Würzburger Schlosses stand der Mainzer Architekt dem weit jüngeren Neumann beratend zur Seite, wie sich fein mächtiges An- T^en auch in Worms und Amorbach geltend machte.

Nach schwerer Erkrankung, während der den auftechten Protestantenunruhige Pfaffen" mit ihren Bekehrungsver- svchen quälten, verließ Stengel im Jahrs 1730 Fulda, das ihm so große und fortwirkende Anregungen gegeben hatte, um wieder in Gotha'sche Dienste zu treten. Aber schon nach drei Jahren erreichte ihn, wohl durch Welsch veranlaßt, ein Anerbieten des Hauses N a s s a u - U s i n g e n, das nach dem Aussterben der Idsteiner, Ottweiler und Saarbrücker Linie alle diese Gebiete vereinigte. Er folgte ihm mit Freuden, da er hier anstatt fortifikatorffcher Aufgaben wieder architek­tonische vor sich sah und er entwirft zunächst den Marstallbau in Biebrich. Bald war er der leitende Baumeister in naffaui- schen Landen, die im Jahre 1735 derart geteilt wurden, daß Karl die rechtsrheinischen, der jüngere Wilhelm H e i n- i i ch die links des Rheins liegenden Gebiete erhielt. Dieser Saarbrücker Fürst, der die umsichtige^ Tatkraft seiner orani- schen Mutter mit wahrhaftem Kunstsinn verband und ein Kulturträger seines Lanoes wurde, ^bestimmte die fernere ^Tätigkeit und Laufbahn Stengels. Seine reiche Gattin, ,Sophie von Erbach, die Freunbin Did6rots, ermöglichte ihm jbie Durchführung seiner großen Baupläne. Er war es, der kleine, halbverfallen« Saarbrücken iitr glanzenden Rokoko­

residenz umschuf und an die Stelle der alten Stammburg das prächtige Schloß setzte. Im Jahre 1739 nahm er seinen Bau­meister mit sich nach Paris, wo er fteundschaftliche Beziehun­gen zum Hofe unterhielt, und jetzt empfängt dieser an Ort und Stelle, in der Hauptstadt, in Versailles und Marly, die entscheidenden Einflüsse Hardouins, Mansarts. Bruants, die sich jofort nach seiner Rückkehr, beim Bau des Saarbrücker Schlosses und Biebricher Winterbaues geltend machten.

Nur einmal und auf kurze Zeit unterbrach Stengel seinen Aufenthalt in Saarbrücken, um eine Bauaufgabe großen Stiles zu lösen, die ihm, dem anhaltischen Landeskinde, der wachsende Ruhm seines Namens eingetragen,'die riesige An­lage des neuen Schlosses zu Dornburg an der Elbe, einer Besitzung des Hauses Zerrst, die aber nur teilweise zur Aus­führung gelangen sollte.. Es ist eines jener kolossalen Pro­jekte, das die Prunksucht selbst der Duodezfürsten des acht­zehnten Jahrhunderts so recht bezeichnet. Auf der Hin- und Rückreise (1751) suchte man mit dem Angebot doppelter Be­stallung den Künstler in Gotha zu halten, auch ging et schließ- lich darauf ein; aber schon im nächsten Jahre nimmt er, un­befriedigt von feiner Tätigkeit, die Entlassung und kehrt, von seinem Fürsten mit offenen Armen empfangen, nach Saar­brücken zurück. Seine zweite größte Periode in dieser Stadt beginnt.

Nur in großen Zügen können wir hier, wie bisher, der Darstellung Lohmeyers folgen, die Stengels Wirken gerade im Saargebiete bis in jede Einzelheit beleuchtet, und ver­mögen nur ein allgemeines Bild feiner weitausgreifenden Tätig­keit zu entrollen. Er ist es gewesen, der das Stadtbild schuf, wie es der junge Goethe als Straßburger Student auf feiner Lothringer Reise hn Sommer 1770 voraefunden und später inDichtung und Wahrheit" wiedergegeben hat: Die kleine Residenz, ein lichter Punkt in dem felsig waldigen Lande, die hüglige, wohl ausgezierte Stadt mit ihren grau­weiß anffestrichenen Häusern, deren verschiedene Höhe einen mannigfaltigen Anblick gewährt, der schöne mit ansehnlichen Gebäuden umgebene Platz um die lutherische Kirche, das Schloß, auf der vorderen Seite mit der Stadt aus ebenem Boden, mit der hinteren am steilen Felsabhang, der, teiaffen- weis abgestuft, durch Abdrängung des Flusses in einen vier­eckigen Garten ausläuft, das Werk einer Epoche,da man bei solchen Anlagen den Architekten zu Rate zog, wie man später das Auge des Landschaftsmalers zu Hilfe nahm." Sofort steht uns bei der knappen Schilderung des Dichters eine Bacockschöpfuns vor Augen, zumal bei der BestLrei-

bung des Schlosses. Lohmeyer läßt mit Hilfe der noch vor­handenen und seinem Werke beigegebenen Abbildungen den mächtig auf der Burghöhe thronenden Bau wiedererstehen. In Hufeisenform erhob er sich nach dem Schloßplatze zu, von diesem durch einen großen Vorhof geschieden, den ein schmied­eisernes Gitter umgab. Der innere Hof, durch eine Hermen- balustrade von dem äußeren getrennt, zeigte auf der von der Schloßstraße herführenden Axe den Mittelpavillon im Corps de Logis mit seinem rustizierten Untergeschoß und den Atlanten, die den reichverzierten Balkon trugen und sich über den drei Portalen in schlanken Pilastern bis zum üppig profi­lierten Dachgesimse fortsetzten. Zwei dreistöckige Flügel, von einer Attika gekrönt, wie der Mittelbau, flankierten diesen schönsten Teil des Schlosses. Der pompöse Neubau des Für­sten gab den Anlaß zu einer gänzlichen Umgestaltung der Stadt, der Schloßplatz wurde ringsum mit neuen Gebäuden darunter das feine Erbprinzenpalais besetzt. Die Schloßstraße mit dem Rathaus, das alle Vorzüge der Stengel- schen Bauweise auszeigt, das schöne Mittelrisalit, die feine Gliederung mit Ouaderstreisen, stutzeichenen und zier­lichen Gurtgesimsen, erstand aufs Neue. Dergleichen die Häuserreihe, die sich den Schloßberg hinabzog, und die Vorstadt. Die reformierte Kirche wurde gebaut und ein an ihr vorbeilaufender Straßenzug, der den Namen des Fürsten trug, errichtet. Tas alte Kasino zeugte noch lange von der Pracht einzelner Gebäude, wie auch das Haus, das der Sou­verän einst derMademoiselle Perlerin" aus besonderen Gründen schenkte, heute noch davon Kunde gibt.

Zugleich mit dem Lustgarten, der bei Hofleuten und Bürgern Nachahmung fand, erhob sich eine Häuserreihe, die sich jener, nach der Saarseite zu abfallenden Terrassenmauer malerisch anschmiegte eine Gruppe, beten Kern das Ober­amtsgebäude bildete. Hier, am Saarquai wohnte der Prä­sident v. Günderode, her mit seiner Gemahlin, einer ge­borenen v. Stalberg, feinen jungen Landsmann Wolfgang Goethe drei Tage lang, gastlich beherbergte. Eine hübsche Rekonstruktion gibt uns eine Anschauung von dem stattlichen Gebäudezug, wie auch von dem davorstehenden, schönen Tore, auf das die wuchtige Brücke mündet, die von St. Johann herüberführt. Auch diesem Ort gab Stengel fein Gepräge. Eine seiner ersten Großtaten nach feiner Rückkehr war dre Errichtung der katholischen Kirche mit ihrem^wir- kungsvollen Turme, ihren wundervoll gegliederten Fron­ten und den prächtig entwickelten Portalen und Fen- 1terumiahniunaetL deren Aufsätze an die Gebilde des

Fuldaer Kaisersaales erinnern. Der Marktplatz beson­ders zeugt von dem Einfluß des fürstlichen Archi­tekten. Die Brunnenanlage, eine meisterhafte Verbin­dung von feinbearbeitetem Stein und zierlicher Schmiedearbeit ist sein Werk. Weithinein ins Saarbrücker Land erstreckte sich feine Tätigkeit, nach Ottweiler, Saarwerden, in das pfälzische Bliesransbach und das rheinhesstsche Jugenheim, die beide zum Fürstentum gehörten. Das Luftschloß auf dem Halberg und das Jagdschloß Jägersberg bei Neunkirchen heute der Rayon des Königs Stumm waren feine Schöpfungen. Die­ser geschmackvolle, von den Saarbrücker Fürsten besonders be­vorzugte Sitz, der später zerstört wurde, wird von Lohmeyer nur mehr nach einem Berichte des bekannten Baron v. Knigge geschildert. Er hätte aber noch einen berühmteren Reisenden davon reden lassen dürfen: G o e t h e. Es ist einer der stim­mungsvollsten Momente seiner Lothringer Studentenfahrt, wenn er davon spricht, wie er am späten Abend seinen Be­gleiter in Neukirch einem glücklichen Schlaf überlassen, wäh­rend er selbst das höher gelegeneJagdschloß" ausgesucht habe. Leer und einsam findet er das weit über Berg und Wälder blickende Gehäude. Er setzt sich auf die Stufen, die vor den großen Glastüren um die ganze Terrasse hergehen, und in dieser Verlassenheit brütet er unter dem brennenden Sternhimmel, bis ihn aus der Ferne der Ton von Waldhörnern weckt.Da erwachte in mir das Bild eines holden Wesens.." Zum ersten Male erwähnt er hier , die Sesenheimer Geliebte, unter Umständen und in einem Zusammenhänge, der freilich mehr von derDichtung", als derWahrheit" eingegeben war; denn zur Zeit jener Reise kannte er Friedrike noch nicht.

Was Goethe aber in feiner Schilderung Saarbrückens besonders hervorgehoben hat,die lutherische Kirche, mitten auf einem schönen, mit ansehnlichen Gebäuden umgebenen Platze", war Stengels Haupi-^und Schlußwerk: die Lud­wig s k i r ch e und der Ludwigsplatz. Nochmals setzte der Fürst und sein Baumeister, beide schon in hohen Jahren, alle ihre Mittel, ihre ganze Energie und Künstlerschast daran, diese letzten Pläne auszusühren. In zehn Jahren war die Umrahmung des Platzes beendet, und alle die Paläste, dl« ehemals den Baronen v. Lüder und Döben, der fürstlichen Maitreffe, Baronin v. Freital n. a. gehörten und heute dem Herrn v. Stumm. der Herberge zur Heimat, der Post, bei Dragonerkaserne dienen, standen in ihrer behäbigen, barocke« Pracht. Das Haus der Baronin Freital, einer schönen eu Johanner Handwerkermeistertochter, hatte als das erste aw neuen Platze Wilbelm Heinricki selbst errichtet, mit dem Kontz