Arerkag, 16. 9tavem$ev 1933 Krffes Morgenöratt der Arankfurter Zeikuttg Für Hochschule und stepubiil als Symbol. Zur Politik der deutschen Jugend. Seit dem Münchner Putsck> steigen von allen Seiten neue Gefahren am deutschen Horizonte auf. Eben deshalb sprechen wir im Nachfolgenden von der Politik der Jugend, die Deutschland erhalten will und wird. D. Red. Ms am Morgen des S. November 1923 die Kunde durchs deutsche Land ging, daß von München aus eine aufSchwarz- Weiß-Rot", Sturz der Demokratie undnationale Erhebung" aügestellte Revolution durch Deutschland getragen werden sollte, schlug manchem das Herz schneller. In den ewigen Kin­dern flammte eine gläubige Hoffnung auf: in manchen menschlich sympathischen Volksgenossen, in Graubärten, in un­politischen Jungen, die die Zeit vor 1914, denFrieden" nicht vergessen können, die nicht sehen, daß Deutschland im ent sessvltsten Wirbelsturm seiner Geschichte steht, die noch immer an das Wunder, an die Verwirklichung der leichten Ver sprechungen Adolf Hitlers oder an Ludendorff glauben, der im Kriege mit dem größten deutschen Heere der Weltgeschichte nicht siegen konnte und nun mit dem zerschlagenen Deutsch­land siegen soll... Täuschen wir uns nicht darüber, daß nur diese(bei allem äußeren Bramarbasieren) kindliche Gläubigkeit all den monarchistisch-völkischen Strebungen unserer heutigen Tage di« innere Kraft gibt. Monarchie als Symbol. Unseren Großvätern war sie zumeist ein Gegenstand der Abneigung und des Spotts, unseren Vätern eine Gleichgültigkeit: nach dem Kriege wurde sie zum Symbol der Vergangenheit, an deren Raub durch Frevler und Verräter, an deren unschwer mögliche Wiedergewinnung man glaubt. Aber auch Andersgesinnte fühlten am Morgen des zweiten 9. Novembers ihr Herz llopfen in Entrüstung und furchtbarster Sorge um Deutschland,, das sie mehr lieben als eine bequeme Vergangenheit, an dessen lang­samen Wiederaufstieg in zähem Ringen sie glauben, das sie nun dem Bürgerkrieg, neuem Einmarsch des Feindes, unmöglichem und_ zerstörendem Kriegs Wagnis, Zerfall der heute schon brüchigen Einheit der Stände und Stämme und völliger Ver­nichtung ausgeliefert sahen. Es war eine eigenartige Partei- nähme an diesem Morgen, eine Parteinahme aus letzten Be­stimmtheiten des Menschen heraus. Republik als Sym­bol! Nun erst füllte sich uns der schicksalsgegebene StaatS- begriff der Republik ganz: nun hat unsere Seele darum ge­bebt. Nun wird sie leben. Zu ihr stehen alle, für die der Arbeiterdichter Karl Dröger sagt: «Nichts kann uns rauben Liebe und Glauben Zu diesem Land. Es zu erhalte« Und zu gestalt«» Sind wir gesandt. Mögen wir sterbe»? Unseren ErDen Gilt dann die Pflicht. TS zu erhalten Und zu g^takten. > Deutschland stirbt nicht.' R ep u bl i k ist heute das ist vielen, die eS nicht glauben wollten, erst im Erleben dieser ungeheuren Gefahr bewußt ge, worden die Fahne des Deutschlands der Zu­kunft. Sie ist die Flagge, dis all denen vorangetragen wird, die im Grunde nicht verzweifelt sind und das Unmögliche wollen, sondern gestaltend in die reale Entwicklung der Dinge eingreifen wollen, mögen sie nun aus Tagen, in denen nicht .so sehr wie heute das Leben die Ansichten formte,Vernunft­monarchisten" oderVernunftrepublikaner" fein. Besonders fdis Jugend wird so empfinden, die die Bindungen durch tote Konstruktionen ablehnt, dievital" bestimmt sein will. 'Mir aber wollen leben!" heißt eine vomArbeits­ausschuß deutscher Verbände" dieser Tage herausgegebene Schrift der Jugenbfichrer, der sozialistischen, vöMschen und bisher unpolitischen, in der ein großer Teil der deutschen 'Jugend, von der skandalierenden nach Münchner Art natür­lich abgesehen, zur realen Politik antriit. Die deutsche Jugend will morgen leben; ihr ist die Vergangenheit im Grunde gleich- gültig; sie verzehrt stch nicht im Schmollen um ihr Entschwin- !den. In ihr entwickelt das Leben die Kräfte, die im Stande fsein werden, das deutsche Schicksal zu überwinden, über die wir sprechen wollen. Fast die ganze in dieser Schrift versammelte (Deutsche Jugend ist(ob bewußt oder unbewußt) in unserem .Sinn republikanisch. Noch ist vieles tastend. Das junge LebenS- ,'aesthl wurde bisher durch geschickten Appell an sein ungeflärtes Wesen auf verschiedene Seiten gezerrt. Doch ist das immer nur ein Augenblickserfolg, wenn auch dabei einige Junge bei Oweckoerdcmden hängen BUiben. Die Jugend selbst findet sich immer wieder zusammen, wie sich in dieser Mnft der Bundesobmann des jungdeutschrn Bundes Frank Glatzel, das Mitglied der Bundesleitung des Deutsch- nationalen Jugendbunds Klaus Ebhardt(er allein mit Bor- Mllungen, dir weniger nach Jugendbewegung als nach nord­deutscher Geschichtsstunde aussehen), der Reichsobmann des Jugendbundz im G. d. A. Friedrich MeweS, das Mitglied des Reichsausschusses der Jungsözialisten Franz Osterroth und der Wandervogel Otto Henschel zusammenfanden, wie sich schon zuvor Führer völkischer, mittlerer und proletarischer Jugend in ver BroschüreDie Politik der Jungen Generatton"(Junge Republik", Heft 6, Fackeleiter-Vcrlag Werthe bei Bielefeld, Grundpreis Alk. 0.25; Grundpreis der erstgenannten Broschüre Mk. 0.10) gettoffen hatten. Suchen wir nach den großen Linien in dem Mosaik, das da vor uns ausgebreitet wird, so bleibt ein starker Eindruck: diese junge deutsche Generation ist wesens­mäßig in ihren materielttn Ansprüchen gleichgültiger alz die wilhelminische, dafür in ih.en gestaltenden Liebeskräften un­gleich stärler als jene. Greifen wir in das Eewoge, um einige wesentliche Folgen dieser Grundhaltung zu fassen: 1.Das Herzband, das uns durch Eingeburt und Einge- wachsenheit in Sein und Geist deutschen Volkstums mit diesem unauflöslich vcrweot, wurde vom Jangriff auf unser Volt so heftig getroffen, daß uns auf einmal unter Schmerz und Zorn heißer Stolz überkam, Kinder der deutschen A a t i o n z u sein" jo sagt der Jungsozialist Franz Oster­roth. Diese gerade, stolze und sehr innen.che Liebe zu Deutsch- laud ist ganz allgemein. Sehr weit ist sie von dem Patrio- tismus wilhelminischer Kaisergeburtstagsfeiern entfernt, genau so weit aber auch von einer vaterlandslosen, wurzellosen Hal­tung, einer rein konstruktiven Existenz, wie sie nach 1918 Veste Teile der Jugend ins völkische Lager scheuchte. 2.Alle lebendigen Schichten fühlen die Gefahr der Grenzlande selbst im Herzen Deutschlands. Das wisst be­sonders auf di« Jugend zu."(Frank Glatzel vom Jungdeut­schen Bund). Das starke, ergriffene Mitleben mit Rhein und Ruhr ist bei allen zu finden. Diese jungen Leute sind scharfe Gegner einer Politik, wie sie heute von den Veagangen- heitspatrioten in den Parteien der Rechten propagiert wird, die glauben, materiell bessere Zustände,Friedenszustände", im unbesetzten Deutschland Herstellen zu können, wenn sie das Rheinland seinem Schicksal überlassen. 3. Dom Krieg ist in keinem der Beiträge die Rede. Dazu ist ihr Deutschtum zu wahrhaftig und 3- icrantwortungs- bewußt. Es iommt ihnen nicht auf die große Pose, sondern aus ine reale Erhaltung. Deutschlands an. Osterroth sagt: Jene, die am liebsten mit o. jener Brust, flammenden Augen und nacktem Schwert auf den Kampfplatz springen möchten, haben, bei allem Heroismus, näher betrachtet Verwandtschaft mit Museumswächtern(auf die Vergangenheit Eingestellten) und DonQ.uichole. Auch im politischen Verhalten steckt Herois­mus, natürlich darf es das Gefühl der Würde nicht preisgeben." Das Losungswort vom politischen Heroismus wird hier ausgesprochen, das der bisherigen Erfüllungspolitik ge­fehlt hat. Wir Deutsche müssen(darüber wollen wir uns ganz klar sein) in der nächsten Zeit durch manche Demütigung geben, wenn wir Schlimmstes verhüten wollen. Es darf kein feiges, würdeloses Tragen der Demütigungen, es muß ein schweigend- ttotziges Tragen um der Zukunft Deutschlands willen sein, in dem sich die Volksgenossen verstehen. Der Luxus der Eitelkeit ist einem geschlagenen Volke nicht mehr gestattet, wir müssen statt auf di« Wirkung auf das Ziel sehen, das wir erreichen wollen. 4. Da wir die Welt nicht äußerlich überwinden können, müssen wir sie innerlich überwinden. Innerliche Ueberwindung geschieht durch Liebe, freilich nicht durch solche, die den demütigenden Stiefel küßt, wie es nach 1918 allzu häufig geschah und einen Teil des Pazifismus in berechtigten Verruf brachte, sondern durch aktive, gestaltende und heroische Liebe. Mit dem billigen Programmpazifismus von 1919 lockte inom in der Welt begreiflicherweise keinen Hund vom Ofen. Erst die tief-religiösen Kräfte, die in der deutschen Jugend gewachsen sind, schicken sich an, den kleinlich-ängstlichen Kriegsgeist des heutigen Europa mit dem Stolz ihrer inneren Ueberlegenheit zu übertvinden. So ist eine Kreuzzugstal zu verstehen, die ein großer Teil der deutschen Jugend plant: Tausende deutscher Jugendlicher, vor allem ne großdeutsche(katholische) Jugend, die Nikolaus Ehlen uhrt, und das evangelisch-religiöse Neuwerk, haben sich bereit erklärt, nochmals die Heimat zu verlassen und sich zum Wiederaufbau in Nordfrankreich zur Verfügung zu stellen, sie wollen nicht alsArbeitnehmer" kommen, sondern eine reine, opfernde Liebestat vollbringen. Die Sache ist so ge­kommen: bei der großen internationalen Friedenstagung m Freiburg im August flüchteten sich vor den Resolutionen di« anwesenden Jugendlichen, die während der ganzen Tagung die anfeuernden Köpfe waren und in starkem Gegensatz zum Programmpazifismus standen, mit dem französischen Feuerkopf, dem demokratischen Abgeordneten Marc Sangnier, in den Wald, sagten aufrecht, was sie als deutsche Jugend auf dem Herzen hatten, judrten ihn zu verstehen und faßten dann, um die Mauer des ewigen Kriegs zu zerstoßen, den Opfergedanken, der die Kunde von einer neuen deutschen Jugend in die Welt tragen und verschüttete Kräfte wachrufen soll. Eine während 7^^^^^^brtagung unter Erich Mohrs Leitung tagende d-e- londere Arbeitsgemeinschaft arbeitete die Einzelheiten des Planes aus. Marc Sangnier hat ein- Interpellation in der französischen Kammer«ingebracht, über deren Ersola wir be­uchten werden. 5. Die Jugend, die zu solchem Opfer bereit ist, wird auch andere bringen. Vor ihren Hellen Augen wird nur mehr eine ^L^^^ndsliebe des wahrhaften Opfers be- j"^- ,y, e"A sich diese Jugend sammelt und je mehr sie in das deutsche öffentliche Bewußtsein eindringt, desto stärker wird der moralische Druck sein, den sie auf die Reichen in Deutsch- lanh ausubt. Eine deutsche 2os?aufpolitil, die Forderung, daß man, wie Osterroth sagt, Gold für Freiheit wie 1813 gebe, wird an ihnen künftig eine starke Stütze haben. Von einer Diktatur ist in diesem Heft keine Rede. Die Arbeit der Jugend ist rein innerlich: sie glaubt an das freiwillige und fordert das moralische Opfer; sie unterstellt sich der Diktatur ihrer Vaterlandsliepe.. 6. Die ganze lebendige Jugend ist stark sozial emgestell.. Der Jungdeuijche(Vöttisa/e) sagt:Die Frage nach dem Grund des deutlichen Zusammenbruchs und die Revolution von 1918 hat uns den sozialen Kampf begreijen lassen. Wir fühlen in diesem Kanchf um der Gerechtigkeit willen mit der iDgial abhängigen Schicht, auch soweit w.r nicht zu ihr Sc­hoben. Irnd wenn wir auch mit Kritik den programmatischen Forderungen des Sozialismus gegenüberstehen, den Kampfum Menschenrecht und Menschenwürde, den Kampf um den Sinn der Arbeit kämpfen wir mit." Wir fühlen hier wieder die Liebeskrast der Jugend, die Volksgemeinschaft schaffen wird. Sehr fern ist diesem deutsch-jugendlichen Geiste etwa b.e For­derung der großkapitalistischen Jnteressenparteien. daß die Sozialpolitik abgebaut werden müsse, während von einem Opfer des Besitzes keine Rede mehr ist. Opfer wird von allen ver­langt, der Jnteressengeist überall abgelehnt, die wahrhafte Liebe dem inneren Kampf jedes Volksgenossen um seine Menschen­würde zugewandt.. 7. Von der bekannten Hetze gegen die D ein o kra t i e findet sich in diesen Bekenntnissen der Jugendsührer kein Wort. Am Parlamentarismus stößt den deutschen Jugendlichen das lang­wierige Feilschen der JnteressentenWngel ab aber man ist sich darüber klar, daß der Kampf nicht dieser Form, sondern dem Geiste gelten muß, der sie heute er.üllt. Man suhlt, daß drr Kampf gegen den Parlamentarismus als losgelöste Form ein sehr unhelliger Kanrpf ist: denn er sucht wiederum nur Jn- teressenien zu nützen. Cr wird nicht im Nanren einer künftigen reineren Volksgemeinschaft geführt, deren erste unvollkommene demokratische Form er vielmehr zerstören würde^ sondern im Namen von Geldgebern, die sich ja auch einen Teil der nicht unabhängigen Jugend gekauft haben.Das Deutschland der Jnteressenflassen und Parteien wollen wir nicht. Auch geistig wollen wir.ein großdeutsches Vaterland. E. M. Arndt sang 1813:Was ist des Deutschen Vaterland?" Muß man nicht diesen Gedanken auf die geistigen Vaterländer der heutigen Deutschen anwenden? Wenn man erlebt, wie verschieden heute Sprache, Empfindungswelt und Wünsche des Proletariats und des Bürgertums, des protestantischen Nordens und Ostens und des katholischen Westens und Südens sind, so muß auch hier­für gelten:O nein! Nein! Nein! Sein Vater- land muß größer sein."(Frank Glatzel).Möge die Jugendbewegung den Mut bewähren, Volk zu werden, selbstlos wieder zu dienen, daniit sie der freien Erde und des geschicht­lichen Vermächtnisses ihrer Väter würdig werde."(Otto Henschel).^ Läßt man dieses ganze Wollen auf sich wirken, so fühlt man, es ist auf das Morgen gewandt und vom Glauben an die Zu­kunft geführt.Kann man sich wundern, daß uns der Streit um Flaggenftagen Monarchie oder Republik zweitklassig erscheint, wo es sich um das Dasein des Volkes überhaupt handelt?" fragt Frank Glatzel. Diese Leute sind sie wissen es nur zum Teil noch nicht, und die Klärung ist um des unbeirrten Swreitens willen notwendig im Wesen republikanisch. Sind Menschen, die aus eigener Kraft, in Liebe zu ihrem Volk und unter Verzicht auf eigenen Vorteil Deutschlanderhalten und gestalten" wollen, nicht die besten Republikaner, die man sich überhaupt denken kann? Die Schmollenden mögen nach dem König rufen, der ihnen olles zurückgeben soll, und in ihrer hastigen, unbesonnenen Unzu­friedenheit alles zerstören die Tatkräftigen überlegen selbst und handeln. Die Republik ober, bisher nur den deutschen Arbeitern zum Symbol einer Besserung ihrer Lage geworden, von den anderen Ständen nach dem Krieg meist mit Mißtrauen betrachtet, wird so zum Symbol der jungen Deutschen werden, die die Zukunft des Vaterlandes schassen wollen. Erich Tro ß. Ausländer an deukfcheu Hochschulen. Des beginnende Wintersemester hat den ausländischen Studie­renden an deutschen Hochschulen eine sehr unangenehme Ueber- raschung gebracht. Die Hochschulverwaltungen der Länder haben nämlich die Gebühren hinaufgesetzt und verlangen jetzt von einem Auslandsstudenien außer den doppelten allgemeinen Jnlands- gebühren einen besonderen Ausländerzuschlag v o n 120 bis 150 Goldmark, zahlbar in Dollar oder deutschem Wertgeld. Da dieser Zuschlag von allen Ausländern, gleich welcher Nationalität d. h. in diesem Fall gleich welcher heimischen Valuta, bezahlt werden muß(von ganz beson­deren Ausnahmen abgesehen), wird mit einem Schlage das Studium für Ausländer ungeheuer öcrfcuert. Es kommt hinzu, daß ohne­hin das Leben in Deutschland sebr teuer geworden ist, daß somit, zumal Erwerbsmögl'chkeiten daneben kaum bestehen, ein wesent­licher Anziehungspunkt für das Studium in Deutschland verloren gegangen ist. Statt daß man aber sonst Erleichterungen schafft, erschwert man durch diese Gebührenneuordnung unnötig das AuS- ländcrstudium. Es ist dringend nötig, diese Maßnahmen der Hoch- schulbchörde aufs schärffte zu verurteilen. Schon regen sich auch im uns freundlich gesinnten Ausland Warnrufe. DasSvens'ä Dagbladet" warnt vor dem Studium in Deutschland, zahlreiche ausländische Studierende, die bisher im Reich ihren Studien ob­lagen, zehen nach der Schweiz, nach I'allen und Frankreich. Die großzügige Propaganda Frankreichs, Studenten aller Völker und Länder nach Paris, nach Grenoble und Orleans zu ziehen, um sie mit französischem Geist und französischer Kultur zu bilden und sie nicht nur zu jungen Wissenschaftlern und Technikern, son­dern zu warmen Freunden des französischen Volkes zu machen, hat leichtes Spiel. Ein königliches Dekret verfügt für Italien die vollständige Gebührenb-sreiun g für alle auz. ländischen Studenten und Schüler und die Bereitstellung von eini. gen Hundetttausend Lire zu besonderen Unterstützungen. Jg Deutschland aber zwingt man durch die unüberlegte, kleinliche Schikanierung mit besonderen Goldmarkzuschlägen(die ja doch bei dem Etatdefizit ein Nichts bedeuten) auch noch die letzten Freund- Deutschlands, verbittert, verärgert über die ungerechte und unwürdige Behandlung die liebgewordenen Bildungsstätten zu verlassen und beirealpolitischer denkenden Völkern Gastfreund­schaft und wissenschaftliche Ausbildung zu suche». Der Schaden dieser verfehlten Hochschulpolitik ist in jeder Beziehung außer­ordentlich. Es wird unverzügliche Abstellung dieses Mißstandes unbedingte Ausgabe der verantwortlichen Stellen sein. S.F. SemssrerSegjüu in Hot lionen schwereSorgen. Die fruchtbare Aroeit, die in den letzten Jahren von der Wirtschaftshilfe der Deutschen Stu­dentenschaft und ihren örtlichen Unterorganisationen geleistet wurde, beruhte auf der durch Werkstudententum ge- gegebenen Selbsthllfe und auf in- und ausländischer Unter­stützung. Beide Hilfsmittel drohen zu zerbrechen. Das Werk­studententum muß an den Folgen der ins Ungemessene wachsenden allgemeinen Arbeitslosigkeit zu Grund« gehen. Konnte noch in den abgelaufenen Hochschulferien ein sehr er­heblicher Prozentsatz(schätzungsweise 70 Prozent der gesamte, Studentenschaft) in Arbeitsstellen untergebracht werden, so ist es jetzt, zumal während der Studienmonate ja fast nur Be­schäftigungen am Hochschulorte in Frage kommen, nahezu un­möglich, Erwerbsmöglichkeiten zu schaffen. Und wo etwa der Student überhaupt das Semester opfern will, um wenigstens sich über Wasser halten zu können, selbst da sind die Hoffnungen auf Unterbringung bei dein übergroßen Angebot von z. T. auch besser vorgebildeten und z. T. auch noch bedürftigeren Arbeitskräften recht gering. Es bleibt also nur die(ein wirk­liches Studium trotz der überall eingeführten Abendkosiegs nahezu ausschließende) v o l l b e r u f l i ch e Arbeit als Banklehrling usw., mit fortbestehender Immatrikulation und die Betätigung in den eigenen Produktionsbetrieben der Wi Hi. Aber diese Werlstudentenbeirlobe(akademische Druckereien, Buchbindereien, Schuhreparaturen usw.) können nur einer sehr beschränkten, sorgfältig zu wählenden Zahl bedürsttger und geeigneter Werkstudenten Arbeitsgelegenheit geben. Eine weitere Schwierigkeit für die gegenwärtig Studierenden bringt die Geldentwertung. Wohl hat man rechtzeitig versucht, in den Zentralstellen für wertbeständige Aufsparung der studentischen Kapitalien zu sorgen. Aber einmal haben sehr, sehr viele Werkstudenten, die in den Ferien an meist sehr ent­legenen Plätzen durch ihren Arbeitsverdienst sich den Winter- uuterhalt erwerben Ivollten, aus rein technischen Gründen gar nicht sofort ihre Ersparnisse wertbeständig anlegen können, zu­mal sie wohl meist das Tempo der Markenlwertung unter­schätzten, zum anderen war es den akademischen Wohlfahriz- siellen oft fast unmöglich, die für Wertsicherung nötigen Schatz­anweisungen und Anleihen als Gegendeckung zu erhalten. So ist z. Ä. wegen der schwierigen Wertgeldbeschaffung die Frank­furter Studentenhilse dazu übergegangen, die ihr übergebenen Ersparnisse der Studierenden durch Waren(Mehl, Kakao usw.) wertbeständig zu decken, was immerhin doch nur als ein sehr behelfsmäßiger Ausweg angesehen werden darf. Auch die F ü r s o r g e t ä t i g k e i t muß leiden, obwohl die Zahl der Fürsorgebcdürftigen ganz außerordentlich gewachsen ist. Die ausländische Unterstützung hat ihre natürlichen Grenzen in der Opferfähigkeit der fremden Freunde und ihre wirtschaft­lichen in der starken Annäherung der Inlandspreise an die Weltmarktpreise, wodurch der früher so beträchtliche Ueberwert der Devisenspenden ja entscheidend herabgedrückt ist. Stand 3-, B. noch kurz vor Semesterbeginn der Frankfurter Studenten- hilfe ein Fonds zur Verfügung, aus dem besonders bedürftigen Studenten monatliche Darlehen von je 35 Goldmark gegeben werden konnten, so bedeutete das vor wenigen Wochen einen recht beträchtlichen Zuschuß, während es jetzt ein Wenigem Nachts geworden ist. So ist die L a g e der studentischen Wohlfahrt s e h r e r n st. Noch sind die z. T. vorbildlich arbeitendenStudentenhilfeitt in der Lage, ihren unbedingt notwendigen Betrieb aufrecht zu erhalten. Aber wenn auch die absolute Zahl der Studierenden mit diesem Semester(endlich!) zu sinken scheint«), so wachs! relativ die Zahl der bedürftigen Kommilitonen immer noch weiter. Die Sorge um den akademisch gebildeten Nachwuchs sollte außer bei den Regierungsstellen auch in der allgemeinen Oeffentlichkeit groß genug sein, um noch rechtzeitig eine folgen schwere.Katastrophe zu verhindern. Hilf; aus Oesterreich. Die deutsche Studentenschaft ander?ech- n t schen Hochschule in Wien hat es Wcrnomme l5 ? s<5tubenten auf ihre Kosten ein ScmcsteL rn Wien studieren zu baffen. Sie ist darüber hinaus bemüht, ourch großzügige Sammlungen ihren notleidenden Kom- mrlctonen im Reich zu helfen. 7) Die Immatrikulationen, sind noch nicht abgeschlossen. Vor Professoren erfährt man, daß besonders die für j ü n g st i Semester bestimmten Kollegien wenig besucht sind. Noch in Sommersemeper 1923 stieg die absolute Zahl der Studierenden! / f^ fest, daß die älteren Semester versuchen, sich durch- , Lebeadlge polst». Don Dr. Wolfgang Petzet. Zwei Deutsche streiten sich. Ein politisch« Streit, an- knupfend an die letzten Ereignisse d«s Tages. Ein alter Offrzier der kaiserlichen Zeit tritt lebhaft für seinen Kame­raden ein, der dem Vorgesetzten in der Republik den Gehorsam 'au,gesagt hat. Ein demokratischer Politiker nennt den Vorfall Meuterei und beruft sich auf die militärische Zucht. alte Offizier hat vormals mit ganzer Leidenschaft gegen die große Meuterei, gegen die Revolution, wie er sie empfand, auf- vegehrt; der Politiker hat vormals selbst als einer der ersten wie militärische Zucht, die Sklavenkette, wie er sie nannte zer- orochen. Haben sich beide seither so gewandelt? Hat sich'jeder in sein Gegenteil verkehrt? Zwei Deutsche streiten sich. Ein großer Staatsmann und Führer im Volksstaate war ermordet, seine Person schon zuvor von unzähligen, aus dem Hinterhalte gezielten Pfeilen der Verleumdung gettoffen, seine Politik schon zuvor von blin- zelnSeu Geheimräten des alten Regimes in aller Untertänig­keit'vereitelt worden. Schmerz und heiße Wut haben sich auf die Stimme seines Anhängers gelegt; er fordert Ausnahme- 'gerichte gegen die Bünde der Mörder, Preßgesetze zum Schutze der leitenden Volksmänner, rücksichtslose Entfernung aller bei ,RepuMk feindlichen Beamten aus ihrem Dienste. Hämisch .fällt ihm der Gegner des Toten, der Feind des Volksrechtes, .ins Wort; stellt- ihm die von den Demokraten zweier Jahrhun- iderte eroberten Verfassungsrechte entgegen; beruft sich auf die Grundsätze der Gleichheit aller Bürger vor Gericht, der Preß- und Gewissensfteiheit; hält den Beweis jetzt für erbracht, daß die Menschenrechte nur ein Vorwand des Unterdrückten waren, die Herrschaft zu erkämpfen. Trifft der Vorwurf der Heu­chelei? Sind sie beide gleichen Blutes, bloß daß der eine«S bisher zu verleugnen suchte? ' Zwei Deutsche suchen sich zu verstehen. Das Ver­sagen einer vielköpfigen Negierung und eines hundertstimmig redenden Parlamentes in der Zeit größter Not läßt dem Volksmann eine Diktatur wünschenswert erscheinen. Sein ehe­maliger Gegner sieht ihn mit Genugtuung zu der von ihm stets vertretenen Ansicht bekehrt. Beide freuen sich, daß in dem langen Streite über die Verfassungsform endlich eine Ueber- einkunst gettoffen werden konnte, und jeder glaubt den anderen als nützlichen Bundesgenossen gewonnen zu haben. Von nun an wollen sie gemeinsam handeln. Werden sie es vermögen? Unendlich, viele Gespräche dieser Art werden im heutigen Deutschland geführt. Mit haßgeschärftem Blicke wird- wie m den beiden ersten Beispielen die vermeinlliche Blöße des Gegners erspäht und auf sie hingedeutet; jeder weist dem anderen Verstöße gegen die einst von ihn: selbst geheiligten Gebote nach, keiner bleibt dem anderen einen Streich schuldig- mag die Stirnseite noch so oft gewechselt werden und jeder schließlich gar des andern Farben tragen, die Stteiienden bleib«" ^nonder unbesiegbar und unv er sohnbar. Oder Einigung wird wie im letzten Gespräche aufrichtig ge- ,ucht mit Genugtuung werden Gemeinsamkeiten festgestellt;' was jahrelang bitter^entzweit hatte, scheint ein narrender Spuck ge- we,en; man müßte glücklich sein in der Umarmung; aber ein quakendes Gefühl bleibt, eine Fremdheit bleibt, die nur für den Augenblick einmal überbrückt war, die jetzt uner­träglicher scheidet als die alte Feindschaft; denn lein Grund ift.äu finden, der ihr Berechtigung verleihen könnte, und man ersehnt die Formel, die wieder sinnenfältig ttennt Solches geschieht, weil der Stteit im Unwesent- lichen gekämpft wurde, die Versöhnung im Unwesentlichen erfolgen sollte. Jener Feind der militärischen Maschine, der in veränderter politischer Lage für Zucht und Unterordnung emtrat, hat sich nicht selbst verloren. Auch jener, der in der Weise seines Gegners Ausnahmegesetze anwenden wollte, hat damit sein bisheriges Leben nicht verleugnet. Und jene beiden Versöhnten werden sich in, Waffen gegenüberstehen, sobald ein Diktator der Partei des einen oder anderen ausgerufen ist Zwei andere aber, die sich bis dahin über dis Form des siaat- lichen Lebens nicht einigen konnten, werden sich dann vielleicht ^-pande reichen und sagen:Dieser Mensch, der jetzt das Geschick unseres Volkes leiten will, ist uns beiden gleich ver­haßt. Unser Führer hat eine andere Gestalt!" Der Bund die­ser beiden wird dauern; denn sie verbindet, was im kernhaften Menichen irch nun langsam wand-elt, gemeinsam-e Liebe und gemeinsamer H-. Zeit ist soweit vorgeschritten, daß unsere Gedanken vom itaa^lichen Leben und die politischen Einrichtungen und ricrmen lelbst sich fast völlig vomKernedes schöpferi- * f 6Elost haben und kaum noch die Merk- E Ursprungs zeigen. Es ist dom Menschen mit ihnen ähnlich ergangen w:e mit seinem Werkzeuge: einstmals leate er w:ne^ele in Grift, Form und Gestalt.'bis der Verstand die Atoglichkeiten maschineller Vereinfachuna entdeckte und die Be­geisterung des Erfinders sich ganz dem Eioenc-eseb' des Ävva- L atc L l L nter. T j 2hp^cite des Staates'freilich frmn b! e Kr"" des Willens der ihn einst geftaftate. niemals ganz erloschen. Roch wirkt in Militär und Bürokratie ein Hauch des historischen Geistes nach, der die Menschen in das Gehäuse dieser Disziplin gepreßt hat. Di« beiden Gegner des ersten Gespräches aber spüren ihn nicht, sie hallen in ihrem Streite das. Heer, für ein bloßes seelenloses Hilfsmittel der jeweiligen Herrschaft wie es auch weitgehend in der Wirk­lichkeit zuttifst und die Disziplin als solche ist ihnen Richt­maß, während ihre Stellungnahme doch durch Liebe zum alten und durch Sehnsucht nach einem neuen Soldatengeist in Wahr­heit bestimmt ist. Nochx haftet an den Menschenrechten etwas von dem Blute derer, die für sie gefallen sind. Für die beiden Gegner dez anderen Gespräches cler sind sie zu scharf abgrenzenden Normen geworden und sie messen die Ueber- tretung. Doch nicht die Geltung jener Normen verbürgt unsere politische Freiheit; wichtig ist allein, daß der gleiche Schlag von Menschen, der einstmals jene jetzt allgemein gewordenen, vom Verstand« ausgeschliffenen und durcheilten Sätze erkämpft hat und diesen Sieg als eigenste, teuerste Erfüllung empfand, die Macht des Staates in Händen hält. Und Liebe und Haß gegen dieses Geschlecht hat in Wahrheit die Stellung der Stteiten- den bestimmt. Noch mag es in irgendwelchen Winkeln des Landes Menschen geben, die an eine gottbegnadete königliche Familie zu glauben vermögen; noch steigen bei dem Wor'e Diktatur Erinnerungen an vorbildliches Heldentum auf; noch sind im Worte Parlament Geschlechter von trotzig-selbstbewuß­ten, auftechten Männern mitenthalten. Wer die Debatte an letzter Stelle spricht nicht von diesen Gestalten, sie spricht von der Zweckmäßigkeit der einzelnen Siaatssormrn. Die Lehre vam Weichgewickte der.staatlichen Kräfte hat die Monarchie ihres göttlichen Glanzes entkleidet, auch der Ungläubige'kann sich mit. einverstanden erklären, falls guter Geschmack ihn nickft vor stilloser Wtertümelei bewahrt. Von der Gestalt de? diktatorischen Führers blieb allein seine Funktion, exaktere und raschere Bewegung in die Staatsmaschinerie zu brinaen. und das Parlament ward aus einer Vertretung dez souveränen Volkes zu einem Ventil, einer Sicherheitsvorrick-tung am volitiscken Apv"rate. SoRie Anschauungsweise fvs Wider- spkl einer kraftlosen Wirflichkeit, macht eS verständlich wenn einmal die Sande zweier Gegner nach dem gleichen -Sebel greifen wollen und beide es in einem gegebenen Ai'.genblccke fnr das Zweckvollste ansehen ,-erade d-esen ein- z,,schalten. Sie werden ihres Jntumes erst gew-b- wenn m.cht eine Funktian, sondern e'n ganz bestimmter Mensch an die Spitze des Staates intt. Der demokratische Diktator hat nich's gemein mit dem fascistischen. ,Der Wille unser Wesen dem Staat« mitzu- terlen, di« freudige Zustimmung zu den Taten jener, die wir als uns im Geiste verwandt empfinden, das ist was uns letzthin treibt. Unser politisches Hani wird ftuchttragender, unsere Gespräche werden klärei sem, wenn wir uns dessen bewußt sind. Man sage n daß auf diese Weise jedes klarumrissene Ziel unseres Ti jeder feste Halt der Debatte^verloren ginge, daß Liebe Haß jo erst wahrhaft unversöhnlich einander entgegenges wurden. Liebe und Haß sind noch niemals durch die A mente derLogik versöhnt worden, aber sie haben diese A mente benutzt, um ihr wahres Antlitz dahinter zu verstei Iw sollen es zeigen; es soll ein Gespräch beginnen, nich der Weise, daßman Grundsatz gegen Grundsatz setzt und i stoß gegen Verstoß anrechnet, schreiend und scheltend in ^tuu Nicht aus dem eingefahren-en Geleise herauszukomn sondern ein wechselseitiges, leidenschasttiches. farbiges S '71 r» 3 v?rRMchen Menschen soll anheben, ein Käms nicht für ein Deutschland von der oder jener Staatsfc ftndern etwa für ein Deutschland Ludendorffs oder für Deutschland der Georg Büchner, Karl Schurz und Max We M J%? ni l die alten Losungen durch ihre Träger n< Gehalt;.dann ist Republik keine bloße Staatsform mehr, aus^runden Praktischer Erwägungen angLnonnmn worden mit einer anderen vertauscht werden kann: dann um 6lle jene Kämpfer, die vergebens einen freien, stolz sich selbst gestellten, jedem Volksgenossen verbundenen, kül und seelenvollen Deutschen wollten, und vereint sie mit denen, die heute ohne rückwärts zu blicken, ohne Lärm ohne die starke Geste der Kraftlosen voll Glai'.bens an Zukunft dieses Deutschen sind. Ein so gefaßtes Wort, eine i bedeutende Fahne ist des Kampfes wertt 2?ufruf der demokratischen Zugend. Die Reaktion marschiert. D!e deutsche Republik aber i und wird nicht kläglich untergehen wie vor fünf Jahren Monarchie. N cht in allen verfassungstreuen Kreisen hat die Entschlossenheit und das volle Verständn s für die Fo^ rung der Stunde gezeigt. Wir erklären, daß wir uns schlossen einordnen in die Reihen der Massen der res b t l k a n i j ch e n Bevölkerung, d.« Reich und Repu unter allen Umständen d e Treue halten wollen. Unsere Oi nisationen im Reiche sind angewiesen, der örtlichen Lage' sprechend gegebenenfalls alle Folgerungen aus diesem Bekei nis zu ziehen Wird von gewissenlosen Menschen Deutsch! der Bürgerkrieg aufgezwungen, so wissen wir alle, was w r tun haben. Deutsche Jugend heraus! Sera zum 7 Schuhe von Reich und Republik! Reich-ftund Deutscher Demokratischer Zuserst