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gen bet Zollpolitik, vor allem bet H and e lSvert tage, in Währungsfragen, in bet Verkehrs- unb Steuergesetzgebung hat bet Bund her i'anbmirtc seinen Einfluß auf die beuische Gesetzgebung so unb so oft zum Nachteil bet brutschen In- bujtrie ausgeübt. Vluch für den bevorstehenden Neuaöschlutz brr Handelsverträge bes Deutschen Reschs wirb bte deutsche Industrie ihre Wunsche vielmehr int Gegensatz zum Bunde bet Landwirte als in irgendwelcher Interessengemeinschaft mit dieser agrarischen Organisation burchzusetzen haben. Von Führern bes Bundes der Landwirte ist wiederholt bas Anwachsen der deutschen Industrie als eine „Gefahr" bezeichnet wotbeu, ist ein Bruch mit der l isf,engen Handelsvertrag?" Politik des Reiches gefordert, verschiedentlich auch ein Verbot der Fabrikarbeit für alle Personen unter 16 Jahren gewünschl worden, aus früherer Zeit der Antrag Canitz, die Forderung des BimetalliSmus, die Verhinderung des Mittellandkanals, die Einführung der Schiffahrtsabgaben, die Finanzresorm von 1909 unb für die Zukunft die Forderung des lückenlosen Zolltarifs, bet weiteren Erhöhung der Lebensmittelzölle und damit die weitere Erschwerung notwendiger Handelsverträge.
Das alles sind volitische Gesichtspunkte, die den meisten deutschen Industriellen ein Zusammengehen und eine Inter- essengemeinschaft mit dem Bunde der Landwirte verbieten und ihnen vielmehr zunächst die energische Vertretung der eigenen industriellen Interessen int Gegensätze zum Bunde der Landwirte zur Pflicht machen. Es darf die bestimmt« Erwartung ausgesprochen werden, daß sich besonders hie Kreise der verarbeitenden Industrie und der Äusfuhrindustrie, die im Bunde der Industriellen ihre Vertretung sehen, von der jetzigen Interessengemeinschaft zwischen Dem Bunde der Landwirte und dem Zentralverbande deutscher Industrieller fernhalten werden. Nach der für die Industrie überaus schädlichen Finanzresorm des Jahres 1909 Hatton weite Kreise her Deutschen Industrie gerade gegenüber dem Bunde bet Landwirte einen festen Zusammenschluß von Jndusttie, Han- bei unb Gewerbe im Hansabunde für notwendig eydjtct und sie sahen in diesem einigen Zusammenschluß ein Mittel, Den notwendigen größeren Einfluß auf die Gesetzgebung auch für die Industrie zu erlangen. Leiber ist es damals der Zen- ttalverband deutscher-Industrieller gewesen, der durch schne Abkehr vom Hansabunde den notwendigen Zusammenschluß durchbrach.
In der letzten Zeit waren Hoffnungen laut geworden, daß au* bie im Zentralverbande vertretene schwere Industrie erneut ihren Anschluß an die verwandten Organisationen der übrigen Industrie und des Handels finden werde. Dies« Hoffnungen erscheinen nunmehr zunichte gemacht, da der Zen- tralverband deutscher Industrieller gerade den entgegengesetzt tcn Weg einschlägt und in eine Interessengemeinschaft mit bein Bunde der Landwirte, bet radikalsten Vertretung rein agrarischer Interessen, eintritt. Für die bevorstehende Neuregelung der deutschen Handelsverträge kann das am Sonntag in Leipzig abgeschlossene seltsame Bündnis leicht verhängnisvoll WerDen. Wenn nicht die Organisationen der verarbeitenden und Ausfuhrindustriell nunmehr mit verdoppeltem Eifer den Kampf gegen die agrarische und indnstriefeindlichs Politik des Bundes der Landwirte aufnehmen. Hierin wird für die Zukunft eine der Hauptaufgaben des Bundes der Industriellen zu erblicken fein!
Die Jatjrßunderlfcier der Bundesfürsten,
Kelheim, 25. Aug. (W. B.) Ilm V,2 Mr begann die Hof täfel in der Bankettjxille, welche mit kostbaren Gobelins geschmückt war. Die berühmten Aufsätze aus dem bayerischen Kronschatz zierten die Tafel. Tie Jahreszahlen 1813 und 1913 leuchteten von Den Wänden. Im Verlaufe des Mahles erhob sich der P r i n j r e g c n t und bxachte beit bereits gemeldeten Triykspruch aus. Tie Musik spielte „Deutschland. Deutschland über alles". Unmittelbar daraus erwiderte der Kaiser mit dein gemeldeten Toast. Die Musik spielte die Regentenhymne, lüe Tafelmusik stellte das elfte Infanterie-Regiment. Ter „Sängerbund" trug mehrere patriotische Lieder vor. Nach der Tafel hielten der Kaiser uni) der Regent Cercle ab. Vor per Tafel empfing btr Kaiser Frau v. Kraus- Osborne, die bei dem Festakt gesungen hatte, unb zog sie in ein längeres Gespräch. — Um 4 Uhr reisten der Kaiser und der Prinzregent von Kelheim ab.
Deutsches Reich.
(»in konservativ-sozialdemokratischer Handel.
— Berlin, 25. Ang. Auf dem s o z i a I d e m o f.r a t i • scheu Parteitag der Provinz Brandenburg, der gestern in Frankfurt 'n. O. stattfano, kamen die Vorgänge bet der Reichstagsstichwahl in Arn Sw al de - Friede berg zur Sprache. . Es wurde mitgeteilt, daß der bisherige Vor, sitzende des Wahlkreises Friedeberg-Arnswalde, Porzellan- arbeitet Karl Doesia, durch ein Schiedsgericht wegen P a r - leivcrrats aus der Partei ausgeschlossen worden sei. Tresia habe bei der letzten Reichstagswahl, bei der es im Wahlkreise Friedeberg-Arnswalde zwischen dem Konservativen Gouverneur a. D. v. Schuckmann und dem Antisemiten Re- dakteur Wilhelm Bruhn zu einer Stichwahl kam, mit nodj zwei anderen Genossen einen Wahlaufruf zugunsten v. Schuck- manns unterschrieben und sich dafür bezahlen lassen. Die Partei war daher genötigt, den Ausschluß des Dresta zu beschließen.
X Berlin, 25. April. (Priv.-Tel.) Dem preußischen Gesandten beim Vatikan, Dr. v. Mühlberg, der lange Jahre im Auswärtigen Amt, zuletzt als Unterstaatssekretär unter Bülow tätig gewesen ist, widmet die „G e r m a n i a" heute aus Anlaß seines 70. Geburtstages einige freundliche Worte. Sie erinnert daran, daß er seit länger als fünf Jahren Gesandter beim Vatikan ist. Man werde ihm das Zeugnis nicht versagen können, daß er in dieser Zeit bemüht gewesen sei, Konflikte zu vermeiden und den aditus ad paeem, von dem Leo XIII. sprach, zu wahren. „Ein größeres Verdienst würbe er sich erworben haben," so fährt das Blatt fort, „wenn es seinen Be- , mühungen vergönnt gewesen wäre, den Zugang zum Frieden zu einem wirklichen Frieden auf kirchenpolitischem Gebiet umzuwandeln." Allen Respekt vor den diplomatisä>en Fähigkeiten des .Herrn v. Mühlberg, den wir aus langer Bekanntschaft aufrichtig fchätzeu. Aber es ist ein starkes Stück, ihm die Herbeiführung des kirchenpolitischen Friedens zuzumuten, der durch ' nichts so sehr gestört worden ist, wie .durch die Enzykliken und verschiedenen Kundgebungen des gegenwärtigen Papstes. Wie
unb vor allem gutes deutsches Geld mit. Die Teutschcn scheinen so recht eigentlich Der diesjährigen englischen Fremdensaison den Stempel aufzudrückcn und an die Stelle der shankees gerückt zu sein, die diesmal Weniger zahlreich als sonst ihre britischen Vettern besuchen. Angeblich soll Das eine Nachwirkung der „Titanic"-Katastrophe sein, die vielen Amerikanern Die Lust an Ozeanfahrten auf Jahre hinaus verdorben hat. Unseres Wissens haben die deustchen Hoteliers feinen Ausfall nach dieser Richtung zu beklagen. Wie dem auch sei, England hat einen Ersatz an den Deutschen gefunden. Die deutsche Invasion, so meint bte „Daily News", ist restlos gelungen. Aber die von den Kriegshetzern mit Vorliebe als die bittersten Gegner, als geschworene Feinde Geschilderten — Hans und John — sind in Der denkbar größten Harmonie verbrüdert. Freilich, die Führer in der Völkerverhetzung sind jetzt weg von London. Schade! Wären sie in der Hauptstadt, so könnten sie auf dem Omnibus oder beim Lunch sehen, Wie vollendet die Einigkeit zwischen Engländern und Teuschen ist (Don ihren Damen gar nicht zu sprechens Das englische Blatt konstatiert fast mit Verwunderung, daß bte deutschen Reisenden so ganz anders aussehen als die deutsche Bühnenfigur in der modernen englischen Farce, die ein für allemal eine Glatze, scharfe Brillengläser, eine Pfeife mit Porzcllaniops unb ständiges Verlangen nach Wurst und Schnaps vorschreibt. Statt dessen findet die „Daily News" eine neue deutsche Generation: beweglich, smart, aufnahmefähig für die Wunder Londons. Und höflich bis zum äußersten! — Ganze deutsche Familien sitzen auf den motor-buses und lesen für den Einheimischen merkwürdige romantische Dinge über London in schweren Büchern mit mittelalterlichen Typen, zwischen denen der englische Beobachter nur dann unb wann ein Wort wie Crvstal Palace, Tower oder Boadica auszuschnappen vermag. Wenn die Fremden einen Policeman nackt dem Eharing Croß fragen ober einen Bus - Schaffner bitten sie an der Tate-Gallery abzusetzen, sprechen sie ein ausgezeichnetes Englisch. Und zweifellos verstehen sie sich zu amüsieren. Der Trafalgar. Square erregt nicht mehr wie früher die Aufmerksamkeit des lontinentalen Besuches al8 da? Heim Nelsons und der berühmten Löwen. Nein, die Besucher staunen den herrlichen Platz an als die Stätte, wo die Suffragettes seit Beginn der Äriegstaktik ihre Glanzleistungen im Toben und Zerstören gezeigt haben. Sobald die Deutschen von ferne die gelassenen alten Löwen erblicken, brechen sie in den Ruf aus: „Ah, die Suffragettes!" Und die bedauerliche Tatsache, daß gerade Weit unb breit
Anhängerin Mrs. Pankhursts zu sehen ist, ruft allgemein Enttäuschung hervor.K-
Zweites Morgenvratt der 3-rattItfitrter Zeitung
sollte et, die verhindern? Aber nach den Worten ber_ „Germania" zu schließen, kann man fast vermuten, daß er sich bemüht hat. sie zu verhindern. Tann allen Respekt. — Wie sich die ..Vvssische Zeitung" aus Kiel melden läßt, wird der fort- schrittliche Reichstagsabgeordnete für den schleswig-holsteinischen Wahlkreis Tondern, Rechtsanwalt Blunck Anfang September auf 4 Monate nach Haiti reisen, um dort als Schiedsrichter für das Deutsche Reich in einem Streit- verfahren deutscher Reichsangehöriger in verschiedenen größeren Forderungen tätig zu sein. Ein zweiter Schiedsrichter werde von Haiti ernannt, während der König der Äelgier den Obmann zu wählen habe.
Draötmeldungm.
sttechdruL tetefiravljifdie oder telephonische Verbreitung ist nur mit deutlich«, CucOeuaugabe „Frkk. Ztg/ geftattetj
Krivat-Drsteschrn der Frankfurter Jeiiintg.
*** Trier, 25. Slug., 11 N. Ein EmpfanHsabend, dessen Kosten die Stadt trägt, leitete den Deutschen Forst- tag ein. Tie Beratungen beginnen morgen früh.
Molff's telegraphisches Corrrlpandenr-Sureau.
Posen, 25. Slug. Die Kaiserin traf von Bad Homburg kommend im Sonderzuge um 4 Uhr nachmittags hier ein. Beim Empfang vor dem neuen Kaiserpavillon waren die bereits eingetroffenen Mitglieder des königlichen Hauses: Prinz A u g u st Wilhelm mit Gemahlin, Prinz Oskar und Prinz Joachim anwesend.
Wien, 25. Aug. Der italientsche General C a n e v a erklärte einem Korrespondenten be» „Wiener Fremdenblattes", er habe von bet österreichischen Armee die allerbesten Eindrücke gewonnen. Die Aufnahme, die ihm bereitet worden sei, hält: nicht , besser fein können. Die gestrige Audienz werde gewiß dazu beitragen, das bestehende freundschaftliche Ver- bältniS zwischen den Armeen Oesterreich-UngarnS und Italiens weiter zu stärken. Er sei sicher, daß die italienische Armee die Audienz mit Genugtuung begrüße.
Stockholm, 25. Aug. Wie „Ästonbladet" meldet, Wird der Kronprinz, begleitet von drei Vertretern der schwedischen Armee, der Einweihung des Völterschlachtbenkmals in Leip- z i g beiwohnen.
Madrid, 25. Aug. Wie die Blätter aus Ceuta melden, würbe das Regiment von Ceuta, als es nach seinem Standort zurückkehrte, bei der Stadt plötzlich angegrif- s e n. Auf Seiten der Spanier wurden ein Korporal und zwei Mann getötet, ein Sergeant und drei Mann verwundet. Eine Schwadron aus Villa-Robledo wurde bei einem Patrouillenritt auf der Straße nach Tetuan bei (Subiaconbefa angegriffen und erlitt Verluste. Ein nach Tetuan entsandter Sonderberichterstatter des „Jinpareial" erklärt, der Angriff bei Cudiaeoudesa habe die Spanier 7 Tote und 17 Verwundete gekostet, und er fügt hinzu, die Eingeborenen seien Herren des Geländes und verhöhnten die Spanier. Wie der Verichterstatter weiter meldet, herrscht unter der Bevölkerung von Ceuta eine pessimistische Stimmung, da sie fürchtet, daß die Verteidigung ungenügend ist, und mit Schrecken sieht, daß die Bewohner her Vorstädte vor den Herausforderungen der Eingeborenen in das Innere der Stadt hineinströmen.
Sarajewo, 25. Aug. Im Lande sind eine Reibe neuer (?bolerafälle mit tödlichem Ausgang vorgckom- men. Jin Kreise Tuzla sind sämtliche Schulen geschlossen worden.
M Rom, 25. Slug., 8 N. In der Via Savoia, vor der Porta Pia, sand Man beute die Schwester Eulalia vom Orden der Salvatorianemnnen, die vor zehn Jahren als Maria Wen- z e l in Den Orden eintrat, als blutüberströmte Leiche. Die Schwester wär über fünfzig Jahre alt. Da sie schwer hysterisch, glaubt man an Selbstmord, obwohl ein Verbrechen nicht ausgeschlossen ist.
Stockholm, 25. Slug. Gestern Abend 9 Uhr fuhr bei Norr? teige ein Torp edobpot gegen ein Motorboot. Die neun Insassen des letzteren fielen ins Wasser.', ein Mann und zwei Frauen ertranken, die übrigen wurden gerettet.
Madrid, 25. Aug. In Lerida (ßrttalonien) schlug gestern Während eines Gewitters der Blitz in eine Pulverfabrik und führte eine Explosion herbei, wodurch eine Person getötet und 35 verletzt wurden. Der Schaden ist beträchtlich.
Gemchtszeitimg.
Tie Ohmprozesse.
— Frankfurt a. M., 25. Slug. Zu dem letzten Bericht über den Ohm-Prozeß (vgl. 1. Morgenblatt von gestern), wonach von dem Verteidiger Ohms, Rechtsanwalt Dr. Frank u. a. Beweisantrag Dafür gestellt worben war, daß Bürgermeister Farwick seine gutdotierte Stellung beim A. Schaaffhausen- schen Bankverein aufgegeben habe, weil et Buchungen, die er als Bilanzverschleierungen ansah, nicht mehr mit seinem Namen decken wollte, erklärt uns Herr Farwick, daß diese Behauptung jeglicher Unterlage entbehre. Herr Farwick ist auch jetzt noch Direktor des A. Schaafshausenschen Bankvereins.
Vermischtes.
in Köln, 25. Aug. Zu dem Fall des Prokuristen Steeg Wirb ber „Köln. Ztg." berichtet, daß die Bankfirma, gegen Die sich die Regrehansprüche des schaafshausenschen Bankvereins richten, die Bankfirma von d e r H e Y b t in Berlin ist. Steeg ist früher bei dieser Firma tätig gewesen und hat seine Stellung bei ihr mit einem glänzenden Zeugnis ber. lassen, obwohl er schon bei dieser Firma Spekulationen größeren Stils gemacht hat und ihr bei seinem Ausscheiden eine für seine Verhältnisse sehr erhebliche Summe schuldete. Auf diesen Umstand und auf das Bestreben Steegs, seine Schuld bei Dem Hause von der Heydt abzutragen, wird auch Zurückgeführt, daß er aufs neue umfangreiche Spekulationsgeschäfte unternahm, in deren Verlauf er sich dann endlich an fremdem Geld »ergriff. Tie Verbindlichkeiten Steegs bet einem Düsseldorfer Bankhaus sollen nicht weniger als VA Millionen Mark betragen haben.
BreSlau. Stach einer Tauer von 3% Monaten fyn bte Breslauer I ahrh u n de r t - A u s jt e 11 u n g trotz des wenig günstigen Wetters eine Gesamtbesuchsziffer von drei Millionen erreicht.
— sRosegger der „Windmacher".) Das september- Hest des „Stroms", ein Ros egg er - Heft, enthält folgende Schnurre von Rosegger selbst: „Daß ich in meiner Hirtenzeit nicht den Spitznamen „Windmacher" davongetragen habe, wundert mich. Ich konnte Wind machen, wirklichen Wind, wie er über die Berge hinstrich unb in Den Bäumen rauschte. Eines Sommertages war ich mit mehreren Nachbarshtrten auf ber Hochmatte, Wo wir unsere Rinder weideten. Es schien b:c warme Sonne, so daß wir unsere Joppen wegwarfen, und plötzlich war es wieder so kühl, daß wir alle in bte Joppen hineinschlüpften. Ter Wind ging zeitweilig. „Buben!" rief ich vorwitzig aus, „ich kann Wind machen!" — „Geh, p>au)ch nit." — „Auf Spaß und Ernst, ich kann Wind machen. Soll ich? Schauts einmal!" Ich hob den befeuchteten Finger hoch: „Kein Lüsiel jetzt. Wetten wir, in einer Minute geht ber Winb!" — „Laß bich nit auslachen!" Ich riß meine bunt, gestreifte Zipfelmütze vom Kopse, hielt sie wie einen Sack an den Mund, und mit dem Auge in den Himmel auslugend, wo just ein Wolkenballen sich der Sonne nahte, rief ich in die Mütze: „Wind, Wind, komm geschwind! Lapi-papi-tscha- pilorum!" Dreimal sagte ich es und schleuderte dann Dte Mütze in die Lust. Da verdunkelte sich die Welt und es strich ein kühler Wind. Vor Staunen sperrten sie die Mäuler auf und ber einfältigste von ihnen wollte vor mir niederknien. Als der kalte Strich vorüber war unb bic warme Sonne schien Wie früher, begehrten sie, daß ich den Zauber noch einmal tue. Sie wollten *tit wahrscheinlich draufkotnmen, wie das gemacht Wirb. Ich blickte demütig gen Himmel, wo in der Sonnennähe feine Wolke war. „Jetzt nit, Buben, ihr kumitet euch ber- kälten." Aber sie Drängten so lange, bis wieder ein Wolken- fetzen der Sonne zustrich. Na, meinethalben, Wenn ihr schon durchaus wollt!" Und in die Zipfelmütze hinein: „Wind, Wind, komm geschwind! Lapi-papi-tschapilorum!" Tie Vcütze in die Lust geworfen. Husch, rauschte es wieder int Ahornbaum, es ging der Wind. Bald wußte es ganz Alpel: Der Kluppenegaer-Peterl kann Wind machen! Die Ehre dauerte bis zum nächsten Stur m, der dem Riegelberger einen schönen Lärchenbaum entwurzelte. Der Geschädigte kam in Begleitung des „Fürstenstandes" in unser HauS, fragte deut Peterl nach und hinter dem Rücken hielt er — ungebrannte Asche! Ich beeilte mich, bor ihm, meinem Pater und dem Gemeindc- vorstand meine ganze meteorologische Wissenschaft prciszu» geben. „Wenn eine Wolke vor die Sonne geht, so streicht alle, mal ein kühler Wind. . . ich kann nix Dafür!" — „So hast uns g'foppt!" schrie der Riegelberger. „Wird schier, nit an. derschter sein," entschied der Vorstand; „Wer sich nit einmal so viel auskennt bei Sonn' und Gewölk und Wind, zu dem sagt ma halt nachher: Lapi-papi-tschapilorum!"
Frankfurter Handelsblatt
Wiedergabe der mit * bezeichneten Artikel und d?r Fiivat-Depeschen auch deren telegraphische oder telephonische Verbreitung ist nur mit deutlicher Quellenangabe „Frki. Ztg.“ gestattet.
* Reichsbank-Ausweis. Die Erleichterung der Geld- Verhältnisse und der Umstand, daß für den Ultimo Geld ziemlich reichlich vorhanden ist, sind auch der Reichsbank zugute gekommen. Die Kräftigung des Status hat stell in der abgelauienen Woche weiter fortsetzen können. Ohne Zweifel ist das Bild, das der Reichsbank-Ausweis gegenwärtig bietet, ein erheblich besseres als lange Zeit hindurch in den letzten Monaten, und da demnächst die argentinischen Goldeingänge erfolgen und auch aus Brasilien dem Institut Gold zufließen dürfte, so bedeutet dies einen besonders zu begrüßenden Zuwachs namentlich im Hinblick auf die bald bevorstehenden Herbstanforderungen. Die steuer
freie Notenreserve, die sich in der vorangegangenen Woche von 133.84 MUI. auf 227.80 Mill, erhöht hatte, ist in der Berichtswoche weiter auf Jt 316.18 Mill, gestiegen, hat sich also um «Ä 88.37 Mill, erhöht. In der gleichen Woche des Vorjahres betrug die Steigerung M 79.09 Mill, und vor zwei Jahren Jt 85.08 Mill. Danach
hatte vor Jahresfrist die Reichsbank über eine steuerfreie Notenreserve von Jt 361.11 Mill., vor zwei Jahren über eine solche von 384.17 Mül. verfügt. Der Wechsel-
bestand hat sich um 20.96 MUI. vermindert gegen Jt 16.27 Mill, vor einem und Jt 30.92 Mill, vor zwei Jahren. Auch der Lombard ist um Jt 17.80 Mill. (1912: Jt 15.27 Mill., 1911: Jt 11.84 Mill.) zurückgegangen. Außerdem zeizt der Effektenbestand eine Verminderung um Mark 20.07 Mill, gegen Jt 7.92 bezw. 8.81 Mill, in den beiden Vorjahren. Andererseits haben sich die Einlagen um nur 4.35 Mill. (1912 31.97 Mill.. 1911 Jt 38.94 Mill.)
erhöht. Gleichzeitig ist die Position „Sonstige Aktiva" die in der Vorwoche um Jt 30.25 Mill, an gewachsen war wieder um Jt 24.17 (i. V. «X 6.96) Mill, zurückgegangen Im Zusammenhang damit konnte der Metallbestand um Jt 24.47 Mül. sich erhöhen gegen Jt 26.61 bezw Jt 35.20 Mill, in den zwei vorhergegangenen Jahren Darunter befanden sich Jt 20.75 (28.41) Mill. Gold. Außerdem ist der Notenumlauf mit -A 57.37 Mill, etwas mehr ermäßigt als in den Vorjahren (1912 Jt 44.82. 1911 Jt 40.11) Mill. Infolgedessen steigt die Notendeckung weiter von 80.66 auf 84.72 pCt. und die Deckung für Noten und Depositen zusammen von 59.3 auf 61.9 pCt.
ml? gegen die
IU1Z Vorwoche
1315.816 + 26.012
973.057 4- 23.874
43.586 4- 1.846
33.510 + 6.4)9
984.899 — 16.269
55 373 — 15.260
4 ISO — 7.921
153.880 — 6.956
I8O.000 (unver.)
66.987 (unver.) 1581 701 — 14.8,6 718059 + 31.968
43.447 + 0.714
Aktiva (in Mk. 1000)
Metallbestand .........
darunter Gold
Reichs-Kassenscheine .... Noten anderer Banken .. Wechselbestand ........
Lombard-Darlehen ......
Effektenbestand Sonstige Aktiva .....
Passiva.
Grundkapital Reservefonds Notenumlauf Depositen Sonstige Passiva
IHlo ) Vorwoche
1443.207 4- 24 472
1153.686 + 20.746
43 088 4- 0.414
84.80t + 6.H4
886 629 — 20.955
58.856 — 17.799
77.517 — 20.066
222.550 — 24.173
ISO.ooo (unver.!
7.0 048 (unver) 1-754.422 .— 57.374 '703.264 4- 4.349
58.417 + 1.082
") Notenkontingent ab 1. Jan. 1911 JÜ550 Millionen, an denQuar- talschlüssen Jt 750 Millionen vorher gleichmäßig Jt 472.83 Millionen,
Die Entwicklung des D e c k y n g s - Verhältnisses bei der Reichsbank zeigt unsere nachstehende Berechnung.
Deckung (in %)
1910 | 1911
23- August
1912
1913
31. Juli |7. Aug|15.Aug.|23. Aug.
tür die Koten
80.03
86.71
65.28
73.63 | 76.63 | 80-66
84.72
619
Noten u.Depos.
571
61.8
60.6
56.8 | 594 | 593
* Die Lobito-Katangabahn in Afrika. Aus Brüssel,- 22. d. M., wird uns geschrieben: „Es ist bekannt, daß der englische Großunternehmer W i 11 i a m s für die ..Companhia de cominho de Ferro" den Bau einer 1300 km langen Eisenbahnstrecke von der Lobitöbay an der Westküste Afrikaks (portugiesisch-Angola) nach dem belgischen Katanga (Südosten der Kongokolonie) anstrebt. Der schwierigste Teil dieser wichtigen Linie, von der Küste bis Huambo. ist auf eine Strecke von 426 km fertiggestellt und dürfte demnächst den 520. Kilometer erreicht haben. Der Weiter bau der Bahn bis zu der, übrigens noch nicht festgestellten belgischen Grenze, geht über Flachland und ist verhältnismäßig leicht auszuführen. Doch war es für Williams stets eine der bösesten Aufgaben, die nötigen Gelder für den Bau aufzubringen. Wie ich höre, ist angesichts der politischen Wichtigkeit der Bahn schon vor etwa einem Jahre eine deutsche Gruppe in Verhandlungen mit Williams eingetreten, die aber an den hochgeschraubten Forderungen des englischen Unternehmers scheiterten. Wichtig mag es sein, daß. wie mir glaubhaft versichert wurde, die englische Regierung einer deutschen Beteiligung an der Bahn ja sogar einer Art Kontrolle durch deutsche Kapitalien wenig oder keinen Widerstand entgegensetzen würde, und so klang es nicht unwahrscheinlich, daß ein vor einigen Monaten erfolgter Aufenthalt Dr. Williams in Berlin den Zweck verfolgt hätte, mit deutschem Kapital in Verbindung zu treten. Nun meldet das in solchen Dingen gewöhnlich auch unterrichtete „Mouvement geographique“ daß Williams sich tatsächlich mit einer mächtigen deutschen Finanzgruppe verständigt habe, und daß die Vollendung der Balm gesichert sei. Ob diese Nachricht wirklich zutrifft. bleibe zunächst dahingestellt.“
* Der Feuerversicherungsstreik in Missouri. Wie kürzlich berichtet, halten, nachdem der amerikanische Staat Missouri ein sehr scharfes Gesetz gegen Raten-Kon- ventionen, gemeinsame Entschädigungsprütungen u s.w. angenommen hatte, fast alle Feuerversicherungs-Gesellschaften ihren Geschäftsbetrieb dort eingestellt. Es wurde dadurch eine wahre Kalamität, besonders im Detailhandel, verursacht, da Engroshändler mangels Versicherung der Warenbestände nur noch gegen Bar verkauften. Natürlich kam auch das Baugeschäft fast ganz zum Stocken Wie unser New Yorker R-Korrespondent meldet, haben die Staatsbörden jetzt nachgegeben, sie werden das betr Gesetz als „verfassungswidrig“, also ungültig, ansehen und die Versicherungs - Gesellschaften werden ihre Bureaus in dem Staate wieder eröffnen.
Schwedische Beichsbank. Am 12. August ist die vom vorigen schwedischen Reichstag beschlossene A ende r u n g des Reic h sbankgesetzes in Kraft getreten. Die Schwedische Reichsbank war früher zur Ausgabe eines Betrages >on Noten berechtigt, der dein Vorrat an Gold und Wechseln auf das Ausland entsprach, ferner eines weitern Betrags von 100 Millionen Kronen sowie des Betrags, um den der Vorrat an Gold 40 Mill. K überstieg. Jetzt ist die Ausgabe von Noten auf den doppelten Betrag des Goldbestandes zuzüglich 125 Mill. K begrenzt. Sowohl früher wie jetzt sollen dem Teil des Umlaufs an Scheinen, der durch den Goldbestand nicht gedeckt ist, gewisse näher angegebene Vermögenswerte entsprechen, die nach der ..Köln. Ztg.“ nunmehr bestehen aus: 1. Staatspapieren, 2. Obligationen der Hypothekenbank und der Staatshypothekenkasse, die an fremden Börsen notiert werden. 3. Gold auf dem Transport, 4. Wechseln sowie 5. Saldo-Forderungen an das Ausland, die innerhalb sechs Monaten verfallen. Das Recht zur Ausgabe von Noten wird hierdurch wesentlich erhöht. Der Notenbetrag, zu dessen Ausgabe die Schwedische Reichsbank auf Grund der neuen Bestimmungen berechtigt war. belief sich am 17. August auf K 310 874 000 und. falls hinreichende Deckung vorhanden gewesen wäre, hätte der vorhandene Geldbetrag eine Ausgabe von K 330 324 000 Noten zu gelassen. Nach den früher geltenden Bestimmungen wäre sie dagegen nur zur Ausgabe von K 287 210 000 Noten berechtigt gewesen. Die Aenderung des Reichsbankgesetzes hat also der Bank eine größere Beweglichkeit gebracht, so daß sie vorkommenden- ilalL* außerordentlichen Ansprüchen mehr als bisher gerecht werden kann.
* Freien Gründer Eisenbahn A.-G.. Frankfurt a. M. Die Gesellschaft, deren Betriebsleitung die Akt.-Ges. für Bahnbau und Betrieb in Frankfurt a. M. führt, beförderte nach dem Bericht für 1912/13 49 126 (i. V. 43 351) Personen und 354 728 < 296 908"; t Güter. Die Betriebseinnahmen stellten sich auf Jt 246 511 (Mark 208 748). die Ausgaben auf Jt 135 740 (<ft 94 568). Bei einem Betriebsüberschuß von Jt 128 831 (Jt 117 045) und einem Betriebskoeffizienten von 47.68 (43.90) pCt. werden aus Jt 94 443 (Jt 82784) Reingewinn 5 (i. V. 4%) pCt. Dividende auf Jt 1.70 Mill. Aktienkapital verteilt. Nach der Bilanz schuldet die Gesellschaft der Betriebsführerin ein Darlehen von unverändert Jt 359 300, die Kreditoren hielten sich mit Mark 34 437 etwa auf Vorjahrshöhe; andererseits stieg das Bank; guthaben auf Jt 55815 (Jt 44 706) und das Saldoguthaben bei der Betriebsführerin auf Jt 26 706 (Jt 23 224). Die Bahnanlagen stehen mit Jt 2 153 786 (Jt 2 151 393) zu Buch. Das Ministerium der öffentlichen Arbeiten hat den Antrag der Gesellschaft genehmigt, nach welchem anstelle einer endgültigen l Regelung des Geldbedarfs das bei der Deutschen Eisenbahn-
Piettskag, 2k. Aug«S 1913
Gesellschaft A..-G. in Frankfurt a. ,M. aufgenommene Darlehen auf M 450 000 (bisher 359 300) erhöht wird.
* Kupfererz bauende Gewerkschaft Gottessegen, Hüddingen. Wir hatten im Abendblatt vom 28. März berichtet, daß durch Zirkulare der Gewerkschaft -unter Inaussichtstellung hoher Dividenden und unter Versprechung namhafter Provisonen Interesse für die Kuxe der Gewerkschaft zu erwecken gesucht wurde. Diesen Versuchen gegenüber war zur. Zurückhaltung gemahnt worden unter Hinweis auf die bei sog. gothaischen Gewerkschaften häufig sich findenden Zubußeverpflichtungen. Erst jetzt wendet sich ein Schreiben des Repräsentanten der Gewerkschaft an uns gegen jene Notiz, in dem es betont, daß die damalige Propaganda ausschließlich an Bankiers geschickt worden und daß die Kuxe nicht für das breite Publikum bestimmt seien. Die Gewerkschaft sei keine gothaische, sie habe ursprünglich ihren Sitz nach Gotha gelegt, um die billigen Steuern zu genießen; inzwischen sei aber der Sitz nach Preußen verlegt worden. Auch gehöre die Gewerkschaft nicht zu denen, deren Statut zur Erhebung von Zubußen berechtige. Sie sei vom Kgl. preußischen Oberbergamt sanktioniert; die Besitzungen seien frei von jeder Hypothek und im Grundbuch des Amtsgerichts Wildungen eingetragen. Die Gewerkschaft besitze eine staatliche Analyse der Erze mit 9.9 pCt. Kupfer und dazu 23.65 pCt. Eisen.
Porzellanfabrik E. n. ,4. Müller 4.-G., Schönwald (Oberfranken). Nach dem recht kurz gehaltenen Bericht für 1912/13 war der Geschäftsgang im abgelaufenen Jahre im allgemeinen gut. Es konnten höhere Umsätze erzielt werden, doch werden Ziffern darüber nicht abgegeben. Der Warengewinn beträgt Jt 327 773 (i. V. Mark 287 929). Nach Jt 70 462 (Jt 54 674) Abschreibungen verbleiben einschließlich Jt 22 419 (Jt 20 276) Vortrag Jt 121787 (Jt 93 584) Reingewinn, aus dem 8 (i. V. 6) pCt. Dividende verteilt und Jt 22 318 vorgetragen werden. Nach der Bilanz sind bei Jt 1 Million Aktienkapital und Jt 323 221 (Jt 328 251) Hypothekenschulden die Immobilien mit Jt 607 937 (Mark 619 900) und die Maschinen mit Jt 152 484 (Jt 165 068) bewertet. Im laufenden Jahre sei noch ein reichlicher Auftrags» . bestand verbanden, lieber die Aussichten ließen sich verläßliche Anhaltspunkte noch nicht geben. .) ."
l.ulea Jernverks <<■(>., Lulea. Dieses Eisenhütten, werk gewann in 1912 22 521 t Roheisen und erzielte K 300000' i. V. K 250 000 Reingewinn. Da die Gesellschaft an dem Kon*; cur« der A -G. Fernexport einyn Verlust, der sich auf' cs, K 413 000 belaufen soll, eilitt. mußte der ganze Gewinn zu dessen Deckung verwendet werden.
* Der Baumwollwarenmarkt im Gegensatz zum Rohstoffmarkt. Man schreibt uns: „Gegenwärtig zeigt der Rohbaumwollmarkt wiederum eine steigende Tendenz. So notierten am 20. d. M. Uplaöd ■ middling pro Pfund 62 PIg. in Bremen, , während die Terminpreise in Liverpool und New York auch eine aufwärtsgehende Richtung aufweisen und ca. 4 Pfg. unter der Loko-Paritat stehen. Die Festigkeit am Rohbaumwollmarkt besteht nun schon seit Monaten. Dis " Preisdifferenz zwischen dem Höchstpreis dieses Jahres beträgt 5 Pfg. Eine entgegengesetzte Entwicklung haben in vollständiger Unabhängigkeit vom Rohsioffmarkt die Preise. für Baumwollw a r e n genommen. Es zeigt sich, daß das Baumwollwarengeschäft auf fast rein spekulativer, vorn Roh-, ■ stolfmarkt bisweilen unabhängiger Grundlage aufgebaut ist,, Das hat zur Folge, daß der Baumwollwarenhandel innerhalb 6 Jahren zum dritten Mal Abschreibungen auf seine Läger; und auf seine Kontrakte vornehmen muß: im Jahre 1907, 1911, 1913. Dennoch läßt sich die heutige Situation recht mit der in den Jahren 1907 und 1911 vergleichen, wej damals auch die RohbaumwoHpreise mit den Warenpreisen fielen, sodaß Spinner. Weber und Großhändler gemeinsam Verluste erlitten. Da jedoch die Spinner und Rohwebei noch unter ganz günstigen Kontrakten stehen und über News nenswerte Läger nicht verfügen, so erleiden in diesem Jahre die Großisten und Ausrüster den größten Schaden, da sie die Preise für F er t i gfabrikate auch bereits zu ermäßigen gezwungen waren. Natürlich werden diejenigen Webereien, die direkt mit dem Detailhandel arbeiten, ebenfalls von Verlusten berührt, da diese für ihre Kundschaft Läger unterhalten müssen und genau wie die Großhändler disponieren müssen. Die Lage der Spinnereien ist insofern noch günstig, als sie mit einem Spinnlöhn von ca 19 bis 20 Pfg. rechnen können, ein Betrag, der die Spinner vör Verlusten schützt. Bei den Rohwebereien gehen neue Aufträge nur langsam ein. da die Ausrüster und Großisten glauben, daß die Preise sowohl für Rohbaumwolle, als auch für Roh-? gewebe noch weiter sinken. Einige Momente sprechen dafür, daß Rohbaumwolle eine höhere Preislage nicht erreicht. jedoch ist der Preis der Rohbaumwolle nicht ausschlaggebend für die Preise der Rohgewebe, Aber immerhin würde ein wesentlicher Preisrückgang des Rohstoffes die Gewebepreise noch weiter beeinflussen können. Vorläufig ist der Rückgang der Robgev^ebepreise lediglich auf das Nachlassen der allgemeinen Konjunktur und auf das der Nachfrage zurückzuführen. Die folgende Tabelle illustriert die Preisentwicklung der Rohbaumwolle, der Baumwollgarne und: der Rohgewerbe: :
Kohbaum- wol le proPfcl in Pf., Unland middling, in Bremen
20er Trossel- water pro Pfd. englisch in Pfennigen
.88 cm 16/16 bis 20|20 Cretonno aus amerik. Baumwolle pro Meter Pf.
92 em 19/18 glatte Kattune ofler Croises pro Meter Pf.
7. Aug. 1911
12. Aug.
66*4
92-94
29%^30
•-*2)1-23
1912
13. Juni
65*4
89-91
31 -31%
25 - 25)i
1913
11. Aug.
65
93-95
25K-25X -
1913
61
84-86
28)4-29
22)1-23
Während Rohbaumwolle seit Januar nur ca. 4 Pfg. pro Pfund im Preise gesunken ist, sind Garne uni 10 Pfg. pro Pfund zurückgegangen und Rohgewebe haben um 3 Pfg. pro Meter nachgelassen. In Prozenten ausgedrückt, beträgt der Rückgang
bei Rohbaumwolle ca. 6 Prozent
bei Garnen ca. 10 „
bei Cretonne...... ......ca. 10 „
bei Kattunen.............. ea. 12 „
Der Rückgang der Garnpreise ist im wesentlichen der Einfuhr österreichischer Garne zuzuschreiben, während der Rückgang der Gewebepreise auf das Nachlassen der allgemeinen Konjunktur, sowie der Nachfrage nach Baumwollwaren zurückzuführen ist. Augenblicklich halten auch die Weber mit ihren Aufträgen zurück, bis der Ernteausfall der jetzt auf den Feldern stehenden Baumwollpflanzen einigermaßen geklärt ist und die statistische Position der Baumwolle des mit dem 31. August endigen* den Baumwolljahres feststeht. Die Hoffnung auf billigere Rohbaumwollpreise stützt sich auf folgende Argumente: Die sichtbaren und unsichtbaren Welt* Vorräte betrugen am 1. März d. J. 9 594 000 Ballen Baumwolle, darunter 7 388 000 Ballen amerikanischer Provenienz. Sowohl der Ertrag der ägyptischen als auch der ostindischen Ernte wird wesentlich größer ausfallen als im Vorjahr. Der voraussichtliche Ertrag der amerikanischen Ernte läßt auf einen Ertrag von 15 Millionen Ballen schließen, gegen 14 in 1912 und 16 Millionen Ballen in 1911. Die rückgängige Konjunktur hält auch den Baumwolhnartit unter Druck, außerdem verhindern die reichlichen Baumwollvorräte in Spinnerhänden eine übereilte Nachfrage nach Baumwolle neuer Ernte. Dann steht der internationale hohe Geldstand der Bevorschussung von Baumwolle im Wege, sodaß die Pflanzer darauf angewiesen sind, ihre Produkte rasch an den Markt zu bringen. Die großen Zufuhren pflegen dann aber auf den Preis zu drücken. Demgegenüber sei aber auch auf folgende Hausse- Momente hingewiesen: Verspinnbare gute Qualitäten sind trotz der Riesenvorräte nicht im Ueberfluß vorhanden, und bessere Qualitäten sind relativ teurer; als die middling«Handelsware. So beträgt z. B. die Differenz zwischen middling und fully gulf middling ca. 3 Pfg. gegen sonst 2 Pfg. Dann benötigen die Industrien (besonders die Gummiindustrie) von Jahr zu Jahr mehr Baumwollgewebe, sodaß bei dem noch steigenden Bekleidungskonsum ■ der Baumwollbedarf andauernd zunimmt. Der jetzt abgeschlossene Balkanfriede dürfte belebend auf die Nachfrage nach Baumwollgeweben einwirken, da zweifellos die durch den Krieg ramponierte Kleidung dringenden Ersatz nötig macht. Die gegenwärtige Mode begünstigt außerdem Baumwollstoffe wie Tüll, Krepp, Velvet und Frotte. Da Wollstoffe und Wollgarne im Preise so sehr gestiegen sind, so werden von der Konfektion Baumwollstoffe bevorzugt. In Anbetracht dieser verschiedenen Gesichtspunkte glaubt man, daß eine Hausse in Rohbaumwolle nicht zu befürchten sei, wogegen das Sinken des Rohstoffpreisäs im Bereich der Möglichkeit liege. Die endgültige Entscheidung werden erst weitere Ernteschätzungen bringen. Vorerst hält man für wahrscheinlich, daß die jetzige Preis» läge noch für längere Zeit bestehen werde. Die Grossisten und Ausrüster sind gezwungen, für % Jahre in Rohgeweben im voraus zu disponieren, daher trifft sie der Rückschlag am Gewerbemarkt sehr hart, denn sie müssen <fie laufenden Kontrakte zu den noch hohen Preisen annehmeti, können ihre Fertigware jedoch fast nur auf der Basis des Marktpreises für Rohgewebe wieder absetzen. Die in der obigen Tabelle enthaltenen Preise verstehen sich für Lieferungen von Rohgeweben neuer Ernte, also in der Hauptsache für Lieferung im Jahre 1914. Trotzdem haben einige Berliner Grofifjrmen für sofort Preisermtoi-