Samstag, 27. Februar 1937 (15 Fig*) Zweites Morgenbtatt
81. Jahrgang Ur. 107
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Der Dachbar im Süden.
R K Berlin, 26. Februar.
Wenn das Dritte Reich in den vier ersten Jahren seines Bestehens mit der Umwelt, oder einem erheblichen Teil davon, nicht in das freundschaftlich geregelt« Verhältnis kam, das wir uns alle wünschen, so bitten wir dies nicht zu vergessen, daß es der Weimarer Republik auch nicht gelungen ist, obwohl sie es doch an nichts fehlen ließ, um das zu erreichen, — und obwohl man ihr mindestens eines nicht nachsagen kann, nämlich daß die Stärke ihrer Rüstung für die in Europa damals vorherrschenden Staaten besorgniserregend gewesen sei. Die Gründe, die cs dem nationalsozialistischen Deutschland erschweren, das erstrebte gutnachbarliche Verhältnis — braucht man übrigens viel mehr als das? — herzustellen, mögen in den einzelnen Ländern verschieden sein, aber sicherlich ist das, was man Propaganda nennt, daran nicht unbeteiligt: nämlich eine dem neuen Deutschland grundsätzlich feindliche Propaganda.
Während es zweifellos zu dm Ideen der westeuropäischen Demokratie gehört — wenigstens lehrte und glaubte man das vormals in den Kreisen der deutschen Demokratie —, sich einer auf nur ungenügender Kenntnis und bestimmten Vorurteilen beruhenden Einmischung in die Angelegenheiten anderer Länder zu enthalten, hat es diese Propaganda (zu der wir natürlich auch die Presseberichte rechnen) dahin gebracht, daß selbst die Länder, deren politische Besonderheit ein Höch st maß von Taktund Zurückhaltung poraus- fctzt, für richtig befanden, das deutsch« Selbstbewußtsein auf eine herausfordernde und oft beleidigende Weise zu reizen: nämlich die „Neutralen". Das bemerkenswerteste Beispiel hat dabei von Ansang an die Schweiz und ihre Presse gegeben: sie schien für die hohe Aufgabe, im wahrsten Sinne „neutral" zu sein, dem neuen Deutschland gegenüber kein Verständnis zu haben. Anstatt sich um eine peinlich genaue, aus jede moralische Bewertung verzichtend« Darstellung der Verhältnisse zu bemühm — und zwar auch des Teiles der deutschen Verhältnisse, der jedem Schweizer Bürger ehrliche Freude bereiten müßt«, wenn er sich di« Mühe machte, davon Kmntnis zu nehmen — steigerte man sich in di« Rolle eines unmittelbar Beteiligten hinein und schreckte sek)st vor einep beleidigenden Polemik nicht zurück. Schließlich: Man half sogar, jene erlogenen Durchmarsch-Gerüchte zu verbreiten.
Wenn wir uns mit wohlmeinenden Schweizern unterhielten, so wiesen sie, sobald man den Dingen auf den Grund ging, immer zuletzt auf einen Punkt hin, in dem sie die Quelle der ganzen Erregung sehen wollen: die völkische Idee des neuen Deutschlands bedeute nichts anderes als eine Gefahr für den deutschsprachigen Volksteil der Eidgenossenschaft. Vergeblich hat man jahrelang gegen diesen falschen Verdacht angekämpft — auch der Führer des Reiches, der ja beispielsweise im März des vorigen Jahres Erklärungen in bezug auf die Schweiz abgab, die wirklich hätten genügen können. Um so mehr müssen die Schweizer, darüber .erfreut und befriedigt sein, daß Adolf Hitler sein Gespräch mit dem Altbundesrat Schultheß zu neuen Formulierungen benutzt hat, die nun wirklich so klar und eindeutig sind, wie Worte nur sein können. Vor allem der Satz: „Zu jeder Zeit, komme, was da wolle, werden wir die Unverletzlichkeit und Neutralität der Schweiz respektieren."
Damit hat Adolf Hitler seinen fundamentalen Feststellungen über die Unverletzlichkeit der Neutralität Hollands und Belgiens und über das Verhältnis zu Frankreich eine Versicherung hinzugefügt, die nun auch das letzte, südlichste Stück des weiten Raums von der Nordsee bis zum Bodensee umfaßt, und zwar so, baff auch nicht einmal der Schatten eines Verdachts mehr übrig Bleiben kann. Der garantierte Raum dehnt sich aber noch viel weiter aus, denn an ihn schließt sich das österreichische Land, dem durch den deutsch-österreichischen Vertrag voll« Sicherheit gewährleistet ist. Im Nordosten aber, von der Ostsee bis gegen das Riesengebirge sehen wir die langgestreckte polnisch-deutsche Grenze, die durch den Vertrag mit Polen gut behütet ist. Nur an jener südöstlichen Flanke Deutschlands, wo der tschechoslowakische Keil in der Richtung auf Berlin. nach Deutschland hineinragt, konnte bisher das Angebot der Reichsregierung, mit allen Nachbarn sichernde Verträge zu schließen, nicht verwirklicht werden, weil Herr Benesch und seine Freunde ein militärisches Bündnis mit
l Sowjetrußland — und eine offene Wunde am Leib des • deutschen Volksteils der Tschechoslowakei —, einer Verstän- i digung mit dem Reich vorzreht.
Tie Erklärung Adolf Hitlers gegenüber der Schweiz sagt ) für uns Deutsche nur etwas Selbstverständliches, — aber anderen gegenüber ist sie von doppelt hohem Wert. Die wohltätigen Folgen werden aber nicht voll erreicht werden, wenn die Schweizer sich darauf beschränken wollten, dies« erneute Bestätigung ihrer Unverletzlichkeit und Neutralität „mit Genugtuung" in ihren Aktenschrank zu sperren. Die Schweizer haben gewiß ein zwingendes Recht auf die Anerkennung der Unverletzlichkeit der Schweiz, aber sie haben eine nicht minder zwingende Pflicht: die Verpflichtung auch zu geistiger und moralischer Neutralität ihren Nachbarn und deren Problemen gegenüber. Die Eidgenossen sollten die ersten sein, die zugeben, daß die einzigartige Stellung ihres wundervollen und uns Deutschen so vertrauten Landes nicht nur auf der strategischen Integrität, sondern noch weit mehr auf der moralischen Verpflichtung beruhen muß, die damit unauflöslich verknüpft ist. Wäre es darum nicht an der Zeit, dem sinnlosen Polemisieren, dem überheblichen Kritisieren und, kurz gesagt, all dem ein Ende zu machen, was viel mehr als jene angeb*. | liehe Bedrohung der Schweiz das Verhältnis zwischen uns und unserm Nachbarn im Süden so erschwert hat?
Genugtuung in der Schwei;.
„Ein wohlüberlegter, seriöser und bedeutsamer politischer Borgang".
(DrahtMeldung unserer Korrespondenten.)
p Zürich, 26. Februar. Die amtliche Mitteilung des Bundesrates über die dem früheren Bundesratsmitglied Dr. Schultheß gegenüber abgegebenen Erklärungen des Führers und Reichskanzlers wird in der schweizerischen Presse als ein Ereignis von großer Bedeutung behandelt. Die in den Abendblättern vorliegenden Kommentare bringen zunächst vornehmlich die Auffassung zum Ausdruck, die int Bundeshaus kundgegeben wurde. Dabst wird gleichzeitig darauf hingewiesen, daß Dr. Schultheß sich vor Antritt seiner privaten Reise nach Berlin mit dem Bundespräsidenten Motta über seine Absicht ausgesprochen habe und daß dieser die Fühlungnahme mit führenden Persönlichkeiten begrüßte. Dr. Schultheß sei in Berlin auch mit Reichsaußenminister von Neurath, Reichsbankpräsident Dr. Schacht und Ministerialdirektor von Weizsäcker (dem früheren deutschen Gesandten in Bern, der im August des vergangenen Jahres die Leitung der Politischen Abteilung des Auswärtigen Amtes übernommen hatte), zusammengetroffen. Die Unterredung mit Reichskanzler Hitler, an der Staatssekretär Dr. Lammers teilnahm, habe etwa eine Stunde gedauert und Gelegenheit zur Besprechung der europäischen Lage gegeben.
Dir „Neue Zürcher Zeitung" erinnert an die Reichstagsrcde Adolf Hitlers vom 21. Mai 1935, an welcher der Reichskanzler bereits, .eine der. Schweiz gerecht werdende staatspolitische Ffft- stellnng machte, und sagt dann über die neuen Erklärungen,"Ne I sie als einen „wohlüberlegten, seriösen und bedeutsamen staatspolitischen Vorgang" bezeichnete: „Die authentischen Erklärungen des Reichskanzlers werden vom Schweizer Volk mit derselben Genugtuung ausgenommen werden, die der Bundesrat in seiner amtlichen Mitteilung ausgesprochen hat. Alle zwischen den Nachbarstaaten schwebenden Angelegenheiten lassen sich in einer Atmo- I sphäre guter Beziehungen leichter ordnen als im Zustand der Unsicherheit über das gegenwärtige Verhältnis." Die „Nationalzeitung" I äußert gleichfalls das Gefühl der Genugtuung. Bei allen Gegensätzen in den politischen Anschauungen Deutschlands und der Schweiz habe das Schweizer Volk nie an dem Willen des Nachbarlandes gezweifelt, die schweizerische Neutralität zu respektieren.
der schweherischeu Gre«?sch»tzkompanien.
P Zürich, 26. Februar. Der Bundesrat beschloß in seiner heutigen Sitzung, neben der bereits bestehenden freiwilligen Grenzschutzkompanie acht weitere Kompanien auszustellen. Dieser Grenzschutz, dessen Rekrutierung vorläufig auf arbeitslosen Freiwilligen aufgebaut worden ist, ist erst nach Verabschiedung der letzten Wehrvorlage beschlossen worden, da das auch in der reorganisierten Armee beibehaltene Milizsystem für Grenzschutzzwecke als nicht ausreichend erachtet wird. Da die Verfasiung die
Einrichtung eines stehenden Heeres nicht kennt und eine Ver- fasiungsänderung nicht ohne weiteres durchzuführen wäre, behilft man sich vorläufig mit dem Freiwilligensystem, das eine halbjährige Verpflichtung zum Dienst in der Grenzschutzkompanie zur Grundlage hat.
Sliwjetrußland und Portugal verzichten auf Seekontroüe.
(Drahtmeldung unseres Korrespondenten.)
WvD London, 26. Februar. In der Sitzung des Unterkomitees am Freitag wurde den Ausschußmitgliedern eine sehr große Ueberraschung von den Russen bereitet. Wochenlang sind die Ausschußarbeiten durch die Forderung Sowjetrußlands aufgehalten und erschwert worden, daß auch seine Kriegsflotte zu der Seeaufsicht herangezogen werden sollte. Schließlich ist man ihm entgegengekommen, indem den sowjetrussischen Kriegsschiffen bet Abschnitt in bet Nordwestecke Spaniens zugewiefen wurde. Da dieser den Besatzungen der sowjetrussischen Kriegsschiffe jedoch zu unbequem ist, hat Sowjettußland nunmehr dem Vernehmen nach durch feinen Vertreter erklären lasten, daß es an bet Seekontrolle nicht mehr teilnehmen wolle. Heber das Ausscheiden der Rusten wird keine der beteiligten Seemächte traurig fein. Auch bas oerbünbete Frankreich wird eS kaum be- bauern. Aber infolge bes Moskauer Widerrufs muß nun eine völlige Neueinteifung der Kontrollabschnitte im Sinne des ursprünglichen Viermächteplans vorgenommen werden, was für den Ausschuß neue große Mühe und weitere Arbeitsverzögerung bedeutet. Nach Rußlands Austritt aus der Reihe der See- kontrollmächte will jetzt auch Portugal nicht mehr an bet Seeaufsicht keilnehmen. Die Entscheidung der portugiesischen Re
gierung ist durchaus logisch, denn sie hatte eine Heranziehung ihres Landes zu bet Seekontrolle nur beshalb gewünscht, weil Sowjetrußlanb auf einer Beteiligung beftanben hatte.
Ferner hören wir, daß bas Unterkomitee beschlossen hat, auf Donnerstag der nächsten Woche eine besondere Saniere n $ bevollmächtigter Ministerialbeamter einzuberusen, die Richtlinien für die mit spanischen Häfen verkehrende Handelsschisfahrt im Sinne bes Seekontrollplans auszusetzen hat. Tie Ministerialbeamten, die sich von den in Frage kommenden Hauptstädten nach London zu begeben haben werden, sollen nicht allein als Sachverständige zugezogen werden, sondern sie werden bevollmächtigt sein, ein bindendes Instrument aufzusetzen.
Schließlich wird auch von einem deutschen Vorschlag gesprochen, der in der Freitagssitzung gemacht worden ist. In ihm wird im Hinblick auf die Schwierigkeit, die Zahl der an bet portugiesischen Landgrenze zu verwendenden englischen Beobachter der Zahl der an der französischen Pyrenäengrenze anzusetzenben internationalen Agenten anzupassen, als Prinzip angeregt, baß die Agentenzahl je nach ben bestehenden Grenz- und Verkehrsverhältnisfen elastisch gestaltet werden sollte. Ter Vorschlag wurde von ben Ausschußmitgliedern, wie mir vernehmen, sehr freundlich aufgenommen.
Das Unterkomitee wird seine nächste Sitzung am Montag ab- halten. Der Hauptausschuß soll am Dienstag vormittag zu einer neuen Gesamtsitzung einberufen werden.
Profeflsr Kurckhardt bei Delbas.
iü Paris, 26. Februar. Der französische Außenminister D e l- bos hat den hiesigen österreichischen Gesandten Vollgruber und später den neuen Kommissar des Völkerbundes für Danzig, Professor Carl Burckhardi, empfangen.
Vorgeschichte her englischen Aufrüstung.
Sir John Siruorr über die Organisation der britische» Luftabwehr.
(Drahtmeldung unser r r S Korrespondenten.)
WvD London, 26. Februar. In den englischen Zeitungs- berichten über die zweite Rüstungsdebatte des Unterhauses — sie war an sich nicht mehr von sehr großer politischer Bedeutung — hat die Schlußrede Sir John Simons nicht genügend Beachtung gefunden. In Wirklichkeit war sie recht wichtig, denn sie enthielt einige bemerkenswerte Angaben über die Vorkehrungen, die von der Regierung zur Stärkung der Heimatfront getroffen werden, und sie brachte ferner eine recht bedeutungsvolle Feststellung über die Vorgeschichte der britischen Aufrüstung. Ueber sie berichtete der ehemalige britische Außenminister sehr viel wahrheitsgetreuer, als es britische Regierungsmitgliedet seit langem getan haben.
Was die Vorkehrungen für die Heimatfront anbctrtfft, so bedauerte Simon, nicht die ganze Arbeit schtldern zu können, die von einer großen Zahl bon Ausschüssen in Angriff genommen werde. Aber er nannte drei Beispiele: Erstens wandte auch er sich mit einigen Worten dem Ausgabenselde zu, das der „Nahrungsmittelwehr" gegeben worden ist (siehe den Londoner Bericht in der Reichsausgabe vom 25. Februar). Zweitens legte er bar, daß ein Hauptausschuß und eine Anzahl von Unterausfchüffen die Frage der Verteilung der Einfuhrwaren in Kriegs- zeiten zu behandeln haben. Der betreffende HauptauSschuß wird geleitet von dem ehemaligen Parlamentsmitglied Sir Cuthbert H e a d l a m. Der Hauptausschuß und seine Unterausschüsse haben sich unter anderem auch mit der Verlegung van Schifsohrtslinien, der Verteilung von Nahrungsmitteln und Rohstoffen innerhalb des Landes und auch mit der Organisation der Haupthäfen zu befassen. Hafennotstands-Ausschüsie seien bereits in zahlreichen Häsen eingerichtet worden. Sie seien emsig damit beschäftigt, für den Ernstfall die nötigen Pläne zu treffen. Solche Notstandsausschüsse gebe es bereits in 45 wichtigen Häfen des Landes. Drittens erwähnte Simon den Ausschuß, der die O e l v e r s o r g u n g zu bearbeiten hat. (Hierbei handelt es sich um ein Problem, das der britischen Regierung wegen der amerikanischen Neutralitätsbill sehr große Mühe bereitet.) In dem Oelausschuß säßen die erfahrensten Zivilsachverständigen. Ueberhaupt wies der Minister nach, daß die Behauptung, auch die Mobilmachungspläne für die Heimatfront lägen fast ausschließlich in den Händen von Offi
zieren, völlig unbegründet sei. Es sei vielmehr richtig zu sagen, daß „ein ungeheurer Generalstab", der größtenteils aus Zivilisten bestehe, aber natürlicherweise auch von Militärs, Marine- und Luftsahrtsachverständigen unterstützt werde, ins Leben gerufen worden fei. Die Heranziehung von Militärs fei schon deshalb notwendig, weil man zum Beispiel in Kriegszeiten die Verlegung von Schiffahrtslinien nicht ohne den sachverständigen Rat der Admiralität vornehmen könne und weil man nicht imstande sei, Schutzmaßnahmen für Oelvorrate ohne den sachverständigen Rat des Luftfahrtministeriums zu entwickeln.
Ein Abgeordneter hatte bemerkt, daß die Artikelreihe des Sir William B e v e r i b g e in bet „Times" eine Kritik an der Regierung bedeute. Auch dagegen wandte sich Sir John Simon sehr energisch. Jeder einzelne der Vorschläge für die Organisation der Heimatfront, die in den Artfleln gemacht worden seien, werde von der Regierung auf das sorgsamste geprüft. Die Regierung stimme mit Beveridge vielleicht nicht in jedem einzelnen Punkte überein, aber das von ihm behandelte Gesamtfeld werde von ihr auf das sorgfältigste untersucht.
Als Minister des Innern machte Simon bann einige Mitteilungen über die Tätigkeit des ihm unterstellten Amts für Vorsichtsmaßnahmen gegen Luftangriffe. Während der Luftmacht die aktive Verteidigung zufalle, habe sich dieses Amt mit der passiven Verteidigung zu befassen. Beim Luftangriff fei mit drei Angriffsmitteln zu rechnen: Bomben von hoher Explosivstärke, Gasbomben und Brandbomben. Brandbomben feien das schlimmste Angriffsmittel, denn ein Flugzeug sei heute imstande, 2000 zweipfündige Brandbomben zu tragen. Einen Ausschuß für Luftvorsichtsmaßnahmen habe es feit 1925 gegeben. Aus ihm sei das Amt für Vorsichtsmaßnahmen gegen Luftangriffe gemacht worden. Das Ministerium des Innern rufe in Verbindung mit ben Ortsbehörden überall örtliche Organisationen für Maßnahmen gegen Luftangriffe ins Leben. Nach Monaten sehr angestrengter Arbeit sei es den Regierungssachverständigen gelungen, eine vereinfachte Gasmaske zu schaffen, die auf dem Wege der Massenproduktion hergestellt werden könne. Dadurch werde die Regierung in die Lage gebracht, für einen Massen- t> errat von Gasmasken sorgen zu können, die im Notfall an die Bevölkerung kostenlos ausgegeben werden könnten. Groß-
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Feindschaft.
Von Norbert JarqueS.
Am späten Nachmittag war der Direktor Haaße der deutschen Kolonie Cerro Azul in Süd-Brasilien in Bornemanns Venda in Bello Horizonte eingekehrt uni) hatte sich zu ben Kolonisten umö zu einer Flasche Bier gesetzt. Bornemann zündete bald die Lampe an. Sie hing mit einem breiten Emailschirm über bem einzigen Tisch, der in bem großen leeren Raum in bet Nähe des Verkaufs- standes aufgestellt war. Dann wurde es draußen vor der immer offenen Tür mit einem Schlag Nacht, und der Direktor stand auf und wollte heimreiten.
Bornemann sagte: „Warten Sie einen Augenblick. Ich will Ihr Pferd richten!" Er begab sich auf das Türloch zu, das wie ein schwarzes Rechteck in der Bretterwand stand. Die Kolonisten erhoben ficf),_ um dem Direktor gute Nacht zu sagen. Ich saß auf bem Verkaufstisch. Ich war seit drei Tagen in Bornemanns Haus und hatte gemeint, es wäre an Haaße als Vorsteher der Kolonie gewesen, mich als Fremden zuerst zu begrüßen und nicht ich ihn. Er schien aber, vermutlich grabe weil er der Direktor war, anderer Meinung zu fein, und jo "hatten wir beide gegeneinander getrotzt, aneinander vorbeigefchaut und übereinander hinweggeredet. Deshalb nahm ich fein Weggehn auch nicht zur Kenntnis, sondern blieb auf dem hohen Verkaufstisch hocken.
Als Bornemann bis in die Nähe der Tür gekommen war, rief Haaße ihn an und Bornemann blieb stehn. Haaße ging zu ihm. Er drehte dem Raum, Bornemann der Tür den Rücken, und dann geschahen fast gleichzeitig folgende Begebenheiten:
Haaße redete leise etwas zu Bornemann, und an dessen plötzlich zu mir herichauenben Augen erkannte ich, daß es mir galt. Zugleich sagte Pirchwaffer, einer der Kolonisten, die am Tisch stehn geblieben waren, mit einer so gleichmütigen Stimme, als begutachte er für sich selber das Wetter:
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„Bornemann, eine Schlange ist hinter dir! Rühr dich nicht!"
Ich sah sie gleich. Sie war wohl durch die offene Tür hcrein- gefommen und aalte sich gerade, eine Spanne weit von Bornemanns nackten Fersen entfernt, über die Bodenbretter. Es war die Stelle, an der der Lichtschein der Lampe unter bem Emailschirm ans Dunkle anfetzte.
Ich starrte, einen Stich auf dem Herzen, gegen die gefährdeten nackten Fersen Bornemanns. Doch glitt die Schlange, ohne ihrer zu achten, eilfertig auf den Tisch und auf den Kolonisten Haber zu, der der Tür den Rücken kehrte, aber auf Pirchwassers Warnung hin den Kopf halb rückwärts gewandt, dem Tier entgegen« schaute.
Pirchwaffer flüsterte kaum hörbar: „Eine CHararacal"
Tie sechs andern Männer standen da, wie aus Holz. Tie 'Schlange, die lebhaft grau und hell gezeichnet und so lang und so dick tote ein Hackensticl mar, eilte heran. Sie schusselte wie in einer freubiaen Trunkenheit daher und geradewegs auf die beiden nackt
leuchtenden Fersen Habers los. Dieser verharrte, am ganzen Körper reglos, den Kopf weiter seitwärts zurück auf den Boden gewandt, auf den mir alle, in einem einzigen Entsetzen vereint, hin- ftarrten. Doch wie ich meinte, die Schlange habe Habers nackten Fuß schon erreicht, hatte dieser blitzschnell zugetreten, und der Kopf der Schlange faß nun wie unter einem Amboß festgehalten zmischen Habers Ferfe und dem Fußboden. Der Körper schlang sich in beschwörenden Windungen um die Beine des Mannes in die Höhe.
Haber grölte auf :„Du Höllenaas!'
Tie Gesichter der andern entzerrten sich aus ihrer hölzernen Erstarrung unmittelbar zu einem Frohlocken. Unter der nahen Lampe stand es im Licht und Schatten fratzenhaft verstärkt auf Den Hagern Zügen. Haber bog sich nieder, faßte ohne viel Federlesens die Schlange mit der Hand hinter dem unter der Sohle gefesselten Kopf und riß sie hoch. Er schrie dazu mit kleinen Lauten einer harten entzündeten Lust, legte den Kopf des Tiers rasch auf den Tisch und schlug mit einer Bierflasche rasend und so lang zu, bis das Glas i» Splitter auseinander flog. Dann schleuderte er die Schlange vor sich auf den Boden. Tie Bretter donnerten von dem Aufschlag.
Das Tier aalte in verzweifelten Windungen, in rudernden Zuckungen versuchten die Lebensreste, die noch in den Muskeln kreisten, den Körper zur Wehr höchsteigen zu lassen, als gebe es noch eine Errettung aus einem Tod, der schon lang eingetreten war. Nur der zermalmte Kopf wußte Bescheid und lag wie angenagelt auf dem Boden. Da stürzten die andern Männer vor und begannen mit Stühlen und mit ihren Macheten, mit Flaschen und den Füßen nach ihr zu schlagen, tanzend auf ihr zu trampeln, die doch schon tot mar, stießen unflätige Verfluchungen gegen sie aus In heftigen, lang gezogenen Schreien, die bald in ein Gebrüll übergingen, schlugen sie mit den Fäusten auf sie und um sie auf den Boden, sie mußten sie Fleisch an Fleisch zerstören. Es mar, als sei aus dem Elementargeist ein gemeinsamer Wahn- sinn in sie gefahren, und Bornemann stand roeiter neben dem Direktor und spuckte zischend auf den zerhackten und zermanschten Körper des Tieres, sooft der zwischen den Tanzenden sichtbar wurde.
Haaße war bleich wie das Email des Schirms.
Ich krallte die Nägel in das Holz des Scsianktischs, beugte mich weit und gierig vor und war erst wie ausgeleert. Tann stiegen aus dem wüsten Benehmen der Männer Gelüste nach einer Gewaltsamkeit in mir auf. Gegen wen? Gegen was? Sie schienen keine Richtung und kein Ziel zu haben.
Nun schleuderten die Männer, in einem Haufen zusammen- gekugelt, wie bei einem Ballspiel, mit den Füßen den Balg unter Verwünschungen und Gefluche gegen die Tür. Er verfehlte die Ceffnung und klatschte an die Bretterwand. Gleich waren sie wieder über ihr her, und erst als er draußen in der Finsternis verschwunden war, begannen sie sich zu beruhigen. Nun lochten sie laut und wie glückliche Kinder und kamen zum Tisch zurück, um sich auf die Stühle fallen zu lassen.
„Der habt Jhr's gegeben", sagte der Direktor mit einer wächsernen Stimme. „Taz Höllenaas!" schrie Haber noch einmal, und seine Stimme überschlug sich.
Bornemanns Kinder waren, von dem Lärm gerufen, in die Venda gekommen und standen in einem Schrecken aufgereiht mit offenen Mündern hinter dem Verkaufstisch. Der Direktor ging nun rasch hinaus, und fast im selben Augenblick, wo er in der Finsternis verschwunden war, hörten wir sein Pferd antraben. Im nächsten Augenblick waren alle Männer in einer eilfertigen Gesprächigkeit. Jeder wußte ein Schlangengeschichte.
Haber erzählte die geisterhafteste: Er sei einmal mit dem Delegado von Cerra Aznl nach Santo Angelo geritten. Als sie aufs Camp kamen, sahen sie eine Schlange im Weg. Sie ging aber nicht weg, wie es die Schlangen sonst tun, sondern schien geradezu auf sie zu warten. „Die schieß ich!" sagte Haber. Da meint« der Brasilianer: „Tas möchte ich dir nicht raten*. Aber Haber ritt nah auf sie zu, schoß aus dem Sattel quer hinunter und hatte die Schlange so gut getroffen, daß die Kugel ihr den Kopf abriß, von dem nichts mehr zu sehen war. Ter enthauptete Leib wand sich im Gras. Als Haber fünf Stunden später in Santo Angelo in den Laden von Donnath trat, fragte ihn dieser: Haber, was habt Ihr denn an Eurem Hut? Haber nahm den Hut ab und sah erst jetzt, daß der abgerissene Kops der Schlange ihm an den Hut gesprungen war. Noch im Tod hatte sie ihm ihr Gift geben wollen. Denn gerade so gut, wie sie mit den Giftzähnen sich in den Filz angenagelt hatte, hätte sie unter der Krempe das Gesicht treffen können. „Höllenäser! Höllenäser!", fluchte Haber. Die Zuhörer schauten alle wie auf einen geheimen Befehl in das schwarze Türloch, vor dem in der Finsternis die zerstampfte Chararaca lag, schon von Ameisen wimmelnd. Ein leichter Krampf knotete die Gesichtszüge der Männer. Tann begannen sie aus dem Gefühl von gesättigter Feindschaft und gestilltem Haß noch einmal gemeinsam und laut zu lachen.
Alexander Aorodin.
Zum 5 0. Todestag: 27. Februar.
Der schlichte Name des heute vor allem noch als Schöpfer der „Polowetzer Tänze" weithin bekannten und lebendig gebliebenen rujsifchen Komponisten läßt nicht vermuten, daß sein Träger der Abkömmling eines einst souveränen Fürstenqefchlechts mar. Als Alexander Borodin 18-34 in Petersburg zur Welt kam, gab es freilich keine regierenden Fürsten in Georgien (Grüssen) mehr, denn das Land zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer war bereits 1802 zur russischen Provinz erklärt worden. Natürlich wurde Alexander nicht „Berufsmusiker"; es ging schon gegen die Regel, daß er den „bürgerlichen" Beruf eines Arztes ergriff, den er praktisch vor allem als Chirurg in der Armee ausgeübt hat. Später erfolgte dann die Berufung zum Professor an der Petersburger Militär-Akademie. Ganz anders als in Deutschland (aber auch als in Italien und Frankreichs sehen mir unter ben bedeutenden russischen Komponisten des 19. Jahrhunderts überraschend
»iele „Liebhaber" — Dilettanten in einem sehr gehobenen Sinne des Wortes. Entweder waren sie gar nicht auf einen Lebensunterhalt durch künstlerische Betätigung angewiesen, wie Michael Glinka, der Begründer der russischen Nationaloper, oder sie bestritten ihre Existenz durch einen Beruf, der mit ihrer Kunst nicht das mindeste zu tun halte. Glinka gestattete sein beträchtlicher Gutsbesitz das freie Schaffen. Von den fünf Mitgliedern der „jung- russischen Schule", der auch Borodin angehörte, standen sowohl Mussorgskij wie Rimskij-Korffakoff und Cäsar Cui als Offiziere im Staatsdienst. Und noch Tschaikoffskij begann als Beamter im Finanzministerium. Aus dieser Tatsache erklärt sich manches Problematische in der russischen Musik dieser Zeit, besonders ihre oft bei aller Kraft der Naturanlage nicht vollendet erscheinende Durchbildung.
Bei Borodin mag die Bindung an einen anderen Beruf auch von Einfluß auf den Umfang seines Lebenswerkes gewesen sein. Er hat uns nicht allzuviel hinterlassen, u. a. drei Symphonien, eine symphonische Dichtung (Steppenskizze aus Mittelasien), -wei Streichquartette und die Oper „Fürst Igor". Seine absolute Musik wird außerhalb Rußlands nur noch selten gespielt, doch es fällt schwer, den Grund dafür zu finden, warum etwa die h moll= Symphonie, die den Vergleich mit Tschaikoffskijs besten Werken aushält, ja sie an Eigenart vielleicht übertrifft, so wenig zu hören ist. Hier wie in der „Steppenskizze" klingen auch morgenländische Weifen auf. Sie klingen so echt, weil sie nicht nachempsunben. sondern aus einer unmittelbaren inneren Beziehung zum Orient gewonnen sind. Tas ans persische Reich grenzende 'Georgien roirp von einigen Geographen zwar noch zu Europa, von den meisten jedoch (und wohl mit Recht) schon zu Asien gesiililt. So zeigt auch der .Fürst Igor", dessen Handlung allerdings etwas mehr nach Norden zu spielt, typische „Bilder aus dem fernen Osten", und in seiner stärksten Nummer, den weltberühmten „Polowetzer Tänzen", sammelt sich gleichsam wie in einem Brennpunkt das künstlerische' Vermögen dieses Musikers. Man braucht diese Festmusik nur etwa mit der lgleichfalls wertvollen und viel aufgeführten) aus Rimskij- Äorssakoifs „Gold'nem Hahn" zu vergleichen, um zu er ennen, wem die größere Ursprünglichkeit gegeben war. Welch unbeschreibliche Grazie liegt in der Melodie des Mädchentanzes! Sie wird in ihrem Zauber durch den folgenden Gegensatz: die von rhythmischen Energien strotzenden Tänze der Männer und Knaben, noch be- stätigt, um dann wieder aufzlttauchen und schließlich unterzutauchen in einem Ausdruck der Lebensfreude, der beide Elemente zur Einheit verbindet.
Borodins Oper ist erst 1925 in Mannheim zur deutschen Uraufführung gelangt, nachdem sie in Rußland schon jahrzehntelang ständig im Spielplan gestanden hatte. Es ist kaum an.zunehmen, daß sie als Ganzes jemals zum Allgemeingut wird Dazu mangelt cs ihr an der erforderlichen Dramatik wie an bem, was alle ohne weiteres angeht. Aber die Tänze daraus, in der Vorkriegszeit ein Glanzstück im Repertoire des Kaiserlich-Russischen Balletts, werden überall meiterteben. Sie allein würden genügen, um die Erinnerung an den, bet sie geschrieben hat, wachzuhalten. R. R.