(ofttag, 16. September 1935
«.Neueste Zeitung» Illustrierte Tageszeitung, Frankfurt a. M.
Nummer 2lo
Städtchen um Frankfurt
Ecbodi — die Heimat der Odenwölder"" ' .
Linst arbeiteten dort 50 Kleister mit 150 Oesellen
Dort, wo sich die M ü >» 71 n g lieblich durch die Täler des )denwalbes schlängelt, wo bewaldete Berge sich niit satten Wiesen- ründen vermählen, liegt umschlossen von einem grünen Wall der initctt Wälder das alte Städtchen Erbach, dessen Gründung oyl schon zur Zeit Karls des Großen erfolgte. Erbach ist die -eimat der Odenwäldcr Elfenbeinschnitzer, jener eigenartigen Heimindustrie, die ihre Entstehung dem hochgesinnten Grafe» sranz von Erbach-Erbach verdankt.
0er Anlaß zur Elfenbeinschnitzerei RcichSgraf Franz von Erbach, der in Paris, in Italien und In i»cn herrliche Elfenbeinschnitzereien gesehen halte, berief am 7. Juli 1783 die Drohcrnicistcr seines Landes auf das Schloß kulenburg zusammen, um ihnen nicht nur eine neue Zunftordnung geben, sonder« «m ihnen auch gleichzeitig anhand einer Samiu- iin» edler Elfcnbeinarbeitcn zu zeigen, was nran aus diesem
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wertvollen Material machen könne. Der RcichSgraf, zugleich Zunft- »icistcr, war der beste Förderer der jungen Kunst, der den Meistern mit Rat und Tat zur Seite stand, der für ihre Aus- und Weiterbildung sorgte und so den festen Grund für die außerordentliche Entwicklung der Elfenbeinschnitzerei in den Odenwalddörfern im 19, Jahrhundert legte.
Die reiche Sammlung von Elsenbcinschniharbcitcn, die wir heute noch im Schloß Erbach sehen, beweist, wie man sich bemüht hat, aus dem Material in mühsamer Handarbeit die schönsten Formen hcrauszuholen. Man sicht aber auch gleichzeitig, ivlc bcstlinmtc Modcrichiungcn die Elfenbeinschnitzerei befruchtet haben. War eL zuerst das Motiv des Hirsches, das vor allem durch den Ticrinalcr Kehrer, den der Graf zur Unterweisung der Schnitzer in de» Odenwald holte, ungccgt wurde, so gab später die große Mode der Elfenbcinroscn den Schnitzern Anregung und Auftrieb. Zeitweise arbeiteten im 1!). Jahrhundert 80 Meister mit über
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Min Wirk aus der Schloßcinluhrt in d«n Hot
150 Gesellen in Erbach, während augenblicklich rund 150 Elfenbeinschnitzer an der Arbeit sind. Geld strömte ins Land, und das kleine Städtchen im Odenwald hatte Perbindung mit der ganzen Welt.
Zeiten des Niedergangs folgten, das Kunsthandwcrk bekam durch die Maschinen eine schwere Konkurrenz, der cs sich erst dann wieder crlvchrcn konnte, als durch die im Jahre 1892 mit staatlicher Hilfe- gegründete Fachschule für Elfenbeinschnitzerei und verwandte Gewerbe jener Boden zu künstlerischem Schaffen zurück- gcwonnen wurde, den Graf Franz von Erbach zuerst beackert hatte.
Odenwälder Schmuck in aller Welt
Heute finden wir die Meister wieder eifrig an der Arbeit in den kleinen Werkstätten, die sich oft über mehrere Stockwerke der Häuser verteilen. Den Kandbohrcr von einst hat die Bohrmaschine ersetzt, die ungleich rascher arbeitet, und der schrille Schrei der Sägen, die da« Elfenbein oder die Knochen zerschneiden, erfüllt immer wieder die alten Gasse» des Städtchens. Augenblicklich wird, da sich die tvirtfchaftlichcn Schwierigkeiten .naturgemäß auch in der Schmuckwarenindustrie auöwirkcu, weit mehr Bein als Elfenbein verarbeitet. Bein sind die großen Röhrenknochen der Rinder, die man zum Teil aus deutschen Großschlachtungen bekommt, zum Teil aber auch aus Südamerika, insbesondere Argentinien cinführt, da diese Knochen besonders hart und widerstandsfähig sind. Hauptsächlich entstehen unter den geschickten Händen der Elfenbeinschnitzer und Schnitzerinne», den» auch Frauen verstehen sich trefflich auf dieses Kunsthandwcrk, kleinere Schmuckstücke, Broschen, Anhänger, niedliche Elscnbcinroseu, hübsche Tiere, insbesondere Elefanten und Hirsche, während der größte Auftrag der letzten Jahre für die Odcnwäldcr Elfenbeinschnitzer die Rosette für das Wintcrhllfswerk gewesen ist, die sic auch in diesem Jahre wieder aus Bein anfertigcn sollen. In wenigen Tagen wird mit der Arbeit begonnen, handelt cü sich doch darum, viele Millionen dieser Rosetten pünktlich fertigzustcllcn. Erbacher Elfenbeinschnitzereien gehen hinaus in alle Welt, aber man hört auch in dem Odeiuvaldftädtchc», wie bei allen Erportindustrien, die Klage, daß die Ausfuhr in den letzte» Jahren stark nachgelassen hat. Besonders die so außerordentlich schmuckbedürftigcn Länder Asiens, in erster Linie Indien, China und zum Teil auch Japan beziehen Odcnwäldcr Elfenbeinschnitzereien, und mancher Ostasieureiseude, der sich eine China- oder Japanschnitzerei zum Andenken gekauft hat, wäre sehr erstaunt, wenn er wüßte, daß das kleine Kunstwerk in Erbach, tief Im Odenwald, entstanden ist.
Eine prachtvolle Waffensammlung Aber die Elfenbeinschnitzerei allein und die landschaftlich schöne Lage Erbachs sind es nicht, die uns das Städtchen interessant mache». Auch die fürstliche W a f f e n s a >» in lung im Schloß darf man nicht übersehen, denn es ist das größte miltelalterliche Waffeuarsenal, das es in Deutschland gibt. In den, Renaissance- schloß der Grafen zu Erbach stehen Waffen und Rüstungen ans der Bfntezeii de-- deutschen Rittertum-'., wobserlmlten und zu Ber-
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Die Studtkirche ist eng mit den Hiiusern zusunimeuKelaat
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Hier wird Elfenbein Kcspalten.
(Aufnahmen: Ito/.sn.)
Mine (lesnintansiclit de. Schlosse-
Elfenbeinschnitzer bei der Arbeit
gleichen anregend. Tenn sieht Man die Rüstungen, so erkennt mmr- staunend, wie klein der mittelalterliche Mensch geivesen sein muss: Die meisten Panzer könnte unmöglich ein normaler Miiteleiiropäcr heutzutage anzichen. Rüstungen, die mit Gold und Edelsteinen ein gelegt sind, stehen neben dem einfachen schlichten Panzer eines kleinen Ritters, der irgendwo im Odenwald oder am Rhein die Kauflcute, die zur Frankfurter Messe zogen, überfiel. Aber auch der Panzer Gustav Adolfs ist noch wohlerhallen, neben den tu» zähligcu Waffen, den Flambcrgen, Schlachtschwcrlcrn und den Morgensternen, letzten Zeugen von Malinesin»! und Tapferkeit, en- probt i» unzähligen Schlachten und Gefechten. So wacht deutsche Geschichte aus im Erbacher Schloß und in scincin gotischen Rittersaal, ivährend das Herz des Jägers vor Freude schlägt, wenn er die einzigartigen Gowcihsammlungen sieht, die man gleichfalls im Schloß vereinigt hat.
Erbach, ein deutsches Idyll, getragen von stiller Poesie und herrlichen Erinnerungen, aber auch alljährlich einmal großes Ziel alter Bewohner des Hcsscnlandcs zwischen Rhein und Main, wenn der „Eulbacher Markt" lockt, das uralte Bolksfcst, das auf weitem Wlescnplan Tausende von Menschen zu fröhlichem Tummeln vereint. ' R. M.
„Dämon Untergrund“ — eine Welt für sich
Sitten und Gebräuche der ,,U-Bahn-Bewohner“ — Ein unterirdischer Querschnitt
fr Die Untergrundbahn ober, wie der Berliner 'sic kurz »ud bündig nennt, die „U-Bahn" ist die technische Verkörperung der Großstadtromantik, das größte unterirdische Erlobnis der Fremden und Zugereisten. Wer zum erstenmal in seinem Leben U-Bahn" gefahren ist, hat damit die Großstadtwcihc empfangen mib ist würdig, in die Gemeinschaft der ,/echten" Großstädter auf- gcnomincn zu werden.
Wenn ich „Dämon Untergrund" sage, so soll dieser Ausdruck keine Beleidigung sein. Es gibt bekanntlich auch gute Dämonen, und zu diesen gehört die Berliner U-Älahn. Aber: bei all ihrer Sicherheit und Gutmütigkeit hat sic dennoch etwas Dämonisches an sich, das Prickelnde des nachtdunklen, unterirdischen Verkehrsmittels. Wenn man von einem Ende bis zum anderen unter dem Asphalt mit der U-Bahn dahinbranft, kann man beauein und getrost einen mittleren Roman zu Ende lesen, einen langen LicbeS- drics schreiben und drei bis viermal Zeitung lesen.
Oie U-Bahn — eine Welt für sich Es gibt Menschen, die gegen das iU-Bahnfahre» noch immer eine unüberwindliche Antipathie haben. Es handelt sich hier um die typische U -B a h n -A n g st. So leben zum Beispiel tu Berlin Leute, die, obwohl sic hier geboren und ausgewachsen sind, »och nie in ihrem Loben mit der U-Bahn gefahren sind. Die Zahl dieser Postkutschcnnaturen ist allerdings sehr gering. Die meisten Berliner lieben ihre U-Bahn und sind stolz aus sie.
Cs bst amüsant, zu beobachten, wie verschieden sich die Meuchen in der U-Bahn benehmen, wo der Blick nicht, wie oben auf der Erde, ditrch den brausenden Verkehr äbgelenkt wird. Denn hier unten ist man „ganz unter sich", man sicht nichts als dunkle, gespensterhaft vorüberrauschcnde Stolicnwände, man ist den neugierigen Blicken der Fahrgäste hilflos «usgclicfcrt. Aus diesen Gründen ist cs zu cvklärcn, daß sich im Zauberreich der U-Bahn eine ganz besondere Atmosphäre entwickelt hat, die sich vom Autobus- und Straßenbahnmilicu wesentlich unterscheidet. Die U-Bahn hat ihren eigenen Stil und ihre eigenen Gesetze, die schon an den Schaltern in Kraft treten. Man kann da die merk' würdigsten Beobachtungen -machen.
Es lohnt sich, die Sitten und Gebräuche der U-Bahnfahrgäste zu studieren, die Art wie sie die Fahrkarte lösen und den Zug betreten, wie sie aus den nächsten Zug warten, wie sie dasttzen, >vie sic flirten, wie sic Zeitung lesen, wie sic unbeteiligt vor sich hindösen, wie sie in die Lust starren, und die Art, wie sie de» Zug wieder verlassen. Man könnte ganze Bände darüber schreiben! Der U-cBahnmensch ist ein Mensch für sich. Sein Benehmen cst anders als auf der Erde, er hat ganz besondere „unterirdische Allüren", die je nach seiner Veranlagung und seinem Tempera
ment verschieden sind. Sage mir, wie bu U-Bahn fährst, und ich sage dir, wer du bist!
Oie technischen Eeinschmecker
Das sind die ewigen Kinder, für die eine lange U-VaHnfaHrl ein alemraubendeS Geschenk bedeutet, ein spannendes technisches Abenteuer. Solche Exemplare findet man in allen Volksschichten, in jeder Altersklasse. Sie lieben die Bahnhofsluft, das Zischen dev Triebwagens, die geheimnisvollen Lichtsignale, das Schienen- gewirr, mit einem Wort: die besondere, erregende U--Bahnatmo> spbäre. Wer zu dieser Sekte gehört, betritt meist den vordersten Wagen. Im vordersten Wagen sitzt nämlich jener merkwürdige Mann, der namenlose und doch so wichtige Zugbegleiter, der zum Zeichen der Abfahrt mit der Faust auf die Scheibe klopft und sich an jeder Station mit -unnachahmlicher Grazie auf den abrollenden Zug schwingt.
ES ist wahrlich nur recht und billig, die anonymen Verdienste dieses Mannes zu würdige«, der mit unerschütterlicher Ruhe au seinem Beobachtungsposten sitzt. Schweigsam hockt er da, den spähenden Blick nach vorne gerichtet, wo sich der unterirdische Stollen dehnt. Sein scharfes Äuge durchdrlngl das lauernde Dunkel und beobachtet ständig die Geleise, die roten -und grünen Lichter, die an geisterhaft huschenden Wänden vorüberflirre», die zahllosen, geheimnisvollen Signale. Er durchbohrt das Dunkel und starrt Stunde um Stunde i» die Finsternis, damit seine Gäste „ungestört" plaudern, lesen und dösen können. Hinter seinem Rücken aber sieht bewundernd und teilnahmsvoll „der U-Bahn- seinschmecker" und späht gleich ihm in da» brausende, dröhnende, rauschende Zauberreich der blitzenden Weichen, der fernher auf- schlmmernde» Bahnhöfe. der giinuuenden Lampen, der nieder- stürzenden Lustschächte.
Von oben herab dringt manchmal blitzartig das grelle Leben des helleren Tages durch die abfallende Ebene eines Luftstt-achtes. Für die Ohren de« „Feinschmeckers" ist das hallende, stählerne Knacken der Welchen Musik. Er verliert seine Gedanken und seine abenteuerliche Sehnsucht im Gesunkel der Schienen, im Gezische der Bremsen, im Geratter der Kurvenschwünge, denn er I)at doch, als er noch ein 'kleiner Junge war, davon geträumt, auch solch ein Mann zu werden, ein lMann aus dem Beobachterposten, der mit spähendem Blick eine rätselvolle Well durchdringt.
Virtuosen, Flirter und Zeitungsschnorrer
Während sich die U-Bahn-Reulinge ängstlich an die Griff- slangeu klammern, wenn der Zug tanzend und schaukelnd i» eine Kurve federt, losten die „Virtuosen" de« ll-Bahnsahrens dieses Gefühl aus schwebenden Zehenspitzen, erfüllt von der prickelnden
Lust des Gleichgeivichts. Der U-Bahnwagen ist ihre Heimat, ihre Wohnung. Manche -von ihnen fahren aus purem Zeitvertreib, hin und zurück, auf und ab, kreuz und quer. Das sind die „U-Bahn- pirateu", jeder von ihnen ist ei» verhinderter Winnetou. Sie kenne» jeden Reklamevers auswendig, jede Kurve ist Ihnen vertraut, die -kleinste Rüanee der Schienen- und Stollengeräusche, sie wissen genau, wann man rechts ausznsteigen hat und wann links und. die Hauptsache hätte ich beinahe vergessen, sie sind unerreichte Meister im Türössnen. Wenn zum Beispiel der obligate dicke Herr mit hochroteui Kops an der Klinke herumwürgt, voll- sühren die Virtuosen der U-Bahn einen spielerischen Griff und siehe -— die Tür öffnet sich wie von selbst!
Typen in der U-Bahn
Wa« machen eigentlich die meisten Menschen in der U-Bahn? Wie? Nichts, meinen Sie? Gar nichts machen Sie? Weit gefehlt, mein Lieber! Da gibt es erstens die Ze t t u n g ü l e s e r, zweiten« die Z e i t u u g s s ch n o r r e r, drittens die F l i r t e r, viertens die Döscr, fünftens die Schläfer, sechstens die Einfach- bas i tz c r.
Da sitzt der ZeitiuigSschnorrer neben dem ZeilmigSleser, schmarotzt an den fetten Schlagzeilen herum und wartet daraus, bis der andere umblättert. Wenn man sich die Sympathie des ZellungSschnorrcrS nicht verscherzen will, blcibl einem nichts an- bered Übrig, als ihm das Blatt liebevoll unter die Rase zu halten- Denn der Zeitungsschnorrcr kennt kein Erbarmen. Er schielt angestrengt und kritisch herüber, als wollte er sagen: „So lies doch! Etwas schneller, wenn ich bitten darf! -Halt, Herr Nachbar, Moment noch!"
Da sind doch die bcoufsmäßlgeii .Matzmacher" -viel -bequemere Leute. Außer den Normal-höfliche», die aus Anstand und Mitgefühl einem älteren und gebrechlichen Menschen Platz machen, schlicht und ohne jegliche« Pathos, gibt cs noch die „Ucbcrhöf- llchen". Für sie ist der volle U-Bahnwagen ein Tnmiuclplatz er lcfcnstcr Höflichkeit Sic demonstrieren bei jeder Gelegenheit ihre gute Kinderstube und cs ist, als trügen sic um den Hals ein weil hin sichtbares Plakat: ,/Scht her, ihr Leute, wie gut ich erzogen bin! Nehmen Sie bitte Platz, meine Dämel Das Sitzen wird Ihnen gut tuul Ich bin zwar selbst fußleidend, aber ... Oh bitle! Ich stehe schrecklich gern, meine Gnädigste! Mau hat nun mal seine gute Kindcrslnbc, nöch?"
Ein Kapitel für sich sind die „Penner". Unlängst saß znin Beispiel ei» Mann »eben mir, ein Müder mit rhythmisch dösendem, hin- und hcrwicgcnden Kopf. Der pendelnde Schädel suchte instinktiv eine Stütze, aber im entscheidende» Augenblick, wenn er weine Schulter beinahe berührt hatte, schwankte er wieder hoch ...
Herzen im U-Bahn-Takt
Weil die U-Bahn von der Außen- und. Oberwelt abgcschnitten ist, findet jede kleinste Bewegung, die .sich draußen, in freier Lust, Im Getvirr der Straße verlieren würde, ein verstärktes
Echo. 'Darum lieben die -Liebenden die U-Bahn nicht, darum -wird- sie von den -Beschwipsten und Krakcclsüchtigcn ängstlich gemieden. Die 'Stille des Eingcengtscins erzieht zum Takt, zur Vorsicht, zue Zurückhaltung. - >
Die U-Bah» ist eine Welt für sich, Menschen 'kommen und- Menschcu gehn, man beobachtet Gesichter und prägt sich Mienen ein, die man nie wieder sehn wird, Schicksale sitzen sich gegenüber und blicken sich gleichgültig an, stehn aus, machen Platz und verschwinden. Ein Lächeln vielleicht, herüber, hinüber, von zweien, die -sich verstehen könnten, ei» verstohlener Blick, ein Mustern und' Prüfen zwischen den Stationen. Wer bist -du? Was tust du? Wo willst du hin? Stumme Fragen, auf die keine Antwort 'koinnit. Manchmal nur, da steigt jemand aus, wo er gar nicht wollte. Und' oben, wo der freie offene Himmel dir machtvoll cutgcgcnbrandet, treffen sich zwei, die sich durch die uumerklichen Morsczcichcn der Liebe verständigt habe», mitten im namenlosen Gewühl der ewig, wechselnden, ewig uiiruhvoltcn Stabil
Roter Mann und „Blauer Vogel“
In der Salzwüste von Utah, einem der Fclsciigebirgsstaateii von Nordamerika, untekiiimmt der berühmte englische Rcnnsahrer Sir Malcolm Campbell bekanntlich eine Reihe neuer Rekvrdversnchc, da er dort die günstigste Rennstrecke ausfindig gemacht.zu haben glaubt. So hat er denn auch schon beim ersten Anhieb seinen Weltrekord von -t-15 auf -182,5 Kilometer in der Stunde verbessert. Bei diesem Rcuueii hatte er eine Zuschauerfchast, wie man sic sich romantischer kaum vorstellen kann. Da das Land weithin Wüste ist und Ackerbau nur mit Hilfe künstlicher Bewässerung oder unter 'Benutzung der sogcuaiiiitcn Trockeufarmshslem» betrieben werden kann, so ist da« Land »ur dünn besiedelt. Die Kunde vo» dem Austaucheu eines ciiglischcn Rennfahrers mit scincin gcheimniSvollen „Blauen Vogel" hatte sich dennoch in Windeseile verbreitet, und von »ah »nd fern kamen in vorsintflutlichen Aulomobilcn, aber auch mit Pferdefuhrwerke» und Karren die Farmer mit ihren Familien her- beigesahren, um sich dies seltene 'Schauspiel mit auzuschcn. Auch die Cowboys von den Viehweiden käme» hcrbcigcrittc», in verwegener Tracht, wie wir sie zuweilen »och in Filmen zu scheu bc- kouinicu. Die scllenstc» Gäste aber waren die Nachkommen der Ur ciuwohner selbst, Angehörige de« Jndianerstamnics Ute, der dem Land seine» Name» gegeben hat. Etwa dreitausend Indianer leben hier »och l» einem ihnen zugcwicscncu Territorium, und auch sic verschmähten es nicht, Cainpbcils Rekordversuchen bclzuwohucn. Während die Cowboy« es nicht an crinunterndcn Zurufen »nd kritische» Außeriingeu fehle,, ließen, sahen die Indianer nicht weniger ausiiicrksom, aber in größter Gelassenheit dem rasenden Flug de« „Blauen Vogels" über der -Salzwüste zu. Seltsamere Zuschauer hat sicherlich noch kein Autorennen gehabt, und es berührt uns eigenartig, daß jene Bewohner der Einsamkeit Zeugen eines neuen Weltrekords wurden. Sicherlich wird der Besuch des unicrnch- mungSlustigrn Rennfahrers aus England auch nach feiner Rückkehr In den Gespräche» beim Lagerfeuer noch lange «ine Rotte jpiete».