Mo ntag, 12. November ^üüjudä'2 1923 klbenclblati -S«nv,xr«t» Sür Movembrr: Grandmfci Hiilioneo m») SohlSsseJzafc! 3300» freibleibend, Iprbshaltissh Neoberbebnng. Stadt: l.— 15. November Grntdzahl 800000 mal Schlüsselzahl 60000Ü»azügl. Bestellgeld. Bezieher im Saargebiet können nnr direkt beim Verlag bestellen. AtufiMtda-Beang iat nnr durch die(teschäftsstelle in Frankfurt a.M. möglich, die an die einzelnen Bezieher direkt lietert Für die Schweiz auch durch FntzEwert, Kroazliujten, Postscheckkonto VH1 2381. American Agency Walter Heget, New York. 501 World Building. Wöohentlioh 13 Ausgaben. Kegelmaöige Beilagen: Technisches Blatt, liiteratnrblatt und Hocbschnlblatt, Bd Stäransea durch höhere Gewalt«Ser Streiks tässea Ereatzassprfic'ae Eicht berscksicliligl werde«. linseipreis^SSO Milliarden Binsondungen an die Bedaktion, denen kein Bück» porto beiliegt, können nicht zarnekgesamlt werden (Frankfurter Handelszeitung) tttfö Stadt-!elephon: Amt hs.'sa 9162. Uön ^raiiifurfer 3ciftttift (Nene Frankfurter Zeitung) FGr auswärts: Amt Hansa 9173 68. 7aHrg<mg. Nr. 841 inselrenpreis« i Vis 24 mm breite ITonpax.• Zell« 75 ftoidpfennige, B>e&lam«-g«12c S.7S Goldrnark. Stflleng-emicliöS 40 Goldpfennige, VauLilitnaiuteigren die doppeltbreite Zeile 75 Gcldptennige. Platz- nhd JJaten- Vorsctiriften ohne Verbindlichkeit. Anzeigen nehmen an: Geschäftsstelle Frankfurt a. DL.» Große Eschenheimers! r. 31/37, Hchillerstr.20. Kxeusling'en(Schweiz)! Fritz Ewert, Postfach, BCainz: Ktadthaasstr. 8, Berlin Potadamersrra&se 133. Dresden-A' Waisenhausstr. 25 Köln: Kaiser Wilh-King 10, Hänchen: Pernsastr. 5 OfJfenbach: Biebererstrasse 34. Stuttgart: Postetr. 7 unsere Aeentuien nnd die Annoncen-Expecitionen Vertag und Druck der Frankfurter Societäts-Druckerei 6. m. b.H Postscheckkonto Frankfurt(Main) 4430« Frankfurt, 1Z» Uovembrr. , Die Rückkehr des früheren deutschen Kronprinzen ist für Deutschland sicherlich kein Ereignis «on glücklicher Vorbedeutung. Die deutsche Oeffentlichke.t ksun. Anspruch daraus erheben, baldigst von der Reichstegie- rung zu erfahren, warum es gerade jetzt, ausgerechnet jetzt dazu kommen mußte. Der Sohn Wilhelms II. hat dem deutschen Vaterlande, das er zu lieben behauptet, sowohl innenpolitisch wie außenpolitisch durch seine Heimfahrt in diesem Augenblick ganz gewiß keinen guten Dienst geleistet. Als vor einigen Wochen irrtümlich gemeldet wurde, er sei bereits i» Oels eingetroffen, wurde von Berlin die Aufklärung gegeben, daß sich das preußische und das Reichskabineit zwar grundsätzlich mit der Rückkehr des Kronprinzen einverstanden erklärt hätten, daß aber der damalige Zeitpunkt als nicht geeignet dafür gehalten wurde. Kein Mensch wird behaupten können, daß der gegenwärtige Zeitpunkt geeigneter sei. Vielmehr ist gerade das Gegenteil der Fall. Die Frage verlangt also dringend eine Antwort, ob inzwischen von den kieirb behörden eine neue Entscheidung getroffen wurde, oder ;b Wilhelm der Jüngere, nachdem er einmal seinen Paß in i>er Hand hatte, die Energielosigkeit des durch die innere Lrise gelähmten ReichSkabinettZ mißbrauchte, um auf eigene flaust zu handeln. . Es liegt uns fern, die Bedeutung des Ereignisses zu überschätzen. Im Ausland besteht Neigung dazu. Darum wird :ü Pflicht, gegen solche Uebertreibungen aufzutreien. Es landelt sich um keine„Rückkehr Napoleons von Elba". Der Hemalige Kronprinz ist wahrhaftig kein Napoleon und wird S nie werden. Er ist ein Durchschnittsmensch, der in einer Ttmosphäre aufwuchs, in der er nicht einmal die soliden Eigenschaften eines Durchschnittsmenschen entwickeln konnte. Zeine Rückkehr darf lediglich als eine deutsche innerpolitische frage aufgesaßt werden. Da wir von den Menschen zunächst mmer gern das Beste annehmen möchten, so sind wir geneigt u glauben, daß der Kronprinz zurzeit den ehrlichen Vorsatz at, dem von ihm gegebenen Wort entsprechend nicht gegen ie deutsche Republik und gegen die Weimarer Verfassung zu dirigieren. Das Intrigieren werden aber andere für ihn esorgen, haben andere ja schon eine Zeit lang für ihn be- ,rgt, und so wird Wilhelm der Jüngere alsbald im Mittel- unkt von allerlei Intrigen stehen. Daß er dann die Eharak- -rstärke haben wird, sich davon frei zu machen, ist bei einem Kanne, wie er eS ist, nicht zu erwarten. So kann, wenn ie Reichsregierung und die deutsche Oeffentlichkeit nicht auf- rerksam sind, in unserer Zeit der inneren Zersetzung um ;ine Person ein neuer Gefahrenherd entstehen. Das hätte ine umsichtige und charaktervolle Regierung von vorneherein erhüten müssen. Schließlich ist es weniger wichtig, wenn in Hohenzoller, jemand, der an Deutschlands furchtbarem -nglück ein gut Teil von Mitschuld trtzgt, noch in Wrringen n Heimweh leidet, als wenn das Deutsche Reich, um das der Kronprinz ja auch besorgt z« sein vorgibt, weiteren Erschüt- wungen ausgesetzt wird. Der Gedanke ist von der Hand i weisen, daß zwischen dem Münchner Putsch der Luden- irsf und Hitler und der Rückkehr des jüngeren Wilhelm ein -rekter Zusammenhang bestünde, aber wenn der Heimgekehrte tute auf dem Tor seines fürstlichen Schlosses in dem Städten Oels ein Willkommenschild findet, dann möge er wissen, iß dieses von Höflingen und Anhängern angebrachte Schild ie Unwahrheit sagt: Der ehemalige Kronprinz ist dem deut- hen Volk in diesem Augenblick, wo das Wort Bürgerkrieg egen der Haltung der monarchistisch gesinnten radikalen Rechten Tatsache zu werden droht, im höchsten Maße unwill- >mmen, und seine Achtung vor ihm wird nach diesem neuen Streich, durch den er d-m ganzen Lande zu schaden droht, ganz Miß nicht zunehmen. Die Rückkehr des früheren Kronprinzen ist nur eine in- erpolitische Frage. Diesen Standpunkt gilt es dem Ausland egenüber zu vtrtreren. Nichts gibt den Alliierten das Recht, un von einem Verlragsoruch zu sprechen, denn im Ver- riller Vertrag befindet sich keine Bestimmung, die der deut- hen Negierung verböte, dem ältesten Sohne Wilhelms I(. i gestatten, seinen Aufenthalt in Deutschland zu nehmen, loch wir Deutsche haben unter uns die Pflicht, uns darüber ar zu werden, wie sehr der von der Reichsregierung zuge- rssene Schritt geeignet ist, Deutschlands außenpolitische Lag« it belasten und ungünstig zu beeinflussen. Die Pariser Hetzresse erhebt bereits ein mächtiges Geschrei. Sie nicht allein', «ch vernünftigere, demokratische französische Zeitungen sind ganz aus dem Häuschen. In England wird der Eindruck keineswegs freundlicher sein. Vielmehr sind gerade von England die größten Schwierigkeiten zu erwarten. War es doch die englische Regierung, die auf die ersten Meldungen von der geplanten Rückkchr des Kronprinzen den Schritt der Bor- schafterkonfereirz in Berlin und im Haag veranlaßte, der nicht mehr vermochte, die Abfahrt von Wieringen zu verhindern, und waren es doch englische Zeitungen, die damit drohten, England werde die Frage der„Kriegsverbrecher erneut aufwerfen und die Auslieferung des Kronprinzen, der prominent auf der Liste steht, verlangen, um dem„Bedrohte des europäischen Friedens" auf diese Weise beizukommen. Es tft zu hoffen, daß der entstehende Sturm sich bald wieder legen werde. Doch an der Tatsache wird nichts zu ändern sein, daß die erfolgte Rückkehr des also in der Welt Beargwöhnten die internationale Atmosphäre erneut vergiftet. Es liegt auf der Hand, wie wenig Deutschland das gerade im jetzigen Augenblick brauchen kann, wo z. B. die Reichsregierung unter berechtigtem Hinweis auf unsere inneren Zustände die Forderung der Botschafterckonferenz auf Wiederaufnahme der militärischen Kontrolle zurückweisen mußte, im jetzigen Augenblick, wo die innerpolitische Entwicklung im Reich immer stärker unter den Einfluß der Rechten gerät; im jetzigen Augenblick, wo Amerika hinsichtlich seiner Haltung gegenüber der deutschen Frage vor einer wichtigen Entscheidung steht. Die Amerikaner sind in ihrer Mehrheit bisher stets auf alle Machenschaften der deutschfeindlichen Propaganda hineingefallen. So werden sie wahrscheinlich auch auf den Kronprinzenschwindel hineinfallen. Staatssekretär Hughes soll sich mit dem Gedanken tragen, jetzt, nach dem durch Frankreichs Hartnäckigkeit herbeigeführten Scheitern des Konferenzplanes, eine großzügige Hilfsaktion für das deutsche Volk einzuleiten. Eine solche Aktion wird aber nur möglich sein, wenn sich die bisher von den Amerikanern gegenüber Deutschland empfundene Antipathie überwinden läßt. Die Gefahr besteht aber nun, daß die Rückkehr des drüben gehaßten Kronprinzen der deutschfeindlichen Propaganda die Möglichkeit gibt, die Antipathie des amerikanischen Volkes erneut zu stärken. Zusammengefaßt sei wiederholt: Die Rückkchr des frühe- ren Kronprinzen erfolgte an einem denkbar ungeeigneten Zeitpunkt. Nur durch gewissenhafte Aufklärung des In- und Auslandes und durch Ergreifung energischster Vorsichtsmaßnahmen wird die Reichsregierung die dadurch entstehenden Schwierigkeiten überwinden können. Ein frauzösisches ArkeN über die Rede Skefemauus. (Drahtmeldung unseres Korrespondenten.) I- 8t PariS, 14. Novbr. Die Rede, die Stres«tktanR gestern in Hall« gehalten hat, wird hier, soweit sie kmmnentkrt wird, als dar Zeichen des offenen Uebertrittz des Kanzler, in Sc-S Lager der K e a k t i o n gehalten. So schreibt der„Petit Parisien", wenn man sich vergegenwärtige, daß vor drei Monaten der Reichskanzler das Finanzministerium dem Sozialisten H i l f e r d i n g; Wertrogen haste, so könne man nur mit Erstaunen ftststellen daß Stvesemann einen Schnelligkeitsrekord politischer WandlungsMg. keit aufgestellt haste, der in der Geschichte ohne Beispiel sei. Kundgebung der pariser Kommunisten. Ir St Paris, 12. Novbr.(Priv.-Tel.) Im Anschluß an mehrere große Versammlungen veranstalteten vi« K o m m u n i st e n gestern abend eine Demonstration auf den großen Boulevards. Mehrere Tausend Demonstranten zogen mit dem Ruf: „Nieder mit dem Krieg!' durch die Straßen. Bei dem Versuch der Polizei, den Zug zu zerstreuen, kam es zu stetigen Zusam- m e n st ö ß e n und Schlägereien, in deren Verlauf mehrere höhere Polizeibeamte verwundet wurden. Die tzallnng der Sozialdemokraken. ch-, Berlin, 11. Novbr.(Puiv.-Tel.) Der Vorstand der Sozialdemokratischen Reichstagsfraktion tritt am Dienstag zur Beratung der allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Lage zusammen. Er-st mit der Möglichkeit zu rechnen, daß der Fraktionsvorstand im Hinblick auf die Vorgänge in Bayern und zur Klärung der Stellungnahme, die die Reichsegicrung gegenüber dem Putsch der Ludendorff und Hitler«inzunehmen gedenkt, die sofortige Einberufung des Reichs tagS verlangt. Die Ankunft des ehemaligen Kronprinzen. *» Breslau, 12, Novbr.(Priv.-Tel.) Der frühere Kronprinz soll heute abend in Oels eintveffen. Oeffentliche Vorbereitungen zu seinem Empfang sind bisher nicht festzustellen. Zahlreiche Korrespondenten besvnderS englischer und amerikanischer Blätter sind in OelS eingetroffen, um die Aufnahme des Kronprinzen bei der Bevölkerung zu beobachten. Hitler feifgmtnmeu. Q München, 12- Novbr.(Priv.-Tel.) Der nationalsozialistische Führer Adolf Hitler ist in Ufsing am Stafselsee, ohne Wider- jicmd M leisten, verhaftet worden. Die Maßnahmen Kahrs. <i München, 12. Novbr.(Priv.-Tel-) Verhaftet flnd von den Führern des Hitler-PutjchcZ außer Oberiandcsgerichtsrat Pöhner Oberamtmann Dr. Frck und Fürst Wred«, Hauptmann Röhm(RnchskriegSflagge). Major Streck und Dr. Weber(Oberland). Die Polizei entdeckte im Perlacher Fach ein Waffenlager der Hitler-Leute, das sie beschlagnahmte. Der Generalstaatskommissar hat die Kommunistische Partei verbaten und aufgelöst und die ganze sozia- liKlsch« Presse»erboten. Die Token des Münchner Puksches. C München, 12. Novbr.(Priv.-Tel.) Die Zahl der Toten des Zusammenstoßes am letzten Freitag hat sich dadurch, daß einer der Schwerverletzten am Samstag in der Klinik starb, auf neunzehn erhöht. Der Rat am Obersten Landesgericht v d. Pfordten, der«ach dem Zusammenstoß tot auf- geftrnden wurde, ist einem Schlaganfall, erlegen. Es. wird seitgestellt, daß der bei dem Zusammenstoß gefallene Polizeihcmpt- vmnn zuerst vorgetreäen sei und ersucht habe, nicht zu schießen. Im nächsten Augeirblick sei er von einem Prellschuß, der von einem der Hitlerteute abgegeben worden sei, in den Kopf getroffen umgesuwken. Ein Oberwachtmeister habe einen schweren Bauchschuß erhalten. Dann erst sei die Landes- polizei vorgegangen. 4- dt Hamburg, 8, November. Unter der Neberschrist „Was Bayern will" veröffentlichi.-en die deutschnatiostalen „Hamburger Rochrichieu" heute morgen einen Aufruf, der zur Unterstützung der bayrischen Staals-- st re ich es, zum Kampf gegen die Berfaffung und zur Beseitigung deS Reichswecs ahsforderte. Es heißt darin:„Weiß-Blau kämpst geAu Schwarz-Rot-Gelb fi>- Schwarz-Weiß-Rot! Schließt den Kampfring! Geht den geraden Weg. den unser Führer Kahr geht!" Der Auftuf, der„an alle deutschen Blurs- brüder!" gerichtet ist, war dui„Hamburger Nachrichten", wie diese angeben, vom Ausjchuß der„Vaterländlichen Verbände" in Groß- Hamburg übernrittelt worden. Wegen dieser Veröffentlichung ist das Blatt jetzt für drei Tage verboten und gegen den verantwortlichen politisch-n Redakteur, der einstweilen in Haft genommen wurde,«in Verfahren eingeleitet worden. Hamburg, 10. Novbr.(Wolfs.) Das Verbot der„Hamburger Nachrichten" ist mit dem heutigen Tage ausgehoben worden, nachdem das Wehrkreiskommando 2 nach Aenderung der Lage tn_ Bayern die Amfrechterhaltung des Verbots nicht mehr für nötig hielt. Das von der Staatsanwaltschaft ein- gelertete Verfahren gegen den verantwortliche« Redakteur des BlattaS nimmt seinen Fortgang. Die Regrebahne«.. (DraHisteldung unseres Korrefps«ds»teK.) 8t Paris, 12. Novbr. Nach den Meldungen der Blätter werden heute in Düsseldorf die Verhandlungen zwischen der rheinisch-französischen Eisenbahnregte und einem Vertreter des deutschen Eisenbahnministeriums wegen der von den Franzosen geforderten Rückgabe des angeblich aus dem besetzten Gebiete abtvansportierten rollenden Materials, sowie wegen der A n s ch l ü s s e zwischen dem Netze der Regie und dem unbesetzten Deutschland statisinden. Düsseldorf, 12. Novbr.(Wolfs.) Im hiesigen Rathaus fanden am Samstag Verhandlungen zwischen Vertretern^ des Reichsverkchrsministeriums und der ftanzöstschen und belgischen Eisenbahnregie wegen Wiederaufnahme des Eisenbahnverkehrs statt. Es handelte sich zunächst um die Besprechung der Gesaurtfrage in großen Zügen, also um eine Nahmenbesprechung. Die Franzosen forderten die Wiederherstellung des Wagenparks auf den Stand vom 11. Januar. Sie behaupten, cs seien noch- 30 000 Wagen im unbesetzten Gebiet, dagegen wird von deutscher Seite erklärt, die Wagen seien zum größten Teil im besetzten Gebiet, könnten aber durch di- Verstopfung der Bahnhöfe nicht an ihr« Be- stinnnungsplähe gelangen. Der allgemeine Eindruck der Besprechung ist. daß man sich verständigen werde, da beide Parteien einsehen, daß die Frage von grundsätzlicher Bedeutung für die Wiederherstellung normaler wirtschaftlicher Verbältnisse im Rhein- und Ruhrgebiet ist. Die Lage kn Koblenz. - Eobleuz, 11. Novbr. Hier ist die Lage unverändert. MattheS verlangte von der Siadt di« Schlüssel des befevliag- rvahmtcn Gebäudes der Krabbenschen Buchdruckerei.' Die Stadt lehnte die Herausgabe a b. Ser Lerlilier ZsHSriiSecslretk. Der Streik, in den die Berliner Buchdruckergehilfen sin« getreten find, hat als ein sogenannter wilder Streik be- gomcen, d. h. die Gehilfen haben die Arbeit ohne Zustimmung ihrer Funktionäve medergelegt. Erst nachträglich hat die Gewerkschaftsleitung den Streik genehmigt, wobei sich wieder der bekannt« Vorgang abgespielt haben mag, daß die Funktionäre einem Streik, den sie nicht billigen, beigetreten sind, um eine Bewegung, die auch ohne ihr Einverständnis weiterginge, nicht ganz aus der Hand zu verlieren. Und noch ein anderes wiederholt sich. Schon bei dem letzten Berliner Buchdruckerstreik die Banknotendrucker eine Me Rolle gespickt. Sie haben die Notlage, in di« das Reich unter den heutigen Verhältnissen kommt, wenn ihm nicht neue Noten zu- yeführt werden, dazu benutzt, den Forderungen der Gehilfen Nachdruck zu geben. Jetzt ist es wieder so. Nicht nur die Herstellung der Papiermark, sondern auch der Rentenmarkschein« und weiterer Goldanleihestückr muß durch Streik eine Verzögerung erleiden, di« für das Wirtschaftsleben sehr verhängnisvoll werden kann. Daß die Anwendung solcher Mittel, die eine allgemeine Notlage zu besonderen Zwecken mißbraucht, der Arbeiterbewegung schließlich schweren Schaden bringen muß, weil sie der schon verbreiteten Stimmung, die sich gegen sie richtet, neue Nahrung zuführt, das könnten sich die Gehilfen selber sagen. Mit dieser Einsicht hätten sie sich, auch die Verordnung des Inhabers der vollziehenden Gewalt, des Generals o. Seeckt, ersparen können, der nun unter Androhung schwerer Strafen die Arbeitsniederlegung von Notendruckeru verboten und sie au;gefordert hat, di« Arbeit sofort wieder aufzunehmen. Es kommt hinzu, daß streikende Arbeitnehmer heute dem Hunger preisgegeben sind; unter diesem GesichtspuMe hat sich auch der„Vorwärts" gegen d-n Streik gewandt. Der Streit geht um die Frage des Goldlobn^s urch der wertbeständigen Z-ahlungsart. An sich ist es den Arbeib- nehmern natürlich gar nicht zu verargen, daß sie nac!? höheren und wertbeständigen Löhnen streben. Es muß nur auch möglich sein, sie ihnen zu gewahren. Mrn muß dabei unterÄeiden zwischen den Accidenzdruckereien und den Zeitungsverleaern, Jene wären vielleicht zu einem rascheren Entgegenkommen in der Lage, wenn sie ausreichend beschäftigt wären. Die Kalkulation und di« Zahlmtgsbedingungen der Accidenzdrucker haben An unsere Postabonnenten! Für den Monat November wird di« Post nur ein« Naehcrhebong im Betrage von Mk, Milliarden 600 einziehen. Wir haben uns, trotz des großen Risikos, zu dem Verzicht auf das Recht der zweimaligen Nacherhebung innerhalb eines Bezugsmonats entschlossen, um unserer Leserschalt die Unannehmlichkeit und Kosten de? zweimaligen Nacherhebung zu ersparen. Um so dringender geht unsere Bitte, die in den nächsten Tagen durch die Post erfolgende eine Nacherhebung ohne Verzögerung zu erledigen. Wir bitten hierbei zu berücksichtigen, daß wir ohnehin durch den zur Zeit leider nicht zu ändernden’Eia- ziehungsmodus sehr starke Verluste erleiden. Ferner ist eine genaue Kalkulation des Bezugspreises insofern unmöglich, als er Jedesmal mehrere Wochen vorher der Post mitgeteilt werden muß, außerdem sind wir gezwungen, den Preis in Papiermark zu berechnen und es kommt hinzu, daß wir die von der Post eingezogenen Papiermarkbeträge immer erst zu einem Zeitpunkt erhalten, an dem ihre Kaufkraft nur noch einen Bruchteil der Kaufkraft des Geldes um Einziehungstage darstellt. Andererseits müssen wir alle Rohmaterialien in Gold bezahlen und sind auch Steigerungen der Goldmarkpreise innerhalb des Monats ausgesetzt, die wir naturgemäß bei einer so frühzeitigen Festsetzung des Bezugspreises, wie er uns vorgeschrieben ist, nicht berücksichtigen können. Nach den z, Zt. bestehenden Bedingungen für den Postbezug sind, worauf wir nochmals aufmerksam machen, die monatlichen Bezugspreise freibleibend, und die Verlage berechtigt, bei Verweigerung der Nacherhebung die Lieferung einzustellen. Wir bitten unsere Leserschaft, uns durch rechtzeitige Zahlung von der Notwendigkeit zu entbinden, von diesem Rechte Gebrauch zu machen, Geschäftsstelle der Frankfurter Zeiümg„ Münchner Tagebuch. r~’' Don Peter Scher. Am 8. November, abends gegen halb 11 Uhr, ging ich durch iie Mliximüiansiraße; da hörte ich plötzlich aus de: Herzog kudolsstraße MUitärmusik, und als ich ihr entgegenging, stieß ich ins einen in der ganzen Breil- der Straß- marschierenden Zug uwasfnrter Stahlhelm-Leute, die zwei große Hakcntr-uz- ahr.en M sich süh.ten. Eine Menge Zivilisten mit Hakenkreuz, llbzeichen marschierten mit. Der Eindruck war so ungewohnlcch rnd der Zug sluirte in so erregt'm Tempo vorbei, daß ich b-trost-n kehen b'.icb. Die mir zunächst Marschierenden sahen mich drohend an; da ich ihnen abe: nicht verdächtig scheinen mochte, ließen sie mich unbehelligt. Erst später, als ich erfuhr, was sich ereigne. Satt, wurde mir klar, daß ich auch als Nichtjude nahe daran gewesen war. nicbergeschlageu zu werden, denn ich hatte den Getzler- -ut nicht gegrüßt. Imme: noch in der Meinung, daß nichts Besonderes vorgefal- en sei, stieg ich in die Trambahn. Auf der Plattform standen voldaten und Hitler-Leute in Zivil(mit dem Hakenkreuz-Avzecchen im Rock). Alle waren erreg! und ich entnahm ihren Gesprächen, wß Hitler im Bürgerbräu das nationale Deutschland ausge- ufcn habe. Aus meine Frage, was das all's zu b. deuten hatle, W.cn die Zivilisten:„Die Regierung ist verhaftet. Hitler, Kahr ind Ludendorff haben die Gewalt übernommen." Ich sagte:„So - und im übrigen Deutschland?"'Da lachten sie überlegen und agten:„Da? ist schon alles geschmissen! Die ganze R ichsw hr ist iuf unserer Seite."—„Sr. iagte ich wieder,„das geht ja l«hr ünfach Und was ist mit den Franzosen?" Die Hitler-Leute achten:„Das wird sich alles finden!" Tie Rcichswchrsoloatrn hat'en rote Koos- und wußten nicht nie sie sich verhalten soll'en- Ein Herr in Zivil, der sich selbst als )ffizi r beireichn^tc, sprach mich mt-„Die Bewegung geht durchs ^onze Reich. Es ist alles von langer Hand vorbc:e!tet. Gestern vrach ich Mit«in m Hauptmmn, der im Au!« direkt von Berlin i-kominen war Alles ist absolut sichec." Uni erb eff;« sauste eins der bekannten grauen Panzer-Autos vor- ib'r Einar der junr-en Männer beugte sich aus der Trambahn mb tagte freudig:„Ein Hitlerwagen— ich kenn' sie genau". Wg mir au der Türkenkaserne vorübcrfuhren, sah man Stahl- ftlm-Lwte auf nnd ab patrouillieren. ..Hitlerso'drten". sagten die Herren. An den Haltestellen stand viel Publikum. Die Tmmbahnwagen a<p"n überfüllt. Alle? sp-acki von der neuen Regierung. Ein alter Herr sagte:„Gottseidank— die Morgenröte bricht an!" Ein Skept'kcr wagte die Bemerkung:„Neugierig bin ich, wie Veit morgen der Brotpreiz herunter ist." Am Ämb-rgerkimer in d-r Nvmphenbnrgersiwße patrouillierten viedrr bewaffnete Stahlbelm-Soldaten. Jemand bemerkte:„Uebcr- Ift Soldat«»— was wollen sie eizwtlich?"— Einer antwortet« zwinkernd:„Die werden schon wissen, was sie wollen!" Ein Mann seufzte schwer und sagte: Morgen ist der S. November". Niemand antwortet«. Schweigend und bedrückt ging jeder nach Hause. Am Morgen drz 9. November las man in den Ludendorfs nahestehenden„Münchner Neuesten Nachrichten", daß Hitler, Kahr und Ludendorfs tatsächlich gemeinsame Sache gemacht und im Bürgerbräu das neue Deutschland ausgerichtet Hutten. Die Bericht- erstaitung erweckte den Anschein, daß das Blatt mit«Sem einverstanden sei. Noch um e>nen Ton bejahender stellte sich die „Wlünchen- Augsburger Abendzeitung", das tapse« Organ des kriegerischen Pastor? Traub, zu den Dingen. Ich hatte die Berichte noch nicht ganz zu Ende gelesen, als ich von einem jungen Zeitfreiwilligen telephonisch erfuhr, daß er in der Kaserne bleiben müsse. Kahr und Hitler hätten sich vere.ts „zcrkriegt". Er fürchte, möglicherweise auf Kameraden schießen zu müssen. Nicht sehr lange danach hörte man Schüsse«uS dem Stadl- inner». Uebevall standen erregte Menschen herum; das Gerücht lief durch die Stadt, Reichswehr und Hitler-Tnippen seien aneinander geraten; Ludendorjs sei erschossen, Hitler schwer verwundet. An der Residenz, zwischen Odeonsplatz und Nationalthcoter, sei Blut geflossen Etwas Brstimmtes konnte man nicht erfahren. Ein Herr erzählte mir, daß er eben von Herrn X.(einem sehr bekannten Künstler) auf offener Straße umarmt worden sei. „Endlich wird es Dag!" habe Herr X- fast weinend ausgerusen und auf den Einwurf des andern:„Ja. aber um Gottcswillen, was soll mit Deutschland werden?" mit männlicher Festigkeit erwidert:„Wenn unsere braven Soldaten den Krieg vier Jahre lang ansgehalten haben, dann werden wir doch auch ein französisches Bon-bardement aushaltcn können!" s Als ich am Nachmittag auf dem traurigen Kriegsschauplatz war, standen überall wie in der Rätezeit große Gruppe» erhitzt dis.vu- tte-ender Menschen beruni Piauplsächlich Frauen t«r sogenannten besseren Stände fübrien das Wort Die Lust erbebte von heftigen Anklagen gege» Herrn v. Kahr. Eine Dame schrie immer wieder:„Eine Schmach, eine Schmach ist es Deutsche auf Deutsche schießen zu lassen!" Kinder seien zu Schaden gekommen— Kinder! „Wie— Kinder?!" hieß es entsetzt Ein oster 5xrr tr> weißem Bart sagte bitter:„Ja zwei— Hitler und Lud-endorff!!" Sein ehrwühiges Aussehen bewahrte ihn davor, von den Verteidig rinnen ihres Abgotts anaegrisfen zu werden. Jemand iaate:„Ich baffe, daß Exzellenz Ludev^orff und Adolf Hsts r nichts passiert ist!" Kr wurde don dm Fraurn mit Beifall überschüttet. Iprach er wener:„ci-Y mochte nicht, daß die zwei Herr zu Märtyrern werden!" „Unerhört!" riefen die Damen. Und wieder und immer wieder Anklagm gegen Herrn 8. Kai Ich ging etwas weiter. Da stand eine Anzahl Leute und f mit starren Augen auf das Pflaster. „Da haben die Toten gelegen!" sagte einer. „Hitler soll in Sich-rheit sein'" sagie jenwied leise Als cs dämmrig wurde, hörte ich oben in der Marimilia straße ein betäubendes Pfeifen wie bei einem schlechten Theai« stück. Ich ging näh r hin nnd sah«inen Trupp Stahlhelm-Leu marschieren. Eine große Ansammlung halbwüchsiger Bursch! darunter viele von vierzehn bis sechzehn Jahren, pfiffen gelle und schrien:„Abzug! Judenwehr!" Aus einer Seitenstraße des Marienplatzes kam ein Trupp Zivilisten, die in kurzen Zwischenräumen auf Kommando„Pfui" riefen. Die Kaufingerstraße herunter marschierte ein anderer Trupp, der„Deutschland, Deutschland über alles" sang. Nach acht Uhr fuhren die letzten Trambahnen; Schutzleute riefen in die immer noch überall herumstehenden Gruppen„Aus- einandergehcn"; die Leute zerstreuten sich; die Straßen wurden leer. Ms ich in Neuhausen an einem Eckpfeiler ein Plakat sah und in dem Glauben, es sei wieder etwas proklamiert worden, hinzutrat, las ich die mit Blaustift geschriebenen Worte: Gelbes Kätzchen entlaufen. Freundliche Mitteilungen cur... erbeten. Oh du mein München! » Am 10. November früh verkündeten die„Münchner Neuesten Nachrichten" ihren schon über nichts mehr erstaunten Lesern, daß derselbe. Adolf Hitler, der Seite an Seite mit seinem Gönner Ludcndvrff die Hakenkreuz-Soldaten angeführt hatte, ein Hochverräter sei. . In der ewig denkwürdigen Leistung, die dieser Feststellung teitarkikelnd vorangestellt war, stand wortwörtlich zu lesen, daß Herr von Kahr, als er zum Schein mit Adolf Hitler gemeinsam« Sache machte, eine Tat vollbracht habe,„die für alle Zeiten als eine der größten und seltensten Taten deutscher Geschichte fortlebcn wird". Nnd dann kam der Vergleich mit Porck von Wartenburg. Wogegen für Ludcndorffs Vorgehen von dem ihn! nahestehenden Blatte zunächst noch kein weltgeschichtlicher Vergleich gesunden wurde. Aus den Straßen ist es r u h i g. Man bört mancherlei^tckeile und Auffassungen; aber so weltfremd ist so leicht wohl keine wie die jenes Mannes, den ich sagen börie. daß ein Porck aus die Erpressung durch einen Hitler möglicherweise d o cb anders reagiert h»ben würde, als mit der unter heroi'cber Selbstüberwm- duna abgegebenen Erklä-nng. sieb ihm anz'sschlicßen Solche Leute urteilen eben ohne Kenntnis der realen Dinge -nd es lohnt sich nicht, sie ernst zu nchmen,. In München ist alles ruhig; nur die„Neuesten Nachrichten" schreien zum HimmeL t= pBerttt©tdjtSwIb.] Berat Grönvold ist gestorben. Diesem Norweger ist die deutsche Kunstwelt zu tiefem Dank verpflichtet. Er hat ihr die Augen gerichtet auf die vergessene Kunst von W a§- ni<l n N und von Rohden Vater und Sohn. Ursprünglich war sc selb;! Maler, hat aber seine eigene Produktion aufgegeben, um das Werk dieser norddeutschen Künsüer aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts anz!der Vergessenheit ans Licht zu ziehen, zujanr- menzutragcn, zu sichten und in Geltung zu bringen. Mit einer beisprellofen Liebe hat er sich ihrer angenommen. Einer Liebe, d:e in dem, sonst leidenschaftslostn Mann zur Leidenschaft sich steigern, die ihn, da man ihm nicht allseitig und bedingungslos folgte, empfindlich und überempfindlich machen konnte. Bei uns ist man diesem Bemühen um ein paar Künstler, die gewiß nicht entscheidenDL Träger der EntwMung. aber künsüerische Charaktere von Eigenart waren, niemals gerecht geworden Man hat Grönvold nicht zu nehmen verstanden. Schon Tschudi nicht. Zuletzt noch wurde seine Empfindlichleii durch ein unverantwortliches Wort von unverantwortlicher Seite verletzt. Sodaß«r seine Sammlung, die er sabre- lang in der Naüonalgalerie gezeigt hatte zurückzog und der Hamburger Kunsthalle als Leihgabe überwies. Wir möchten borsen, daß sie der Hamburger Galerie verbleiben wird als ein Denkmal dices ungewöhnlichen Mannes, der, ein Nichtdeutscher wie sein Landsmann Auberi. ein Leben daran setzt«, einige deursche Maler vor ihrem Volk zu Ehren zu bringen. P. w. =(Eine rheinische Gelchrten-Sammlung unter dem Hani- mer.f Es ist das bedauerliche, aber meist unabwendbare Schicksal der meisten Privatsammlungen: sobald ihnen durch den Tod des Besitzers der lebendige Mittelpunkt fehlt, werden sie tn alle Wind« zerstreut. Nicht anders ergeht es dem Nachlaß des Aachener Wchivdirektors Dr. b. c. P i ck, der als die bedeutendste wissenschasi- liche Privatsammlung im ganzen Rheinland gilt; in der letzten Novemberwoche kommen Picks Bibliothek und Sammlungen beim A n t i a u a r i a t C r e u tz e r in Aachen zur Versteigerung Mehr als sechs Jahrzehnte bat der rlreinische Forscher daran gesamn'«« nicht aus sportmäßiger Liebhaberei, sondern um daS Rüst- und Handwerkszeug für sein wissenschaftliches Arbeiten zu schaffen. So ist dieser-Nachlaß gleichsam als Abbild des um die rheinisch« Hei- matgeichichie konzentrierten Gelebrtenlebens eine echt rheinisch« Sammlung, wie sie in solcher Geschlossenheit wohl kaum jemals zum Verkauf gelangt ist. In fast endloser Folge verze-chnet der eben erschienene Katalog Buch um Buch: alte Drucke, darunter sel'en« Merian-Ausgaben und ipertvolle Kupferwerke des 17. und 18. Jahv- hnnderts, Geschichte. Landeskunde des rheinisch-westfälischen Gebietes und der Nachbarländer lnamentlich auch Hessen!. Literatur und Sprachwissenschaft Ihnen folgen Bilder: das Brustbild«nies Mannes(nach Kennern von Adr. Brouwer).«in Albumiffatt Kasp !^ch-uv-ns. rheinische Städte-Anstchten. Sehr umfangreich ist di« ' Sammlung rheniffcher Urch,vollen; aus der Fülle können hier mir t wenige Stücke genannt werden:«ine kleine Konsekmtions-Urkunüi
